TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/11 W279 2191012-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.11.2019
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Entscheidungsdatum

11.11.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W279 2191012-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. KOREN als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX .1999, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .03.2018, Zl. XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX .10.2019 zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsbürger, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet als unbegleiteter Minderjähriger am XXXX 12.2015 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016BF.

2. Bei der mit einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes durchgeführten Erstbefragung des Beschwerdeführers (im Folgenden: BF) am XXXX 12.2015 führte dieser zu seinem Fluchtgrund befragt zusammenfassend aus, dass sie bis zu seinem siebenten Lebensjahr in Daikundi gelebt hätten. Da sie anschließend in den Iran gegangen seien und dort aufgrund fehlender Dokumente nicht legal arbeiten hätten können, seien sie nach Europa gegangen.

3. Am XXXX .11.2017 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: "BFA" genannt), im Asylverfahren niederschriftlich einvernommen. Dabei führte er zusammenfassend aus, dass er gesund sei und sich nicht in ärztlicher Behandlung befinde. Er stamme aus der Provinz Daikundi und gehöre der Volksgruppe der Hazara und der Religionszugehörigkeit der Schiiten an. Insgesamt habe er etwa sechs oder sieben Jahre in Afghanistan gelebt und sei im Kindesalter mit seinen Eltern und seinem Bruder sowie seiner Schwester illegal in den Iran gezogen. Der BF sei im Iran sieben Jahre zu Hause unterrichtet worden und habe keinen Bezug mehr zum Herkunftsstaat Afghanistan. Zur Frage, weshalb er nicht in Daikundi habe bleiben können, erwiderte der Beschwerdeführer, dass sein Vater ihm berichtet habe, dass er Mitglied einer Gruppierung gewesen sei, die an gewalttätigen Auseinandersetzungen beteiligt gewesen sei, weshalb er das Heimatland verlassen habe müssen. Seine Eltern und seine Geschwister würden nach wie vor im Iran leben und der Beschwerdeführer stehe mit dieser in regelmäßigen Abständen über WhatsApp in Kontakt. Er habe in Afghanistan keine familiären Anknüpfungspunkte mehr und sei seit seiner Ausreise in den Iran auch nicht mehr in den Herkunftsstaat zurückgekehrt. Befragt, wie seine Familie ihren Lebensunterhalt in Afghanistan finanziert habe, entgegnete der BF, dass sein Vater für eine Partei tätig gewesen sei.

Zum Fluchtgrund aus dem Iran befragt, gab der BF zu Protokoll, dass in diesem Land junge Afghanen dazu gezwungen worden seien, in Syrien zu kämpfen und sie zudem keine Aufenthaltsdokumente erhalten hätten. Im Iran sei er aufgrund seines Erscheinungsbildes auch diskriminiert und geschlagen worden und in einem iranischen Spital sei er jedoch mangels Aufenthaltsberechtigung nicht adäquat behandelt worden, weshalb er bis heute unter einer Fehlstellung des Ellenbogens leide. Befragt, ob er weitere Angehörige außerhalb Afghanistans habe, erklärte der BF, dass auch alle Onkeln und Tanten im Iran leben würden, in Österreich habe er keine Familienangehörigen oder sonstige Verwandte. Zur Frage, wie sein Vater im Iran den Lebensunterhalt erwirtschaftet habe, entgegnete der BF, dass er als Hilfsarbeiter am Bau gearbeitet habe. Er selbst habe im Iran mit seinem Vater auf der Baustelle zusammengearbeitet, da er von niemandem finanzielle Unterstützung erhalten habe. Der BF habe das Land wegen einer Auseinandersetzung seines Vaters verlassen müssen und seiner Familie würde es nach aktuellem Stand gut gehen.

Zu seinen Lebensumständen in Österreich befragt, gab der BF zu Protokoll, dass er von der Mindestsicherung lebe und in keinem anderen Land um Asyl angesucht habe. Er habe regelmäßig im österreichischen Bundesgebiet die Schule besucht, spreche bereits Deutsch und sei Mitglied bei einem Jugendverein. Sein Vater habe die Reise nach Europa organisiert, weshalb der BF die genauen Kosten für die Reisen nicht kenne.

Die Fragen, ob er einer politischen Partei angehöre, gegen ihn ein Gerichtverfahren anhängig sei oder nach ihm gefahndet oder nach ihm polizeilich gesucht oder er polizeilich verfolgt werde, wurden vom BF verneint. Er sei auch nicht in Haft gewesen oder festgenommen worden. Seine Fluchtgründe aus Afghanistan würden sich ausschließlich auf Probleme seiner Familie beziehen, er selbst sei bei der Ausreise aus Afghanistan noch im Kindesalter gewesen. Sein Vater habe ihm jedenfalls erzählt, dass er als Mitglied einer Partei in einen Konflikt mit Kommandanten involviert gewesen sei, der mehrere Todesopfer gefordert habe. Nähere Details zur Fluchtgeschichte aus Afghanistan könne der BF jedoch nicht angegeben. Wegen dem geschilderten Vorfall seines Vaters sowie der allgemein schlechten Sicherheitslage im Herkunftsstaat sei er vom Iran nicht mehr in das Heimatland zurückgekehrt. Befragt, inwiefern er von den Fluchtgründen seines Vaters betroffen sei, entgegnete der BF, dass sich die Bedrohung seines Vaters auf die gesamte Familie erstreckt habe. Aufgrund der schlechten Sicherheitslage und der Gefahr durch die Taliban habe es der BF nicht in Betracht gezogen, sich wieder zurück nach Afghanistan zu begeben. Zur Frage, ob er in Afghanistan aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Überzeugung bedroht oder verfolgt worden sei, erwiderte der BF, dass Hazara in Afghanistan allgemein diskriminiert werden würden, weshalb er mit seiner Familie ausgereist sei. Die diesbezüglichen Informationen habe er jedoch lediglich aus den Medien. Eine konkrete Verfolgung aus Konventionsgründen könne der BF nicht zu Protokoll geben, da er damals noch zu jung gewesen sei, er habe aufgrund vernommenen Medienberichten bei einer Rückkehr jedoch Angst vor den Taliban und dem IS.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme wurden vom BF ein Zertifikat über die Absolvierung eines Grundkurses Deutsch vom XXXX .09.2016, ein Zertifikat des Berufsförderungsinstitut XXXX vom XXXX .07.2016, ein Zertifikat vom XXXX .07.2017 über die Absolvierung verschiedener Kompetenzfelder auf dem Sprachniveau A 2, eine Seminarbestätigung vom XXXX .09.2017 über die Absolvierung eines Seminars der Sommerakademie vom XXXX .08.2017 bis zum XXXX .09.2017, ein Prüfungszeugnis über die Absolvierung eines Deutsch-Tests am XXXX .07.2017 auf dem Niveau A2, eine Verständigung, wonach der Beschwerdeführer aufgrund einer Aufnahmeprüfung in einer HAS aufgenommen worden sei, zur Vorlage gebracht.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem BF wurde gemäß §§ 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt IV.). Weiters wurde ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des BF gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

