TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/2 W274 2219531-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.09.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

02.09.2019

Norm

BDG 1979 §50a
BDG 1979 §50b Abs1 Z1
BDG 1979 §50b Abs3
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W274 2219531-1/5E

AUSFERTIGUNG DES AM 21.8.2019 VERKÜNDETEN ERKENNTNISSES:

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch Mag. Lughofer als Einzelrichter über die Beschwerde des GrInsp XXXX , geboren XXXX , XXXX , vertreten durch Mag. Stefan Lichtenegger, LL.M., Rechtsanwalt, Lerchenfelder Straße 31/DG, 1070 Wien gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Wien vom 11.04.2019, GZ PAD/19/523943/2/AA wegen Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht:

Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass dessen Spruch insgesamt lautet:

"Dem Antrag des BF wird dahingehend stattgegeben, dass dessen regelmäßige Wochendienstzeit ab Rechtskraft dieser Entscheidung bis 31.05.2020 auf 36 Stunden herabgesetzt wird."

Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Der Beschwerdeführer (BF) steht als Exekutivbediensteter der Landespolizeidirektion Wien in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist derzeit der Landesverkehrsabteilung (LVA) dienstzugeteilt.

Am 11.03.2019 beantragte er die "Gewährung einer herabgesetzten Wochendienstzeit zum frühestmöglichen Zeitpunkt im Ausmaß von 36 Stunden pro Woche" für die Betreuung seines Sohnes XXXX , geboren XXXX . Seine Gattin XXXX befinde sich in Karenz, dessen Ende noch nicht bekannt sei.

Am 08.04.2019 konkretisierte der BF seinen Antrag dahingehend, dass er seinen Sohn, mit dem er im gemeinsamen Haushalt lebe, überwiegend selbst betreuen wolle. Um die Herabsetzung der Wochendienstzeit werde - vorerst - bis 31.05.2020 ersucht.

Mit Schreiben der Landesverkehrsabteilung/Führungsunterstützung vom 14.03.2019 an die Personalabteilung der Landespolizeidirektion wurde der Antrag aus dienstlichen Gründen nicht befürwortet.

Die belangte Behörde veranlasste eine Meldeanfrage.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den "Antrag auf Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit auf 36 Stunden ab 01.06.2019 bis 31.05.2020" ab und begründete dies im Wesentlichen damit, die Kindesmutter, die sich in Karenz befinde und im gemeinsamen Haushalt mit dem gemeinsamen Sohn XXXX lebe, stehe rund um die Uhr zur Kinderbetreuung zur Verfügung. Aufgrund der dienstlichen Abwesenheiten des BF von 36 Wochenstunden stünde dem BF im Falle einer stattgebenden Antragserledigung weniger Zeit zur Kinderbetreuung zur Verfügung als der Kindesmutter. Aus diesem Grund sei es nicht möglich, dass die Betreuungstätigkeit jene der Kindesmutter quantitativ übersteige, weshalb die Erfüllung des Erfordernisses des § 50 BDG, dass der Beamte das Kind überwiegend selbst betreuen wolle, nicht möglich sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde des BF wegen "Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften" sowie "Rechtswidrigkeit des Inhalts" mit den Anträgen, den Bescheid im stattgebenden Sinne abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Am 21.08.2019 fand vor BVwG eine mündliche Verhandlung statt, in der der BF als Partei sowie XXXX als Zeugin vernommen sowie das Erkenntnis verkündet wurde:

Folgender Sachverhalt steht - über den eingangs als unstrittig angenommenen Sachverhalt hinaus - fest:

Der am XXXX geborene XXXX lebt im gemeinsamen Haushalt mit den Eltern XXXX befindet sich aufgrund eines weiteren gemeinsamen, 2018 geborenen Kindes in Karenz. Sie besucht derzeit eine Maturaschule, wofür sie etwa 14 Stunden wöchentlich aufzuwenden hat, zusätzlich drei bis vier Mal in der Woche je 1 Stunde Fahrzeit. Zwei Mal in der Woche besucht sie einen Englisch Kurs am Cambridge Institut, dies für je 2 bis 3 Stunden. Pro Unterrichtstag hat sie je eine halbe Stunde Fahrzeit in jede Richtung. Dazu kommt ein Lernaufwand, den XXXX mit 7 bis 10 Stunden in der Woche veranschlagt.

Der BF plant im Falle der Antragsstattgabe in jener Zeit, die nicht Dienstzeit ist, sich der Betreuung und Erziehung des Kindes XXXX zu widmen, auf ihn aufzupassen, ihn zu erziehen und für ihn zu kochen.

