TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/9 I412 2222195-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.09.2019
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Entscheidungsdatum

09.09.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §18 Abs1 Z6
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I412 2211693-1/6E

I412 2222195-1/4E

I412 2135635-4/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gabriele ACHLEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerden der nigerianischen Staatsangehörigen XXXX, geb. XXXX, XXXX, geb. am XXXX, vertreten durch die Mutter XXXX, diese wiederum vertreten durch VEREIN MENSCHENRECHTE ÖSTERREICH, und XXXX, geb. am XXXX, vertreten durch RA E. Daigneault, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.11.2018 bzw. vom 24.07.2019, Zlen. XXXX, XXXX und XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Zur Erst- und Zweitbeschwerdeführerin:

Die Erstbeschwerdeführerin ließ sich in Nigeria am 29.06.2015 einen Reisepass ausstellen und beantragte ein Visum in Österreich. Zweck des Aufenthaltes wäre ein Besuch der mit Namen und Adresse genannten Tante und deren Familie in Wien gewesen. Da sie die notwendigen Mittel für den beantragten dreimonatigen Aufenthalt nicht nachweisen konnte, wurde das Visum am 09.10.2015 von der österreichischen Botschaft in Abuja verweigert.

Rund ein Jahr später reiste die Erstbeschwerdeführerin illegal und ohne Reisedokument ins Bundesgebiet ein und stellte am 19.10.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Sie habe bereits im April 2016 Nigeria mit ihrem Freund fluchtartig verlassen. Sie sei Christin, er moslemischen Glaubens gewesen und sie haben in Europa heiraten wollen. Mittlerweile sei der Freund aber gestorben.

Am 12.10.2017 wurde die Erstbeschwerdeführerin vor der belangten Behörde niederschriftlich zu ihren Fluchtgründen befragt. Die Familie der Erstbeschwerdeführerin sei christlichen Glaubens, der Vater ein Pastor. Deshalb seien die Angehörigen gegen eine Beziehung mit einem Moslem gewesen. Ihre Stiefmutter habe sie mit einem heißen Bügeleisen deshalb am Arm und Bein verletzt. Auch die Familie des Freundes sei gegen die Verbindung gewesen und habe man mit dem Anzünden des Hauses gedroht. Der Freund habe Mohamed geheißen, den Familiennamen habe sie nicht gewusst. Er sei bei der Überfahrt im Juni 2016 im Mittelmeer ertrunken, als das Boot gekentert sei. Die Angehörigen des Freundes würden sie nun ebenfalls verfolgen, da die Familie ihr die Schuld am Tod des Mannes gebe.

Mit Bescheid vom 27.11.2018, Zl. XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag der Erstbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich des Status einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihr nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gegen sie eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass ihre Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.). Für die freiwillige Ausreise wurde eine Frist von 14 Tagen festgelegt (Spruchpunkt VI.).

In der rechtzeitig und zulässig erhobenen Beschwerde vom 13.12.2018 wurde das Fluchtvorbringen wiederholt und außerdem bekannt gegeben, dass die Erstbeschwerdeführerin schwanger ist.

Am XXXX wurde die Zweitbeschwerdeführerin geboren und am 22.05.2019 für das Kind ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Die Erstbeschwerdeführerin gab als gesetzliche Vertreterin am 03.07.2019 vor der belangten Behörde an, dass das Kind wegen drohender Genitalverstümmelung nicht nach Nigeria zurückkehren könne. Vater des Kindes sei der Drittbeschwerdeführer, eine Geburtsurkunde wurde vorgelegt.

Mit Bescheid vom 24.07.2019, Zl. XXXX, wies die belangte Behörde auch den Antrag der Zweitbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz ab (Spruchpunkte I. und II.), erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen die Zweitbeschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte die Zulässigkeit ihrer Abschiebung nach Nigeria fest (Spruchpunkt V.). Für die freiwillige Ausreise wurde eine Frist von 14 Tagen festgelegt (Spruchpunkt VI.).

In der rechtzeitig erhobenen Beschwerde vom 01.08.2019 wurde vorgebracht, dass die Erstbeschwerdeführerin dem großen sozialen Druck in Nigeria nicht standhalten könnte und gezwungen wäre, die Zweitbeschwerdeführerin beschneiden zu lassen. Die Beschwerdeführerinnen hätten keinen familiären Rückhalt im Herkunftsstaat und seien als Alleinstehende besonders vulnerabel und Diskriminierungen ausgesetzt.

Zum Drittbeschwerdeführer:

Der Beschwerdeführer stellte bereits im Jahr 2015 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Nach negativer Entscheidung und Rechtszug zum Bundesverwaltungsgericht kam er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach und stellte weiters zwei Folgeanträge, welche jeweils in zweiter Instanz ab- oder wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurden. Trotz rechtskräftigem Einreiseverbot verweilte er im Bundesgebiet und wurde nach einem Aufgriff am 06.06.2019 über den Beschwerdeführer die Schubhaft verhängt. Gegenständlichen dritten Folgeantrag stellte er sodann am 13.06.2019 und gab er als Fluchtgrund an, zwar nunmehr nicht mehr homosexuell zu sein, deshalb aber immer noch in Nigeria gesucht zu werden. Außerdem habe er jetzt in Österreich eine Familie mit der Erstbeschwerdeführerin gegründet und wolle er diese nicht im Stich lassen.

Mit Bescheid vom 24.07.2019, Zl. XXXX, wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.). Für die freiwillige Ausreise besteht keine Frist (Spruchpunkt VI.) und wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.).