5. Zusammenfassend führte das BFA aus, dass die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz im Wesentlichen damit zu begründen sei, dass der BF keine Bedrohung oder Verfolgung seiner Person in seinem Heimatland Afghanistan im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention geltend gemacht. Der BF habe auch keine Bedrohung oder Verfolgung seiner Person in seinem Heimatland Afghanistan aus sonstigen Gründen geltend gemacht respektive habe er eine Bedrohung oder Verfolgung aus sonstigen Gründen nicht glaubhaft machen können. Befragt nach seinen Flucht-oder Asylgründen aus seinem Heimatland Afghanistan habe der BF niederschriftlich zu Protokoll gegeben, dass sich seine Fluchtgründe auf seine Familie beziehen würden, da er damals noch sehr klein gewesen sei. Zusammengefasst habe er zu Protokoll gegeben, dass seine Familie Afghanistan verlassen habe, da sein Vater bei einer Partei gewesen sei und es zu einem Konflikt mit einem Kommandanten gekommen sei. Er habe angegeben, alle diesbezüglichen Informationen von seinem Vater zu haben. Für die Prüfung eines asylrelevanten Fluchtgrundes sei auch der zeitliche Zusammenhang wesentlich. Der BF habe die Heimat eigenen Angaben zufolge vor ungefähr 12 Jahren verlassen und sich seitdem durchgehend im Iran aufgehalten. Es entspreche zwar den Tatsachen, dass die Minderheit der Hazara bzw. Schiiten zu Zeiten der Taliban mit massiver Diskriminierung und zum Teil Bedrohungen konfrontiert worden sei. Aus den vorliegenden Länderinformationen gehe jedoch hervor, dass sich die Situation der Hazara/Schiiten in den letzten Jahren deutlich verbessert habe. Betreffend der vom Beschwerdeführer angegebenen Rückkehrgefährdung im Falle einer Abschiebung in seine Heimat Afghanistan aufgrund den Problemen seines Vaters bleibe anzumerken, dass in einer Millionenstadt wie Kabul, welche ihm als Fluchtalternative zur Verfügung stehe, diese nicht realistisch erscheine. Der BF beherrsche mit Dari und Farsi zwei Staatssprachen in Afghanistan in Wort und Schrift. Er sei im Iran sieben Jahre unterrichtet worden und habe zwei Jahre als Hilfsarbeiter am Bau gearbeitet. Deshalb werde seitens der entscheidenden Behörde davon ausgegangen, dass er im Zuge einer Rückkehr in seine Heimat Afghanistan eine Arbeit als Hilfsarbeiter am Bau oder jegliche andere Arbeit aufnehmen könnte und damit sein finanzielles Auskommen erwirtschaften könnte. Laut den Länderfeststellungen der Staatendokumentation habe keine allgemeine Gefahr festgestellt werden können. Die Behörde gehe daher davon aus, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat Afghanistan auch keine Gefahr drohe, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würde. Abschließend könne, insbesondere aufgrund der Information des aktuellen Länderinformationsblattes, der der BF nicht substantiiert entgegengetreten sei, die Möglichkeit einer sofortigen Rückkehr nach Afghanistan, konkret in den Bereich Kabul, Herat oder Mazar-e Sharif, nicht kategorisch ausgeschlossen bzw. als zumutbar angesehen werde. In Österreich habe der BF weder Familienangehörige noch Verwandte mit einem Aufenthaltstitel.

6. Gegen den oben genannten Bescheid richtet sich die erhobene Beschwerde, welche fristgerecht beim BFA einlangte. In dieser wird zusammenfassend insbesondere ausgeführt, dass das Bundesamt im angefochtenen Bescheid trotz völliger Entwurzelung des Beschwerdeführers in Afghanistan auf jegliche Würdigung seines Vorbringens oder Ermittlungen verzichte und lediglich auf eine angeblich bestehende innerstaatliche Fluchtalternative verweise. Die Erklärungen des Bundesamtes, wie es zu dieser Ansicht gelange, seien jedoch nicht nachvollziehbar, da die Beweiswürdigung fast ausschließlich aus selektiven Zitaten aus dem Protokoll der Einvernahme und Textbausteinen bestehe. Die Beweiswürdigung des Bundesamtes sei insbesondere im Vergleich zu den übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen nicht überzeugend. Anstatt das Vorbringen des BF einer nachvollziehbaren Beurteilung zu unterziehen, beschränke sich die Beweiswürdigung auf Textbausteine und nicht verifizierbare Spekulationen. Das Bundesamt habe keinerlei nähere Ermittlungen zu den Fluchtgründen des BF getätigt. Abgesehen von nicht konkretisierten Verweisen auf die angeblich nicht ausreichend detaillierten Schilderungen sei dem Bescheid auch tatsächlich keine weitere Begründung für die Ablehnung der Glaubwürdigkeit zu entnehmen. Zur Asylrelevanz des Vorbringens sei festzustellen, dass insbesondere in Fällen wie dem des Beschwerdeführers weder eine Schutzwilligkeit noch eine Schutzfähigkeit der afghanischen Behörden gegeben sei. In der Beweiswürdigung werde nicht beachtet, dass eine Asylrelevanz in den vom BF befürchteten Verfolgungshandlungen in mehrfacher Hinsicht vorliege, weil die afghanischen Behörden nicht in der Lage seien, Personen wie den BF vor der Gewalt von Islamisten zu beschützen, selbst wenn Willigkeit dazu bestehen würde. Andererseits sei die Gefährdung aufgrund der verwestlichten Lebenseinstellung und Entwurzelung des BF nicht beurteilt worden sowie auch nicht die Gefahr der Verfolgung als Hazara. Jedenfalls wäre es der Behörde offen gestanden, Recherchen im Heimatland des BF zu seinen Fluchtgründen anzustellen, wenn seine Aussagen bezweifelt werden würden. Es sei nicht nachvollziehbar, die Sicherheitslage unter Verweis auf obsolete Dokumente zu beschönigen, um nicht auf die offenkundige Gefährdung des BF im Falle einer Abschiebung eingehen zu müssen. Auch hinsichtlich des Privat-und Familienlebens des BF sei eine nur unzureichende Behandlung mit seinem Vorbringen erfolgt. Der bloße Verweis des Bundesamtes auf die Aufenthaltsdauer könne die Integration des BF in Österreich nicht entkräften und könne jedenfalls alleine kein überzeugender Grund für eine Ablehnung eines schützenswertes Privat-und Familienlebens sein. Die Frage der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung sei daher keiner adäquaten Beurteilung, insbesondere keiner aktuellen Beurteilung unterzogen und die Ausweisung stelle daher einen Widerspruch zu Art. 8 EMRK und Art 2 bzw. 3 EMRK dar. Es stelle eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens dar, dass es die Behörde verabsäumt habe, sich mit der konkreten Situation des BF und der aktuellen Situation in Afghanistan auseinanderzusetzen.