Die Feststellungen sind betreffend Alter von XXXX und den gemeinsamen Haushalt des BF mit XXXX unstrittig, darüber hinaus beruhen sie auf den glaubwürdigen Angaben des BF sowie seiner Ehefrau als Zeugin, denen gegenteilige Beweisergebnisse nicht entgegenstehen.

Rechtlich folgt:

Gemäß § 50b Abs. 1 Z. 1 BDG ist die regelmäßige Wochendienstzeit des Beamten auf seinen Antrag zur Betreuung eines eigenen Kindes bis auf die Hälfte des für eine Vollbeschäftigung vorgesehenen Ausmaßes herabzusetzen. § 50a Abs. 2 und 4 ist anzuwenden.

Gemäß Abs. 3 leg cit. ist eine solche Herabsetzung nur zulässig, wenn 1. das Kind dem Haushalt des Beamten angehört und noch nicht schulpflichtig ist und 2. der Beamte das Kind überwiegend selbst betreuen will.

Gemäß Abs. 4 hat der Beamte den Antrag auf Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit spätestens zwei Monate vor dem gewollten Wirksamkeitsbeginn zu stellen.

Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage 631 BLGNr. 20. GP ist neu, dass die regelmäßige Wochendienstzeit nicht mehr starr auf 50 % herabzusetzen ist, sondern dass diese Wochendienstzeit je nach Antrag des Beamten auf eine beliebige Zahl voller Stunden im Ausmaß von 50 % bis unter 100 % der Vollbeschäftigung festgelegt werden kann.

Auf die Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit gemäß § 50b besteht - vorbehaltlich des Abs. 1 letzter Satz iVm § 50a Abs. 4 - ein Rechtsanspruch (Fellner, BDG § 50b BDG, Stand 01.09.2018, rdb.at, Anmerkung 4).

Eine Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit gemäß § 50b kann von jedem Elternteil und zwar auch gleichzeitig in Anspruch genommen werden, sofern jeder Elternteil die vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt (wie oben, Anmerkung 5).

Bislang ist weder Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs noch des Bundesverwaltungsgerichts zu § 50b Absatz 1 und 3 BDG ersichtlich.

Aus den thematisch verwandten Regelungen des VKG (§ 8b Abs 1) und des MSchG (§ 15j Abs 1), wonach bei sonst ähnlicher Regelung sich der Vater bzw die Mutter nicht gleichzeitig in Karenz befinden dürfen, ist mangels einer derartigen Bestimmung im BDG für den hier zu lösenden Fall nichts zu gewinnen.

Die sehr kurze Regelung des Gesetzes erschöpft sich neben den formellen - hier unstrittig vorliegenden - Voraussetzungen, im Umstand, dass der Beamte das Kind überwiegend selbst betreuen will.

Schon aus der oben dargestellten Anmerkung 5 geht - im Gegensatz zur Rechtsansicht der belangten Behörde - hervor, dass eine allfällige Betreuungsfähigkeit auch des anderen Elternteiles der Zulässigkeit einer Herabsetzung der Wochendienstzeit nicht entgegensteht. Die Betreuung eines Kindes durch den anderen Elternteil schließt daher nicht aus, dass auch der die Herabsetzung der Wochendienstzeit in Anspruch nehmende Beamte das gleiche Kind überwiegend selbst betreut.

Die Argumentation der belangten Behörde, die verbleibende Wochenarbeitszeit (hier 36 Stunden) hindere die Betreuungsfähigkeit des beantragenden Elternteils relevant, überzeugt nicht, zumal die nunmehrige Flexibilisierung der Regelung eine überwiegende Betreuung selbst durch einen Elternteil nicht ausschließt, der 39 Stunden arbeitet (§ 50b Abs 1 letzter Satz iVm § 50a Abs 2 BDG).

Insgesamt hat die belangte Behörde daher keine Umstände aufgezeigt, die dem in die Zukunft gerichteten Willen des Antragstellers, das Kind überwiegend selbst zu betreuen, zwingend entgegenstehen.

Aufgrund des Umstands, dass eine Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit auf die Vergangenheit bezogen nicht möglich ist, war diese ab Rechtskraft dieser Entscheidung herabzusetzen.

Der Ausspruch über die Zulassung der Revision folgt dem Umstand, dass bislang höchstgerichtliche Rechtsprechung jedenfalls zur hier relevanten Fragestellung betreffend § 50b BDG nicht vorliegt.

Schlagworte

Betreuungsfähigkeit, Kinderbetreuung, Polizist, Rechtskraft,
Wochendienstzeit - Herabsetzung, Zeitraumbezogenheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W274.2219531.1.00

Zuletzt aktualisiert am

11.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten