TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/11 I419 2222261-1

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Veröffentlicht am 11.09.2019
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Entscheidungsdatum

11.09.2019

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I419 2222261-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX alias XXXX alias XXXX, alias XXXX, geb. XXXX, StA. NIGERIA alias Uganda, vertreten durch DIAKONIE FLÜCHTLINGSDIENST gemeinnützige GmbH Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH p.A. ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 23.07.2019, Zl. XXXX, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen,

dass Spruchpunkt III zu lauten hat: "Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' gemäß § 57 AsylG 2005 wird Ihnen nicht erteilt."

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste spätestens im Oktober 2014 illegal in Spanien ein und stellte am 13.01.2015 in der Schweiz sowie am 19.04.2015 als angeblicher Staatsangehöriger Ugandas in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz, wobei er angab, seine Mutter und er seien vor seinem Onkel und dessen Männern nach Nigeria geflohen, als er zwei Jahre alt gewesen sei, wo sich aber die Verfolgung fortgesetzt habe. Diesen Antrag wies das BFA am 16.09.2015 wegen Zuständigkeit Spaniens zurück, was dieses Gericht am 06.10.2015 bestätigte (W192 2115245-1/2E).

2. Unter einer anderen Identität stellte der Beschwerdeführer am 28.02.2016 einen Folgeantrag, zu dem er angab, er sei Nigerianer und pendle seit 2013 zwischen Spanien und Österreich und könne nicht in den Herkunftsstaat zurück, weil sein Leben wegen der aktiven Mitgliedschaft eines Familienangehörigen bei der Opposition bedroht sei. Anschließend an die Erstbefragung tauchte der Beschwerdeführer unter. Das BFA wies den Antrag am 10.03.2016 wegen entschiedener Sache zurück, was unbekämpft blieb.

3. Einen weiteren Folgeantrag vom 23.12.2016, bei dem der Beschwerdeführer angab, ein Onkel in Uganda sei Hexer, wolle den Beschwerdeführer ermorden und habe das auch bereits mit dessen Vater getan, wies das BFA am 23.05.2017 ab, erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria fest, wobei einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt, keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt, das Enden des Aufenthaltsrechts mit 27.02.2014 festgestellt und ein sechsjähriges Einreiseverbot verhängt wurde. Der Bescheid wurde durch Hinterlegung im Akt zugestellt, da der Beschwerdeführer wieder untergetaucht war, und anschließend rechtskräftig.

4. Am 10.07.2019 aufgegriffen und festgenommen, stellte der Beschwerdeführer zwei Tage darauf in der Schubhaft den nunmehrigen Folgeantrag. Er habe Uganda mit sieben Jahren verlassen, politische Probleme gehabt, und die Verwandten seines Vaters hätten vor, ihn als dessen einzigen männlichen Erben zu töten. Neu sei, dass er eine Beziehung mit seiner Freundin im Inland habe, diese heiraten und hier in die Schule gehen und sich fortbilden wolle.

Die Beschwerde betreffend die Schubhaft hat dieses Gericht am 05.08.2019 abgewiesen (W154 2221819-1/12E).

5. Das BFA hat mit dem nun bekämpften Bescheid den Folgeantrag betreffend die Status des Asyl- und des subsidiär Schutzberechtigten zurückgewiesen (Spruchpunkte I und II), dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel "aus berücksichtigungswürdigen Gründen" "gemäß § 57 AsylG" erteilt (Spruchpunkt III) und festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt IV).

7. Beschwerdehalber wird dagegen vorgebracht, der Beschwerdeführer führe eine Lebensgemeinschaft und habe einen "Stiefsohn". Im Falle einer Rückkehr "nach Uganda" drohe ihm eine Verletzung seiner Rechte nach Art. 2 oder Art. 3 EMRK.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer ist volljährig, ledig, Christ, spricht Englisch und ist Staatsangehöriger Nigerias, wo er in einem südnigerianisches Englisch sprechenden Umfeld hauptsozialisiert wurde. Er spricht kaum Deutsch. Seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schweren Krankheit noch ist er längerfristig pflege- oder rehabilitationsbedürftig. Er ist arbeitsfähig und hat im Herkunftsstaat Verwandte, darunter eine etwa 20-jährige Schwester.