Mit Urkundenvorlage vom XXXX .08.2019 wurden eine Bestätigung eines Praktikums bei den XXXX vom XXXX .08.2019, eine weitere Praktikumsbestätigung vom XXXX .08.2019, ein Beurteilungsbogen eines Betriebspraktikums sowie ein Jahreszeugnis vom XXXX .07.2019 in Vorlage gebracht.

7. 7. Das Bundesverwaltungsgericht führte am XXXX .10.2019 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Dari und im Beisein der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der der Beschwerdeführer ausführlich zu seinen persönlichen Umständen und seinen Fluchtgründen befragt wurde. Ein Vertreter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl hat an der Verhandlung nicht teilgenommen; die Verhandlungsschrift wurde der Erstbehörde übermittelt.

Zu seinen Lebensumständen in Österreich befragt, brachte der BF vor, dass er die Schule besuche und in seiner Freizeit ein Fitnesscenter besuche. Die Fragen, ob er vorbestraft sei oder es Vorfälle in Zusammenhang mit Diebstählen gegeben habe, wurden vom BF verneint. Er sei nach Einreise in Österreich mit zwei Personen, die an einem Diebstahl beteiligt gewesen seien, festgenommen worden. Befragt, weshalb diese Personen festgenommen worden seien, entgegnete der BF, dass sie Kleidungsstücke anprobiert und anschließend mitgenommen hätten, er selbst habe jedoch weder etwas anprobiert noch etwas mitgenommen. Die Fragen, ob er einen afghanischen Reisepass, eine Tazkira oder eine Geburtsurkunde vorlegen könne, wurden vom BF verneint. Der BF wolle vorbringen, dass er derzeit keiner Religion angehöre, jedoch in einer muslimischen, schiitischen Familie in einem islamischen Land geboren sei.

Auf die Frage der Rechtsvertretung, wann er ausgetreten sei, führte der BF aus, dass er bereits in seiner Kindheit beobachtet habe, dass Männer und Frauen in Afghanistan nicht gleichgestellt seien. Sein Vater habe seine Mutter sowie seine Schwester nicht gut behandelt, da Frauen in seinem Herkunftsstaat auch nach den Gesetzen des Islams als Besitztümer des Mannes qualifiziert werden würden. Zudem hätten sie ihn im Iran aufgrund seiner Religion in den syrischen Krieg entsenden wollen. Da der Krieg die zentrale Ursache dafür gewesen sei, dass der BF Afghanistan verlassen und sich in den Iran begeben habe, habe er durch seine Weiterreise nach Europa verhindern wollen, erneut in den Krieg geschickt zu werden. Frauen würden zudem zahlreichen Pflichten unterworfen werden, die Rechte der Männer würden ihnen jedoch im Gegenzug verwehrt werden. Der BF wolle nicht, dass seine Frau oder seine Tochter solch ein Leben führen müssten. Zudem würden im Rahmen dieser abrahamitischen Religion Menschen getötet werden. Überdies würde die Grundaussage dieser religiösen Lehre besagen, dass alles von Gott erschaffen worden sei und die darwinistische Theorie ablehnen würden, obwohl sie naturwissenschaftlichen Lehren zufolge mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Wahrheit entspreche. Zudem habe Humanität gegenüber religiösen Lehren Vorrang, da man nicht nur gute Taten verrichten sollte, weil man sich davor fürchte, andernfalls im Jenseits bestraft zu werden. Er habe in einem Land gelebt, in welchem man dazu gezwungen werde, zu beten oder zu fasten, er wolle jedoch in einem Land leben, in dem jeder seine Sexualität frei ausleben könne. Auf BBC habe er einen Bericht über "Zaman Ahmadi" gelesen, der inhaftiert sei, da er die Taliban aufgrund der Sprengung der Buddha Statuen in der Region Bamiyan kritisiert habe.

Die Frage, ob er eine Freundin oder Ehefrau habe, wurde vom BF verneint. Der formelle Austritt aus der islamischen Gemeinschaft sei seiner Annahme zufolge vor dem Gericht möglich. Er wisse jedenfalls nicht, wo ihm in Österreich diese Möglichkeit zur Verfügung stehe. Er besuche in Österreich keine Moschee, obwohl er sie im Iran jeden Freitag besucht habe.

Zur Frage, wie er sich sein Leben vorstelle, wenn er in Österreich bleiben könne, entgegnete der BF, dass er nach Abschluss der HASCH eine Lehre als Elektriker beginnen wolle. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan müsste sich der BF melden und könnte aufgrund des Streits seines Vaters mit einem Kommandanten Probleme bekommen, da auf beiden gegnerischen Seiten eine Person getötet worden sei und der Kommandant möglicherweise einen Mittelsmann in der Regierung habe. Zudem sei er Atheist, weshalb sein Leben in einem islamischen Land unmöglich sei, da er sich zwanghaft an Vorschriften halten müsse. Er wolle in einem Staat leben, in dem er seine Meinung und seinen Glauben frei ausleben könne. Sowohl in Afghanistan als auch im Iran werde der Abfall vom Islam mit einer Todesstrafe geahndet. Seine österreichische Bildung könnte er in Afghanistan nicht für eine adäquate Beschäftigung verwenden.

Die Fragen, ob er Schweinefleisch esse und Alkohol trinke, wurden vom BF bejaht. Er habe Youtube Videos gesehen und mit seinem Lehrer darüber gesprochen. In Österreich habe er bereits zahlreiche österreichische Freunde gewonnen.

Im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung wurden vom BF mehrere Empfehlungsschreiben, eine Bestätigung über den Besuch eine Bundeshandelsakademie, zwei Jahreszeugnisse vom XXXX .07.2018 sowie vom XXXX .07.2019, eine Schulnachricht vom XXXX .02.2019, eine Bestätigung eines Praktikums vom XXXX .08.2019, eine Praktikumsbestätigung vom XXXX .08.2019, weitere Empfehlungsschreiben, eine Bestätigung über die Absolvierung einer Schulausbildung und mehrere Fotos in Gemeinschaft sowie bei Feiern vorgelegt.