Dagegen erhob der rechtsvertretene Beschwerdeführer rechtzeitig und zulässig Beschwerde, in der seine Furcht vor Verfolgung aufgrund einer früheren Homosexualität bekräftigt und angegeben wird, dass die Tochter bei Rückkehr nach Nigeria Beschneidung fürchten müsste. Mit Eingabe vom 03.09.2019 ersuchte der Drittbeschwerdeführer um ein weiblich besetztes Gericht bzw. zeigte sich mit einem solchen einverstanden.

Die Beschwerden und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Die Verfahren werden gemäß § 34 AsylG als Familienverfahren geführt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zunächst wird der unter Pkt. I. dargestellte Verfahrensgang als Sachverhalt festgestellt.

1.1. Zur Person der Beschwerdeführer:

Die volljährigen Erst- und Drittbeschwerdeführer sind nicht verheiratet, Eltern der Zweitbeschwerdeführerin, Staatsangehörige von Nigeria und bekennen sich zum christlichen Glauben. Die Erstbeschwerdeführerin gehört der Volksgruppe der Urhobo an und spricht Englisch, der Drittbeschwerdeführer entstammt der Volksgruppe der Agbor und spricht Ika und Englisch. Die Identität der Beschwerdeführerinnen steht fest, jene des Drittbeschwerdeführers mangels Vorlage von Dokumenten nicht.

Die Beschwerdeführer sind gesund und sind die Erstbeschwerdeführerin und der Drittbeschwerdeführer auch arbeitsfähig.

Der Drittbeschwerdeführer reiste bereits im Jahr 2015 ins Bundesgebiet ein und hält er sich seit mindestens April 2015 in Österreich auf. Er führte in Österreich bereits drei Asylverfahren und wurde zuletzt mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 08.10.2018, GZ I408 2135635-3, die zurückweisende Entscheidung wegen entschiedener Sache bestätigt, nachdem der Drittbeschwerdeführer zunächst Boko Haram und später Homosexualität als Fluchtgründe angegeben hat. Die Erstbeschwerdeführerin reiste illegal ohne gültigem Reisedokument nach Österreich. Sie hält sich seit (mindestens) 19.10.2016 in Österreich auf. Die Zweitbeschwerdeführerin ist am XXXX geboren.

Die Familie der Erstbeschwerdeführerin, bestehend aus dem Vater, seiner nunmehrigen Lebensgefährtin, zwei Brüdern und einigen Onkeln und Tanten, lebt in Nigeria. Der Drittbeschwerdeführer hat in Nigeria noch seinen Vater und Schwestern. In Österreich verfügen die Beschwerdeführer über keine Verwandten, mit denen sie in Kontakt stehen. Die Erstbeschwerdeführerin wollte 2015 die Tante in Österreich besuchen, das Visum wurde aber verweigert. Anhaltspunkte, dass eine Kontaktaufnahme stattgefunden habe bzw. eine familiäre Bindung bestünde, gab es im Verfahren nicht. Der Drittbeschwerdeführer lebt nicht im gemeinsamen Haushalt mit den Beschwerdeführerinnen. Auch sonst verfügen die Beschwerdeführer über keine maßgeblichen privaten Verbindungen.

Die Erstbeschwerdeführerin besuchte einige Jahre lang eine Schule und absolvierte eine Ausbildung zur Friseurin. Aufgrund ihrer Ausbildung und Arbeitserfahrung in Nigeria hat sie eine Chance, auch hinkünftig am nigerianischen Arbeitsmarkt unterzukommen. Der Drittbeschwerdeführer ist jung, gesund und arbeitsfähig und wird es ihm möglich sein, einer Erwerbstätigkeit in Nigeria nachzugehen.

Die Beschwerdeführer sind in Österreich nicht vorbestraft.

Sie gehen in Österreich keiner Beschäftigung nach und beziehen Leistungen von der staatlichen Grundversorgung in Niederösterreich. Die Beschwerdeführerinnen führen keinen gemeinsamen Haushalt mit dem Drittbeschwerdeführer. Sie leben in einem Frauenhaus.

Die Beschwerdeführer weisen in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.

1.2. Zu den Fluchtmotiven der Erst- und Zweitbeschwerdeführerin:

Entgegen ihren Fluchtvorbringen kann nicht festgestellt werden, dass die Erstbeschwerdeführerin einer asylrelevanten Verfolgung durch die Familie des verstorbenen Freundes ausgesetzt sein wird und der Zweitbeschwerdeführerin Genitalverstümmelung drohen würde.

1.3. Zu den Fluchtmotiven des Drittbeschwerdeführers:

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Drittbeschwerdeführer aufgrund eventueller früherer Homosexualität der Gefahr einer asylrelevanten Bedrohung in Nigeria ausgesetzt sein würde.

1.4. Zu den Feststellungen zur Lage in Nigeria:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer sind gegenüber den in den angefochtenen Bescheiden getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Es wurde das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.

Das politische System Nigerias orientiert sich stark am System der Vereinigten Staaten; in der Verfassungswirklichkeit dominieren der Präsident und die ebenfalls direkt gewählten Gouverneure. Die lange regierende People¿s Democratic Party (PDP) musste nach den Wahlen 2015 erstmals seit 1999 in die Opposition; seither ist die All Progressives¿ Congress (APC) unter Präsident Muhammadu Buhari an der Macht.

In Nigeria herrscht keine Bürgerkriegssituation, allerdings sind der Nordosten, der Middle Belt und das Nigerdelta von Unruhen und Spannungen geprägt. Für einzelne Teile Nigerias besteht eine Reisewarnung, insbesondere aufgrund des hohen Entführungsrisikos.