Im Inland, wo er sich seit 2015 wiederholt aufhielt, hatte er außerhalb der Zeiten der Schubhaft, zwei Wochen 2016 und seit Juli 2019, keinen gemeldeten Wohnsitz, sondern lediglich für knapp neun Monate 2015/16 eine Obdachlosenadresse.

Er ist mit einer in Kärnten lebenden 27-jährigen, berufstätigen Fremden gleicher Staatsangehörigkeit befreundet, die einen sechsjährigen Sohn hat, und nicht dessen Vater. Es kann nicht festgestellt werden, dass er mit dieser vor seiner Inhaftierung eine Lebensgemeinschaft geführt hätte oder seit Juni 2019 verlobt wäre. Er kennt sie seit November 2018 und verfügt in Österreich über keine festen familiären oder weitere soziale Bindungen sowie in der EU, Norwegen, der Schweiz oder Island über keine Verwandtschaft.

Er hat keine Sorgepflichten, ist nahezu mittellos, lebte 2015 für acht Tage von der Grundversorgung und ging in Österreich keiner legalen Beschäftigung nach. Die LPD Wien hat ihn am 13.10.2015 wegen des Verdachts der Vorbereitung von Suchtgifthandel erkennungsdienstlich behandelt.

1.2 Zur Lage im Herkunftsstaat

Im angefochtenen Bescheid wurde das "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria auf Stand 12.04.2019 zitiert. Im gegebenen Zusammenhang sind mangels sonstiger Bezüge zum Vorbringen die folgenden Informationen von Relevanz und werden festgestellt:

Im gegebenen Zusammenhang sind die Informationen zur Lage von Rückkehrenden von Relevanz. Demnach ist festzustellen:

Rückkehr

Generell kann kein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen festgestellt werden, welcher geeignet wäre, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Der pauschale Hinweis eines Asylwerbers auf die allgemein herrschende Situation in Nigeria reicht nicht aus, um eine Bedrohung i.S.v Art. 2 MRK, 3 MRK oder des Protokolls Nr. 6 oder 13 der EMRK darzustellen. Außerdem kann allgemein festgestellt werden, dass eine nach Nigeria zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird. Sie kann ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖB 10.2018).

Abschiebungen erfolgen auf dem Luftweg, in Linien- oder Chartermaschinen. Rückführungen aus EU-Staaten erfolgen meist durch Charterflüge, die auch durch FRONTEX durchgeführt werden (AA 10.12.2018). Die österreichische Botschaft in Abuja unterstützt regelmäßig die Vorbereitung und Durchführung von Joint Return Operations im Rahmen von FRONTEX als "lead nation" (ÖB 10.2018). Ohne gültigen nigerianischen Pass oder einen von einer nigerianischen Botschaft ausgestellten vorläufigen Reiseausweis ist eine Einreise aus Europa kommender nigerianischer Staatsangehöriger nicht möglich. Dies gilt auch für zwangsweise Rückführungen (AA 10.12.2018).

Erkenntnisse darüber, ob abgelehnte Asylbewerber bei Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben, liegen nicht vor. Verhaftung aus politischen Gründen oder andere außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise von abgeschobenen oder freiwillig rückkehrenden Asylwerbern sind nicht bekannt (AA 10.12.2018). Die Erfahrungen seit dem Jahre 2005 lassen kaum Probleme erkennen (ÖB 10.2018). Abgeschobene Personen werden im Allgemeinen nach ihrer Ankunft in Lagos von der zuständigen Behörde (Nigerian Immigration Service), manchmal auch von der NDLEA (National Drug Law Enforcement Agency) befragt (AA 10.12.2018) bzw. erkennungsdienstlich behandelt (ÖB 10.2018) und können danach das Flughafengelände unbehelligt verlassen (AA 10.12.2018; vgl. ÖB 10.2018). Meist steigen sie in ein Taxi ein oder werden von ihren Familien abgeholt. Es kann jedoch nicht mit gänzlicher Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die abgeschobenen Personen keine weiteren Probleme mit den Behörden haben. Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt allerdings darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist (ÖB 10.2018).

