TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/19 W235 2193639-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.11.2019
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Entscheidungsdatum

19.11.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W235 2193639-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Pakistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.03.2018, Zl. 1070843800-150559159, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3 und 57 AsylG, § 9 BFA-VG, §§ 46, 52 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Pakistan, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 26.05.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Im Rahmen seiner Erstbefragung am 27.05.2015 gab er vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu seiner Person an, dass er aus XXXX stamme. Er spreche neben Urdu auch Pashtu und Englisch. Ferner sei er ein Angehöriger der Volksgruppe der Pashtunen sowie der schiitischen Glaubensrichtung des Islam. Im Herkunftsstaat würden noch seine Eltern sowie seine drei Brüder leben. Den Entschluss zur Ausreise habe er vor ca. drei Monaten gefasst. Vor ca. einem Monat sei er legal mit einem von der iranischen Botschaft in XXXX ausgestellten Visum von XXXX aus mit dem Flugzeug in den Iran gereist. In der Folge sei er schlepperunterstützt über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien und Ungarn nach Österreich gelangt.

Zu seinen Fluchtgründen führte der Beschwerdeführer aus, in seiner Heimatstadt würden Schiiten von den Taliban umgebracht werden. Dieser Krieg zwischen den Schiiten und den Taliban bestehe seit mehreren Jahren. Weiters gebe es in seiner Heimatregion ständig Bombenanschläge. Die Sicherheitslage sei sehr schlecht.

1.3. Am 15.02.2018 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl unter Beiziehung eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Pashtu einvernommen, wobei er zu seiner Person angab, er habe zwölf Jahre die Grundschule besucht. Vor seiner Ausreise habe er nie gearbeitet. Er habe nur gelegentlich seinem Vater am Bau geholfen. Zwei seiner Brüder würden in Pakistan leben, der dritte Bruder sei im Oman. Die finanzielle Situation seiner Familie sei mittelmäßig. Sie hätten eine Eigentumswohnung bzw. ein Haus mit sechs Zimmern gehabt. Ihr landwirtschaftliches Grundstück mit einer Fläche von 4000 m² hätten sie verpachtet. Alle seine Verwandten würden der Volksgruppe der Pashtunen sowie der Glaubensgemeinschaft der Schiiten angehören. Im Herkunftsstaat habe er immer im Haus seiner Familie gelebt. In Pakistan sei er nicht vorbestraft, sei nie vor Gericht gestanden und auch nie inhaftiert worden. Mit den Behörden des Herkunftsstaates habe er keine Probleme gehabt und es gebe keine Fahndungsmaßnahmen gegen ihn. Er sei weder Mitglied einer politischen Partei noch sei er sonst politisch aktiv gewesen. Mitglied einer Organisation oder eines sonstigen Vereins sei er ebenso wenig. In Pakistan habe er aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit, nicht jedoch aufgrund seines Religionsbekenntnisses Probleme gehabt. Schwierigkeiten mit Privatpersonen habe er nicht gehabt und er habe auch nicht an bewaffneten oder gewalttätigen Auseinandersetzungen teilgenommen.

Zu seinen Fluchtgründen führte der Beschwerdeführer aus, bis zum Jahr 2006 hätten in seiner Region Sunniten und Schiiten normal zusammengelebt. Dann seien jedoch die Taliban in diesem Gebiet mächtig geworden. Seine sunnitischen Freunde hätten sich den Taliban angeschlossen. Sie hätten versucht, ihn vom schiitischen zum sunnitischen Glauben zu bekehren, dies habe der Beschwerdeführer jedoch nicht gewollt. Ihr Clan heiße XXXX und sei vor langer Zeit auch sunnitisch gewesen. Daher hätte auch er sich wieder zum sunnitischen Glauben bekennen sollen. Seine Freunde hätten sich von ihm distanziert. Vor dem Jahr 2006 hätten sie noch gemeinsam Fußball gespielt. Es sei ein Krieg zwischen Sunniten und Schiiten entstanden, den die Sunniten verloren hätten und mit den Taliban das Heimatgebiet des Beschwerdeführers verlassen müssen. Danach hätten ihm seine drei besten Freunde telefonisch angedroht, sie würden ihn umbringen. Die Drohung habe er nicht ernst genommen. Als er am XXXX 2014 seine Mutter ins Krankenhaus nach XXXX gebracht habe, habe er dort in einem Hotel übernachtet und sei von diesen Leuten angegriffen worden. Der Beschwerdeführer habe geschrien und andere Leute hätten ihm geholfen, sodass er nicht verletzt worden sei. Jene drei Freunde, die ihn telefonisch bedroht hätten, hätten ihn auch attackiert. Nach drei Tagen in XXXX sei er mit seiner Mutter wieder nachhause gefahren. Im Dezember 2014 hätten seine Eltern entschieden, dass er ins Ausland gehen müsse, da sie um sein Leben fürchten würden. Andere Gründe für seine Flucht gebe es nicht. Im Fall seiner Rückkehr fürchte er, dass er umgebracht werde.

Nach erfolgter Rückkehrübersetzung bestätigte der Beschwerdeführer, dass seine Angaben richtig und vollständig seien. Die Frage, ob er bei den Problemen betreffend die Volksgruppenzugehörigkeit seinen Fluchtgrund gemeint habe, bejahte er daraufhin. Auf Nachfrage, ob auch andere Personen bedroht worden seien, gab er an, nur er persönlich sei betroffen gewesen. Die Stadt, in der er gewohnt habe, habe 50.000 bis 60.000 Einwohner. Die Freunde hätten gerade ihn umbringen wollen, da sie seit der Kindheit zusammen gewesen seien und sie gewusst hätten, wo er gewohnt habe. Sie hätten seine Weigerung, Sunnit zu werden, nicht akzeptiert. Von den anderen Schiiten habe es keine Unterstützung gegeben, da sie sich diese nicht einmal selbst schützen hätten können. Die Sunniten würden Selbstmordattentate machen und die Schiiten seien überall in Gefahr.

Zu den konkreten Verfolgungshandlungen gab der Beschwerdeführer an, er sei im Zeitraum von 2007 bis 2012 insgesamt dreimal telefonisch bedroht worden. Aus seinen besten Freunden seien Feinde geworden. Sie hätten sich am Telefon auch bei ihm vorgestellt. Der Überfall in XXXX habe am XXXX 2014 um ca. 17.00 bis 18.00 Uhr im Stadtteil XXXX stattgefunden. Seine Freunde hätten seinen Aufenthaltsort gekannt, da die Taliban überall Kontakte hätten. Konkret sei er am XXXX 2014 nach XXXX gereist, seine Mutter sei im Krankenhaus gewesen und dann habe er sie ins Hotel gebracht. Daraufhin habe er einkaufen gehen wollen. Der Beschwerdeführer sei bereits mehrmals in diesem Hotel gewesen. Auf die Frage, warum die Taliban nach ihm suchen sollten, führte er aus, seine Freunde seien Taliban geworden und hätten gewollt, dass er Sunnit werde. Beim Übergriff sei er vor einem Hühnergrill gestanden. Plötzlich seien die drei Männer dagewesen und hätten ihn festnehmen wollen. Er habe geschrien, dann seien mehrere Leute gekommen und er habe flüchten können. Vom Hotelzimmer aus habe er dann seinen Vater kontaktiert. Drei Tage sei er dortgeblieben und habe das Hotelzimmer nicht verlassen. Die Männer hätten nicht versucht, ihn im Hotelzimmer zu finden.

Zu seinem Aufenthalt in Österreich gab der Beschwerdeführer an, er lebe mit niemanden zusammen und habe auch keine Verwandten im Bundesgebiet. Private Interessen, wie etwa Grundstücke, Firmen oder Aktien habe er in Österreich nicht. Er spiele Fußball in einem Verein in XXXX im XXXX , habe die A2 Prüfung in Deutsch abgelegt und den Führerschein der Klassen A und B gemacht. Aktuell sei er nicht berufstätig, sondern beziehe Leistungen aus der Grundversorgung. Von einem Gericht verurteilt oder mit einem Aufenthaltsverbot sei er nie belegt worden. In Österreich wolle er auf eigenen Beinen stehen und ein Geschäft mit asiatischen Lebensmitteln eröffnen.

Abschließend wurde dem Beschwerdeführer die Niederschrift rückübersetzt.

Im Zuge seiner Einvernahme legte der Beschwerdeführer folgende verfahrensrelevante Dokumente vor:

* ÖSD Zertifikat A2 vom XXXX .04.2017 und

* Unterstützungsschreiben vom XXXX .02.2018, unterfertigt von XXXX sowie weiteren Personen, in welchem ausgeführt wird, dass der Beschwerdeführer in Pfarrkirchen untergebracht sei und schon oft auf einem Biohof geholfen habe sowie auch andere Personen unterstützt habe; ferner sei er gut integriert und bringe anderen Personen manchmal selbstgemachte Schokolade und heimischen Tee

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.03.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde der Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Pakistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ferner wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Unter Spruchpunkt VI. wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

