Entscheidungsdatum
15.08.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I415 1201441-3/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hannes LÄSSER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch: Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, Wattgasse 48/3, 1170 Wien gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 03.08.2018, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.07.2019 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer stellte am 17.01.1997 beim damaligen Bundesasylamt einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, den er zusammengefasst damit begründete, dass er wegen der Teilnahme an einer Demonstration in Nigeria verhaftet und deshalb sieben Monate in Haft gewesen sei.
2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.09.1997, Zl. XXXX, wurde der Asylantrag abgewiesen. Das Bundesasylamt begründete die Entscheidung im Wesentlichen mit den im Laufe des Verfahrens aufgetreten Widersprüchlichkeiten in den Angaben des Beschwerdeführers und der daraus resultierenden fehlenden Glaubwürdigkeit des von ihm erstatteten Vorbringens.
3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 02.10.1997 fristgerecht Berufung, welche mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 04.04.2000, Zl. XXXX abgewiesen wurde. Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
4. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX als Schöffengericht vom 02.05.2000,XXXX, (rechtskräftig mit 21.01.2001) wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 28, Abs. 2, 3 und 4 Z. 2 und 3 SMG im Zuge der "Operation Spring" zu einer Freiheitsstrafe von 10 Jahren verurteilt. Der Oberste Gerichtshof hat am 21.11.2000 über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Beschwerdeführers gegen dieses Urteil nach Anhörung der Generalprokuratur den Beschluss gefasst, die Nichtigkeitsbeschwerde zurückzuweisen und zur Entscheidung über die Berufung die Akten dem Oberlandesgericht XXXX zuzuleiten. Der Berufung wurde vom Oberlandesgericht XXXX als Berufungsgericht mit Urteil vom 31.01.2001, Zl. XXXX, nicht Folge gegeben. Am 01.06.2008 wurde der Beschwerdeführer vorzeitig aus der Strafhaft entlassen.
5. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX vom 08.03.2001, Zl. XXXX, wurde gegen den Beschwerdeführer ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit Berufungsbescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 10.07.2001, Zl. XXXX, keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.
6. Am 04.08.2008 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Schubhaft einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz und berief sich dabei im Wesentlichen auf die im Zuge seines ersten Asylverfahrens geltend gemachten Fluchtgründe.
7. Dieser neuerliche Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.09.2008, Zl. XXXX, gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Der Beschwerdeführer wurde gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen.
8. Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 10.10.2008 fristgerecht Beschwerde, welche mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 31.10.2008, Zl. A6 201.441-2/2008/2E abgewiesen wurde. Das Erkenntnis erwuchs in Rechtskraft.
9. Von 03.11.2009 bis 30.08.2017 war der Beschwerdeführer im Bundesgebiet behördlich nicht gemeldet. Er ist untergetaucht, hat sich eine falsche Identität angeeignet und sich dem Verfahren entzogen.
10. Am 14.09.2017 stellte der Beschwerdeführer den gegenständlichen dritten Antrag auf internationalen Schutz und wurde am gleichen Tag von der LPD XXXX erstbefragt. Dabei brachte er vor: "Mein Leben ist in Gefahr und ich kann in meine Heimat nicht zurück, weil das Militär und die Behörden hinter mir her ist. Ich fühle mich von allen Seiten bedroht, weil das Militär auch zivilen Status hat und überall ist. Ich würde sofort eingesperrt werden, wenn ich zurückkehre. Ich wurde auch 10 Jahre lang in Österreich eingesperrt, weil man mir vorgeworfen hat, dass ich Demonstrationen gegen den Tod und die Polizeigewalt geführt habe. Außerdem bin ich in Österreich wegen des Verstoßes gegen das Suchtmittelgesetz eingesperrt worden. Auch zuhause wurde ich festgenommen, weil ich gegen das damalige Regime demonstriert habe. Ich war ein politischer Aktivist. Zuhause haben die Behörden Kenntnis darüber, dass ich in Österreich wegen Verstoß gegen das Suchtmittelgesetz eingesperrt wurde. Deshalb droht mir in meiner Heimat aufgrund der Bestimmungen des "Dekret 33" eine Festnahme und der Tod. Mir wurde in Österreich die Diagnose "MS" festgestellt. Da ich in meiner Heimat diesbezüglich keine gute medizinische Behandlung in Österreich hätte, möchte ich in Österreich bleiben. Das sind alle meine Fluchtgründe."
11. Am 27.09.2017 sowie am 02.05.2018 wurde der Beschwerdeführer durch die belangte Behörde niederschriftlich einvernommen. Dabei machte er folgende Fluchtgründe geltend: Einerseits befürchte er, aufgrund seiner Verurteilung in Österreich nach dem Suchtmittelgesetz aufgrund der Bestimmungen des "Dekret 33" auch in Nigeria eine Haftstrafe verbüßen zu müssen. Im Gefängnis drohe ihm der Tod. Zudem habe der Beschwerdeführer gesundheitliche Gründe, in Österreich zu bleiben. In Nigeria gebe es weder Einrichtungen noch Medikamente für die Behandlung seiner Krankheit MS. Ansonsten habe sich im Leben des Beschwerdeführers seit der rechtskräftigen Entscheidung des Vorverfahrens nichts geändert.
12. Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 08.02.2018, XXXX(rechtskräftig mit 13.02.2018) wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 229, Abs. 1 und 231 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 5 Monaten, unter Festsetzung einer Probezeit von 3 Jahren verurteilt.
13. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 03.08.2018 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 14.09.2017 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) wegen entschiedener Sache nach § 68 Abs. 1 AVG zurück und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswerten Gründen wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.) Weiters wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass die Abschiebung nach Nigeria zulässig sei (Spruchpunkt V.). Eine Frist für eine freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt (Spruchpunkt VI.). Zugleich erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VII.).
14. Dagegen erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung am 24.08.2018 fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und begründete dies im Wesentlichen mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, unrichtiger rechtlicher Beurteilung und der Verletzung von Verfahrensvorschriften. Es wurde beantragt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, eine mündliche Beschwerdeverhandlung mit neuerlicher Einvernahme des Beschwerdeführers anzuberaumen und den angefochtenen Bescheid zu beheben und dem Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen; in eventu den Bescheid bezüglich des Spruchpunktes II. zu beheben und dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG zuzuerkennen, den Bescheid bezüglich des Spruchpunktes IV. aufzuheben bzw. dahingehend abzuändern, dass die Rückkehrentscheidung aufgehoben, auf Dauer unzulässig erklärt und dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK erteilt werde und den angefochtenen Bescheid hinsichtlich des Spruchpunktes VII. zu beheben; in eventu das Einreiseverbot auf eine angemessene Dauer zu reduzieren; in eventu den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
15. Mit Schriftsatz vom 24.08.2018, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 27.08.2018, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.
