TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/14 I414 2224250-1

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Veröffentlicht am 14.10.2019
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Entscheidungsdatum

14.10.2019

Norm

AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

I414 2224250-1/3Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian EGGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, StA. NIGERIA, vertreten durch: RA Dr. Martina SCHWEIGER-APFELTHALER, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Wien vom 02.09.2019, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (kurz BF) reiste spätestens am 04.09.2006 in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion St. Pölten vom 23.03.2007 wurden gegen den BF ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes 25.05.2007 wurde der Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen und eine Ausweisung ausgesprochen.

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 01.04.2009 wurde gegen den BF ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen.

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 17.10.2011 wurde das am 01.04.2009 auf unbefristete Dauer erlassene Rückkehrverbot auf die Dauer von 10 Jahren abgeändert.

Am 25.09.2013 heiratete der BF die österreichische Staatsangehörige

XXXX.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX, Zl. XXXX vom 19.12.2014, rechtskräftig seit 19.12.2014 wurde der BF wegen §§ 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall, 27 Abs. 3 SMG § 15 StGB, §§ 27 Abs. 1 Z 1 1. 2. Fall, 27 Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX, Zl. XXXX vom 04.01.2016, rechtskräftig seit 19.05.2016 wurde der BF wegen § 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt.

Am 28.01.2016 fand eine niederschriftliche Einvernahme des BF vor der belangten Behörde statt. Dabei wurde er zu seiner Ehe zu seiner Frau und zu seinen strafgerichtlichen Verurteilungen befragt. Im Zuge der Niederschrift wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass er nicht als begünstigter Drittstaatsangehöriger anzusehen sei, da seine Ehefrau von ihrem Freizügigkeitsrecht nicht Gebrauch gemacht habe.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX, Zl. XXXX vom 27.08.2018, rechtskräftig seit 27.08.2018 wurde der BF wegen §§ 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall SMG, § 15 StGB §§ 27 ABs. 2a 2. Fall, 27 Abs. 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten verurteilt.

Mit Stellungnahme vom 12.11.2018 teilte der BF mit, dass er zuletzt im Februar 2017 in Österreich eingereist sei. Davor sei er in Nigeria gewesen. Er sei mit der österreichischen Staatsangehörigen XXXX verheiratet und könne er nach seiner Entlassung bei ihr wohnen. Ebenfalls dort wohnen würden die zwei Kinder XXXX und XXXX. Er habe keine Arbeitserlaubnis in Österreich. Seine Frau sei Erwerbstätig und sorge sie mit ihrem Einkommen für die Familie. Bis zu seiner Inhaftierung habe er mit seiner Frau gemeinsam gewohnt.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 02.09.2019 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG nicht erteilt und gleichzeitig gem. § 52 Abs. 1 Z 1 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wird festgestellt, dass eine Abschiebung gem. § 46 FPG nach Nigeria zulässig sei (Spruchpunkt II.) und gem. § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt. Einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wird gem. § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.). Zuletzt wurde gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.).

Die dagegen erhobene, rechtzeitige Beschwerde vom 27.09.2019 wurde mit Mangelhaftigkeit des Verfahrens infolge unrichtiger Tatsachenfeststellungen und Beweiswürdigung sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung begründet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der volljährige BF ist Staatsangehöriger von Nigeria. Seine Identität steht fest.

Der BF reiste spätestens am 04.09.2006 in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde mit Bescheid vom 25.05.2007 rechtskräftig in erster Instanz abgewiesen.

Am 25.09.2013 ehelichte der BF eine österreichische Staatsangehörige.

Der BF ist weist mehrfache strafgerichtliche Verurteilungen auf.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX, Zl. XXXX vom 19.12.2014, rechtskräftig seit 19.12.2014 wurde der BF wegen §§ 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall, 27 Abs. 3 SMG § 15 StGB, §§ 27 Abs. 1 Z 1 1. 2. Fall, 27 Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX, Zl. XXXX vom 04.01.2016, rechtskräftig seit 19.05.2016 wurde der BF wegen § 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX, Zl. XXXX vom 27.08.2018, rechtskräftig seit 27.08.2018 wurde der BF wegen §§ 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall SMG, § 15 StGB §§ 27 ABs. 2a 2. Fall, 27 Abs. 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten verurteilt.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in die vorgelegte Beschwerde, in den angefochtenen Bescheid sowie in den vorgelegten Verwaltungsakt.