In seiner Begründung hielt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl fest, dass die Identität des Beschwerdeführers nicht feststehe. Er sei pakistanischer Staatsangehöriger, gehöre der Volksgruppe der Pashtunen an und sei schiitischer Muslim. Der Beschwerdeführer sei gesund, ledig, arbeitsfähig und habe keine Kinder. Im Herkunftsstaat sei er nicht vorbestraft und werde von keiner Behörde gesucht. Er habe auch sonst keine Probleme mit den pakistanischen Behörden gehabt. Es könne nicht festgestellt werden, dass er als Schiit einer staatlichen Diskriminierung unterworfen wäre. Im Herkunftsstaat werde er weder aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder einer Volksgruppe noch aufgrund seiner politischen Gesinnung von staatlicher Seite verfolgt. Eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung nach Pakistan würde für ihn keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen. Im Fall der Rückkehr wäre der Beschwerdeführer in der Lage, sich notfalls mit Hilfstätigkeiten ein ausreichendes Einkommen zu sichern, und würde daher nicht in eine hoffnungslose Lage geraten. In Österreich habe er keine Familienmitglieder. Der Beschwerdeführer beziehe staatliche Unterstützung und lebe seit der Aufnahme in die Grundversorgung in einem Flüchtlingsheim. Er verfüge über Deutschkenntnisse auf dem Sprachniveau A2 und habe eine soziale Bindung zur Familie XXXX . Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf auf den Seiten 13 bis 128 des angefochtenen Bescheides unter Anführung von Quellen Länderfeststellungen zur Lage in Pakistan.