Wegen Drogendelikten im Ausland verurteilte Nigerianer werden nach Rückkehr an die NDLEA überstellt. Ein zweites Strafverfahren in Nigeria wegen derselben Straftat haben diese Personen jedoch trotz anderslautender Vorschriften im "Decree 33" nicht zu befürchten (AA 10.12.2018). Aus menschenrechtlichen Erwägungen wird gegenüber nigerianischen Behörden als Grund für Abschiebungen stets "overstay" angegeben, da dieser kein strafrechtliches Delikt darstellt (ÖB 10.2018).

Staatliche oder sonstige Aufnahmeeinrichtungen für zurückkehrende unbegleitete Minderjährige sind in Lagos und anderen Landesteilen grundsätzlich vorhanden. Sie sind jedoch in schlechtem Zustand, so dass z.B. eine ausreichende Versorgung dort nicht ohne weiteres gewährleistet ist. Internationale Akteure bemühen sich, neue Rückkehrer- bzw. Migrationsberatungszentren aufzubauen. Eine entsprechende Einrichtung von IOM in Benin-City, Edo State, wurde 2018 eröffnet. Gleichermaßen hat im Herbst 2018 in Lagos das Migrationsberatungszentrum der GIZ seinen Betrieb aufgenommen. Gemeinsam mit dem nigerianischen Arbeitsministerium wird dort über berufliche Perspektiven in Nigeria informiert (AA 10.12.2018).

1.3 Zum Fluchtvorbringen

Vor dem BFA hat der Beschwerdeführer bereits in den vorigen Verfahren die angebliche Verfolgung durch den Onkel und dessen Komplizen geschildert, fallweise auch die Erblindung der Mutter infolge Verhexung durch den Onkel, der auch den Vater des Beschwerdeführers umgebracht habe.

Damit entspricht das Vorbringen im neuen Folgeverfahren inhaltlich den bisherigen angeblichen Gründen der Flucht.

In Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers in seinem nunmehrigen Folgeverfahren und aufgrund der allgemeinen Lage im Land wird festgestellt, dass er im Fall seiner Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten privaten Verfolgung oder sonstigen existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

Es wird insbesondere festgestellt, dass ihm keine Verfolgung durch seinen Onkel oder dessen Freunde, Angehörige oder Dritte droht, die mit dem Onkel im Bunde wären.

2. Beweiswürdigung:

2.1 Zum Verfahrensgang

Der oben unter Punkt I angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt der Verwaltungsakten und jener des Gerichts samt den angeführten Erkenntnissen, speziell dem jüngsten Erkenntnis im Schubhaftverfahren vom 05.08.2019 (W154 2221819-1/12E). Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und dem Betreuungsinformationssystem der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend eingeholt.

Die Feststellungen zu Herkunft und Staatsangehörigkeit ergaben sich aus dem Sprachbefund vom 22.02.2017 - keine auch nur ansatzweise Kompetenz in irgendeiner ugandischen Sprache, eindeutig südnigerianisches und nicht ugandisches Englisch, keine Landeskenntnisse zu Uganda, seinem Bargeld und seinen Trachten (S. 2 f, 6 f, 12, 17, 19 des Befunds) sowie den fallweisen Angaben des Beschwerdeführers, Nigerianer zu sein.

2.2 Zum Beschwerdeführer

Soweit Feststellungen zur Person und den Lebensumständen des Beschwerdeführers getroffen wurden, beruhen diese auf den Angaben im Akt, speziell in der Einvernahme vom 22.07.2019 (AS 79 ff) und den im jüngsten Erkenntnis dieses Gerichts und im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der Beschwerde nicht substantiiert entgegengetreten wurde. Weil der Beschwerdeführer keine Urkunden zu seiner Identität vorgelegt hat, - die er auch nicht einheitlich behauptet hat - steht diese nicht fest.

