Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §19 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des 1957 geborenen RS in Jugoslawien, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. Juni 1997, Zl. 301.387/3-III/11/97, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer beantragte am 15. Mai 1996 bei der österreichischen Botschaft in Belgrad die nach der Aktenlage erstmalige Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zum Zweck der Familiengemeinschaft mit seiner österreichischen Ehegattin. Dieser Antrag langte am 28. Mai 1996 beim Landeshauptmann von Wien ein.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. Juni 1997 wurde dieser Antrag gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, das von ihr durchgeführte Ermittlungsverfahren, in dessen Zuge die Ehegattin des Beschwerdeführers sowie drei weitere Zeugen vernommen worden seien, habe ergeben, daß der Beschwerdeführer seine Ehe mit einer Österreicherin nur eingegangen sei, um sich dadurch fremdenrechtliche Bewilligungen zu erschleichen. Dieses Verhalten rechtfertige die Annahme, der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers werde die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG gefährden. Die Erteilung einer Bewilligung sei gemäß § 5 Abs. 1 AufG ausgeschlossen. Mit Ausnahme der in Rede stehenden Ehe bestünden keine weiteren familiären Beziehungen des Beschwerdeführers in Österreich. Seinem Vorbringen in der Stellungnahme vom 15. Mai 1997 sei nicht zu folgen. Sodann heißt es im angefochtenen Bescheid wörtlich:
"Auch bezüglich der in Ihrer Stellungnahme vom 15.5.1997 angeführten Zeugen MS und II stellt die Berufungsbehörde fest, daß der oa. Sachverhalt als erwiesen anzusehen ist, und weitere Zeugeneinvernahmen nicht erforderlich sind. Dies insbesondere auch im Hinblick auf die Tatsache, daß der Zeuge II schon zuvor vom Bundesministerium für Inneres mittels Ladungsbescheid geladen worden war, er den Termin jedoch nicht einhalten konnte (unverschuldet wie er selbst angab), und zum neuerlichen (von ihm selbst telefonisch vorgeschlagenen) Termin nicht erschien. Jedoch ist sein (wie oa.) Erscheinen nun nicht mehr erforderlich und verzichtet das Bundesministerium für Inneres auf seine (und weitere) Aussagen."
Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Zutreffend rügt der Beschwerdeführer, daß es die belangte Behörde unterließ, die von ihm zum Beweis dafür, daß es sich bei seiner Ehe "um eine dem Wesen der Ehe entsprechende" gehandelt habe, namhaft gemachten Zeugen MS und II einzuvernehmen.
Die belangte Behörde hat das Unterbleiben der Einvernahme des Zeugen II damit begründet, daß dieser Zeuge einen für seine Einvernahme anberaumten Termin nicht habe einhalten können und zum neuerlichen von ihm selbst telefonisch vorgeschlagenen Termin nicht erschienen sei.
Dieser Begründung ist entgegenzuhalten, daß die Behörde die Einvernahme eines Zeugen nicht allein deshalb unterlassen darf, weil dieser trotz Ladung nicht erscheint. Vielmehr ist es Pflicht der Behörde, einen allenfalls unwilligen Zeugen zum Erscheinen und zur Aussage zu zwingen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Mai 1994, Zl. 94/02/0030).
Für die Unterlassung der Einvernahme des Zeugen SM führt die belangte Behörde außer der Erklärung, diese Einvernahme sei nicht "erforderlich" und sie "verzichte" auf seine Aussagen, keine Gründe ins Treffen.
Dem Beschwerdeführer ist daher zuzubilligen, daß das Unterlassen dieser Zeugeneinvernahme eine Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde begründet. Mit dem Hinweis darauf, daß die namhaft gemachten Zeugen "für den Standpunkt sprechen, daß es sich um eine dem Wesen der Ehe entsprechende Lebensgemeinschaft handle", zeigt er mit hinreichender Deutlichkeit die Relevanz dieses Verfahrensmangels auf.
Hinzuweisen ist im übrigen darauf, daß es die belangte Behörde auch unterließ, sich in ihrer Beweiswürdigung mit den zugunsten des Beschwerdeführers sprechenden Teilen der Aussage des Zeugen H (Ortsabwesenheit dieses Zeugen von Mai bis Oktober, vgl. Bl. 152 des Verwaltungsaktes) und des Zeugen Mag. J (welcher sich zu erinnern glaubt, den Beschwerdeführer schon einmal im Haus seiner Ehegattin gesehen zu haben, vgl. Bl. 158 des Verwaltungsaktes) überhaupt auseinanderzusetzen.
Da nicht auszuschließen ist, daß die belangte Behörde bei Vermeidung dieser Verfahrensfehler zu einem anderen Bescheid gelangt wäre, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Kosten aus dem Titel der Umsatzsteuer können neben dem Pauschalbetrag für den Ersatz des Schriftsatzaufwandes nicht zugesprochen werden (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 687, wiedergegebene Judikatur).
Schlagworte
Ablehnung eines BeweismittelsEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997191473.X00Im RIS seit
20.11.2000