Der Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid ist zu entnehmen, dass die Identität des Beschwerdeführers mangels Vorlage von amtlichen Dokumenten nicht feststehe. Die Feststellungen zur Volksgruppenzugehörigkeit, zur Staatsangehörigkeit, zur Religion, zum Familienstand, zur Herkunft, zu den Sprachkenntnissen, zum Gesundheitszustand und zur Erwerbsfähigkeit würden auf seinen dahingehend glaubhaften Angaben beruhen. Zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates wurde ausgeführt, dass die diesbezüglichen Schilderungen des Beschwerdeführers vage, oberflächlich und teilweise widersprüchlich seien. Seinen Behauptungen habe es oft an Plausibilität gefehlt. Selbst den Kern seiner Fluchtgeschichte habe er nicht gleichbleibend geschildert. Während der Beschwerdeführer in der Erstbefragung zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates ausgeführt habe, dass seit mehreren Jahren Krieg zwischen den Taliban und den Schiiten in seiner Herkunftsregion herrsche und er als Schiit Angst habe, von den Taliban aufgrund seiner Religionszugehörigkeit verfolgt zu werden, brachte er vor dem Bundesamt erstmals vor, er habe Pakistan aufgrund der Bedrohung durch drei ehemalige Freunde verlassen. Auf die Frage, welches Ereignis letztendlich für seine Flucht ausschlaggebend gewesen sei, habe er den Vorfall am XXXX 2014 in XXXX genannt. Hierdurch habe sein Fluchtvorbringen eine wesentliche Steigerung erfahren. Ferner seien seine Angaben vage und widersprüchlich gewesen. Zunächst habe er angegeben, seine Freunde hätten ihn bedroht. Dabei habe der Beschwerdeführer weder den Zeitraum, noch die Häufigkeit der Vorfälle eingegrenzt. In weiterer Folge habe er sich auf einen Vorfall in XXXX gestützt. Auf konkrete Nachfrage habe er nur vage und wenig substanziiert vorgebracht, er sei im Zeitraum 2007 bis 2012 insgesamt dreimal telefonisch bedroht worden. Hinzu trete, dass der Beschwerdeführer zunächst angeführt habe, diese Personen hätten seine Adresse gekannt, da sie bereits seit seiner Kindheit mit ihm befreundet gewesen seien. Demgegenüber habe er in weiterer Folge jedoch behauptet, dass er den Herkunftsstaat ausgehend von seiner Wohnadresse in XXXX verlassen habe und mit einem Visum, welches ihm in XXXX ausgestellt worden sei, in den Iran gereist sei. Nicht nachvollziehbar sei überdies, warum drei Personen, die den Beschwerdeführer im Zeitraum 2007 bis 2012 dreimal bedroht hätten, ihn zwei Jahre später umbringen hätten wollen. Vielmehr wäre davon auszugehen, dass Täter mit einer solchen Absicht bereits in den Jahren zuvor in der Nähe seiner Wohnadresse gezielt gegen den Beschwerdeführer vorgegangen wären. Ausgehend von den Angaben des Beschwerdeführers in der Erstbefragung, wonach er ungefähr "vor einem Monat", sohin Ende April 2015, ausgereist sei, habe der Beschwerdeführer nach dem Vorfall im Dezember 2014 noch weitere fünf Monate an seiner bisherigen Adresse gelebt. Folglich könne nicht davon ausgegangen werden, dass er tatsächlich einen Angriff durch die von ihm erwähnten Personen gefürchtet hätte. Nicht nachvollziehbar sei zudem, dass der Beschwerdeführer in der Erstbefragung angegeben habe, vor drei Monaten den Entschluss zur Ausreise gefasst zu haben, während er vor dem Bundesamt behauptet habe, seine Eltern hätten diese Entscheidung für ihn nach dem Vorfall am XXXX 2014 getroffen. Insgesamt sei sein Vorbringen aufgrund seiner vagen Ausführungen sowie aufgrund der Steigerung seines Vorbringens nicht glaubhaft. Aus den Länderberichten ergebe sich im Übrigen keine systematische Diskriminierung von Schiiten, selbst wenn die Bemühungen der pakistanischen Behörden zum Schutz dieser Religionsgemeinschaft nicht immer erfolgreich seien. Eine reale Gefahr der Verfolgung im Herkunftsstaat bloß aufgrund der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz in Europa bestehe für den Beschwerdeführer nicht. Hinsichtlich der Feststellungen zur Situation des Beschwerdeführers im Fall seiner Rückkehr wurde beweiswürdigend festgehalten, dass es ihm als gesunden, jungen Mann zumutbar sei, im Fall einer Rückkehr einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, zumal er auch selbst angeführt habe, mit seinem Vater bereits öfter auf der Baustelle tätig gewesen zu sein. Aufgrund seiner Angaben, wonach sein Vater für seine Flucht Kosten in Höhe von € 10.000,00, sohin das Siebenfache eines durchschnittlichen pakistanischen Jahreseinkommens, bestritten habe, sei auch davon auszugehen, dass seine Familie in der Lage sei, ihn finanziell zu unterstützen. Überdies sei es ihm auch möglich, Rückkehrunterstützung in Anspruch zu nehmen. Die Feststellungen zu seinem Privat- und Familienleben würden sich im Übrigen aus dem Akteninhalt ergeben. Die Feststellungen zur Lage in Pakistan würden auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes basieren.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage gewesen sei, eine asylrelevante Verfolgung aus einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe glaubhaft darzulegen. Im Übrigen seien die von ihm geschilderten Verfolgungshandlungen dem pakistanischen Staat nicht zurechenbar. Selbst bei Wahrunterstellung des Fluchtvorbringens stünde dem arbeitsfähigen Beschwerdeführer eine innerstaatliche Fluchtalternative offen. Zu Spruchpunkt II. wurde zusammengefasst ausgeführt, im Fall des Beschwerdeführers könne aufgrund seines Alters, seiner Volksgruppe, seiner Schulbildung sowie seiner familiären Anknüpfungspunkte nicht angenommen werden, dass er im Fall seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat in eine ausweglose Lage geriete. Exzeptionelle Umstände, aufgrund welcher ein Abschiebhindernis im Sinne des Art. 3 EMRK iVm § 8 Abs. 1 AsylG vorliege, habe er nicht glaubhaft gemacht. Eine allgemeine existenzbedrohende Notlage, wie eine Hungersnot oder eine Naturkatastrophe, liege ebenso wenig vor. Zu Spruchpunkt III. führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass die Voraussetzungen des § 57 AsylG nicht erfüllt seien. Eine Rückkehrentscheidung nach § 9 Abs. 1 bis Abs. 3 BFA-VG sei zulässig. Konkret berücksichtigte die Behörde zu Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides, dass der Beschwerdeführer in Österreich keine Angehörigen habe. Zu Gunsten des Beschwerdeführers würden seine Deutschkenntnisse auf dem Sprachniveau A2, der in Österreich erlangte Führerschein sowie die Beziehungen zur Familie XXXX berücksichtigt. Allerdings sei dem Beschwerdeführer die Unsicherheit seines Aufenthalts bewusst gewesen und halte er sich erst seit relativ kurzer Zeit in Österreich auf. Ferner habe sich sein Aufenthaltsrecht lediglich auf einen im Ergebnis unbegründeten Asylantrag gestützt. Im Zuge der Interessensabwägung kam die Behörde sohin zum Ergebnis, dass den öffentlichen Interessen an der Rückkehrentscheidung ein größeres Gewicht zukomme als dem Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet. Weiters wurde zu Spruchpunkt V. festgehalten, dass sich aus den bisherigen Erwägungen keine Gefährdung des Beschwerdeführers im Sinne des § 50 Abs. 1 und Abs. 2 FPG ergebe, eine vorläufige Maßnahme im Sinne des § 50 Abs. 3 FPG vom EGMR im konkreten Fall nicht empfohlen worden sei und sohin eine Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Zu Spruchpunkt VI. wurde ausgeführt, dass im Fall des Beschwerdeführers keine besonderen Umstände im Sinne des § 55 FPG festgestellt werden hätten können, weshalb er zur freiwilligen Ausreise binnen 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung verpflichtet sei.