Am Tag nach der Verhandlung erklärte der BF gegenüber der Bezirkshauptmannschaft XXXX den Austritt aus dem Islam.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige BF ist Staatsangehöriger von Afghanistan, stammt ursprünglich aus der Provinz Daikundi und gehört der Volksgruppe der Hazara an. Seine Identität steht nicht fest. Seine gesamte Familie (Eltern, zwei Brüder, eine Schwester) lebt im Iran. Der BF lebte Im Kindesalter im Herkunftsstaat und übersiedelte anschließend mit seiner Familie in den Iran, wo er bis zu seiner Ausreise wohnhaft war. Er wurde im Iran sieben Jahre persönlich unterrichtet und hat anschließend seinen Vater als Hilfsarbeiter am Bau unterstützt.

Der BF hält sich seit Dezember 2015 im Bundesgebiet auf. Den Iran verließ er im Jahr 2015 aufgrund seines dortigen illegalen Aufenthaltes und der damit einhergehenden Probleme.

Bei dem BF handelt es sich um einen gesunden Mann im arbeitsfähigen Alter. Dem Beschwerdeführer ist eine Teilnahme am Erwerbsleben im Herkunftsstaat zumutbar.

Der Beschwerdeführer lebt in Österreich zum überwiegenden Teil aus den Mitteln der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig.

Der BF leidet an keinen schweren körperlichen oder psychischen Erkrankungen.

Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine Personen zu denen ein besonders zu berücksichtigendes Nahe - bzw. Abhängigkeitsverhältnis besteht.

Der strafrechtlich unbescholtene BF ist seit seiner Antragstellung durchgehend ausschließlich nur auf Grund des vorläufigen Aufenthaltsrechts während des Asylverfahrens rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Der Beschwerdeführer verfügt über Deutschkenntnisse; er hat in Österreich Deutschkurse besucht, an Bildungsmaßnahmen und Seminaren teilgenommen sowie eine Deutschprüfung auf dem Niveau A2 absolviert. Zudem wurde er als ordentlicher Schüler an einer Handelsschule aufgenommen.

Das Bestehen von besonderen Gründen, die für ein Verbleiben des BF im Bundesgebiet sprechen, sind dem vorliegenden Verwaltungsakt nicht zu entnehmen.

Das Vorliegen einer insgesamt besonders berücksichtigungswürdigen Integration in Österreich kann in casu nicht festgestellt werden.

1.2. Zu den angegebenen Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

a.) Betreffend der Gründe für das Verlassen des Irans:

Der BF war in Afghanistan keiner konkreten, ihn persönlich unmittelbar betreffenden asylrechtlich relevanten individuellen Verfolgung ausgesetzt und wurden von ihm asylrelevante Gründe für das Verlassen des Heimatstaates Afghanistan insgesamt glaubhaft nicht dargetan.

Darüber hinaus kann nicht festgestellt werden, dass dem BF wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara konkret und individuell physische oder psychische Gewalt in Afghanistan droht. Ebenso wenig konnte festgestellt werden, dass Angehörige der Volksgruppe der Hazara in Afghanistan allein aufgrund der Volksgruppenzugehörigkeit physischer oder psychischer Gewalt ausgesetzt sind.

Es ist nicht glaubhaft, bzw. wurde von diesem glaubhaft und nachvollziehbar nicht dargelegt, dass dem Beschwerdeführer in Afghanistan aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung in Zukunft Verfolgung droht.

Den Iran verließ der BF im Jahr 2015 aufgrund seines dortigen illegalen Aufenthaltes und damit einhergehenden Probleme und stellte wegen dieser Gründe in Österreich von dort kommend gegenständlichen Asylantrag. Diesen Problemen im Iran kommt im gegenständlichen Verfahren keine asylrechtliche Entscheidungsrelevanz zu.

Ebenso wenig droht ihm Verfolgung, Gewalt oder Diskriminierung von erheblicher Intensität aufgrund seiner Religionszugehörigkeit oder einer (ihm unterstellten) politischen Gesinnung.

Ebenso ergeben sich keine Anhaltspunkte für einen Kampfeinsatz des BF in Syrien und einer sich daraus möglicherweise ergebenden Verfolgung durch private oder staatliche Akteure.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem BF aufgrund der Tatsache, dass er im Iran und nunmehr in Europa gelebt hat, konkret und individuell bzw. dass jedem afghanischen Rückkehrer aus dem Iran oder aus Europa physische und/oder psychische Gewalt in Afghanistan droht.

Das Vorliegen einer den BF unmittelbar und konkret betreffenden asylrechtlich relevanten Gefährdung in Afghanistan konnte dieser insgesamt glaubhaft und nachvollziehbar nicht darlegen, bzw. wurde das Vorliegen einer solchen insgesamt nicht dargelegt.

1.3 Zur Rückkehrsituation

Der BF ist im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan keinen unmittelbar individuell gegen ihn gerichteten physischen und/oder psychischen Gewalthandlungen ausgesetzt.

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Niederlassung insbesondere in der Stadt Mazar-e Sharif oder Herat, besteht für den BF als arbeitsfähigen Mann im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf keine berücksichtigungswürdige Bedrohungssituation, bzw. läuft dieser dort auch nicht in Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

Das BFA hat ein insgesamt mängelfreies Verfahren durchgeführt. Die belangte Behörde ist im gegenständlichen Verfahren ihrer Ermittlungspflicht durch die Vornahme einer detaillierten Befragung nachgekommen und dem angefochtenen Bescheid ist ein im vorliegenden Verwaltungsakt dokumentiert umfassendes Ermittlungsverfahren vorangegangen. Der Sachverhalt wurde unter schlüssiger Beweiswürdigung des Bundesamtes festgestellt und rechtlich korrekt durch das BFA gewürdigt.

In der Beschwerde konnten glaubhaft keine wesentlichen, bzw. verfahrensrelevant neuen Sachverhaltselemente glaubhaft bzw. substantiiert begründet dargelegt werden, welche geeignet wären, die von der belangten Behörde getroffenen Entscheidungen grundlegend in Frage zu stellen.

1.3. Zur Situation im Herkunftsstaat wird Folgendes festgestellt:

(gekürzt und zusammengefasst durch das BVwG)

Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 25.9.2017: Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2017 (betrifft: Abschnitt 3 Sicherheitslage)

Die Sicherheitslage in Afghanistan ist nach wie vor höchst volatil; die Regierung und die Taliban wechselten sich während des Berichtszeitraumes bei Kontrolle mehrerer Distriktzentren ab - auf beiden Seiten waren Opfer zu beklagen (UN GASC 21.9.2017).

Der Konflikt in Afghanistan ist gekennzeichnet von zermürbenden Guerilla-Angriffen, sporadischen bewaffneten Zusammenstößen und gelegentlichen Versuchen Ballungszentren zu überrennen. Mehrere Provinzhauptstädte sind nach wie vor in der Hand der Regierung; dies aber auch nur aufgrund der Unterstützung durch US-amerikanische Luftangriffe. Dennoch gelingt es den Regierungskräften kleine Erfolge zu verbuchen, indem sie mit unkonventionellen Methoden zurückschlagen (The Guardian 3.8.2017).

Der afghanische Präsident Ghani hat mehrere Schritte unternommen, um die herausfordernde Sicherheitssituation in den Griff zu bekommen. So hielt er sein Versprechen den Sicherheitssektor zu reformieren, indem er korrupte oder inkompetente Minister im Innen- und Verteidigungsministerium feuerte, bzw. diese selbst zurücktraten; die afghanische Regierung begann den strategischen 4-Jahres Sicherheitsplan für die ANDSF umzusetzen (dabei sollen die Fähigkeiten der ANDSF gesteigert werden, größere Bevölkerungszentren zu halten); im Rahmen des Sicherheitsplanes sollen Anreize geschaffen werden, um die Taliban mit der afghanischen Regierung zu versöhnen; Präsident Ghani bewilligte die Erweiterung bilateraler Beziehungen zu Pakistan, so werden unter anderen gemeinsamen Anti-Terror Operationen durchgeführt werden (SIGAR 31.7.2017).

Zwar endete die Kampfmission der US-Amerikaner gegen die Taliban bereits im Jahr 2014, dennoch werden, laut US-amerikanischem Verteidigungsminister, aufgrund der sich verschlechternden Sicherheitslage 3.000 weitere Soldaten nach Afghanistan geschickt. Nach wie vor sind über 8.000 US-amerikanische Spezialkräfte in Afghanistan, um die afghanischen Truppen zu unterstützen (BBC 18.9.2017).

Sicherheitsrelevante Vorfälle

In den ersten acht Monaten wurden insgesamt 16.290 sicherheitsrelevante Vorfälle von den Vereinten Nationen (UN) registriert; in ihrem Berichtszeitraum (15.6. bis 31.8.2017) für das dritte Quartal, wurden 5.532 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert - eine Erhöhung von 3% gegenüber dem Vorjahreswert.

Laut UN haben sich bewaffnete Zusammenstöße um 5% erhöht und machen nach wie vor 64% aller registrierten Vorfälle aus. 2017 gab es wieder mehr lange bewaffnete Zusammenstöße zwischen Regierung und regierungsfeindlichen Gruppierungen. Im Gegensatz zum Vergleichszeitraums des Jahres 2016, verzeichnen die UN einen Rückgang von 3% bei Anschlägen mit Sprengfallen [IEDs - improvised explosive device], Selbstmordangriffen, Ermordungen und Entführungen - nichtsdestotrotz waren sie Hauptursache für zivile Opfer. Die östliche Region verzeichnete die höchste Anzahl von Vorfällen, gefolgt von der südlichen Region (UN GASC 21.9.2017).

Laut der internationalen Sicherheitsorganisation für NGOs (INSO) wurden in Afghanistan von 1.1.-31.8.2017 19.636 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (Stand: 31.8.2017) (INSO o.D.).

Zivilist/innen

Landesweit war der bewaffnete Konflikt weiterhin Ursache für Verluste in der afghanischen Zivilbevölkerung. Zwischen dem 1.1. und 30.6.2017 registrierte die UNAMA 5.243 zivile Opfer (1.662 Tote und 3.581 Verletzte). Dies bedeutet insgesamt einen Rückgang bei zivilen Opfern von fast einem 1% gegenüber dem Vorjahreswert. Dem bewaffneten Konflikt in Afghanistan fielen zwischen 1.1.2009 und 30.6.2017 insgesamt 26.512 Zivilist/innen zum Opfer, während in diesem Zeitraum 48.931 verletzt wurden (UNAMA 7.2017). Im ersten Halbjahr 2017 war ein Rückgang ziviler Opfer bei Bodenoffensiven zu verzeichnen, während sich die Zahl ziviler Opfer aufgrund von IEDs erhöht hat (UNAMA 7.2017).

Die Provinz Kabul verzeichnete die höchste Zahl ziviler Opfer - speziell in der Hauptstadt Kabul: von den 1.048 registrierten zivilen Opfer (219 Tote und 829 Verletzte), resultierten 94% aus Selbstmordattentaten und Angriffen durch regierungsfeindliche Elemente.

Nach der Hauptstadt Kabul verzeichneten die folgenden Provinzen die höchste Zahl ziviler Opfer: Helmand, Kandahar, Nangarhar, Uruzgan, Faryab, Herat, Laghman, Kunduz und Farah. Im ersten Halbjahr 2017 erhöhte sich die Anzahl ziviler Opfer in 15 von Afghanistans 34 Provinzen (UNAMA 7.2017)

High-profile Angriffe:

Der US-Sonderbeauftragten für den Aufbau in Afghanistan (SIGAR), verzeichnete in seinem Bericht für das zweite Quartal des Jahres 2017 mehrere high-profil Angriffe; der Großteil dieser fiel in den Zeitraum des Ramadan (Ende Mai bis Ende Juni). Einige extremistische Organisationen, inklusive dem Islamischen Staat, behaupten dass Kämpfer, die während des Ramadan den Feind töten, bessere Muslime wären (SIGAR 31.7.2017).

Im Berichtszeitraum (15.6. bis 31.8.2017) wurden von den Vereinten Nationen folgende High-profile Angriffe verzeichnet: Ein Angriff auf die schiitische Moschee in der Stadt Herat, bei dem mehr als 90 Personen getötet wurden (UN GASC 21.9.2017; vgl.: BBC 2.8.2017). Zu diesem Attentat bekannte sich der ISIL-KP (BBC 2.8.2017). Taliban und selbsternannte ISIL-KP Anhänger verübten einen Angriff auf die Mirza Olang Region im Distrikt Sayyad in der Provinz Sar-e Pul; dabei kam es zu Zusammenstößen mit regierungsfreundlichen Milizen. Im Zuge dieser Kämpfe, die von 3.-5.August anhielten, wurden mindestens 36 Menschen getötet (UN GASC 21.9.2017). In Kabul wurde Ende August eine weitere schiitische Moschee angegriffen, dabei wurden mindestens 28 Zivilist/innen getötet; auch hierzu bekannte sich der ISIL-KP (UN GASC 21.9.2017; vgl.: NYT 25.8.2017).

Manche high-profile Angriffe waren gezielt gegen Mitarbeiter/innen der ANDSF und afghanischen Regierungsbeamte gerichtet; Zivilist/innen in stark bevölkerten Gebieten waren am stärksten von Angriffen dieser Art betroffen (SIGAR 31.7.2017).

"Green Zone" in Kabul

Kabul hatte zwar niemals eine formelle "Green Zone"; dennoch hat sich das Zentrum der afghanischen Hauptstadt, gekennzeichnet von bewaffneten Kontrollpunkten und Sicherheitswänden, immer mehr in eine militärische Zone verwandelt (Reuters 6.8.2017). Eine Erweiterung der sogenannten Green Zone ist geplant; damit wird Verbündeten der NATO und der US-Amerikaner ermöglicht, auch weiterhin in der Hauptstadt Kabul zu bleiben ohne dabei Risiken ausgesetzt zu sein. Kabul City Compound - auch bekannt als das ehemalige Hauptquartier der amerikanischen Spezialkräfte, wird sich ebenso innerhalb der Green Zone befinden. Die Zone soll hinkünftig vom Rest der Stadt getrennt sein, indem ein Netzwerk an Kontrollpunkten durch Polizei, Militär und privaten Sicherheitsfirmen geschaffen wird.

Die Erweiterung ist ein großes öffentliches Projekt, das in den nächsten zwei Jahren das Zentrum der Stadt umgestalten soll; auch sollen fast alle westlichen Botschaften, wichtige Ministerien, sowie das Hauptquartier der NATO und des US-amerikanischen Militärs in dieser geschützten Zone sein. Derzeit pendeln tagtäglich tausende Afghaninnen und Afghanen durch diese Zone zu Schulen und Arbeitsplätzen (NYT 16.9.2017).

Nach einer Reihe von Selbstmordattentaten, die hunderte Opfer gefordert haben, erhöhte die afghanische Regierung die Sicherheit in der zentralen Region der Hauptstadt Kabul - dieser Bereich ist Sitz ausländischer Botschaften und Regierungsgebäude. Die Sicherheit in diesem diplomatischen Bereich ist höchste Priorität, da, laut amtierenden Polizeichef von Kabul, das größte Bedrohungsniveau in dieser Gegend verortet ist und eine bessere Sicherheit benötigt wird.

Die neuen Maßnahmen sehen 27 neue Kontrollpunkte vor, die an 42 Straßen errichtet werden. Eingesetzt werden mobile Röntgengeräte, Spürhunde und Sicherheitskameras. Außerdem werden 9 weitere Straßen teilweise gesperrt, während die restlichen sechs Straßen für Autos ganz gesperrt werden. 1.200 Polizist/innen werden in diesem Bereich den Dienst verrichten, inklusive spezieller Patrouillen auf Motorrädern. Diese Maßnahmen sollen in den nächsten sechs Monaten schrittweise umgesetzt werden (Reuters 6.8.2017). Einen erweiterten Bereich, die sogenannte "Blue Zone" soll ebenso errichtet werden, die den Großteil des Stadtzentrums beinhalten soll - in diesem Bereich werden strenge Bewegungseinschränkungen, speziell für Lastwagen, gelten. Lastwagen werden an einem speziellen externen Kontrollpunkt untersucht. Um in die Zone zu gelangen, müssen sie über die Hauptstraße (die auch zum Flughafen führt) zufahren (BBC 6.8.2017; vgl. Reuters 6.8.2017).

ANDSF - afghanische Sicherheits- und Verteidigungskräfte

Die Stärkung der ANDSF ist ein Hauptziel der Wiederaufbaubemühungen der USA in Afghanistan, damit diese selbst für Sicherheit sorgen können (SIGAR 20.6.2017). Die Stärke der afghanischen Nationalarmee (Afghan National Army - ANA) und der afghanischen Nationalpolizei (Afghan National Police - ANP), sowie die Leistungsbereitschaft der Einheiten, ist leicht gestiegen (SIGAR 31.7.2017).

Die ANDSF wehrten Angriffe der Taliban auf Schlüsseldistrikte und große Bevölkerungszentren ab. Luftangriffe der Koalitionskräfte trugen wesentlich zum Erfolg der ANDSF bei. Im Berichtszeitraum von SIGAR verdoppelte sich die Zahl der Luftangriffe gegenüber dem Vergleichswert für 2016 (SIGAR 31.7.2017).

Die Polizei wird oftmals von abgelegen Kontrollpunkten abgezogen und in andere Einsatzgebiete entsendet, wodurch die afghanische Polizei militarisiert wird und seltener für tatsächliche Polizeiarbeit eingesetzt wird. Dies erschwert es, die Loyalität der Bevölkerung zu gewinnen. Die internationalen Truppen sind stark auf die Hilfe der einheimischen Polizei und Truppen angewiesen (The Guardian 3.8.2017).

Regierungsfeindliche Gruppierungen:

Taliban

Die Taliban waren landesweit handlungsfähig und zwangen damit die Regierung erhebliche Ressourcen einzusetzen, um den Status Quo zu erhalten. Seit Beginn ihrer Frühjahrsoffensive im April, haben die Taliban - im Gegensatz zum Jahr 2016 - keine größeren Versuche unternommen Provinzhauptstädte einzunehmen.

Nichtsdestotrotz, gelang es den Taliban zumindest temporär einige Distriktzentren zu überrennen und zu halten; dazu zählen der Distrikt Taywara in der westlichen Provinz Ghor, die Distrikte Kohistan und Ghormach in der nördlichen Provinz Faryab und der Distrikt Jani Khel in der östlichen Provinz Paktia. Im Nordosten übten die Taliban intensiven Druck auf mehrere Distrikte entlang des Autobahnabschnittes Maimana-Andkhoy in der Provinz Faryab aus; die betroffenen Distrikte waren: Qaramol, Dawlat Abad, Shirin Tagab und Khwajah Sabz Posh. Im Süden verstärkten die Taliban ihre Angriffe auf Distrikte, die an die Provinzhauptstädte von Kandahar und Helmand angrenzten (UN GASC 21.9.2017).

IS/ISIS/ISKP/ISIL-KP/Daesh

Die Operationen des ISIL-KP in Afghanistan sind weiterhin auf die östliche Region Afghanistans beschränkt - nichtsdestotrotz bekannte sich die Gruppierung landesweit zu acht nennenswerten Vorfällen, die im Berichtszeitraum von den UN registriert wurden. ISIL-KP verdichtete ihre Präsenz in der Provinz Kunar und setze ihre Operationen in Gegenden der Provinz Nangarhar fort, die von den ANDSF bereits geräumt worden waren. Angeblich wurden Aktivitäten des ISIL-KP in den nördlichen Provinzen Jawzjan und Sar-e Pul, und den westlichen Provinzen Herat und Ghor berichtet (UN GASC 21.9.2017). Im sich zuspitzenden Kampf gegen den ISIL-KP können sowohl die ANDSF, als auch die Koalitionskräfte auf mehrere wichtige Erfolge im zweiten Quartal verweisen (SIGAR 31.7.2017): Im Juli wurde im Rahmen eines Luftangriffes in der Provinz Kunar der ISIL-KP-Emir, Abu Sayed, getötet. Im August wurden ein weiterer Emir des ISIL-KP, und drei hochrangige ISIL-KP-Führer durch einen Luftangriff getötet. Seit Juli 2016 wurden bereits drei Emire des ISIL-KP getötet (Reuters 13.8.2017); im April wurde Sheikh Abdul Hasib, gemeinsam mit 35 weiteren Kämpfern und anderen hochrangigen Führern in einer militärischen Operation in der Provinz Nangarhar getötet (WT 8.5.2017; vgl. SIGAR 31.7.2017).

Ebenso in Nangarhar, wurde im Juni der ISIL-KP-Verantwortliche für mediale Produktionen, Jawad Khan, durch einen Luftangriff getötet (SIGAR 31.7.2017; vgl.: Tolonews 17.6.2017).

Politische Entwicklungen

Die Vereinten Nationen registrierten eine Stärkung der Nationalen Einheitsregierung. Präsident Ghani und CEO Abdullah einigten sich auf die Ernennung hochrangiger Posten - dies war in der Vergangenheit Grund für Streitigkeiten zwischen den beiden Führern gewesen (UN GASC 21.9.2017).

Die parlamentarische Bestätigung einiger war nach wie vor ausständig; derzeit üben daher einige Minister ihr Amt kommissarisch aus. Die unabhängige afghanische Wahlkommission (IEC) verlautbarte, dass die Parlaments- und Distriktratswahlen am 7. Juli 2018 abgehalten werden (UN GASC 21.9.2017).

Quellen:

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BBC (18.9.2017): US sends 3,000 more troops to Afghanistan, http://www.bbc.com/news/world-us-canada-41314428, Zugriff 20.9.2017

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BBC (2.8.2017): Herat mosque blast: IS says it was behind Afghanistan attack, http://www.bbc.com/news/world-asia-40802572, Zugriff 21.9.2017

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INSO - International NGO Safety Organisation (o.D.): Afghanistan - Total incidents per month for the current year to date, http://www.ngosafety.org/country/afghanistan, Zugriff 19.9.2017

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INSO - The International NGO Safety Organisation (2017):

Afghanistan - Gross Incident Rate, http://www.ngosafety.org/country/afghanistan, Zugriff 19.9.2017

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NYT - The New York Times (16.9.2017): U.S. Expands Kabul Security Zone, Digging In for Next Decade, https://www.nytimes.com/2017/09/16/world/asia/kabul-green-zone-afghanistan.html?mcubz=3, Zugriff 20.9.2017

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NYT - The New York Times (25.8.2017): ISIS Claims Deadly Attack on Shiite Mosque in Afghanistan,

https://www.nytimes.com/2017/08/25/world/asia/mosque-kabul-attack.html?mcubz=3, Zugriff 21.9.2017

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Reuters (13.8.2017): Senior Islamic State commanders killed in Afghanistan air strike: U.S. military, https://www.reuters.com/article/us-afghanistan-airstrike/senior-islamic-state-commanders-killed-in-afghanistan-air-strike-u-s-military-idUSKCN1AT06J, Zugriff 19.9.2017

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Reuters (6.8.2017): Kabul 'Green Zone' tightened after attacks in Afghan capital,

https://www.reuters.com/article/us-afghanistan-security/kabul-green-zone-tightened-after-attacks-in-afghan-capital-idUSKBN1AM0K7, Zugriff 20.9.2017

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SIGAR - Special Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (30.7.2017): QUARTERLY REPORT TO THE UNITED STATES

CONGRESS,

https://www.sigar.mil/pdf/quarterlyreports/2017-07-30qr.pdf, Zugriff 19.9.2017

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SIGAR - Special Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (20.6.2017): Afghan national army: dod may have spent up to $28 million more than needed to procure camouflage uniforms that may be inappropriate for the Afghan environment, https://www.sigar.mil/pdf/special%20projects/SIGAR-17-48-SP.pdf, Zugriff 20.9.2017

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The Guardian (3.8.2017): The war America can't win: how the Taliban are regaining control in Afghanistan, https://www.theguardian.com/world/2017/aug/03/afghanistan-war-helmand-taliban-us-womens-rights-peace, Zugriff 19.9.2017

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Tolonews (17.6.2017): Daesh Media Leader Killed In Nangarhar Air Strike,

http://www.tolonews.com/afghanistan/daesh-media-leader-killed-nangarhar-air-strike, Zugriff 19.9.2017

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UNAMA - UN Assistance Mission in Afghanistan: Afghanistan (7.2017): Protection of Civilians in Armed Conflict; Midyear Report 2017,

https://unama.unmissions.org/sites/default/files/protection_of_civilians_in_armed_conflict_midyear_report_2017_july_2017.pdf, Zugriff 20.9.2017

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UN GASC - General Assembly Security Council (21.9.2017): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, as of September 15th 2017, https://unama.unmissions.org/report-secretary-general-situation-afghanistan-and-its-implications-international-peace-and-7, Zugriff 21.9.2017

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WT - The Washington Times (8.5.2017): Pentagon confirms Abdul Hasib, head of ISIS in Afghanistan, killed by U.S., Afghan special forces,

http://www.washingtontimes.com/news/2017/may/8/abdul-hasib-head-isis-afghanistan-killed-us-afghan/, Zugriff 19.9.2017

KI vom 27.6.2017: Afghanische Flüchtlinge im Iran (betrifft: Abschnitt 23 Rückkehrer)

Aus gegebenem Anlass darf auf folgendes hingewiesen werden:

Informationen zur Situationen afghanischer Flüchtlinge im Iran können dem Länderinformationsblatt Iran entnommen werden (LIB Iran - Abschnitt 21/Flüchtlinge).