Im Norden und Nordosten Nigerias hat sich die Sicherheitslage verbessert; in den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es aber weiterhin zu Anschlägen der Boko Haram. Es gelang den Sicherheitskräften zwar, Boko Haram aus den meisten ihrer Stellungen zu vertreiben, doch war es kaum möglich, die Gebiete vor weiteren Angriffen durch die Islamisten zu schützen. Der nigerianischen Armee wird vorgeworfen, im Kampf gegen Boko Haram zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben; die von Präsident Buhari versprochene Untersuchung blieb bisher aber folgenlos.

Das Nigerdelta (Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River) ist seit Jahren von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Spannungen rund um die Verteilung der Einnahmen aus den Öl- und Gasreserven geprägt. Von 2000 bis 2010 agierten in der Region militante Gruppen, die durch ein im Jahr 2009 ins Leben gerufene Amnestieprogramm zunächst beruhigt wurden. Nach dem Auslaufen des Programmes Ende 2015 brachen wieder Unruhen aus, so dass eine weitere Verlängerung beschlossen wurde. Die Lage hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, doch bleibt sie volatil. Insbesondere haben Angriffe auf die Ölinfrastrukturen in den letzten zwei Jahren wieder zugenommen. Abgelegene Gebiete im Nigerdelta sind teils auch heute noch unter der Kontrolle separatistischer und krimineller Gruppen.

In Zentralnigeria (Middle Belt bzw. Jos Plateau) kommt es immer wieder zu lokalen Konflikten zwischen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen. Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Der Ursprung dieser Auseinandersetzungen, etwa zwischen (überwiegend muslimischen nomadischen) Hirten und (überwiegend christlichen) Bauern, liegt oft nicht in religiösen Konflikten, entwickelt sich aber häufig dazu.

Die Justiz Nigerias hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgung ist nicht erkennbar, doch werden aufgrund der herrschenden Korruption tendenziell Ungebildete und Arme benachteiligt. Das Institut der Pflichtverteidigung gibt es erst in einigen Bundesstaaten. In insgesamt zwölf nördlichen Bundesstaaten wird die Scharia angewendet, Christen steht es aber frei, sich einem staatlichen Gerichtsverfahren zu unterwerfen. Der Polizei, die durch geringe Besoldung und schlechte Ausrüstung eingeschränkt ist, wird oftmals die Armee zur Seite gestellt. Insgesamt ist trotz der zweifelsohne vorhandenen Probleme im Allgemeinen davon auszugehen, dass die nigerianischen Behörden gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Problematisch ist aber insbesondere, dass Gefangene häufig Folterung und Misshandlung ausgesetzt sind. Disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Folgen hat dies kaum. Die Bedingungen in den Haftanstalten sind hart und lebensbedrohlich. Nigeria hält an der Todesstrafe fest, diese ist seit 2006 de facto ausgesetzt, wobei es in den Jahren 2013 und 2016 in Edo State aber zu einzelnen Hinrichtungen gekommen war. Die Regierung Buharis hat der Korruption den Kampf erklärt, doch mangelt es ihr an effektiven Mechanismen.

Die Menschenrechtssituation in Nigeria hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert, schwierig bleiben aber die allgemeinen Lebensbedingungen. Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert, wird aber gelegentlich durch das Eingreifen von Sicherheitsorganen bei politisch unliebsamen Versammlungen eingeschränkt. Die politische Opposition kann sich aber grundsätzlich frei betätigen; es gibt auch keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung. Gelegentlich gibt es aber, vor allem bei Gruppen mit sezessionistischen Zielen, Eingriffe seitens der Staatsgewalt. Dabei ist insbesondere die Bewegung im Süden und Südosten Nigerias zu nennen, die einen unabhängigen Staat Biafra fordert. Dafür treten sowohl das Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra (MASSOB) und die Indigenous People of Biafra (IPOB) ein. Seit der Verhaftung des Leiters des inzwischen verbotenen Radiosenders "Radio Biafra" im Oktober 2015 kommt es vermehrt zu Demonstrationen von Biafra-Anhänger, gegen die laut verschiedenen Berichten, unter anderem von Amnesty International, von den nigerianischen Sicherheitskräften mit Gewalt vorgegangen worden sein soll.

Im Vielvölkerstaat Nigeria ist Religionsfreiheit einer der Grundpfeiler des Staatswesens. Etwa 50% der Bevölkerung sind Muslime, 40 bis 45% Christen und der Rest Anhänger von Naturreligionen. Im Norden dominieren Muslime, im Süden Christen. Religiöse Diskriminierung ist verboten. In der Praxis bevorzugen die Bundesstaaten aber in der Regel die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion. Insbesondere in den Scharia-Staaten ist die Situation für Christen sehr schwierig. Die Toleranz zwischen den Glaubensgemeinschaften ist nur unzureichend ausgeprägt, mit Ausnahme der Yoruba im Südwesten Nigerias, unter denen auch Ehen zwischen Christen und Muslimen verbreitet sind. Speziell in Zentralnigeria kommt es zu lokalen religiösen Auseinandersetzungen, die auch zahlreiche Todesopfer gefordert haben. In Nigeria gibt es auch noch Anhänger von Naturreligionen ("Juju"); eine Verweigerung der Übernahme einer Rolle als Priester kann schwierig sein, doch wird dies nicht als Affront gegen den Schrein empfunden und sind auch keine Fälle bekannt, in denen dies zu einer Bedrohung geführt hätte. Im Süden Nigerias sind auch Kulte und Geheimgesellschaften vorhanden; insbesondere im Bundesstaat Rivers überschneiden sich Kulte häufig mit Straßenbanden, kriminellen Syndikaten etc. Mafiöse Kulte prägen trotz ihres Verbotes das Leben auf den Universitäten; es wird auch über Menschenopfer berichtet.

Insgesamt gibt es (je nach Zählweise) mehr als 250 oder 500 Ethnien in Nigeria. Die wichtigsten sind die Hausa/Fulani im Norden, die Yoruba im Südwesten und die Igbo im Südosten. Generell herrscht in Nigeria Bewegungsfreiheit und ist Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie verboten. Allerdings diskriminieren Gesetze jene ethnischen Gruppen, die am jeweiligen Wohnort nicht eigentlich indigen sind. So werden etwa Angehörige der Volksgruppe Hausa/Fulani im Bundesstaat Plateau diskriminiert.

Generell besteht aufgrund des fehlenden Meldewesens in vielen Fällen die Möglichkeit, Verfolgung durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann aber mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn man sich an einen Ort begibt, in dem keinerlei Verwandtschaft oder Bindung zur Dorfgemeinschaft besteht.

Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, der Großteil der Bevölkerung ist aber in der Landwirtschaft beschäftigt. Abgesehen vom Norden gibt es keine Lebensmittelknappheit. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut. Offizielle Arbeitslosenstatistiken gibt es nicht, allerdings gehen verschiedene Studien von einer Arbeitslosigkeit von 80% aus. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige.

Die medizinische Versorgung ist mit jener in Europa nicht vergleichbar, sie ist vor allem im ländlichen Bereich problematisch. Leistungen der Krankenversicherung kommen nur etwa 10% der Bevölkerung zugute. In den Großstädten ist eine medizinische Grundversorgung zu finden, doch sind die Behandlungskosten selbst zu tragen. Medikamente sind verfügbar, können aber teuer sein.

Besondere Probleme für abgeschobene Asylwerber nach ihrer Rückkehr nach Nigeria sind nicht bekannt. Das "Decree 33", das eine Doppelbestrafung wegen im Ausland begangener Drogendelikte theoretisch ermöglichen würde, wird nach aktueller Berichtslage nicht angewandt.

Im Speziellen wird auf die Lage von Frauen in Nigeria nochmals eingegangen:

Auch wenn die Verfassung Gleichberechtigung vorsieht (USDOS 13.3.2019; vgl. AA 10.12.2018), kommt es zu beachtlicher ökonomischer Diskriminierung von Frauen (USDOS 13.3.2019). Frauen werden in der patriarchalischen und teilweise polygamen Gesellschaft Nigerias in vielen Rechts- und Lebensbereichen benachteiligt, v.a. dort, wo traditionelle Regeln gelten. So sind Frauen in vielen Landesteilen aufgrund von Gewohnheitsrecht von der Erbfolge nach ihrem Ehemann ausgeschlossen. Vor allem im Osten des Landes müssen sie entwürdigende und die persönliche Freiheit einschränkende Witwenzeremonien über sich ergehen lassen (z.B. werden sie gezwungen, sich den Kopf zu rasieren oder das Haus für einen bestimmten Zeitraum nicht zu verlassen oder sind rituellen Vergewaltigungen ausgesetzt). Darüber hinaus können Frauen im Norden zum Teil keiner beruflichen Betätigung nachgehen, weil sie die familiäre Wohnung ohne Begleitung eines männlichen Angehörigen nicht verlassen dürfen (AA 10.12.2018). Die geschlechtsspezifische Diskriminierung im Rechtssystem konnte allerdings reduziert werden (BS 2018).

Auf Bundesstaats- und Bezirksebene (LGA) spielen Frauen kaum eine Rolle. Jene mit Sekundär- und Tertiärbildung haben Zugang zu Arbeitsplätzen in staatlichen und öffentlichen Institutionen. Immer mehr Frauen finden auch Arbeit im expandierenden Privatsektor (z.B. Banken, Versicherungen, Medien). Einige Frauen besetzen prominente Posten in Regierung und Justiz, z.B. eine Richterin beim Obersten Gerichtshof und die Finanzministerin (BS 2018).

Rechtlich ist keine Vorschrift vorhanden, die gleiche Bezahlung für Frauen und Männer für gleichwertige Tätigkeiten festschreibt. Es gibt auch kein Diskriminierungsverbot bei der Einstellung von Angestellten. Im formalen Sektor bleiben Frauen unterrepräsentiert, während sie in der informellen Wirtschaft eine bedeutende Rolle spielen (Landwirtschaft, Nahrungsmittel, Märkte, Handel) (USDOS 13.3.2019).

Das Gesetz Violence Against Persons Prohibition Act (VAPP) befasst sich mit sexueller, körperlicher, psychologischer und sozioökonomischer Gewalt sowie mit schädlichen traditionellen Praktiken. Laut dem VAPP stellen häusliche Gewalt, gewaltsames Hinauswerfen des Ehepartners aus der gemeinsamen Wohnung, erzwungene finanzielle Abhängigkeit, verletzende Witwenzeremonien, Genitalverstümmelung (FGM/C) usw. Straftatbestände dar. Opfer haben Anspruch auf umfassende medizinische, psychologische, soziale und rechtliche Unterstützung. Mit Stand März 2018 ist das Gesetz erst im Federal Capital Territory (FCT) und den Bundesstaaten Anambra, Ebonyi und Oyo gültig, in anderen Bundesstaaten erst, sobald es dort verabschiedet wird (USDOS 13.3.2019).

Häusliche Gewalt ist weit verbreitet und wird sozial akzeptiert, die Polizei schreitet oft nicht ein. In ländlichen Gebieten zögern Polizei und Gerichte, in Fällen aktiv zu werden, in welchen die Gewalt das traditionell akzeptierte Ausmaß des jeweiligen Gebietes nicht übersteigt (USDOS 13.3.2019).

Geschlechtsspezifische Gewalt ist in Nigeria auf nationaler Ebene nicht unter Strafe gestellt. Einige Bundesstaaten, hauptsächlich im Süden gelegene, haben Gesetze, die geschlechtsspezifische Gewalt verbieten oder versuchen bestimmte Rechte zu schützen. Für häusliche Gewalt sieht das VAPP eine Haftstrafe von maximal drei Jahren, eine Geldstrafe von höchstens 200.000 Naira oder eine Kombination von Haft- und Geldstrafe vor (USDOS 20.4.2018).

Vergewaltigung steht unter Strafe. Gemäß dem VAPP beträgt das Strafmaß zwischen zwölf Jahren und lebenslänglicher Haft. Es sieht auch ein öffentliches Register von verurteilten Sexualstraftätern vor. Auf lokaler Ebene sollen Schutzbeamte ernannt werden, die sich mit Gerichten koordinieren und dafür sorgen sollen, dass die Opfer relevante Unterstützung bekommen. Das Gesetz enthält auch eine Bestimmung, welche Gerichte dazu ermächtigt, Vergewaltigungsopfern eine angemessene Entschädigung zuzusprechen. Vergewaltigungen bleiben aber weit verbreitet. Aus einer Studie geht hervor, dass der erste sexuelle Kontakt bei drei von zehn Mädchen im Alter von 10 bis 19 Jahren eine Vergewaltigung war (USDOS 13.3.2019).

Das Bundesgesetz kriminalisiert seit 2015 FGM/C auf nationaler Ebene (USDOS 13.3.2019; vgl. AA 10.12.2018; GIZ 4.2019b), dieses Gesetz ist aber bisher nur in einzelnen Bundesstaaten umgesetzt worden (AA 10.12.2018), nach anderen Angaben gilt es bis dato nur im Federal Capital Territory. 13 andere Bundesstaaten haben ähnliche Gesetze verabschiedet (EASO 11.2018b). Die Regierung unternahm im Jahr 2018 keine Anstrengungen, FGM/C zu unterbinden (USDOS 13.3.2019). Andererseits wird mit unterschiedlichen Aufklärungskampagnen versucht, einen Bewusstseinswandel einzuleiten. Bei der Verbreitung gibt es erhebliche regionale Unterschiede. In einigen - meist ländlichen - Regionen im Südwesten und in der Region Süd-Süd ist die Praxis weit verbreitet, im Norden eher weniger (AA 10.12.2018). Während im Jahr 2013 der Anteil beschnittener Mädchen und Frauen noch bei 24,8 Prozent lag, waren es 2017 nur noch 18,4 Prozent (EASO 11.2018b).

Für Opfer von FGM/C bzw. für Frauen und Mädchen, die von FGM/C bedroht sind, gibt es Schutz und/oder Unterstützung durch staatliche Stellen und NGOs (UKHO 2.2017). Frauen, die von FGM/ C bedroht sind und die nicht in der Lage oder nicht willens sind, sich dem Schutz des Staates anzuvertrauen, können auf sichere Weise in einen anderen Teil Nigerias übersiedeln, wo es sehr unwahrscheinlich ist, dass sie von ihren Familienangehörigen aufgespürt werden. Frauen, welche diese Wahl treffen, können sich am neuen Wohnort dem Schutz von Frauen-NGOs anvertrauen (UKHO 12.2013; vgl. UKHO 2.2017).

Die Hauptaufgaben der Bundesbehörde NAPTIP (National Agency for the Prohibition of Trafficking in Person) sind Bekämpfung des Menschenhandels, Verfolgung der Täter im Bereich Menschenhandel und Schutzmaßnahmen für Opfer (temporäre Unterkunft, Beratung, Rehabilitierung, Reintegration und Zugang zur Justiz). Obwohl die Behörde im Jahr 2017 deutlich höhere Geldmittel als im Vorjahr erhielt, verfügt sie über zu geringe Ressourcen (EASO 2.2019). Oba Ewuare, König von Benin (Bundesstaat Edo) hat am 9.3.2018 alle Opfern des Menschenhandels auferlegten Flüche für nichtig erklärt, und im Gegenzug jene, welche die Flüche ausgesprochen haben, ihrerseits mit einem Fluch belegt. Bei der Zeremonie waren Priester und traditionelle Heiler sowie Vertreter von NAPTIP eingeladen (Vanguard 10.3.2018; vgl. Iroko 21.3.2018). Üblicherweise sollen Opfer von Menschenhandel durch die auferlegten Flüche dazu gezwungen werden, die Namen der Täter nicht preiszugeben. NAPTIP geht davon aus, dass nunmehr die Strafverfolgung in solchen Fällen erleichtert wird (Vanguard 10.3.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (10.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand Oktober 2018)

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BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 - Nigeria Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427393/488302_en.pdf, Zugriff 19.11.2018

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EASO - European Asylum Support Office (11.2018b): Country of Origin Information Report - Nigeria - Targeting of individuals, https://www.ecoi.net/en/file/local/2001375/2018_EASO_COI_Nigeria_TargetingIndividuals.pdf, Zugriff 11.4.2019, S129ff

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EASO - European Asylum Support Office (2.2019): Country Guidance:

Nigeria,

https://www.ecoi.net/en/file/local/2004112/Country_Guidance_Nigeria_2019.pdf, Zugriff 12.4.2019

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2019b): Nigeria - Gesellschaft, https://www.liportal.de/nigeria/gesellschaft/, Zugriff 10.4.2019

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Iroko - Assoziazione onlus (21.3.2018): Oba of Benin (Edo State) revokes curses on victims of trafficking, http://www.associazioneiroko.org/slide-en/oba-of-benin-edo-state-revokes-curses-onvictims-of-trafficking/, Zugriff 12.4.2019

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ÖB - Österreichische Botschaft Abuja (10.2018): Asylländerbericht Nigeria

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UKHO - United Kingdom Home Office (12.2013): Operational Guidance Note - Nigeria,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1387367781_nigeria-ogn.pdf, Zugriff 19.11.2018

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UKHO - United Kingdom Home Office (2.2017): Country Policy and Information Note Nigeria: Female Genital Mutilation (FGM), https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/595458/CPIN_-

_NGA_-_FGM_-_v_1_0.pdf, Zugriff 19.11.2018

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USDOS - U.S. Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Nigeria, https://www.ecoi.net/en/document/2004182.html, Zugriff 20.3.2019

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Vanguard (10.3.2019): "Our gods will destroy you"; Oba of Benin curse human traffickers,

https://www.vanguardngr.com/2018/03/gods-will-destroy-oba-benin-curse-human-traffickers/, Zugriff 12.4.2019

Eine Auswahl spezifischer Hilfsorganisationen für Frauen:

African Women Empowerment Guild (AWEG): 29, Airport Road, Benin

City, Edo State Tel.: 08023514832, 08023060147, Email:

info@awegng.org (AWEG o.d.a). Die AWEG ist eine ausschließlich weibliche nicht profitorientierte NGO. Zielgruppe sind Frauen und Jugendliche. Spezielle Programme zielen darauf ab, Frauen beim Erwerb von Fähigkeiten im Bildungsbereich sowie im sozialen, ökonomischen und politischen Bereich zu unterstützen. AWEG führt Studien zu geschlechtsspezifischer Gewalt durch (AWEG o.D.b).

Women Aid Collective (WACOL), No 9 Matthias Ilo Avenue, New Haven Extension by Akanu Ibia Airport Flyover, Enugu State. Tel:

+234-8095757590, +234-9091333000, Email: wacolnig@gmail.com, wacolnig@yahoo.com, wacolenugu@wacolnigeria.org. WACOL ist eine Wohltätigkeitsorganisation und bietet verschiedene Unterstützung an:

Schulungen, Forschung, Rechtsberatung, Unterkunft, kostenloser Rechts- und Finanzbeistand, Lösung familieninterner Konfliktsituationen, Informationen und Bücherdienste (WACOL o.D.).

Women Advocates Research and Documentation Center (WARDC), 9b james Oluleye Crescent (Harmony Enclave), off Adeniyi Jones by Koko bus stop, Ikeja, Lagos State, (+234) 818 005 6401, Email:

womenadvocate@yahoo.com (WARDC o.d.a). WARDC ist eine Frauenrechts-NGO für weibliche Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt und anderer Menschenrechtsverletzungen. Ca. sechs Frauen pro Woche werden diesbezüglich in rechtlicher und sozialer Hinsicht beraten (WARDC o.d.b.).

Womens Health and Equal Rights Initiative (WHER), Adresse nicht online verfügbar, +234 818 645 7675, Email: wher@whernigeria.org (WHER o.d.a): WHER ist eine NGO zur Unterstützung von Frauen, die Angehörige einer sexuellen Minderheit sind (WHER o.d.b).

The Women's Consortium of Nigeria (WOCON): 13 Okesuna Street, Off Igbosere Road, Lagos, Nigeria, Tel: +234 8033188767, +234 8037190133, +234 8033347896, Email: wocon95@yahoo.com, info@womenconsortiumofnigeria.org (WOCON o.D.a). WOCON ist eine gemeinnützige NGO, die sich der Durchsetzung der Frauenrechte und der Erzielung von Gleichheit, persönlicher Entwicklung und Frieden widmet. Ziel ist die Aufklärung bezüglich Menschenhandel und der Kampf gegen den Menschenhandel (WOCON o.D.b).

Women's Rights Advancement and Protection Alternative (WRAPA): 19, Monrovia Street, Off Aminu Kano Way, Wuse II Abuja, Tel.:

08188699961, 08172125692, 07063807887, Email: Wrapa399@gmail.com, wrapa399@yahoo.com. WRAPA ist eine Organisation, die bundesweit für Frauenrechte eintritt. Aktivitäten umfassen kostenfreie Rechtsberatung, Ausbildung, Mobilisation, Sensibilisierung und Meinungsbildung bezüglich rechtlicher Reformen. Jede Frau, die in irgendeiner Form einen Eingriff in ihre Rechte bzw. eine Diskriminierung erlitten hat, kann in den Genuss der Unterstützung von WRAPA kommen (WRAPA, o.D.).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (10.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand Oktober 2018)

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AWEG - African Women Empowerment Guild (o.D.a): AWEG - Contact Information, http://www.awegng.org/contactus.htm, Zugriff 19.11.2018

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AWEG - African Women Empowerment Guild (o.D.b): AWEG - About Us, http://www.awegng.org/aboutus.htm, Zugriff 19.11.2018

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BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 - Nigeria Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427393/488302_en.pdf, Zugriff 19.11.2018

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ÖB - Österreichische Botschaft Abuja (10.2018): Asylländerbericht Nigeria

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UKHO - United Kingdom Home Office (8.2016a): Country Information and Guidance Nigeria: Women fearing gender-based harm or violence, https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/595734/CIG_-

_Nigeria_-_Women.pdf, Zugriff 13.11.2018

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WACOL - Women Aid Collective (o.D.): Homepage, https://wacolnigeria.org/, Zugriff 19.11.2018

-

WARDC - Women Advocates Research and Documentation Center (o.d.a):

WARDC - Contact us, http://wardcnigeria.org/contact-us/, Zugriff 21.12.2018

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WARDC - Women Advocates Research and Documentation Center (o.d.b):

WARDC - About us, http://wardcnigeria.org/what-we-do/, Zugriff 21.12.2018

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WHER - Womens Health and Equal Rights Initiative (o.d.a): WHER - Contact, https://whernigeria.org/contact/, Zugriff 21.12.2018

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WHER - Womens Health and Equal Rights Initiative (o.d.b): WHER - About us, https://whernigeria.org/about/, Zugriff 21.12.2018

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WOCON - Women's Consortium of Nigeria (o.D.a): WOCON - Contact, http://womenconsortiumofnigeria.org/?q=content/contact, Zugriff 19.11.2018

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WOCON - Women's Consortium of Nigeria (o.D.b): WOCON - About us, http://womenconsortiumofnigeria.org/?q=about-us, Zugriff 19.11.2018

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WRAPA - Women's Rights Advancement and Protection Alternative (o.D.): FAQ, https://wrapanigeria.org/faq/, Zugriff 19.11.2018

Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in die Akten der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben der Beschwerdeführer vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in die bekämpften Bescheide und in die Beschwerdeschriftsätze sowie in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria. Vom erkennenden Gericht wurden außerdem Auszüge aus dem Strafregister, dem Betreuungsinformationssystem und dem Zentralen Melderegister eingeholt und Einsicht in den Gerichtsakt des Drittbeschwerdeführers zu I408 2135635-3 genommen.

Die Beschwerdeführer bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete in den Beschwerden auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt ansieht und sich der von der belangten Behörde vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.

Die belangte Behörde hat ordnungsgemäße Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung der angefochtenen Bescheide die Ergebnisse dieser Verfahren, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde in den angefochtenen Bescheiden. Auch den Beschwerden vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.

2.2. Zur Person der Beschwerdeführer:

Die Feststellungen zu ihren Lebensumständen, der Herkunft, der Glaubens- und Volkszugehörigkeit sowie der Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben der Erstbeschwerdeführerin vor der belangten Behörde (Protokoll vom 12.10.2017). Feststellungen zum Drittbeschwerdeführer ergeben sich weitgehend aus den bereits abgeschlossenen vorherigen Asylverfahren, insbesondere dem letzten Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zu I408 2135635-3. Die belangte Behörde hat diese Feststellungen korrekt und nachvollziehbar gewürdigt. Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person der Beschwerdeführer aufgekommen. Dass sie in Österreich über keine maßgeblichen persönlichen und familiären Beziehungen verfügen, ergibt sich aus ihren eigenen Angaben anlässlich ihrer Einvernahmen durch die belangte Behörde (Protokolle vom 12.10.2017, 03.07.2019 und 12.07.2019) sowie aus dem Umstand, des erst kurzen Aufenthalts in Österreich der Erst- und Zweitbeschwerdeführerin. Die Erstbeschwerdeführerin gab selbst an, die Tante, die sie mittels Visum besuchen wollte, nicht ausfindig gemacht zu haben und auch nicht zu wissen, wo sich diese aufhalte. Der Drittbeschwerdeführer gab an, mit einer Österreicherin, die wie eine Mutter für ihn sei bekannt zu sein. Aus der Einsicht in das Zentrale Melderegister ergibt sich auch, dass ihm die Genannte Unterkunft bietet und er keinen gemeinsamen Haushalt mit der Erst- und Zweitbeschwerdeführerin führt.

Der Drittbeschwerdeführer hat den Deutschkurs A2 bereits Ende August 2017 positiv absolviert. Die Erstbeschwerdeführerin hat dreimal an einem Sprachkurs A1 teilgenommen, darüber aber keine Prüfung abgelegt. Sie hat auch an einem Alphabetisierungskurs und einem Workshop teilgenommen, ansonsten aber keine integrativen Schritte gesetzt. Dass sie nach eigenen Angaben mit einer Österreicherin befreundet ist und regelmäßig die Kirche besucht, reicht nicht aus, um von über das übliche Maß hinausgehende Integration sprechen zu können. Selbiges gilt für den Drittbeschwerdeführer, der bisher keiner geregelten Tätigkeit in Österreich nachging, von Leistungen aus der Grundversorgung lebte und gerne Fußball spielt.

Zum Gesundheitszustand legte die Erstbeschwerdeführerin einige ärztliche Atteste vor. Eine Nachfrage der belangten Behörde bei der behandelnden Ärztin hat ergeben, dass nach dem 25.08.2017 keine weiteren Vorstellungen an der psychosomatischen Ambulanz mehr erfolgt sind und gab die Erstbeschwerdeführerin in der Einvernahme am 12.10.2017 auch selbst an, gesund zu sein und keine Medikamente zu nehmen (AS 273). Feststellungen zum Gesundheitszustand der Zweitbeschwerdeführerin ergeben sich aus den Angaben der Erstbeschwerdeführerin, wonach auch sie gesund ist und keiner ärztlichen Behandlung bedarf (AS 41). Auch der Drittbeschwerdeführer gab an, dass es ihm gut geht (AS 92).

Aus den Unteralgen zum beantragten Visum ist die Vorlage eines nigerianischen Reisepasses mit der Nr. XXXX ersichtlich und steht die Identität der Erstbeschwerdeführerin somit fest. Dass die Zweitbeschwerdeführerin die Tochter der Erstbeschwerdeführerin und des Drittbeschwerdeführers ist, ergibt sich auch der vorgelegten Geburtsurkunde, ausgestellt vom Standesamts- und Staatsbürgerschaftsverband XXXX. Der Drittbeschwerdeführer legte auch in den vorigen Verfahren kein identitätsbezeugendes Dokument vor, dass bei ihm eine Verfahrensidentität vorliegt.

Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit der Beschwerdeführer ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 19.08.2019 bzw. 29.08.2019.

Die Feststellungen zum gegenwärtigen Wohnsitz und dem Bezug der Grundversorgung ergeben sich aus den, dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Speicherauszügen aus dem Betreuungsinformationssystem und dem ZMR.

2.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Die Erstbeschwerdeführerin bringt zusammengefasst vor, einer Verfolgung durch ihre eigene Familie und jener des verstorbenen Freundes ausgesetzt zu sein. Zunächst ist festzuhalten, dass ihr nunmehriger Lebenspartner der Drittbeschwerdeführer ist und die eigene Familie gegen die Verbindung mit dem damaligen moslemischen Freund gewesen ist. Der Drittbeschwerdeführer ist zudem christlichen Glaubens und Vater der gemeinsamen Tochter. Von einer Bedrohung durch die eigene Familie ist somit nicht mehr auszugehen.

Dass ihr die Hinterbliebenen des Exfreundes die Schuld an seinem Tod im Mittelmeer geben und ihr deshalb seitens dieser Familie eine Verfolgung droht, stellt eine Privatverfolgung dar, die keine Asylrelevanz im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention entfaltet. Diesfalls stünde es der Erstbeschwerdeführerin offen, sich im Rahmen einer Schutzgewährung an die heimatsstaatlichen Behörden zu wenden (vgl. VwGH 31.05.2001, 2000/20/0496; 31.01.2002, 99/20/0332; 31.01.2002, 99/20/0447). Aus dem Länderbericht für Nigeria ergibt sich, dass die nigerianischen Behörden auch gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Die Erstbeschwerdeführerin könnte sich daher in ihrer Situation an die nigerianischen Behörden wenden, um von diesen Hilfe zu erhalten. Es wurde somit jedenfalls keine asylrelevante Verfolgung geltend gemacht.

Zum Vorbringen die Zweitbeschwerdeführerin betreffend ist auszuführen, dass sowohl die Erstbeschwerdeführerin als ihre Mutter und auch der Drittbeschwerdeführer als ihr Vater sich gegen eine Genitalverstümmelung ausgesprochen haben. Vorgebracht wird, dass die Erstbeschwerdeführerin dem sozialen Druck als alleinstehende Mutter nicht standhalten könnte und die Zweitbeschwerdeführerin beschneiden lassen müsse. Diesem Argument ist zu entgegnen, dass die Beschwerdeführerinnen gerade nicht alleine sind und der Drittbeschwerdeführer seine Tochter vor einem solchen Eingriff schützen würde (AS 93: "LA: Wie stehen Sie zu Beschneidung (FGM)?

VP: Das möchte ich nicht. Ich möchte nicht, dass sie beschnitten wird. LA: Sind Sie dagegen, dass ein solcher Eingriff bei Ihrer Tochter durchgeführt wird? VP: Ja. LA: Würden Sie Ihre Tochter vor solchen Eingriffen schützen? VP: Sicher."). Aus dem Länderinformationsblatt ergibt sich, dass FGM gesetzlich verboten ist und staatliche Stellen und NGOs Schutz und/oder Unterstützung für Frauen und Mädchen, die von FGM/C bedroht sind, bieten. Es besteht schon aufgrund der strikten Ablehnung der Eltern keine maßgebliche Gefahr für die Zweitbeschwerdeführerin, Opfer von FGM aufgrund gesellschaftlicher Verpflichtungen zu werden.

Der Drittbeschwerdeführer gibt in seinem gegenständlich dritten Folgeantrag als Fluchtgrund neuerlich Angst vor Verfolgung aufgrund früherer Homosexualität an. In den vorherigen Verfahren wurde bereits zweimal rechtskräftig entschieden, dass die behauptete Homosexualität nicht glaubhaft ist und kann schon deshalb dem gegenständlich wieder darauf gestützten Fluchtgrund keine Glaubhaftigkeit zugemessen werden. Da er weiters angibt, sich auf den Fluchtgrund der Zweitbeschwerdeführer zu stützen und diesem keine Asylrelevanz zukommt, ist es dem Drittbeschwerdeführer nicht gelungen, einen Grund für die Gewährung des Status eines Asylberechtigten in Österreich darzutun.

Es ist für das Bundesverwaltungsgericht schlüssig nachvollziehbar, dass die belangte Behörde die Fluchtvorbringen als nicht asylrelevant einstuft. Da die Beschwerdeführer in ihren Beschwerden den bekämpften Bescheiden nicht substantiiert entgegen traten und sich ihre Beschwerdebegründungen darin erschöpften, die Fluchtgründe nach wie vor aufrecht zu halten und sie in den Beschwerden geltend zu machen, ergeben sich auch keine Zweifel am Zutreffen der von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen und ihrer Beweiswürdigung, und schließt sich das Bundesverwaltungsgericht dieser vollinhaltlich an.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Nigeria samt den dort publizierten Quellen und Nach

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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