16. Am 11.07.2019 wurde eine mündliche Verhandlung durchgeführt, für die sich das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl entschuldigt hatte. Der Beschwerdeführer wurde vom erkennenden Richter im Beisein eines Rechtsvertreters des Beschwerdeführers befragt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der unter Punkt I beschriebene Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Identität des Beschwerdeführers steht fest. Er heißt XXXX, wurde am XXXX geboren und ist nigerianischer Staatsangehöriger. Er gehört der Volksgruppe der Yoruba an, ist christlichen Glaubens und ledig.
In Österreich verfügt er über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen. Er ist für niemanden sorgepflichtig. In Nigeria hat der Beschwerdeführer familiäre Anknüpfungspunkte.
Eine besondere Integrationsverfestigung des Beschwerdeführers in Österreich in beruflicher und kultureller Hinsicht kann nicht festgestellt werden. Der Beschwerdeführer spricht Deutsch, war im Zuge der Verhandlung aber dennoch in weiten Teilen auf einen Dolmetscher angewiesen. Er gehört in Österreich keinem Verein bzw. keiner sonstigen Organisation an und hat auch kein nennenswertes soziales Netz. Der Beschwerdeführer lebt von der Grundversorgung und geht keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nach.
Seit 2017 leidet der Beschwerdeführer an Multipler Sklerose; laut aktuellstem beigebrachten medizinischen Befund des XXXX vom 04.09.2018 handelt es sich um die bekannte Frühform einer MS, zwischenzeitlich seien keine Schübe aufgetreten und bestehe aktuell keine Krankheitsaktivität. Demzufolge in der Nutzen/Risiko-Abwägung aktuell keine Indikation für eine Basisbehandlung. Er bedarf aufgrund seiner Erkrankung medikamentöser und ärztlicher Behandlung. Eine solche ist auch in Nigeria möglich.
Der Beschwerdeführer leidet an einer mittelgradigen depressiven Episode, F32.1, welche medikamentös behandelt wird. Eine psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung ist anzuraten. Auch eine solche ist in Nigeria möglich.
Der Beschwerdeführer ist im arbeitsfähigen Alter und hat in Nigeria mindestens zwölf Jahre die Schule besucht. Darüber hinaus verfügt er über Erfahrungen als XXXX und über Sprachkenntnisse in Yoruba und Englisch. Er könnte sich mit Hilfe der eigenen Arbeitsleistung und gegebenenfalls der Unterstützung seiner Familienangehörigen den Lebensunterhalt in seinem Heimatland sichern.
Der Beschwerdeführer ist spätestens am 17.01.1997 unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet eingereist und hat dieses seither nicht mehr verlassen. Im Jahr 2008 nach Verbüßung seiner Haftstrafe wurde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit gewährt, seine Ausreise selbst zu organisieren. Diese Möglichkeit hat er nicht wahrgenommen und ist unmittelbar nach der Erlangung eines Heimreisezertifikats im Oktober 2009 untergetaucht. Mit Hilfe fremder Dokumente hat er seinen illegalen Aufenthalt im Bundesgebiet bis 2017 prolongiert. Wäre sein Betrug nicht aufgedeckt worden, würde er weiterhin im Verborgenen leben.
Im Strafregister der Republik Österreich - geführt von der Landespolizeidirektion Wien - scheinen folgende Verurteilungen auf:
01) LG XXXX vom 02.05.2000 RK 31.01.2001
PAR 28 ABS 2 3 U 4/2 U 3 SMG
Freiheitsstrafe 10 Jahre
Vollzugsdatum 01.06.2008
zu LG XXXX RK 31.01.2001
Aus der Freiheitsstrafe entlassen am 01.06.2008, bedingt, Probezeit 3 Jahre
Anordnung der Bewährungshilfe
LG XXXX vom 09.06.2008
zu LG XXXX RK 31.01.2001
Aufhebung der Bewährungshilfe
LG XXXX vom 13.08.2008
zu LG XXXX RK 31.01.2001
Aus der Freiheitsstrafe entlassen, endgültig
Vollzugsdatum 01.06.2008
LG XXXX vom 12.12.2011
Mildernd wurde dem Beschwerdeführer bei seiner zehnjährigen Verurteilung sein bisheriger untadeliger Lebenswandel zugute gehalten, erschwerend hingegen die exorbitant große in den Verkehr gesetzte Suchtgiftmenge sowie die mehrfache Qualifikation der Taten im Rahmen des § 28 SMG qualifiziert.
02) BG XXXX vom 08.02.2018 RK 13.02.2018
§ 229 (1) StGB
§ 231 (1) StGB
Datum der (letzten) Tat 02.06.2017
Freiheitsstrafe 5 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre
Der Beschwerdeführer wurde vom genannten BG schuldig gesprochen, im Jänner 2009 ein Kuvert mit einem Meldezettel, einem österreichischen Reisepass, zwei Bankomatkarten und eine e-card - alle Dokumente lautend auf einen O.A. - gefunden und bis Juni 2017 unterdrückt und die oben angeführten Urkunden zumindest 18 Mal im Rechtsverkehr in näher genannten Zeiträumen zwischen 2010 bis 2017 gebraucht, als wären sie für ihn ausgestellt. Hierfür wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Urkundenunterdrückung und des Gebrauchs fremder Ausweise verurteilt, wobei unter den Strafbemessungsgründen seine Vorstrafe, der längere Tatzeitraum und die mehrfache Begehung erschwerend sowie das umfassend reumütige Geständnis mildernd bewertet wurde.
Der Beschwerdeführer wurde in keinem weiteren EU- oder Schengenstaat erkennungsdienstlich behandelt.
1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:
Der erste Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers vom 17.01.1997 wurde rechtskräftig mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.09.1997 und mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 04.04.2000, Zl. XXXX abgewiesen.
Ein neuerlicher Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers vom 04.08.2008 wurde rechtskräftig mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.09.2008 und Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 31.10.2008, Zl. A6 201.441-2/2008/2E wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
Zwischen der Rechtskraft des Erkenntnisses vom 31.10.2008 und der Zurückweisung des gegenständlichen dritten Antrages wegen entschiedener Sache mit Bescheid vom 03.08.2018 ist keine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten.
Der Beschwerdeführer brachte im gegenständlichen Asylverfahren keine neuen, entscheidungsrelevanten Fluchtgründe vor.
1.3 Zu den Feststellungen zur Lage in Nigeria:
Die individuelle Situation für den Beschwerdeführer hinsichtlich seines Herkunftsstaates Nigeria hat sich nicht in einem Umfang verändert, der auf eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes schließen lässt. Auch die Rechtslage blieb, soweit entscheidungsrelevant, unverändert.
Die wesentlichen Feststellungen lauten:
Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 03.08.2018 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria vollständig zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens wurde dem Beschwerdeführer das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" (Stand: 12.04.2019) gemeinsam mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung übermittelt und ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.
Das politische System Nigerias orientiert sich stark am System der Vereinigten Staaten; in der Verfassungswirklichkeit dominieren der Präsident und die ebenfalls direkt gewählten Gouverneure. Die lange regierende People¿s Democratic Party (PDP) musste nach den Wahlen 2015 erstmals seit 1999 in die Opposition; seither ist die All Progressives¿ Congress (APC) unter Präsident Muhammadu Buhari an der Macht.