Die Feststellung zum Verdacht nach §§ 28 f SMG ergibt sich aus der EKIS-Abfrage (AS 42), die Negativfeststellung zur Lebensgemeinschaft und Verlobung aus der fehlenden ZMR-Meldung, den Wissenslücken des Beschwerdeführers am 22.07.2019 betreffend die Anschrift, die Schreibweise von Vor- oder Nachnamen (AS 82 f, 110 versus AS 165) sowie die abweichenden Angaben zur Dauer der Bekanntschaft (kennengelernt November "letztes Jahr" [also 2018], AS 83, versus "seit über zwei Jahren mit Herr[n ...] in einer Beziehung" in der Beilage zur Beschwerdeschrift vom 06.08.2019). Die übrigen Feststellungen zur angeführten Frau ergeben sich aus den der Beschwerde beigegebenen Urkunden.

Die Feststellung zu den Deutschkenntnissen folgte aus der - englischen - Angabe "I speak a little" auf die deutsche Frage (AS 89).

2.3 Zu den Fluchtgründen

Der Beschwerdeführer hat ausdrücklich bestritten, neue Fluchtgründe zu haben ("Ja, es sind dieselben Gründe. Es gibt keine Neuigkeiten." AS 91), einzig neu sei seine Freundin. Die Beschwerde lässt offen, welche "weitere Ermittlungen zum Fluchtvorbringen" das BFA unterlassen haben soll. Ebenso wenig enthält die Beschwerde, warum und welche Verletzung seiner Rechte nach Art. 2 f EMRK dem Beschwerdeführer drohen soll, ob nun - wie vorgebracht - in Uganda oder - dem Bescheid entsprechend - in Nigeria. Damit sind die Fluchtgründe unverändert und ohne Neuigkeitswert gegenüber dem vorangegangenen, 2017 rechtskräftig abgeschlossenen Verwaltungsverfahren.

2.4 Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Nigeria samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie z. B. des UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Im vorigen Verfahren basierten die Feststellungen unter anderem auf Länderinformationen, die auch dem Beschwerdeführer zur Verfügung standen. Er hat im nunmehrigen Verfahren beim BFA zu diesen nicht vorgebracht, sie seien unrichtig, unvollständig oder veraltet, sondern lediglich, er sei nicht aus Nigeria und kenne sich dort nicht aus, warum also solle er "Informationen über dieses Land bekommen wollen" (AS 91).

Wenn demgegenüber in der Beschwerde vorgebracht wird, die Feststellungen, auf denen "das erste Asylverfahren" beruht, seien veraltet, ist das kein substantiierter Einwand gegen die in Wirklichkeit verwendeten (jeweils) aktuellen Feststellungen (also fallbezogen jene von April 2019).

Im vorliegenden Asylverfahren bringt der Beschwerdeführer damit keine neuen Gründe für die Stellung des Antrages auf internationalen Schutz vor.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

Das schon im vorangegangenen Verfahren erstattete Fluchtvorbringen und die bis dahin geltend gemachten Gründe sind bereits 2017 abschließend beurteilt und in der seinerzeitigen, rechtskräftigen Erledigung berücksichtigt worden. Insofern geht es im aktuellen Folgeverfahren um die Prüfung der darüber hinaus geltend gemachten neuen Tatsachen und im Beschwerdeverfahren um den Inhalt des nun bekämpften Bescheids.

Da die belangte Behörde den Folgeantrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen hat, ist Beschwerdegegenstand der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung dieses Antrages, nicht aber der Antrag selbst.

3.1 Zur Zurückweisung wegen entschiedener Sache (Spruchpunkte I und II):

Nach § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Letzteres betrifft die amtswegige oder aufsichtsbehördliche Bescheidänderung oder -aufhebung. Die §§ 69 und 71 AVG bezeichnen die Rechtsinstitute der Wiederaufnahme des Verfahrens und der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, die beide hier nicht anwendbar sind.

Die Anordnung, dass Anbringen unter den Voraussetzungen des § 68 Abs. 1 AVG nicht inhaltlich behandelt, sondern zurückgewiesen werden, soll die wiederholte Befassung der Behörde mit einer bereits entschiedenen Sache vermeiden, wobei es auf die unveränderte Sach- und Rechtslage ankommt.

Wie das BFA bereits im vorigen Verwaltungsverfahren geklärt hat, war das Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend die angebliche Verfolgung unglaubwürdig, konnten dessen angebliche Fluchtgründe mangels Glaubhaftmachung nicht festgestellt werden, und sprach nichts dafür, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunfts-staat eine Verletzung von Art. 2, Art. 3 EMRK oder auch der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention nach sich ziehen würde. (S. 62 f, 68 f im Bescheid vom 23.05.2017).

Die Behörde hat sich somit bereits mit dem Vorbringen auseinandergesetzt und entschieden, dass dieses, soweit es nun wiederholt wird, unbeachtlich ist. Eine Beschwerde dagegen unterblieb.

Damit stand einer neuerlichen Behandlung durch das BFA mangels einer maßgeblichen Sachverhaltsänderung die bereits entschiedene Sache entgegen. Da es demnach den Folgeantrag des Beschwerdeführers zutreffend gemäß § 68 Abs. 1 AVG betreffend den Asyl- und den subsidiären Schutzstatus zurückgewiesen hat, war die Beschwerde bezogen auf Spruchpunkte I und II nach § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

3.2 Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt III):

Im Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheids sprach das BFA aus, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel "aus berücksichtigungswürdigen Gründen" gemäß "§ 57 AsylG" nicht erteilt werde. Das in § 57 AsylG 2005 beschriebene Rechtsinstitut ist dort als "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" bezeichnet. Dem war durch die Richtigstellung des Spruchs Rechnung zu tragen.

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG 2005 wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Aus der Beschwerde und auch aus dem Verwaltungsakt ergeben sich auch keine Hinweise, die nahelegen würden, dass die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung in Betracht kommt. Die Beschwerde war daher - von der Richtigstellung abgesehen - auch betreffend den Spruchpunkt III abzuweisen.

3.3 Zum Nichtbestehen einer Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt IV):

Das BFA hat den Folgeantrag zu Recht wegen entschiedener Sache nach § 68 AVG zurückgewiesen. Bereits unmittelbar aus § 55 Abs. 1a FPG ergibt sich, dass eine Frist für die freiwillige Ausreise nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG nicht besteht, was hier nach den Spruchpunkten I und II des angefochtenen Bescheides der Fall ist.

Daher war die Beschwerde auch gegen Spruchpunkt IV des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

3.4 (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zu übereinstimmenden Fluchtvorbringen und Neuerungen in der Beschwerde oder im Folgeantrag und zu den Voraussetzungen der Zurückweisung nach § 68 Abs. 1 AVG.

Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Ersteres ist wie unter 2. dargetan der Fall. Der Sachverhalt ist durch das BFA vollständig erhoben und weist - aufgrund des Umstandes, dass zwischen der Beschwerde und dem vorliegenden Erkenntnis rund 5 Wochen liegen - die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung hat sich das Gericht zur Gänze angeschlossen.

Darüber hinaus legt § 21 Abs. 6a BFA-VG fest, dass das BVwG über Beschwerden gegen zurückweisende Entscheidungen im Zulassungsverfahren ohne Verhandlung entscheiden kann.

Die Abhaltung einer Verhandlung konnte demnach unterbleiben.

Schlagworte

Asylverfahren, Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz,
Aufenthaltstitel, berücksichtigungswürdige Gründe, entschiedene
Sache, Fluchtgründe, Folgeantrag, freiwillige Ausreise, Frist,
Identität der Sache, real risk, reale Gefahr, Rechtskraftwirkung,
res iudicata, subsidiärer Schutz, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I419.2222261.1.00

Zuletzt aktualisiert am

11.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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