TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/12 I414 2225065-1

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Veröffentlicht am 12.11.2019
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Entscheidungsdatum

12.11.2019

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

TEILERKENNTNIS

I414 2225065-1/

4Z

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian EGGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX (alias XXXX ), geb. XXXX , StA. NIGERIA, vertreten durch: Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung gegen den Bescheid des BFA, RD Wien, Außenstelle Wien vom 25.09.2019, Zl. XXXX ,

zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer reiste spätestens am 17.03.2019 in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.

Davor stellte der Beschwerdeführer in Italien einen Asylantrag und erhielt dort ein Aufenthaltsrecht gültig bis 19.03.2020.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 25.09.2019 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht (Spruchpunkt VI.). Zugleich erkannte die belangte Behörde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VII.).

Mit fristgerechter eingebrachtem Beschwerdeschriftsatz erhob der Beschwerdeführer vollumfänglich Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und beantragte gleichzeitig die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Zugleich wurde eine Stellungnahme von MEN VIA – Opferschutzeinrichtung für männliche Betroffene von Menschenhandel beigelegt in der Angegeben wird, dass der Verdacht auf Menschenhandel zum Zweck der Begehung strafbarere Handlungen, gem. § 104a StGB, mit dem Minderjährigen Beschwerdeführer als Opfer bestehe.

Mit Schriftsatz vom 04.11.2019, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 06.11.2019, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nigeria und somit Drittstaatsangehöriger gemäß § 2 Abs. 4 Z. 10 FPG.

Die Identität des Beschwerdeführers steht nicht fest. Er ist minderjährig.

Der Beschwerdeführer stellte in Italien einen Antrag auf internationalen Schutz und erhielt einen Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen, der bis 19.03.2020 gültig ist.

Der Beschwerdeführer stellte am 17.03.2019 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Nach Durchführung eines Konsultationsverfahren mit Italien wurde das Asylverfahren in Österreich zugelassen.

In Österreich erstattete der Beschwerdeführer durch eine Opferschutzeinrichtung für männliche Betroffene von Menschenhandel Anzeige wegen § 104a StGB. Dieses Verfahren wurde noch nicht abgeschlossen.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität, Herkunft und zur Staatsangehörigkeit sowie zum Alter des Beschwerdeführers getroffen wurden, beruhen diese auf den Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde.

Die Feststellungen, wonach der Beschwerdeführer in Italien bereits einen Antrag auf internationalen Schutz stellte, der Beschwerdeführer am 17.03.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich stellte und dass das Asylverfahren nach Durchführung eines Konsultationsverfahrens in Österreich zugelassen wurde, ergeben sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt. Dass der Beschwerdeführer über ein humanitäres Bleiberecht in Italien verfügt, ergibt sich aus der diesbezüglichen Mitteilung des Ministero dell’Interno vom 13.05.2019.

Dass der Beschwerdeführer eine Anzeige wegen § 104a StGB erstattete ergibt sich aus einer Stellungnahme von MEN VIA – Opferschutzeinrichtung für männlicher Betroffene von Menschenhandel vom 29.10.2019

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Aufgrund der Tatsache, dass vom Bundesverwaltungsgericht binnen einer Woche in einem Eilverfahren eine Annahme über die Gefahr einer Grundrechtsverletzung zu treffen ist, ist davon auszugehen, dass hier mit einer Prognose aufgrund der Aktenlage vorzugehen ist. Schon im Hinblick darauf, dass Grundrechte oder sonstige massive Interessen des Beschwerdeführers beeinträchtigt werden könnten, dürfen die anzulegende Prüfdichte und der Wahrscheinlichkeitsgrad nicht allzu hoch sein. Gewissheit kann in diesem Stadium des Verfahrens nicht vorausgesetzt werden, weil damit das Schicksal der Beschwerde schon entschieden wäre.

Im vorliegenden kann ohne nähere Prüfung des Sachverhaltes nicht ausgeschlossen werden, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria eine reale Gefahr einer Verletzung von Bestimmungen der EMRK bedeuten würde. Darüber hinaus wird im weiteren Verfahren das tatsächliche Alter des Beschwerdeführers zu klären sein, da schon im erstinstanzlichen Verfahren Zweifel an der Minderjährigkeit des Beschwerdeführers aufgekommen sind. Auch hat der Beschwerdeführer Anzeige wegen Menschenhandels erstattet und ist abzuwarten, welchen Ausgang dieses Verfahren nimmt. Zur Klärung des Sachverhaltes ist die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht notwendig.

Zuletzt sei noch darauf hingewiesen, dass sich die Behörde bei der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung auf § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG stützt und dies damit begründet, dass der Beschwerdeführer mit seinem Verhalten, nämlich dem unerlaubten Umgang mit Suchtgiften die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet. Aus dem gesamten Akteninhalt ist ein solches Verhalten jedoch nicht zu entnehmen und entzieht es sich dem Wissen des Bundesverwaltungsgerichtes, woher die belangte Behörde diese Umstände nimmt.

Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen.

Da eine Gefährdung des Beschwerdeführers im Sinne des § 18 Abs. 5 BFA-VG derzeit nicht mit der in diesem Zusammenhang erforderlichen Sicherheit von vornherein auszuschließen ist, war spruchgemäß zu entscheiden.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG im Rahmen dieser Entscheidung entfallen.

Gegenständlich war gemäß § 13 Abs. 5 VwGVG ein Teilerkenntnis (vgl. auch § 59 Abs. 1 letzter Satz AVG) zu erlassen, da der Abspruch über die Beschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung unverzüglich zu erfolgen hat (vgl. zur Erledigungsform VwGH 20.09.2017, Ra 2017/19/0284). Der Spruch des Bescheides der belangten Behörde war auch insoweit trennbar, als sich die gegenständliche Entscheidung nur auf den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung im Bescheidspruch bezieht. Ein Vorgehen gemäß § 59 Abs. 1 letzter Satz AVG iVm § 17 VwGVG war zulässig, da die Entscheidung über Spruchpunkt VII. spruchreif war und die Trennung - auf Grund der Folgen einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung für den Betroffenen - auch zweckmäßig erscheint.

Über die Beschwerde gegen die übrigen Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides wird gesondert entschieden werden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das vorliegende Teilerkenntnis stützt sich auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, insbesondere auf die in II.3. A. zitierten Erkenntnisse und weicht von diesen nicht ab. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war bei der Entscheidung über diesen Einzelfall nicht zu lösen und liegt auch nicht vor. Die Entscheidung über Zuerkennung bzw. Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung. Wurde eine im Einzelfall vorzunehmende Interessenabwägung auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen, so ist eine solche einzelfallbezogene Beurteilung im Allgemeinen nicht revisibel (vgl. VwGH 24.02.2015, Ro 2014/05/0097; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).

Schlagworte

Asylverfahren aufschiebende Wirkung Menschenrechtsverletzungen real risk reale Gefahr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I414.2225065.1.00

Im RIS seit

11.03.2020

Zuletzt aktualisiert am

22.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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