In Nigeria herrscht keine Bürgerkriegssituation, allerdings sind der Nordosten, der Middle Belt und das Nigerdelta von Unruhen und Spannungen geprägt. Für einzelne Teile Nigerias besteht eine Reisewarnung, insbesondere aufgrund des hohen Entführungsrisikos.
Im Norden und Nordosten Nigerias hat sich die Sicherheitslage verbessert; in den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es aber weiterhin zu Anschlägen der Boko Haram. Es gelang den Sicherheitskräften zwar, Boko Haram aus den meisten ihrer Stellungen zu vertreiben, doch war es kaum möglich, die Gebiete vor weiteren Angriffen durch die Islamisten zu schützen. Der nigerianischen Armee wird vorgeworfen, im Kampf gegen Boko Haram zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben; die von Präsident Buhari versprochene Untersuchung blieb bisher aber folgenlos.
Das Nigerdelta (Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River) ist seit Jahren von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Spannungen rund um die Verteilung der Einnahmen aus den Öl- und Gasreserven geprägt. Von 2000 bis 2010 agierten in der Region militante Gruppen, die durch ein im Jahr 2009 ins Leben gerufene Amnestieprogramm zunächst beruhigt wurden. Nach dem Auslaufen des Programmes Ende 2015 brachen wieder Unruhen aus, so dass eine weitere Verlängerung beschlossen wurde. Die Lage hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, doch bleibt sie volatil. Insbesondere haben Angriffe auf die Ölinfrastrukturen in den letzten zwei Jahren wieder zugenommen. Abgelegene Gebiete im Nigerdelta sind teils auch heute noch unter der Kontrolle separatistischer und krimineller Gruppen.
In Zentralnigeria (Middle Belt bzw. Jos Plateau) kommt es immer wieder zu lokalen Konflikten zwischen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen. Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Der Ursprung dieser Auseinandersetzungen, etwa zwischen (überwiegend muslimischen nomadischen) Hirten und (überwiegend christlichen) Bauern, liegt oft nicht in religiösen Konflikten, entwickelt sich aber häufig dazu.
Die Justiz Nigerias hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgung ist nicht erkennbar, doch werden aufgrund der herrschenden Korruption tendenziell Ungebildete und Arme benachteiligt. Das Institut der Pflichtverteidigung gibt es erst in einigen Bundesstaaten. In insgesamt zwölf nördlichen Bundesstaaten wird die Scharia angewendet, Christen steht es aber frei, sich einem staatlichen Gerichtsverfahren zu unterwerfen. Der Polizei, die durch geringe Besoldung und schlechte Ausrüstung eingeschränkt ist, wird oftmals die Armee zur Seite gestellt. Insgesamt ist trotz der zweifelsohne vorhandenen Probleme im Allgemeinen davon auszugehen, dass die nigerianischen Behörden gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Problematisch ist aber insbesondere, dass Gefangene häufig Folterung und Misshandlung ausgesetzt sind. Disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Folgen hat dies kaum. Die Bedingungen in den Haftanstalten sind hart und lebensbedrohlich. Nigeria hält an der Todesstrafe fest, diese ist seit 2006 de facto ausgesetzt, wobei es in den Jahren 2013 und 2016 in Edo State aber zu einzelnen Hinrichtungen gekommen war. Die Regierung Buharis hat der Korruption den Kampf erklärt, doch mangelt es ihr an effektiven Mechanismen.
Die Menschenrechtssituation in Nigeria hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert, schwierig bleiben aber die allgemeinen Lebensbedingungen. Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert, wird aber gelegentlich durch das Eingreifen von Sicherheitsorganen bei politisch unliebsamen Versammlungen eingeschränkt. Die politische Opposition kann sich aber grundsätzlich frei betätigen; es gibt auch keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung. Gelegentlich gibt es aber, vor allem bei Gruppen mit sezessionistischen Zielen, Eingriffe seitens der Staatsgewalt. Dabei ist insbesondere die Bewegung im Süden und Südosten Nigerias zu nennen, die einen unabhängigen Staat Biafra fordert. Dafür treten sowohl das Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra (MASSOB) und die Indigenous People of Biafra (IPOB) ein. Seit der Verhaftung des Leiters des inzwischen verbotenen Radiosenders "Radio Biafra" im Oktober 2015 kommt es vermehrt zu Demonstrationen von Biafra-Anhänger, gegen die laut verschiedenen Berichten, unter anderem von Amnesty International, von den nigerianischen Sicherheitskräften mit Gewalt vorgegangen worden sein soll.
Im Vielvölkerstaat Nigeria ist Religionsfreiheit einer der Grundpfeiler des Staatswesens. Etwa 50% der Bevölkerung sind Muslime, 40 bis 45% Christen und der Rest Anhänger von Naturreligionen. Im Norden dominieren Muslime, im Süden Christen. Religiöse Diskriminierung ist verboten. In der Praxis bevorzugen die Bundesstaaten aber in der Regel die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion. Insbesondere in den Scharia-Staaten ist die Situation für Christen sehr schwierig. Die Toleranz zwischen den Glaubensgemeinschaften ist nur unzureichend ausgeprägt, mit Ausnahme der Yoruba im Südwesten Nigerias, unter denen auch Ehen zwischen Christen und Muslimen verbreitet sind. Speziell in Zentralnigeria kommt es zu lokalen religiösen Auseinandersetzungen, die auch zahlreiche Todesopfer gefordert haben. In Nigeria gibt es auch noch Anhänger von Naturreligionen ("Juju"); eine Verweigerung der Übernahme einer Rolle als Priester kann schwierig sein, doch wird dies nicht als Affront gegen den Schrein empfunden und sind auch keine Fälle bekannt, in denen dies zu einer Bedrohung geführt hätte. Im Süden Nigerias sind auch Kulte und Geheimgesellschaften vorhanden; insbesondere im Bundesstaat Rivers überschneiden sich Kulte häufig mit Straßenbanden, kriminellen Syndikaten etc. Mafiöse Kulte prägen trotz ihres Verbotes das Leben auf den Universitäten; es wird auch über Menschenopfer berichtet.
Insgesamt gibt es (je nach Zählweise) mehr als 250 oder 500 Ethnien in Nigeria. Die wichtigsten sind die Hausa/Fulani im Norden, die Yoruba im Südwesten und die Igbo im Südosten. Generell herrscht in Nigeria Bewegungsfreiheit und ist Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie verboten. Allerdings diskriminieren Gesetze jene ethnischen Gruppen, die am jeweiligen Wohnort nicht eigentlich indigen sind. So werden etwa Angehörige der Volksgruppe Hausa/Fulani im Bundesstaat Plateau diskriminiert.