Länderkundliche Informationen, die Afghanistan als Herkunftsstaat betreffen, sind auch weiterhin dem Länderinformationsblatt Afghanistan zu entnehmen.

KI vom 22.6.2017: Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q2.2017 (betrifft: Abschnitt 3 Sicherheitslage)

Den Vereinten Nationen zufolge war die Sicherheitslage in Afghanistan im Berichtszeitraum weiterhin volatil: zwischen 1.3. und 31.5.2017 wurden von den Vereinten Nationen 6.252 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert - eine Erhöhung von 2% gegenüber dem Vorjahreswert.

Bewaffnete Zusammenstöße machten mit 64% den Großteil registrierter Vorfälle aus, während IEDs [Anm.: improvised explosive device] 16% der Vorfälle ausmachten - gezielte Tötungen sind hingegen um 4% zurückgegangen. Die östlichen und südöstlichen Regionen zählten auch weiterhin zu den volatilsten; sicherheitsrelevante Vorfälle haben insbesondere in der östlichen Region um 22% gegenüber dem Vorjahr zugenommen. Die Taliban haben hauptsächlich folgende Provinzen angegriffen: Badakhshan, Baghlan, Farah, Faryab, Helmand, Kunar, Kunduz, Laghman, Sar-e Pul, Zabul und Uruzgan. Talibanangriffe auf afghanische Sicherheitskräfte konnten durch internationale Unterstützung aus der Luft abgewiesen werden. Die Anzahl dieser Luftangriffe ist mit einem Plus von 112% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Jahres 2016 deutlich gestiegen (UN GASC 20.6.2017).

Laut der internationalen Sicherheitsorganisation für NGOs (INSO) wurden in Afghanistan 11.647 sicherheitsrelevante Vorfälle von 1.1.-31.5.2017 registriert (Stand: 31.5.2017) (INSO o.D.).

ANDSF - afghanische Sicherheits- und Verteidigungskräfte

Laut einem Bericht des amerikanischen Verteidigungsministeriums behielten die ANDSF, im Berichtszeitraum 1.12.2016-31.5.2017 trotz aufständischer Gruppierungen, auch weiterhin Kontrolle über große Bevölkerungszentren: Die ANDSF waren im Allgemeinen fähig große Bevölkerungszentren zu schützen, die Taliban davon abzuhalten gewisse Gebiete für einen längeren Zeitraum zu halten und auf Talibanangriffe zu reagieren. Die ANDSF konnten in städtischen Gebieten Siege für sich verbuchen, während die Taliban in gewissen ländlichen Gebieten Erfolge erzielen konnten, in denen die ANDSF keine dauernde Präsenz hatten. Spezialeinheiten der afghanischen Sicherheitskräfte (ASSF - Afghan Special Security Forces) leiteten effektiv offensive Befreiungsoperationen (US DOD 6.2017).

Bis Ende April 2017 lag die Truppenstärke der afghanischen Armee [ANA - Afghan National Army] bei 90,4% und die der afghanischen Nationalpolizei [ANP - Afghan National Police] bei 95,1% ihrer Sollstärke (UN GASC 20.6.2017).

High-profile Angriffe:

Als sichere Gebiete werden in der Regel die Hauptstadt Kabul und die regionalen Zentren Herat und Mazar-e Sharif genannt. Die Wahrscheinlichkeit, hier Opfer von Kampfhandlungen zu werden, ist relativ geringer als zum Beispiel in den stark umkämpften Provinzen Helmand, Nangarhar und Kunduz (DW 31.5.2017).

Hauptstadt Kabul

Kabul wird immer wieder von Attentaten erschüttert (DW 31.5.2017):

Am 31.5.2017 kamen bei einem Selbstmordattentat im hochgesicherten Diplomatenviertel Kabuls mehr als 150 Menschen ums Leben und mindestens 300 weitere wurden schwer verletzt als ein Selbstmordattentäter einen Sprengstoff beladenen Tanklaster mitten im Diplomatenviertel in die Luft sprengte (FAZ 6.6.2017; vgl. auch:

al-Jazeera 31.5.2017; The Guardian 31.5.2017; BBC 31.5.2017; UN News Centre 31.5.2017). Bedeutend ist der Angriffsort auch deswegen, da dieser als der sicherste und belebteste Teil der afghanischen Hauptstadt gilt. Kabul war in den Wochen vor diesem Anschlag relativ ruhig (al-Jazeera 31.5.2017).

Zunächst übernahm keine Gruppe Verantwortung für diesen Angriff; ein Talibansprecher verlautbarte nicht für diesen Vorfall verantwortlich zu sein (al-Jazeera 31.5.2017). Der afghanische Geheimdienst (NDS) macht das Haqqani-Netzwerk für diesen Vorfall verantwortlich (The Guardian 2.6.2017; vgl. auch: Fars News 7.6.2017); schlussendlich bekannte sich der Islamische Staat dazu (Fars News 7.6.2017).

Nach dem Anschlag im Diplomatenviertel in Kabul haben rund 1.000 Menschen, für mehr Sicherheit im Land und eine Verbesserung der Sicherheit in Kabul demonstriert (FAZ 2.6.2017). Bei dieser Demonstration kam es zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Demonstranten und den Sicherheitskräften (The Guardian 2.6.2017); dabei wurden mindestens sieben Menschen getötet und zahlreiche verletzt (FAZ 2.6.2017).

Auf der Trauerfeier für einen getöteten Demonstranten- den Sohn des stellvertretenden Senatspräsidenten - kam es am 3.6.2017 erneut zu einem Angriff, bei dem mindestens 20 Menschen getötet und 119 weitere verletzt worden waren. Polizeiberichten zufolge, waren während des Begräbnisses drei Bomben in schneller Folge explodiert (FAZ 3.6.2017; vgl. auch: The Guardian 3.6.2017); die Selbstmordattentäter waren als Trauergäste verkleidet (The Guardian 3.6.2017).

Hochrangige Regierungsvertreter, unter anderem auch Regierungsgeschäftsführer Abdullah Abdullah, hatten an der Trauerfeier teilgenommen (FAZ 3.6.2017; vgl. auch: The Guardian 3.6.2017).

Herat

Anfang Juni 2017 explodierte eine Bombe beim Haupteingang der historischen Moschee Jama Masjid; bei diesem Vorfall wurden mindestens 7 Menschen getötet und 15 weitere verletzt (Reuters 6.6.2017; vgl. auch: TMN 7.6.2017). Zu diesem Vorfall hat sich keine Terrorgruppe bekannt (TMN 7.6.2017; vgl. auch: US News 12.6.2017).

Sirajuddin Haqqani - stellvertretender Leiter der Taliban und Führer des Haqqani

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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