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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §45 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des AS in Graz, geboren am 26. Jänner 1970, vertreten durch Dr. Christian Riesemann, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Hilmgasse 10, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 20. März 1998, Zl. FR 178/1998, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer, einen "angeblich" liberianischen Staatsangehörigen, gemäß § 33 Abs. 1 iVm § 37 Abs. 1 des Fremdengesetzes (1997) - FrG, BGBl. I Nr. 75/1997, aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich aus.
Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der anzuwendenden Gesetzesstellen im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei seinen eigenen Angaben zufolge am 5. Oktober 1995 "illegal" über die slowenisch-österreichische Grenze in das Bundesgebiet eingereist und habe in der Folge um Gewährung des Asylrechtes angesucht. Sein Asylantrag sei mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. November 1997, rechtswirksam erlassen am 24. November 1997, abgewiesen worden. Der Beschwerdeführer halte sich bereits seit seiner Einreise am 5. Oktober 1995 unberechtigt im Bundesgebiet auf, weil er über keinerlei Bewilligung nach dem Asyl- oder Fremdengesetz verfüge. Bereits ein mehrmonatiger unrechtmäßiger Aufenthalt gefährde die öffentliche Ordnung in hohem Maße, die Ausweisung sei demnach zur Wahrung der öffentlichen Ordnung dringend geboten. Den für die Einreise und den Aufenthalt bzw. die Niederlassung von Fremden getroffenen Regelungen und deren Beachtung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein sehr hoher Stellenwert zu. Das maßgebliche öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens sei durch den Beschwerdeführer noch zusätzlich in der Form verletzt worden, daß er sich bei der Einreise der Hilfe eines Schleppers bedient habe. Sein persönliches Interesse an einem weiteren Verbleib in Österreich sei angesichts des noch keineswegs langen Aufenthaltes in der Dauer von etwas mehr als zwei Jahren nicht so stark ausgeprägt, daß es schwerer zu gewichten wäre als das besagte maßgebliche öffentliche Interesse. Durch die Ausweisung komme es zu keinem relevanten Eingriff in sein Privat- und Familienleben im Sinne des § 37 FrG. Der Beschwerdeführer könne sich nicht auf im Bundesgebiet lebende Familienangehörige "oder nahe Verwandte" berufen und es sei während seines noch nicht allzulangen Aufenthaltes zu keiner nennenswerten Integration gekommen. Der Beschwerdeführer sei offensichtlich nicht in der Lage, durch das von ihm durch die Tätigkeit als Prospektverteiler erzielte Einkommen seinen Unterhalt zu bestreiten, sodaß er Bezieher von Sozialhilfeunterstützung sei. Selbst unter der Annahme eines mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriffes in sein Privat- oder Familienleben sei die Ausweisung dringend geboten und somit zulässig.
Die Ermessensübung der Behörde habe sich davon leiten zu lassen, von welchem Gewicht die Störung der öffentlichen Ordnung sei. Lediglich in Fällen, in denen die öffentliche Ordnung nur ganz geringfügig berührt werde, sei im Lichte einer gesetzmäßigen Ermessensübung von der Erlassung einer Ausweisung abzusehen. Wie bereits bei der Abwägung der öffentlichen Interessen an der Erlassung einer Ausweisung mit den persönlichen Interessen an einem weiteren Verbleib in Österreich hervorgekommen sei, seien die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers nicht so stark ausgeprägt, daß sie schwerer zu gewichten wären als das besagte maßgebliche öffentliche Interesse, sodaß die Ermessensentscheidung gemäß § 33 Abs. 1 FrG unter Berücksichtigung von § 37 Abs. 1 FrG eindeutig nicht zu seinen Gunsten auszuschlagen vermöchte.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie Rechtswidrgkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 33 Abs. 1 FrG können Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. Gemäß § 31 Abs. 1 leg. cit. halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie unter Einhaltung der Bestimmungen des zweiten Hauptstückes und ohne die Grenzkontrolle zu umgehen eingereist sind, oder wenn sie aufgrund eines Aufenthaltstitels oder einer Verordnung für Vertriebene (§ 29) zum Aufenthalt berechtigt sind, oder wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind, oder solange ihnen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997 zukommt.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die Feststellung im angefochtenen Bescheid, daß er "illegal" (vorliegend - im Hinblick auf die Einreise mit Hilfe eines Schleppers - gemeint wohl: unter Umgehung der Grenzkontrolle) eingereist sei und ihm keine Bewilligung zum Aufenthalt in Österreich erteilt worden sei; er bekämpft nicht die darauf beruhende Rechtsansicht der belangten Behörde, daß er sich unrechtmäßig im Sinn der genannten Bestimmung im Bundesgebiet aufhalte. Gegen diese Beurteilung hegt der Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken.