Generell besteht aufgrund des fehlenden Meldewesens in vielen Fällen die Möglichkeit, Verfolgung durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann aber mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn man sich an einen Ort begibt, in dem keinerlei Verwandtschaft oder Bindung zur Dorfgemeinschaft besteht.
Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, der Großteil der Bevölkerung ist aber in der Landwirtschaft beschäftigt. Abgesehen vom Norden gibt es keine Lebensmittelknappheit. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut. Offizielle Arbeitslosenstatistiken gibt es nicht, allerdings gehen verschiedene Studien von einer Arbeitslosigkeit von 80% aus. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige.
Insgesamt kann die Gesundheitsversorgung in Nigeria als mangelhaft bezeichnet werden (GIZ 4.2019b). Zwischen Arm und Reich sowie zwischen Nord und Süd besteht ein erhebliches Gefälle: Auf dem Land sind die Verhältnisse schlechter als in der Stadt (GIZ 4.2019b); und im Norden des Landes ist die Gesundheitsversorgung besonders prekär (GIZ 4.2019b; vgl. ÖB 10.2018). Die medizinische Versorgung ist vor allem im ländlichen Bereich vielfach technisch, apparativ und/oder hygienisch problematisch. In den großen Städten findet man jedoch einige Privatkliniken mit besserem Standard (AA 12.4.2019). Rückkehrer finden in den Großstädten eine medizinische Grundversorgung vor (AA 10.12.2018).
Es gibt sowohl staatliche als auch zahlreiche privat betriebene Krankenhäuser (AA 10.12.2018). Krankenhäuser sind bezüglich Ausstattung, Qualifikation des Personals und Hygiene nur in städtischen Zentren vereinzelt mit europäischem Standard vergleichbar. In größeren Städten ist ein Großteil der staatlichen Krankenhäuser mit Röntgengeräten ausgestattet, in ländlichen Gebieten verfügen nur einige wenige Krankenhäuser über moderne Ausstattung. Religiöse Wohltätigkeitseinrichtungen und NGOs bieten kostenfrei medizinische Versorgung (ÖB 10.2018).
In den letzten Jahren hat sich die medizinische Versorgung in den Haupt- und größeren Städten allerdings sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor deutlich verbessert. So ist mittlerweile insbesondere für Privatzahler eine gute medizinische Versorgung für viele Krankheiten und Notfälle erhältlich. Es sind zunehmend Privatpraxen und -kliniken entstanden, die um zahlungskräftige Kunden konkurrieren. Die Ärzte haben oft langjährige Ausbildungen in Europa und Amerika absolviert und den medizinischen Standard angehoben. In privaten Kliniken können die meisten Krankheiten behandelt werden (AA 10.12.2018).
Die Gesundheitsdaten Nigerias gehören zu den schlechtesten in Afrika südlich der Sahara und der Welt (ÖB 10.2018). Mit 29 Todesfällen pro 1.000 Neugeborenen hat Nigeria weltweit die elfthöchste Todesrate bei Neugeborenen (GIZ 2.2019). Die aktuelle Sterberate für Kinder unter fünf Jahren beträgt 109 Todesfälle pro 1.000 Lebendgeburten. Die Prozentsätze der Unterernährung (Global Acute Malnutrition) liegen in den nördlichen Staaten konstant über der Alarmschwelle von 10 Prozent. Gemäß Schätzungen von UNICEF unterliegen mehr als 1,3 Millionen Kinder unter fünf Jahren in Nordnigeria einem hohen Risiko von schwerer akuter Unterernährung (ÖB 10.2018).
Psychische bzw. psychiatrische Erkrankungen werden in der großen Mehrheit der Bevölkerung immer noch als spiritueller Natur entspringend angesehen. Dementsprechend werden die entsprechenden Patienten besonders im ländlichen Bereich spirituellen Heilern zugeführt. Betreut werden sie in der Regel in der Familie, wenn vorhanden. Viele psychisch Kranke leben auf der Straße, in abgelegenen Regionen werden als gefährlich angesehene Personen in den Dörfern auch gelegentlich noch angekettet. Für die stationäre Unterbringung gibt es in ganz Nigeria acht staatliche psychiatrische Kliniken, die einen Langzeitbereich haben, außerdem sind zahlreiche psychisch Langzeitkranke in gesonderten Bereichen in Gefängnissen untergebracht. Im Wesentlichen findet dort eine reine Verwahrung unter ausgesprochen ärmlichen Bedingungen statt (WPA o.D.). Es existiert also kein mit westlichen Standards vergleichbares Psychiatriewesen, sondern allenfalls Verwahreinrichtungen auf sehr niedrigem Niveau. Dort werden Menschen mit psychischen Erkrankungen oft gegen ihren Willen untergebracht, können aber nicht adäquat behandelt werden (AA 10.12.2018).
Insgesamt gibt es für die inzwischen annähernd 200 Millionen Einwohner 100 Hospitäler mit psychiatrischer Abteilung (VAÖB 23.1.2019). Laut anderen Angaben gibt es psychiatrische Abteilungen in 15 Universitätskliniken, acht staatlichen psychiatrischen Spitälern und sechs Allgemeinen Spitälern sowie 15 psychiatrischen Privatkrankenhäusern (WPA o.D.). Das in Lagos befindliche Federal Neuro Psychiatric Hospital Yaba bietet sich als erste Anlaufstelle für die Behandlung psychisch kranker Rückkehrer an. Die Kosten für einen Empfang durch ein medizinisches Team direkt am Flughafen belaufen sich auf ca. 195.000 Naira (ca. 570 Euro). Zudem ist an diesem Krankenhaus auch die stationäre Behandlung psychischer Erkrankungen mit entsprechender Medikation möglich (AA 10.12.2018).
Nigeria verfügt über 110 registrierte Psychiater (WPA o.D.); nach anderen Angaben sind es derzeit 30 für 200 Millionen Einwohner (Österreich 2011: 20 Psychiater/100.000 Einwohner). Bei Psychologen ist die Lage noch drastischer, hier kamen im Jahr 2014 auf 100.000 Einwohner 0,02 Psychologen (Österreich 2011: 80 Psychologen/100.000 Einwohner). Aufgrund dieser personellen Situation ist eine regelrechte psychologische/psychiatrische Versorgung für die große Mehrheit nicht möglich, neben einer basalen Medikation werden die stationären Fälle in öffentlichen Einrichtungen im Wesentlichen "aufbewahrt". Die Auswahl an Psychopharmaka ist aufgrund der mangelnden Nachfrage sehr begrenzt (VAÖB 23.1.2019).
Es gibt eine allgemeine Kranken- und Rentenversicherung, die allerdings nur für Beschäftigte im formellen Sektor gilt. Die meisten Nigerianer arbeiten jedoch als Bauern, Landarbeiter oder Tagelöhner im informellen Sektor. Leistungen der Krankenversicherung kommen schätzungsweise nur zehn Prozent der Bevölkerung zugute (AA 10.12.2018). Nur weniger als sieben Millionen der 180 Millionen Einwohner Nigerias sind beim National Health Insurance Scheme leistungsberechtigt (Punch 22.12.2017). Eine Minderheit der erwerbstätigen Bevölkerung ist über das jeweils beschäftigende Unternehmen mittels einer Krankenversicherung abgesichert, die jedoch nicht alle Krankheitsrisiken abdeckt (VAÖB 27.3.2019).
