TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/7 I421 2223669-1

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Veröffentlicht am 07.10.2019
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Entscheidungsdatum

07.10.2019

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

I421 2223669-1/3Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Martin STEINLECHNER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, StA. Benin (alias Nigeria), vertreten durch das Magistrat Wien, Wiener Kinder- und Jugendhilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.08.2019, Zl. 1126405910-161128072/BMI-BFA_WIEN_AST_04, zu Recht:

A)

Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsbürger von Benin, stellte am 15.08.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am darauffolgenden Tag erklärte er, dass er Benin aus wirtschaftlichen Gründen verlassen habe, seine Familie habe kein Geld gehabt.

Das Verfahren wurde zugelassen und der Beschwerdeführer am 04.06.2019 niederschriftlich vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) im Beisein seiner Rechtsvertretung einvernommen. Der Beschwerdeführer führte aus, dass er Benin verlassen habe, weil er von seinem Onkel an einen Mann in Paraku verkauft worden sei. In Paraku habe er arbeiten müssen und habe die Schule nicht besuchen können. Eines Tages habe ihn ein Schlepper von dort mitgenommen und ihn an Araber verkauft, für welche er von Libyen bis nach Italien tätig gewesen sei.

In einer Stellungnahme vom 25.06.2019 gab der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung an, dass er nach dem Tod seines Vaters und der neuerlichen Heirat seiner Mutter von dieser weggegeben und von der Familie seines Onkels väterlicherseits betreut worden sei. In weiterer Folge sei er als Arbeitskraft nach Djougou, Parakou, Lybien und schließlich nach Italien verkauft worden. Er sei mit großer Wahrscheinlichkeit Opfer von Menschenhandel geworden. Es wurde auf das Länderinformationsblatt, vor allem unter Berücksichtigung der Thematik Menschenhandel, eingegangen.

Mit Bescheid des BFA vom 22.08.2019, zugestellt am 23.08.2019, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 15.08.2016 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Benin abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Benin zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde unter Spruchpunkt VII. gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht am 20.09.2019 Beschwerde erhoben. Der Bescheid wurde dem gesamten Inhalt und Umfang nach wegen absoluter und relativer Verfahrensfehler sowie wegen inhaltlich unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten. Inhaltlich wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer Opfer von Menschenhandel sei. Es wurden ergänzend ein klinisch-psychologischer Befund vom Juni 2019, eine Stellungnahme der behandelnden Psychotherapeutin vom September 2019 sowie die Stellungnahme der Opferschutzeinrichtung XXXX (Unterstützung für Männer als Betroffene von Menschenhandel) vom September 2019 übermittelt, mit welcher erklärt wurde, dass der Beschwerdeführer als Opfer von Menschenhandel identifiziert worden sei.

Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 25.09.2019 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Benins und wurde von der Opferschutzeinrichtung XXXX als Opfer von Menschen- bzw. Kinderhandel identifiziert.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Dass der Beschwerdeführer von der Opferschutzeinrichtung XXXX als Opfer von Menschen- bzw. Kinderhandel identifiziert wurde, ergibt sich aus einer entsprechenden Stellungnahme vom 12.09.2019.

Rechtliche Beurteilung:

Zu A):

Gegenständlich wird nur die Beschwerde gegen Spruchpunkt VII., mit dem der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, behandelt.

Hinsichtlich der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde normiert § 18 Abs. 5 BFA - VG: Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Im vorliegenden Fall liegen verschiedene Indizien vor, dass es sich beim Beschwerdeführer um ein Opfer von Menschenhandel handeln könnte. Es erscheint daher durchaus möglich, dass eine Rückkehr in den Benin das Leben und die Unversehrtheit des Beschwerdeführers gefährden könnte.

Eine inhaltliche Entscheidung kann daher erst nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen werden, bei welcher die Anwesenheit des Beschwerdeführers unabdinglich ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Asylverfahren, aufschiebende Wirkung, Menschenrechtsverletzungen,
real risk, reale Gefahr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I421.2223669.1.00

Zuletzt aktualisiert am

11.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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