Mit Verfahrensanordnung vom 03.04.2018 wurde dem Beschwerdeführer von Amtswegen ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer im Wege seiner ausgewiesenen Vertretung fristgerecht am 23.04.2018 Beschwerde und beantragte unter anderem die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung. Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges sowie des wesentlichen Vorbringens ausgeführt, dass die Behörde angenommen habe, die in der Erstbefragung genannten Fluchtgründe seien in der Einvernahme vor dem Bundesamt gesteigert worden. Dem sei zu entgegnen, dass die Erstbefragung der Ermittlung der Identität und der Reiseroute diene und daher nur kurzgehalten werde. Ein Widerspruch zwischen seinen Angaben in der Erstbefragung und in der Einvernahme vor dem Bundesamt liege jedenfalls nicht vor, da er bereits vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes angegeben habe, er sei Schiit und habe Angst, dass ihn die Taliban aufgrund seiner religiösen Zugehörigkeit verfolgen würden. Vor dem Bundesamt habe er dieses Vorbringen lediglich detaillierter wiederholt. Auch seine übrigen Ausführungen in der Erstbefragung würden seinen weiteren Schilderungen vor dem Bundesamt nicht widersprechen und habe er sohin den Kern seiner Fluchtgeschichte gleichbleibend geschildert. Zum Vorhalt, seine Angaben seien nicht detailliert gewesen, sei auszuführen, dass er von seinen Erlebnissen insoweit berichtet habe, als es ihm wichtig erschienen sei. Sollten Antworten ausgeblieben sein, so sei der Beschwerdeführer jederzeit bereit, detailliertere Antworten zu geben. Da seit der geschilderten Bedrohung bereits viel Zeit vergangen sei, sei es ihm auch nachzusehen, wenn er sich nicht mehr an alle Details erinnern könne. In Anbetracht des Umstandes, dass er die Verfolger persönlich gekannt habe, sei es auch nicht verwunderlich, dass sich ihm diese am Telefon vorgestellt hätten. Der Beschwerdeführer habe im Herkunftsstaat grundsätzlich ein gutes Leben geführt, während es für ihn in Österreich ohne Familie nicht leicht sei. Ohne die geschilderten Probleme hätte es für ihn keinen Grund gegeben, seinen Herkunftsstaat zu verlassen. Die Behörde habe sich im Übrigen mit seinem Vorbringen nicht ausreichend auseinandergesetzt, zumal sie auf Seite 144 des angefochtenen Bescheids ausführe, dem Beschwerdeführer stehe es selbst bei Wahrunterstellung des behaupteten Grundstücksstreits offen, sich in einem anderen Teil Pakistans niederzulassen. Einen Grundstücksstreit habe der Beschwerdeführer jedoch mit keinem Wort erwähnt. Bei ordnungsgemäßer Würdigung der vorliegenden Beweise hätte ihm die Behörde den Status des Asylberechtigten, in eventu den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkennen müssen. Abschließend wurde auf die positive Integration des Beschwerdeführers hingewiesen.

4.1. Mit Verfahrensanordnung vom 12.09.2019 wurde dem Beschwerdeführer vom Bundesverwaltungsgericht binnen einer Frist von drei Wochen aufgetragen, zum Länderinformationsblatt Pakistan vom 16.05.2019 mit letzter Kurzinformation vom 09.08.2019 Stellung zu nehmen, neue Flucht- oder Verfolgungsgründe unter Nennung und Vorlage von Beweismitteln darzutun, sämtliche sonstige Beweismittel vorzulegen sowie folgende Informationen bekanntzugeben:

1. Befinden sich enge Familienangehörige im Bundesgebiet?

2. Sprechen Sie deutsch und wenn ja, wie gut?

3. Haben Sie Arbeit in Österreich bzw. waren Sie jemals in Österreich selbsterhaltungsfähig und nicht von Leistungen des österreichischen Staates abhängig?

4. Wie finanzieren Sie Ihren Lebensunterhalt in Österreich?

5. Haben Sie in Österreich jemals Kurse, Vereine, eine Schule oder eine Universität besucht?

6. Haben Sie einen Freundeskreis oder bisher nicht genannte Verwandte in Österreich?

7. Sind Sie legal in das Bundesgebiet eingereist?

8. Hatten Sie jemals ein nicht auf das Asylverfahren gegründetes Aufenthaltsrecht in Österreich?

9. Wurden Sie in Österreich jemals von einem Gericht verurteilt oder mit einem Aufenthaltsverbot oder einer Ausweisung belegt?

10. Haben Sie eine andere, besondere Bindung an Österreich?

Die Verfahrensanordnung wurde der ausgewiesenen Vertretung des Beschwerdeführers am 12.09.2019 zugestellt.

4.2. Mit Schriftsatz vom 16.10.2019 brachte der Beschwerdeführer im Wege seiner ausgewiesenen Vertretung vor, die Stellungnahme habe nicht fristgerecht eingebracht werden können, da der Beschwerdeführer nicht erreichbar gewesen sei. Es werde jedoch ersucht, die vorgelegten Unterlagen und die Stellungnahme zu berücksichtigen. Hinsichtlich seines Privat- und Familienlebens wurde vorgebracht, er habe keine Familienangehörigen in Österreich. Der Beschwerdeführer spreche Deutsch auf dem Sprachniveau B1. Seit Anfang Oktober sei er selbstständig tätig. Er habe ein freies Gewerbe für Zustellung angemeldet und arbeite als Zusteller für ein indisches Restaurant. Durch diese Tätigkeit erziele er monatlich ein Einkommen in der Höhe von ca. € 1.200,00. Leistungen aus der Grundversorgung beziehe er nicht mehr. Er wohne privat in einer Mietwohnung. In Österreich habe er viele einheimische Freunde, beispielsweise XXXX und XXXX sowie XXXX . Der Beschwerdeführer sei unrechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist. Ein nicht auf das Asylverfahren gegründetes Aufenthaltsrecht sei ihm in Österreich nie zugekommen. Er sei unbescholten und habe keine andere, besondere Bindung an Österreich. Abschließend wurde ersucht, aufgrund der Sicherheitslage in Pakistan eine über die allgemein gehaltenen Länderfeststellungen hinausgehende Einzelfallprüfung vorzunehmen.

Beiliegend wurden unter anderem folgende verfahrensrelevante Dokumente (in Kopie) in Vorlage gebracht:

* Mietvertrag lautend auf den Beschwerdeführer als Mieter, abgeschlossen am XXXX .08.2018, über ein Bestandsobjekt mit 31 m² mit einem vereinbarten Mietzins in der Höhe von € 231,00 zuzüglich €

89,00 an Betriebskosten;

* Auszug aus dem Gewerbeinformationssystem vom XXXX .10.2018, aus welchem hervorgeht, dass der Beschwerdeführer das freie Gewerbe "Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt" angemeldet hat;

* Wiederbetriebsmeldung, ausgestellt von der Wirtschaftskammer XXXX , aus welcher hervorgeht, dass der Beschwerdeführer gemäß § 93 GewO am XXXX .10.2019 die Wiederaufnahme der seit XXXX .10.2018 ruhend gemeldeten Gewerbeausübung angezeigt hat;

* ÖSD Sprachzertifikat B1 vom XXXX .03.2018 und

* Bestätigung über die Teilnahme an der Unterweisung "Lebensrettende Sofortmaßnahmen am Ort des Verkehrsunfalls" durch den XXXX vom XXXX .03.2017

4.3. Am 04.11.2019 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein weiteres Empfehlungsschreiben der Familie XXXX vom XXXX .10.2019 sowie ein undatiertes Schreiben, demzufolge vier Personen dem Beschwerdeführer Geld für die Führerscheinausbildung geliehen haben, ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

1.1.1. Der Beschwerdeführer ist ein pakistanischer Staatsangehöriger, Zugehöriger der Volksgruppe der Pashtunen und bekennt sich zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam. Er stammt aus XXXX in der pakistanischen Provinz Khyber Pakhtunkhwa, Distrikt

XXXX .

Im Jahr 2015 reiste er zunächst mit einem Visum legal in den Iran ein. Von dort gelangte er schlepperunterstützt über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien und Ungarn nach Österreich. Am 26.05.2015 stellte er nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

1.1.2. Nicht als Sachverhalt zugrunde gelegt werden sämtliche Angaben des Beschwerdeführers zur behaupteten Bedrohungssituation in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan. Es wird nicht festgestellt, dass der Beschwerdeführer einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt ist, die dem pakistanischen Staat zurechenbar ist. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer von drei ehemaligen Freunden, welche sich den Taliban angeschlossen hatten, bedroht wurde, nachdem er sich geweigert hatte, sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam zu bekennen. Der Beschwerdeführer hat mit seinem Vorbringen keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft gemacht.

Nicht festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr nach Pakistan aus Gründen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Pashtunen und/oder der Zugehörigkeit zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt wäre. Ebenso wenig wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Pakistan aus sonstigen, in seiner Person gelegenen Gründen (etwa wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung) einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt wäre. Auch eine drohende asylrelevante Verfolgung aus anderen Gründen ist nicht hervorgekommen und zwar weder aufgrund des Vorbringens des Beschwerdeführers noch aus amtswegiger Wahrnehmung.

1.1.3. Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer gesund ist. Der Beschwerdeführer leidet weder an einer körperlichen noch an einer psychischen Krankheit.

Der Beschwerdeführer verfügt über eine gesicherte Existenzgrundlage in Pakistan. Er verfügt über eine mehrjährige Schulbildung und spricht neben Urdu auch Pashtu und Englisch. Berufserfahrung sammelte er in Pakistan, indem er seinem Vater als Arbeiter auf Baustellen aushalf. Im Herkunftsstaat leben nach wie vor seine Eltern sowie zwei seiner Brüder. Der dritte Bruder des Beschwerdeführers wohnt im Oman. Vor seiner Ausreise lebte der Beschwerdeführer im Haus seiner Familie. Neben dem Haus verfügt seine Familie überdies über landwirtschaftliche Grundstücke mit einer Fläche von insgesamt 4.000 m², welche sie verpachtet. Der gesunde Beschwerdeführer ist sohin jung, ledig ohne Obsorgeverpflichtungen, erwerbsfähig und verfügt über Berufserfahrung sowie über familiäre und soziale Anknüpfungspunkte in Pakistan. Folglich wird festgestellt, dass er im Fall seiner Rückkehr nach Pakistan nicht in eine existenzgefährdende Lage geraten würde.

1.1.4. Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten. Er lebt seit Antragstellung am 26.05.2015 auf der Grundlage einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz in Österreich. Ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht ist nicht ersichtlich. Der Beschwerdeführer hat das freie Gewerbe "Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt" angemeldet, ist jedoch nicht in der Lage, seinen Lebensunterhalt durch die Ausübung einer rechtmäßigen Erwerbstätigkeit zu bestreiten, sondern bezieht Leistungen aus der Grundversorgung. Die Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers entsprechen dem Sprachniveau B1. Ferner hat er in Österreich eine Lenkberechtigung für die Führerscheinklassen A und B erlangt. Im Zuge dessen hat er auch an einer Unterweisung in "Lebensrettende Sofortmaßnahmen am Ort des Verkehrsunfalls", organisiert vom XXXX , teilgenommen. Sonstige Aus- bzw. Weiterbildungen hat er in Österreich nicht absolviert. Der Beschwerdeführer hat sich in Österreich einen Bekannten- und Freundeskreis aufgebaut und hat seine Freunde unter anderem durch seine Mithilfe auf einem Bauernhof unterstützt. Er lebt aktuell alleine in einer Mietwohnung. Der Beschwerdeführer hat im Verein XXXX im XXXX Fußball gespielt. Aktuell ist er in keinem Verein oder einer sonstigen Organisation aktiv. Über verwandtschaftliche Beziehungen zu einem österreichischen Staatsangehörigen oder zu einem dauerhaft aufenthaltsberechtigten Fremden verfügt er nicht. Hinweise auf eine besonders ausgeprägte und verfestigte Integration hinsichtlich des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers in Österreich, insbesondere in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht, liegen nicht vor.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor. Es konnten keine Umstände festgestellt werden, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Pakistan gemäß § 46 FPG unzulässig wäre.

1.2. Zur Lage in Pakistan:

1.2.1. Neueste Ereignisse:

1.2.1.1. Integrierte Kurzinformation vom 9.8.2019: Aufhebung Sonderstatus für Jammu und Kaschmir:

Indien hat am 5.8.2019 den in der Verfassung festgelegten Sonderstatus (ZO 6.8.2019) der mehrheitlich muslimischen Region (FAZ 6.8.2019) des indischen Teils von Kaschmir per Dekret beendet (ZO 6.8.2019). Unmittelbar darauf hat das Parlament in Delhi die Aufhebung jenes Artikels 370 der indischen Verfassung beschlossen (FAZ 7.8.2019), welcher Jammu und Kaschmir einen Sonderstatus einräumt und vorgeschlagen, den Staat in zwei Unionsterritorien, nämlich Jammu und Kaschmir sowie Ladakh aufzuteilen (IT 6.8.2019).

Der Artikel 370 gewährt der Region eine gewisse Autonomie, wie eine eigene Verfassung, eine eigene Flagge und die Freiheit, Gesetze (BBC 6.8.2019) mit Ausnahme zu Belangen der Außenwie auch der Verteidigungspolitik (DS 7.8.2019) zu erlassen. Dies stellte einen Kompromiss zwischen der zu großen Teilen muslimischen Bevölkerung und der hinduistischen Führung in NeuDelhi dar (ARTE 7.8.2019).

Neben dem Artikel 370 wurde auch der Artikel 35A aufgehoben, welcher dem lokalen Parlament erlaubte festzulegen, wer Bürger des Teilstaats ist und wer dort Land besitzen und Regierungsämter ausüben kann (NZZ 5.8.2019).

Die auch in Indien umstrittene Aufhebung der Autonomierechte befeuert die Spannungen in der Region. Kritiker befürchten, dass die hindu-nationalistische Ministerpräsident Narendra Modi und seine Regierung eine "Hinduisierung" des Gebiets anstreben (TNYT 6.8.2019).

Damit Unruhen verhindert werden, haben die indischen Behörden sämtliche Kommunikationskanäle unterbrochen, zusätzlich 10.000 Soldaten (SO 4.8.2019) in die hoch militarisierte Region entsendet (ARTE 7.8.2019) und führende Regionalpolitiker wurden unter Hausarrest gestellt (FAZ 7.8.2019), Medienberichten zufolge wurden bei Razzien im Bundesstaat Jammu und Kashmir mittlerweile mehr als 500 Personen festgenommen (HP 8.8.2019).