Wer kein Geld hat, bekommt keine medizinische Behandlung (GIZ 4.2019b). Selbst in staatlichen Krankenhäusern muss für Behandlungen bezahlt werden (AA 10.12.2018). Die Kosten medizinischer Betreuung müssen im Regelfall selbst getragen werden. Die staatlichen Gesundheitszentren heben eine Registrierungsgebühr von umgerechnet 10 bis 25 Cent ein: Tests und Medikamente werden unentgeltlich abgegeben, sofern vorhanden (ÖB 10.2018). Eine basale Versorgung wird über die Ambulanzen der staatlichen Krankenhäuser aufrechterhalten, jedoch ist auch dies nicht völlig kostenlos, in jedem Fall sind Kosten für Medikamente und Heil- und Hilfsmittel von den Patienten zu tragen, von wenigen Ausnahmen abgesehen (VAÖB 27.3.2019).
Die staatliche Gesundheitsversorgung gewährleistet keine kostenfreie Medikamentenversorgung. Jeder Patient - auch im Krankenhaus - muss Medikamente selbst besorgen bzw. dafür selbst aufkommen (AA 10.12.2018). In der Regel gibt es fast alle geläufigen Medikamente in Nigeria in Apotheken zu kaufen, so auch die Antiphlogistika und Schmerzmittel Ibuprofen und Diclofenac sowie die meisten Antibiotika, Bluthochdruckmedikamente und Medikamente zur Behandlung von neurologischen und psychiatrischen Leiden (AA 10.12.2018). Medikamente gegen einige weit verbreitete Infektionskrankheiten wie Malaria und HIV/AIDS können teilweise kostenlos in Anspruch genommen werden, werden jedoch nicht landesweit flächendeckend ausgegeben. Schutzimpfaktionen werden von internationalen Organisationen finanziert, stoßen aber auf religiös und kulturell bedingten Widerstand, überwiegend im muslimischen Norden (ÖB 10.2018).
Die Qualität der Produkte auf dem freien Markt ist jedoch zweifelhaft, da viele gefälschte Produkte meist aus asiatischer Produktion - vertrieben werden (bis zu 25% aller verkauften Medikamente). Diese wirken aufgrund unzureichender Dosisanteile der Wirkstoffe nur eingeschränkt. Es gibt zudem wenig zuverlässige Kontrollen hinsichtlich der Qualität der auf dem Markt erhältlichen Produkte (AA 10.12.2018). Gegen den grassierenden Schwarzmarkt mit Medikamenten gehen staatliche Stellen kaum vor (ÖB 10.2018).
Der Glaube an die Heilkräfte der traditionellen Medizin ist nach wie vor sehr lebendig. Bei bestimmten Krankheiten werden eher traditionelle Heiler als Schulmediziner konsultiert (GIZ 4.2019b). Gerade im ländlichen Bereich werden "herbalists" und traditionelle Heiler aufgesucht (ÖB 10.2018).
Generell kann kein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen festgestellt werden, welcher geeignet wäre, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Der pauschale Hinweis eines Asylwerbers auf die allgemein herrschende Situation in Nigeria reicht nicht aus, um eine Bedrohung i.S.v Art. 2 MRK, 3 MRK oder des Protokolls Nr. 6 oder 13 der EMRK darzustellen. Außerdem kann allgemein festgestellt werden, dass eine nach Nigeria zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird. Sie kann ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖB 10.2018).
Abschiebungen erfolgen auf dem Luftweg, in Linien- oder Chartermaschinen. Rückführungen aus EU-Staaten erfolgen meist durch Charterflüge, die auch durch FRONTEX durchgeführt werden (AA 10.12.2018). Die österreichische Botschaft in Abuja unterstützt regelmäßig die Vorbereitung und Durchführung von Joint Return Operations im Rahmen von FRONTEX als "lead nation" (ÖB 10.2018). Ohne gültigen nigerianischen Pass oder einen von einer nigerianischen Botschaft ausgestellten vorläufigen Reiseausweis ist eine Einreise aus Europa kommender nigerianischer Staatsangehöriger nicht möglich. Dies gilt auch für zwangsweise Rückführungen (AA 10.12.2018).
Erkenntnisse darüber, ob abgelehnte Asylbewerber bei Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben, liegen nicht vor. Verhaftung aus politischen Gründen oder andere außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise von abgeschobenen oder freiwillig rückkehrenden Asylwerbern sind nicht bekannt (AA 10.12.2018). Die Erfahrungen seit dem Jahre 2005 lassen kaum Probleme erkennen (ÖB 10.2018). Abgeschobene Personen werden im Allgemeinen nach ihrer Ankunft in Lagos von der zuständigen Behörde (Nigerian Immigration Service), manchmal auch von der NDLEA (National Drug Law Enforcement Agency) befragt (AA 10.12.2018) bzw. erkennungsdienstlich behandelt (ÖB 10.2018) und können danach das Flughafengelände unbehelligt verlassen (AA 10.12.2018; vgl. ÖB 10.2018). Meist steigen sie in ein Taxi ein oder werden von ihren Familien abgeholt. Es kann jedoch nicht mit gänzlicher Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die abgeschobenen Personen keine weiteren Probleme mit den Behörden haben. Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt allerdings darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist (ÖB 10.2018).
Wegen Drogendelikten im Ausland verurteilte Nigerianer werden nach Rückkehr an die NDLEA überstellt. Ein zweites Strafverfahren in Nigeria wegen derselben Straftat haben diese Personen jedoch trotz anderslautender Vorschriften im "Decree 33" nicht zu befürchten (AA 10.12.2018). Aus menschenrechtlichen Erwägungen wird gegenüber nigerianischen Behörden als Grund für Abschiebungen stets "overstay" angegeben, da dieser kein strafrechtliches Delikt darstellt (ÖB 10.2018).
Staatliche oder sonstige Aufnahmeeinrichtungen für zurückkehrende unbegleitete Minderjährige sind in Lagos und anderen Landesteilen grundsätzlich vorhanden. Sie sind jedoch in schlechtem Zustand, so dass z.B. eine ausreichende Versorgung dort nicht ohne weiteres gewährleistet ist. Internationale Akteure bemühen sich, neue Rückkehrer- bzw. Migrationsberatungszentren aufzubauen. Eine entsprechende Einrichtung von IOM in Benin-City, Edo State, wurde 2018 eröffnet. Gleichermaßen hat im Herbst 2018 in Lagos das Migrationsberatungszentrum der GIZ seinen Betrieb aufgenommen. Gemeinsam mit dem nigerianischen Arbeitsministerium wird dort über berufliche Perspektiven in Nigeria informiert (AA 10.12.2018).
Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.
