TE Vwgh Erkenntnis 1998/6/2 97/01/1149

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Veröffentlicht am 02.06.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13 Abs3;
AVG §69 Abs2;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 97/01/1150

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Pelant als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, 1. über die Beschwerde des B in Göllersdorf, und 2. in der Beschwerdesache der Verlassenschaft nach D gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres vom 5. November 1997, Zlen. 4.338.461/19-III/13/97 (Erstbeschwerdeführer) und 4.338.461/20-III/13/97 (Zweitbeschwerdeführerin), jeweils betreffend Zurückweisung eines Wiederaufnahmeantrages in einer Angelegenheit des Asylrechtes, beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

1. Die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers wird als unbegründet abwiesen.

Der Erstbeschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

2. Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Begründung

Die beiden Beschwerdeführer, Staatsangehörige der "jugoslawischen Föderation", sind am 17. März 1992 in das Bundesgebiet eingereist. Ihre Asylanträge vom 18. März 1992 wurden mit Bescheiden des Bundesministers für Inneres vom 6. März 1996 rechtskräftig abgewiesen, dagegen erhobene Verwaltungsgerichtshofbeschwerden blieben erfolglos (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1997, Zlen. 96/01/0296, 0297).

Am 29. Juli 1997 brachten die Beschwerdeführer durch ihren damaligen gemeinsamen Rechtsvertreter beim Bundesasylamt Traiskirchen und bei der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich gleichlautende Anträge auf Wiederaufnahme des Asylverfahrens ein; in eventu begehrten sie, ihnen nunmehr auf Grund der neuen Tatsachen Asyl zu gewähren. Begründend führten die Beschwerdeführer dazu aus, daß sie nunmehr durch Zeitungsausschnitte hätten in Erfahrung bringen können, daß die Brüder des Erstbeschwerdeführers in Serbien wegen Staatsterrorismus verurteilt worden seien. Beide seien politisch tätig gewesen und hätten Demonstrationen organisiert. Sie gehörten derselben Gruppe/Organisation wie die Beschwerdeführer an, sodaß diese befürchteten, bei der Rückkehr nach Serbien ebenfalls wegen ihrer politischen Tätigkeit inhaftiert zu werden.

Zum Beweis dieses Vorbringens legten die Beschwerdeführer fremdsprachige Zeitungen im Original (Antrag beim Bundesasylamt) bzw. in Kopie (Antrag bei der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich) - jeweils unübersetzt - vor, die vom 3. Juni 1997, vom 12. Juli 1997 und vom 16. Juli 1997 stammen.

Mit den angefochtenen Bescheiden wies der Bundesminister für Inneres (die belangte Behörde) die Wiederaufnahmeanträge zurück; die Beschwerdeführer hätten ihrer Obliegenheit, den genauen Zeitpunkt der Kenntnisnahme des von ihnen behaupteten Wiederaufnahmegrundes datumsmäßig zu bezeichnen und nachzuweisen, nicht entsprochen.

Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, sie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde des Erstbeschwerdeführers. Bezüglich der Zweitbeschwerdeführerin stellte sie im Hinblick darauf, daß diese am 10. Jänner 1998 verstorben sei - davon war der Verwaltungsgerichtshof bereits durch Mitteilungen der Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld und des ehemaligen Vertreters der Beschwerdeführer in Kenntnis gesetzt worden - den Antrag, die Beschwerde als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 69 Abs. 2 AVG ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen vom Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich vom Wiederaufnahmsgrund Kenntnis erlangt hat, jedoch spätestens binnen drei Jahren nach der Zustellung oder mündlichen Verkündung des Bescheides bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muß der Wiederaufnahmewerber schon im Antrag angeben, wann er von der neuen Tatsache oder dem Vorhandensein des von ihm geltend gemachten Beweismittels Kenntnis erlangt hat; ein Fehlen dieser Angaben über die Rechtzeitigkeit der Antragstellung kann nicht nach § 13 Abs. 3 AVG als Formgebrechen behandelt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Dezember 1997, Zl. 97/01/1037, m. w.N.).

Unter Wiedergabe dieser Grundsätze führte die belangte Behörde aus, daß die Beschwerdeführer den maßgeblichen Zeitpunkt nur durch die Wendung "nunmehr" umschrieben hätten. Diese - einzige - Angabe zum Zeitpunkt der Kenntnisnahme der als Wiederaufnahmsgrund geltend gemachten Umstände sei für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit der Anträge nicht ausreichend, sodaß sie keiner sachlichen Erledigung zugänglich seien.

Auch die Beschwerde geht von den zuvor dargelegten Grundsätzen aus. Sie gesteht darüber hinaus zu, daß der Ausdruck "nunmehr" keine präzise zeitliche Fixierung erlaube (vgl. dazu die in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, zu § 69 Abs. 2 AVG unter 5d zitierte Judikatur). Die Behörde habe jedoch übersehen, daß mit den Anträgen Urkunden vorgelegt worden seien, auf Grund derer sich jedenfalls ergeben hätte, daß die Antragstellung rechtzeitig erfolgt sei.

Wie eingangs dargestellt, datieren die als Urkunden vorgelegten Zeitungen vom 3. Juni 1997, vom 12. Juli 1997 und vom 16. Juli 1997. Bis zur Einbringung der gegenständlichen Wiederaufnahmsanträge (29. Juli 1997) ist daher in einem Fall ein Zeitraum von knapp zwei Monaten vergangen. Daß im Hinblick darauf die Argumentation der Beschwerde, schon auf Grund dieser Zeitungen ergebe sich, daß die Antragstellung rechtzeitig - binnen zwei Wochen vom Zeitpunkt an, in dem vom Wiederaufnahmsgrund Kenntnis erlangt worden ist - erfolgt sei, nicht zielführend sein kann, liegt auf der Hand. Die Beschwerde war daher bezüglich des Erstbeschwerdeführers gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin kommt hingegen eine Sachentscheidung nicht in Betracht; Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG setzt eine beschwerdeführende Partei voraus, die mit ihrer Beschwerde behauptet, durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde in ihren Rechten verletzt zu sein. Diese Voraussetzung ist mit dem Tod der Beschwerdeführerin weggefallen (vgl. etwa den hg. Beschluß vom 3. Oktober 1997, Zl. 97/19/1115), weshalb das Verfahren insoweit als gegenstandslos geworden einzustellen war. Bei diesem Ergebnis hatte ein Abspruch des Berichters über den Verfahrenshilfeantrag der Zweitbeschwerdeführerin zu entfallen (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, auf Seite 727 zitierte Judikatur).

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Eine Kostenersatzpflicht der Verlassenschaft nach der Zweitbeschwerdeführerin kommt schon im Hinblick darauf nicht in Betracht, daß die belangte Behörde Kostenersatz nur vom Erstbeschwerdeführer begehrte.

Schlagworte

Verbesserungsauftrag Ausschluß Wiederaufnahmeantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997011149.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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