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers basieren auf den unbestritten gebliebenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid. Danach steht die Identität des Beschwerdeführers fest.

Die Feststellung, wonach der BF spätestens am 04.09.2006 in das österreichische Bundesgebiet einreiste am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz stellte und dieser Antrag am 25.05.2007 rechtskräftig abgewiesen wurde, ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt.

Die Feststellung, wonach der BF eine österreichische Staatsangehörige ehelichte, ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt.

Die Feststellung zu seinen strafgerichtlichen Verurteilungen ergibt sich aus der Einsichtnahme in seine Strafregisterauskunft.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

§ 18 Abs 5 BFA-VG bestimmt, dass das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

§ 18 BFA-VG enthält Regelungen für vier Konstellationen. Während sein erster Absatz Beschwerden gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz zum Gegenstand hat und sich dabei - siehe den letzten Satz dieses Absatzes - insbesondere auf die mit der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz verbundene Rückkehrentscheidung bezieht, geht es im zweiten Absatz um sonstige Rückkehrentscheidungen, also um solche außerhalb eines Verfahrens auf internationalen Schutz. Der dritte Absatz bezieht sich auf Aufenthaltsverbote und der vierte Absatz schließlich normiert, dass der Beschwerde gegen eine Ausweisung (§ 66 FPG) die aufschiebende Wirkung überhaupt nicht aberkannt werden darf (VwGH 07.03.2019, Ro 2019/21/0001).

Im gegenständlichen Fall ist die aufschiebende Wirkung nach § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG aberkannt worden und bezieht sich auf ein Aufenthaltsverbot außerhalb eines asylrechtlichen Kontextes.

Das BFA ging von einer Bedrohung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit. Demzufolge hat das BFA zu Recht geprüft, ob die Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes nach § 53 Abs. 1 FPG vorlägen. Das ist dann der Fall, wenn der Fremde - im Sinn des Tatbestands des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG - von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt worden ist.

Der BF ist den beweiswürdigenden Überlegungen des BFA im angefochtenen Bescheid betreffend das Vorliegen der Voraussetzungen des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG in der Beschwerde nicht entgegengetreten.

Schon deshalb kann das Bundesverwaltungsgericht aber am Maßstab der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht von einem geklärten Sachverhalt iSd § 21 Abs. 7 BFA-VG (vgl. zu dieser Voraussetzung des Näheren VwGH, 22.01.2015, Ra 2014/21/0052, Punkt 4. der Entscheidungsgründe, in dem auf das grundlegende Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017, 0018, und auf das Erkenntnis vom 16.10.2014, Ra 2014/21/0039, Bezug genommen wird) ausgehen und nicht von einer mündlichen Verhandlung absehen. Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang auf die besondere Bedeutung der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen hinzuweisen (siehe dazu etwa VwGH, 20.10.2016, Ra 2016/21/0289, Rz 12, mwN). Es ist daher die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung unter persönlicher Befragung des BF notwendig.

Über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs 1 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde förmlich (dh hier mit Erkenntnis; siehe VwGH 19.10.2017, Ra 2017/18/0278) zu entscheiden (VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).

Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten und daher nicht geeignet, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.

Daher war der gegenständlichen Beschwerde gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Gegenständlich konnte eine mündliche Verhandlung entfallen, da ein Verfahren nach § 18 BFA-VG vorliegt, welches das Bundesverwaltungsgericht verpflichtet, innerhalb von 7 Tagen über eine etwaige Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die Entscheidung über Zuerkennung bzw. Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung. Wurde eine im Einzelfall vorzunehmende Interessenabwägung, wie sie das Bundesverwaltungsgericht durchgeführt hat, auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen, so ist eine solche einzelfallbezogene Beurteilung im Allgemeinen nicht revisibel (vgl VwGH 24.02. 2015, Ro 2014/05/0097; 13.12.2017, Ro 2017/19/0003).

Schlagworte

Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz, aufschiebende Wirkung,
Menschenrechtsverletzungen, real risk, reale Gefahr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I414.2224250.1.00

Zuletzt aktualisiert am

11.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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