Der Beschwerdeführer erstattete kein substantiiertes Vorbringen hinsichtlich einer ihm drohenden Gefährdung in seinem Herkunftsstaat im Falle seiner Rückkehr und ergaben sich auch amtswegig keine diesbezüglichen Hinweise.
2. Beweiswürdigung:
Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:
2.1. Zum Verfahrensgang und zur Person des Beschwerdeführers:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.
Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem Heimreisezertifikat der nigerianischen Botschaft vom 06.10.2009.
Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers und seinen persönlichen Verhältnissen in Nigeria wie auch in Österreich ergeben sich aus seinen diesbezüglichen Äußerungen gegenüber dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und den Sicherheitsorganen. Die entsprechenden Feststellungen im angefochtenen Bescheid blieben unwidersprochen.
In der Verhandlung am 11.07.2019 führte der Beschwerdeführer danach befragt, ob er in einer Lebensgemeinschaft sei, aus, sechs Freundinnen zu haben, jede habe sozusagen ihren eigenen Wochentag. Diese würden es ernst meinen und Kinder mit dem Beschwerdeführer haben wollen. In der Verhandlung stellte sich dies dar wie folgt:
"RI: Sind Sie verheiratet oder leben Sie in einer Lebensgemeinschaft?
BF: Ich habe mehrere Freundinnen, mit denen ich auch unabhängig voneinander Zeit verbringe. Ich möchte aber erst dann heiraten, wenn es mir gesundheitlich wieder besser geht. Ich kann mich zurzeit schwer konzentrieren, und das möchte ich zuerst behandeln lassen.
RI: Sie haben Freundinnen gesagt, ist das als Lebensabschnittspartnerinnen gemeint oder Bekannte?
BF: Ich habe sechs Freundinnen, die so etwas wie Partnerinnen für mich sind. Sie meinen es ernst und wollen mich heiraten und Kinder mit mir haben. Ich habe ihnen aber gesagt, dass ich noch Zeit brauche und dass sie sich noch etwas gedulden müssen, bis ich gesundheitlich wieder in einem besseren Zustand bin.
RI: Wissen diese sechs Freundinnen voneinander?
BF: Manche wissen, das von selbst. Ich bin ein Mann und es gab schon eine Zeit, wo zwei miteinander deswegen Streit hatten. Ich habe gesagt, dass ich mit beiden Schluss mache, wenn sie nicht aufhören zu streiten. Ich bin ein Mann und muss mein Haus unter Kontrolle haben.
RI: Das ist ein neuer Aspekt in diesem Akt. Das haben Sie bis dato nicht gesagt, weder vor dem BFA noch in der Beschwerde. Sind das österreichische Frauen? Wie lange geht die längste "Beziehung"?
BF: Einige sind Österreicherinnen und es sind auch zwei Amerikanerinnen darunter, sie haben mich immer wieder besucht. Ich bin ein Mann und ich muss Kontrolle über mein Haus haben. Es kann nicht sein, dass Frauen mir sagen, was ich zu tun habe. Sie wissen, dass wenn ich ihnen etwas sage, dass es die Wahrheit ist. Sie vertrauen mir.
RI: Das sagen Sie heute so locker in Anwesenheit von drei Frauen?
BF: Warum nicht? Ich kann das natürlich zu drei Frauen sagen oder zu mehreren. Ich habe mich seit meiner Jugend seit ich auf der Universität war, so verhalten. Mir sind immer schon viele Frauen nachgerannt. Jeder Mann und jede Frau hat ihre Talente und so ist das eben auch bei mir. Das ist der Grund, warum mir immer schon so viele Frauen hinterhergelaufen sind.
[...]
RI: Leben Sie mit jemanden im selben Haushalt?
BF: Ja.
RI: Mit wem?
BF: Das ist eine Gemeinschaftswohnung und ich wohne auf meiner Seite und der andere Mann bewohnt seinen Teil.
RI: Wo treffen Sie Ihre sechs Freundinnen?
BF: Naja, ich treffe mich draußen mit ihnen zum Beispiel, wenn ich die Zeitungen verkaufe. Dann gehen wir zusammen nach Hause. Jede hat ihren eigenen Wochentag. Am Montag treffe ich mich mit dieser, und am Dienstag mit einer anderen Frau, damit sie nichts voneinander erfahren. Sie halten die Regeln ein. Die Amerikanerin war vier Mal in Österreich. Sie hat hier Urlaub gemacht. Sie hat mir viele Geschenke gekauft und sie mir gebracht."
Diesbezüglich wird angemerkt, dass der Beschwerdeführer in der BFA-Einvernahme vom 09.11.2017 auf Nachfrage ausführte keine intime Beziehung zu einer in Österreich aufhältigen Person zu führen. Im Lichte dessen waren die Feststellungen zu seinem Privat- und Familienleben zu treffen.
Soweit der Beschwerdeführer ausführt, dass er in seinem Herkunftsland über kein soziales Netz und keine familiären Anknüpfungspunkte verfüge, ist dem entgegenzuhalten, dass dieses Vorbringen bereits im Vorverfahren mit dem angeführten Erkenntnis des Asylgerichtshofes als unglaubhaft erkannt wurde. Wenn in der Beschwerde ausgeführt wird, dass er keinen Kontakt zu Familie habe und nicht wisse wie er diese kontaktieren könne, so erscheint dies in Zeiten von social media in höchstem Maße unglaubhaft, dies auch insbesondere auch im Lichte der unterschiedlichen Angaben betreffend seine Familienangehörigen: Diesbezüglich ist auszuführen, dass er bei seiner Schwester einmal als Geburtsjahr 1976 und einmal 1978 angeführt hat und diese einmal als "XXXX" und ein anderes Mal als "XXXX" bezeichnet hat. Sein Vater wiederum wäre seinen Ausführungen nach anfänglich an der letzten Wohnadresse des Beschwerdeführers in Nigeria aufhältig, ein anderes Mal bereits 1997 verstorben, wobei es in Widerspruch dazu einen späteren Versuch gegeben haben soll, mit seinen Eltern Kontakt aufzunehmen.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Ausführungen im Zuge der niederschriftlichen Einvernahmen vom 27.09.2017 und vom 02.05.2018 sowie im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 11.07.2019, sowie der Vorlage von medizinischen Befunden der Universitätsklinik für Neurologie des XXXX vom 20.06.2017, 08.03.2018 und 03.09.2018. Medizinische Unterlagen aktuelleren Datums brachte der Beschwerdeführer in der Verhandlung am 11.07.2019 nicht vor. Auch ließ er die ihm im Rahmen der mündlichen Verhandlung gewährte Frist zur Nachreichung von aktuelleren Gutachten ungenützt verstreichen.
Die Feststellungen zu seinem psychischen Zustand - mittelgradige depressive Episode F32.1 sowie das Anraten einer psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlung - basieren auf einem seitens seiner Rechtsvertretung vor Erlassung des bekämpften Bescheides - sowie erneut in der Beilage zum Beschwerdeschriftsatz - vorgelegten klinisch-psychologischen Befund der Mag. R.H. datiert vom 25.10.2017. Wie sich aus einer im Akt befindlichen Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Nigeria betreffend eine schizophrene Störung (F20.0) und posttraumatische Belastungsstörung (F43.1) vom 30.06.2017 ergibt, sind die genannten Behandlungen in Nigeria möglich. Das MedCOI Dokument General Psychiatry (BMA 7609) weist auf die generelle Möglichkeit stationärer und ambulanter Behandlungen durch einen Psychiater und/oder Psychologen hin. Zudem bestehe die Möglichkeit einer Psychotherapie, einer kognitiven Verhaltenstherapie und einer psychiatrischen Krisenintervention im Fall eines Suizidversuchs im Federal Neuro-Psychiatric Hospital, Yaba in Lagos. Der Beschwerdeführer zeigt nach obigem klinisch-psychologischen Befundbericht Symptome einer mittelgradigen depressiven Störung (ICD-10 F32.1). Er nimmt Medikamente ein und befindet sich in keiner Therapie - obwohl seitens der Klinischen- und Gesundheitspsychologin eine psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung angeraten wird - und war nicht stationär in die psychiatrische Abteilung aufgenommen. Ohne die bestehenden psychischen Belastungen des Beschwerdeführers banalisieren zu wollen, kann keine Notwendigkeit einer akuten Behandlungsbedürftigkeit in Österreich erkannt werden, dies insbesondere da die aktuellsten vom Beschwerdeführer beigebrachten medizinischen Unterlagen aus März und September 2018 datieren und nicht auf psychische Probleme des Beschwerdeführers abstellen. Dem Schreiben der Akutambulanz des XXXX vom 03.09.2018 ist vielmehr zu entnehmen, dass es sich am 03.09.2018 um einen Kontrolltermin "der bekannten Frühform einer MS" gehandelt habe und "zwischenzeitlich keine Schübe aufgetreten" seien. Weiters sei in der Nutzen/Risiko-Abwägung aktuell keine Indikation für eine Basisbehandlung gegeben. Aktuelle psychische Probleme wurden weder in diesem Schreiben noch in jenem vom 08.03.2018 (ebenfalls Akutambulanz des XXXX) thematisiert.
Verwiesen wird hinsichtlich der Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers weiters auf den zehnseitigen Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe zu Nigeria: Behandlung von Multipler Sklerose - Auskunft der SFH-Länderanalyse, vom 10.11.2017. Dieser Bericht liegt im Akt ein und wurde auch im Beschwerdeschriftsatz vollumfänglich zitiert; er ist zudem im Internet unter
https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/herkunftslaender/afrika/nigeria/171110-nga-multiple-sklerose.pdf abrufbar. Unter Punkt 3 dieses Berichts wird zur Behandlung (von Multipler Sklerose) und Medikamente ausgeführt wie folgt:
"Multiple Sklerose ist im Lagos State University Teaching Hospital behandelbar, die Wartezeit beträgt ausser in ernsten Notfällen zwei bis vier Wochen. Die Ex-pertenperson im Fachbereich Neurologie am Lagos State University Teaching Hospital gab am 6. November 2017 gegenüber der SFH folgendes an: Eine ausgeprägte Pharmakotherapie (Kortisonstosstherapie) ist dort möglich: Während vier bis fünf Tagen wird täglich eine Dosis Methylprednisolon intravenös gegeben. Eine ausgedehnte Physiotherapie ist dort ebenfalls möglich. Mit Ausnahme von ernsten Notfällen, die sofort behandelt werden, müssen an Multipler Sklerose erkrankte Patientinnen mit einer Wartezeit von zwei bis vier Wochen rechnen, bevor sie Zugang zu spezialisierter ärztlicher Versorgung und Behandlung bekommen können.
Kosten für Behandlungen und Hilfsmittel. Gemäss der Expertenperson im Fachbereich Neurologie am Lagos State University Teaching Hospital sind die Behandlungskosten wie folgt:
* Eine Dosis Methylprednisolon (intravenös): circa 20'000 nigerianische Naira (NGN) (55.22 CHF)
* Ausgedehnte Physiotherapie, Kosten pro Tag: circa 20'000 NGN (55.22 CHF)
* Rollator: circa 15'000 NGN (41.41 CHF)
* Rollstuhl: circa 50'000 NGN (138.05 CHF)40
Gemäss einem Fachartikel aus dem Jahr 2014 lagen die jährlichen Kosten für eine spezifische krankheitsverändernde Therapie von Multipler Sklerose durch importierte Medikamente bei 21'000 US-Dollar. Die jährlichen Kosten für eine Langzeittherapie durch niedrigdosiertes orales Prednisolon lagen bei 112 US-Dollar.
Kosten werden nicht von der staatlichen Krankenversicherung übernommen. Laut der Expertenperson im Fachbereich Neurologie am Lagos State University Teaching Hospital werden die Kosten für die oben genannten Behandlungen und Hilfsmittel nicht von der öffentlichen Krankenversicherung übernommen.
Verfügbarkeit und Kosten spezifischer Medikamente
a) Copaxon 20 mg (Wirkstoff: Glatiramer acetate)
Die Apotheke MedPlus in Lagos kann Copaxon in der Dosierung von 40 mg aus Eu-ropa bestellen. Bis zur Lieferung dauert es vier Wochen. 12 Fertigspritzen kosten 937'500 NGN (2588 CHF). Mindestens 70 Prozent des Gesamtpreises müssen bei der Bestellung angezahlt werden.
b) Pantoprazol 40 mg (Wirkstoff: Pantoprazol)
Pantoprazol ist in der Apotheke MedPlus in einer Dosierung von 40 mg erhältlich. 28 Tabletten kosten 2050 NGN (5.66 CHF). In der Apotheke Medvacc liegt der Preis bei 1437.50 NGN (3.97 CHF). Laut einem Bericht von BAMF und IOM vom Juni 2016 war der Wirkstoff Pantoprazol damals unter dem Verkaufsnamen Pantrafar in der Dosierung von 20 mg zum Preis von 2000 NGN (5.52 CHF) für 28 Tabletten erhältlich.
c) Dafalgan 500 mg (Wirkstoff: Acetaminophen)
Der Wirkstoff Acetaminophen wird in der Apotheke MedPlus unter dem Handelsnamen Panadol in einer Dosierung von 500 mg verkauft. 10 Tabletten kosten 1500 NGN (4.14 CHF). In der Apotheke Medvacc ist der Wirkstoff Acetaminophen unter dem Handelsnamen Tylenol Extra Strength erhätlich. 24 Tabletten kosten dort 3300 NGN (9.11 CHF).
d) Vitamin D 1.2 ml In der Apotheke MedPlus ist Vitamin D als Suspension erhältlich (5000 IU/5 ml spec D). 100 ml kosten 2300 NGN (6.35 CHF). In der Apotheke Medvacc liegt der Preis bei 1375 NGN (3.80 CHF). Laut einem Bericht von BAMF und IOM vom Juni 2016 war Vitamin D damals unter dem Verkaufsnamen Alfacalcidol Softgel (0.25 mcg, 1 mcg) erhältlich. 100 Kapseln kosteten 3000 NGN (8.28 CHF)."
Darauf aufbauend war die Feststellung zu treffen, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Erkrankung an Multipler Sklerose medikamentöser und ärztlicher Behandlung in Nigeria bedarf und eine solche in Nigeria auch möglich ist. Wie bereits oben ausgeführt, befinde sich laut Stellungnahme der Akutambulanz des XXXX vom 03.09.2018 die Krankheit des Beschwerdeführers im Stadium der "bekannten Frühform einer MS", seien "zwischenzeitlich keine Schübe aufgetreten", bestehe "aktuell keine Krankheitsaktivität" und sei in der Nutzen/Risiko-Abwägung aktuell keine Indikation für eine Basisbehandlung gegeben.
Die Feststellungen zur Ausbildung und Arbeitserfahrung des Beschwerdeführers gründen auf seinen glaubhaften, unwidersprochenen Aussagen im Asylverfahren. Aus dem Gesamtvorbringen des Beschwerdeführers ergibt sich, dass er arbeitsfähig ist und es ihm zumutbar ist, in Nigeria seinen Lebensunterhalt zu sichern. Multiple Sklerose ist behandelbar, verläuft je nach Patient unterschiedlich und bedeutet nicht zwingend Arbeitsunfähigkeit. Wie von der belangten Behörde in ihrer Beweiswürdigung ausgeführt, kann daher nicht pauschal festgestellt werden, dass Einschränkungen im Berufsleben auftreten werden. Der Beschwerdeführer macht zwar in seiner Beschwerde geltend, aufgrund seiner Erkrankung arbeitsunfähig zu sein und wirft der belangten Behörde diesbezüglich mangelnde Ermittlungstätigkeit vor, jedoch brachte auch er keinen Nachweis vor, welcher geeignet wäre, eine weitere Ermittlungspflicht der Behörde zu begründen.
Im krassen Widerspruch zum Beschwerdevorbringen führte der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung auch auf mehrfaches Nachfragen seitens des erkennenden Richters in Anwesenheit der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers aus arbeitsfähig zu sein. Selbst körperliche Tätigkeit traue sich der Beschwerdeführer auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung am 11.07.2019 explizit zu:
"RI: Haben Sie in Ihrem Herkunftsstaat eine Schulausbildung absolviert bzw. einen Beruf erlernt?
BF: Ja, ich habe zu Hause die Universität besucht. Als ich in Österreich war, habe ich in der XXXX gelernt, als ich im Gefängnis war. Die Ausbildung dauerte zwei Jahre und ich habe sieben Jahre in diesem Beruf gearbeitet.
RI: Würden Sie sich aktuell zutrauen diesen Beruf noch auszuüben?
BF: Ja, natürlich, warum auch nicht. Das was man gelernt hat, bleibt immer ein Teil von einem selbst. Wenn Sie mich aufwecken in der Nacht und mir sagen ich soll am Bau etwas machen, dann kann ich das sofort.
RI: Sie glauben, Sie haben da keine körperlichen Schwierigkeiten?
BF: Nicht wirklich. Es ist, dass was ich im Gefängnis gemacht habe. Gleich nachdem ich aus dem Gefängnis entlassen wurde, habe ich wieder begonnen zu arbeiten, zwar nicht am Bau aber trotzdem habe ich gearbeitet. Der Entlassungsrichter hat mir damals gesagt, ich solle das Gefängnis verlassen und gleich zu arbeiten beginnen. Diese Wörter sind mir im Gedächtnis geblieben und das habe ich auch gemacht.
RI: Damals hatten Sie auch noch nicht MS. Glauben Sie, dass Sie diese Tätigkeit als XXXX auch in Anbetracht Ihrer Krankheit machen können?
BF: Ja, ich kann arbeiten, davon bin ich ganz fest überzeugt. Ich bin en Mann und jeder Mann sollte für seine Familie verantwortlich sein. Ich möchte nicht, dass meine zukünftige Frau arbeitet und ich zu Hause sitze. Das wäre für mich keine gute Lösung. Ich habe von meinen Eltern gelernt, dass man arbeiten geht, mein Vater und meine Mutter haben gearbeitet. So halte ich es auch. Das habe ich auch den Frauen gesagt, die mich heiraten wollen. Es ist jetzt genau das richtige für mich, arbeiten zu gehen, wenn ich arbeiten kann, wird alles gut.
RI: Arbeiten Sie aktuell?
BF: Ja, ich verkaufe die Zeitschrift XXXX. Ich habe den Straßenverkäuferausweis in meiner Tasche. Ich habe nur vergessen, diese reinzubringen. Ich verkaufe die Zeitungen und habe Spaß mit den Leuten. Alles ist in Ordnung.
RI: Der Verkauf der XXXX Zeitschrift ist primär eine stehende Tätigkeit. Als XXXX ist es eine körperliche anstrengendere Tätigkeit. Warum gehen Sie davon aus, dass Sie mit Ihrer Krankheit dieser Tätigkeit nachgehen können? Haben Sie irgendwelche Anhaltspunkte, dass diese körperliche Arbeit Ihnen nicht zu viel ist?
BF: Also mir ist schon bewusst, dass die Arbeit eines XXXX physisch anstrengender ist als der Verkauf der Zeitungen, aber trotzdem bin ich davon überzeugt, dass diese Arbeit für mich keine zu große Belastung wäre. Ich habe diese Arbeit schließlich gelernt und sie hat mir Spaß gemacht. Sie können auch im Gefängnis nachfragen. Ich habe dort auch viel von der Security Arbeit erledigt. Die Wärter haben mich mit verschiedenen Aufgaben betraut und weil ich es so gut gemacht habe, haben sie mir immer wieder Geschenke gebracht."
Der Beschwerdeführer führte in der mündlichen Verhandlung aus eine Deutschprüfung im Niveau B2 gemacht zu haben. Entsprechende Nachweise konnte er nicht liefern, auch ließ er die ihm im Rahmen der mündlichen Verhandlung gewährte Frist zur Nachreichung bzw. Übermittlung etwaiger Duplikate ungenützt verstreichen. In der Verhandlung war er zwar über weite Strecken auf den Dolmetscher angewiesen, jedoch konnte sich der Beschwerdeführer durchaus auch auf Deutsch verständigen.
Aus dem Zeitpunkt der ersten Asylantragsstellung ergibt sich, dass der Beschwerdeführer spätestens am 17.01.1997 illegal in Österreich eingereist ist. Aufgrund des ZMR-Auszugs vom 28.08.2018 steht fest, dass er von November 2009 bis August 2017 im Bundesgebiet nicht aufrecht gemeldet war. Das Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 08.02.2018 zu XXXX beweist die Verwendung einer falschen Identität
(O.A.).
Die F