Gemäß § 37 Abs. 1 FrG ist, würde durch eine Ausweisung gemäß den §§ 33 Abs. 1 oder 34 Abs. 1 und 3 oder durch ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, ein solcher Entzug der Aufenthaltsberechtigung nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Auch unter Beachtung des in der genannten Bestimmung angeführten Schutzes des Privat- und Familienlebens ist die Ausweisung nicht rechtswidrig: Unter der Annahme, daß unter Berücksichtigung des ca. zweieinhalbjährigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich mit der Ausweisung ein relevanter Eingriff in sein Privatleben verbunden ist, erweist sich diese Maßnahme nicht als rechtswidrig, denn nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 12. Februar 1998, Zl. 97/21/0779). Der Verwaltungsgerichtshof sieht keinen Anlaß, bei Anwendung des § 37 Abs. 1 FrG, der mit § 19 des Fremdengesetzes aus 1992 - der insoweit maßgeblichen Bestimmung nach der bisher geltenden Rechtslage - inhaltlich im wesentlichen übereinstimmt, eine andere Beurteilung vorzunehmen. Die Integration des Beschwerdeführers in Österreich ist angesichts seines erst relativ kurzen Aufenthaltes und des Fehlens familiärer Beziehungen (weshalb ein relevanter Eingriff in sein Familienleben nicht vorliegt) keineswegs so ausgeprägt, daß die Ausweisung nicht als dringend geboten und somit als unzulässig im Sinne des § 37 Abs. 1 FrG anzusehen wäre.
Soweit der Beschwerdeführer der belangten Behörde bei Beurteilung seiner Integration in Österreich Verfahrensfehler vorwirft, unterläßt er eine für die notwendige Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels notwendige Ausführung, zu welchen Feststellungen die belangte Behörde im Fall eines mängelfreien Verfahrens hätte gelangen können, die zu einem für ihn günstigen Ergebnis in der Sache geführt hätten. Auch der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Begründungsmangel liegt nicht vor. Im angefochtenen Bescheid legte die belangte Behörde nachvollziehbar dar, von welchen Umständen sie die Integration des Beschwerdeführers betreffend ausgegangen ist. Der Beschwerdeführer unternimmt in keiner Weise den Versuch, anhand konkreter Umstände die behördlichen Feststellungen als unschlüssig darzustellen.
Letztlich wirft der Beschwerdeführer der belangten Behörde eine unrichtige Ermessensübung bei Erlassung der Ausweisung vor.
§ 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes aus 1992 sah vor, daß Fremde mit Bescheid auszuweisen sind, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. Die entsprechende Bestimmung des Fremdengesetzes 1997 lautet hingegen, daß Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden können, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten (§ 33 Abs. 1). Es kann nicht davon ausgegangen werden, daß die Änderung des Wortlautes von "sind auszuweisen" auf "können ausgewiesen werden" keine normativen Konsequenzen bewirkt hätte. § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 räumt daher der Behörde insofern ein Ermessen ein, als diese Bestimmung die Behörde bei Vorliegen bestimmter Umstände ermächtigt, von der Ausweisung auch dann abzusehen, wenn die in den §§ 33 und 37 leg. cit. hiefür normierten Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind. Für die Ausübung dieses Ermessens ist nicht bloß das Gewicht der privaten und familiären Interessen des betroffenen Fremden, welches bereits für die Entscheidung, ob § 37 FrG der Ausweisung entgegensteht, maßgeblich ist, von entscheidender Bedeutung. Die Behörde hat vielmehr bei ihrer Ermessensentscheidung gemäß § 33 Abs. 1 leg. cit. in Erwägung zu ziehen, ob und wenn ja welche bestimmten Umstände im Einzelfall vor dem Hintergrund der gesamten Rechtsordnung für und gegen die Ausweisung sprechen und sich hiebei insbesondere von den Vorschriften des Fremdengesetzes 1997 leiten zu lassen (vgl. dazu den zu der ebenfalls Ermessen einräumenden Bestimmung des § 36 Abs. 1 leg. cit. ergangenen hg. Beschluß vom 24. April 1998, Zl. 96/21/0490). Ebenso wie bei der Ermessensübung in Anwendung des § 36 Abs. 1 FrG hat die Behörde den für die Ausweisung maßgeblichen Sachverhalt bei entsprechender Wahrung des Parteiengehörs festzustellen und in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Gesetz erforderlich ist (vgl. auch dazu den hg. Beschluß Zl. 96/21/0490 mwN.).
Vorliegend reiste der Beschwerdeführer mit Hilfe eines Schleppers unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet ein. Die dadurch bewirkte, nicht bloß geringfügige Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung - den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Einhaltung durch die Normadressaten kommt nämlich auch im gegebenen Zusammenhang ein hoher Stellenwert zu - stellt für die Ermessensübung bei Anwendung des § 33 Abs. 1 FrG einen wesentlichen Gesichtspunkt dar. Im Hinblick auf diese nicht nur geringfügige Gefährdung der öffentlichen Ordnung und unter Bedachtnahme darauf, daß weder aus dem angefochtenen Bescheid noch aus der Beschwerde Umstände ersichtlich sind, welche gegen die Ausweisung sprächen, kann der Ansicht des Beschwerdeführers nicht gefolgt werden, daß die belangte Behörde bei pflichtgemäßer Ermessensübung von der Erlassung der Ausweisung hätte Abstand nehmen müssen.
Da die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Bescheidinhalt erkennen läßt - war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigte sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Schlagworte
Begründung von Ermessensentscheidungen ErmessenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998210252.X00Im RIS seit
18.02.2002