Pakistan, das ebenfalls Anspruch auf die gesamte Region erhebt (ORF 5.8.2019), verurteilt den Schritt als illegal und richtet durch das pakistanische Militär eine klare Drohung an Indien und kündigt an, den UN-Sicherheitsrat anzurufen (ZO 6.8.2019). Der pakistanische Regierungschef Khan warnt vor den verheerenden Folgen, die eine militärische Auseinandersetzung haben könnte (FAZ 7.8.2019).

Kritik an dem Schritt der indischen Regierung kommt auch aus Peking (FAZ 6.8.2019). Chinas Außenminister Hua Chunying hat den Schritt Indiens zur Abschaffung des Sonderstatus Kaschmirs als "nicht akzeptabel" und "nicht bindend" bezeichnet (SCMP 7.8.2019).

Es gibt vereinzelte Berichte über kleinere Aktionen des Wiederstandes gegen das Vorgehen der Sicherheitskräfte, welche jedoch offiziell nicht bestätigt worden sind (BBC 7.8.2019).

Anmerkung:

Zuletzt drohte die Situation im Februar 2019 zu eskalieren, nachdem bei einem Selbstmordanschlag dutzende Polizisten in der Region und Hindu-Nationalisten die Bewohner Kaschmirs für das Attentat verantwortlich gemacht haben (ARTE 7.8.2019).

Die Krise zwischen Indien und Pakistan spitzte sich daraufhin derart zu, dass es zu gegenseitigen Luftschlägen gekommen war [siehe KI vom 20.2.2019].

Quellen:

* ARTE - (7.8.2019): Kaschmir: Eskaliert der Konflikt zwischen Indien und Pakistan erneut?

https://www.arte.tv/de/articles/kaschmir-eskaliert-der-konflikt-zwischen-indien-und-pakistanerneut, Zugriff 8.8.2019;

* BBC - British Broadcasting Corporation (6.8.2019): Article 370:

What happened with Kashmir and why it matters, https://www.bbc.com/news/world-asia-india-49234708, Zugriff 7.8.2019;

* BBC - British Broadcasting Corporation (7.8.2019): Article 370:

Kashmiris express anger at loss of special status, https://www.bbc.com/news/world-asia-india-49261322, Zugriff 8.8.2019;

* DS - Der Standard (7.8.2019): Kaschmir-Konflikt: Pakistan weist indische Diplomaten aus,

https://www.derstandard.at/story/2000107163187/pakistan-weist-indische-diplomaten-austoter-bei-protesten-in-srinagar, Zugriff 8.8.2019;

* FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (7.8.2019): Warnungen aus Islamabad,

https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/kaschmir-konflikt-warnungen-aus-islamabad16321737.html, Zugriff 8.8.2019;

* HP - Huffpost (8.8.2019): India Arrests Over 500 In Kashmir As Pakistan Suspends Railway Service, https://www.huffpost.com/entry/india-arrests-over-500-in-kashmir-as-pakistansuspends-railway-service_n_5d4c19a7e4b09e729742389e?guccounter=1, Zugriff 9.8.2019;

* IT - India Today (6.8.2019): Article 370: China says opposed to Ladakh as Union Territory,

https://www.indiatoday.in/india/story/china-reaction-jammu-kashmir-article-370-1577915-201908-06, Zugriff 7.8.2019;

* NZZ - Neue Züricher Zeitung (5.8.2019): Indien hebt den Autonomiestatus Kaschmirs auf und riskiert, die Spannungen in der Region drastisch zu verschärfen, https://www.nzz.ch/international/kaschmir-indien-provoziert-mit-der-aufhebung-dessonderstatus-ld.1499966, Zugriff 9.8.2019;

* ORF - Österreichischer Rundfunk (5.8.2019): Indien streicht Kaschmirs Sonderstatus, https://orf.at/stories/3132670/, Zugriff 5.8.2019;

* SCMP - South China Morning Post (7.8.2019): China calls India's move to scrap Kashmir's special status 'not acceptable' and not binding,

https://www.scmp.com/news/china/diplomacy/article/3021712/china-calls-indias-move-scrapkashmirs-special-status-not, Zugriff 7.8.2019;

* SO - Spiegel Online (4.8.2019): Pakistan bittet Trump um Vermittlung,

https://www.spiegel.de/politik/ausland/kaschmir-nach-terrorwarnung-verlassen-tausende-dasgebiet-a-1280384.html, Zugriff 6.8.2019;

* TNYT - The New York Times (6.8.2019): In Kashmir Move, Critics Say, Modi Is Trying to Make India a Hindu Nation, https://www.nytimes.com/2019/08/06/world/asia/ jammu-kashmirindia.html, Zugriff 7.8.2019 und

* ZO - Zeit Online (7.8.2019): Pakistan weist indischen Botschafter aus,

https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-08/kaschmir-konflikt-pakistan-indischer-botschafterausweisung-hasan, Zugriff 8.8.2019

1.2.1.2. Integrierte Kurzinformation vom 28.5.2019: Nord-Wasiristan:

drei Tote bei Zusammenstößen zwischen Militär und PTM:

Während einer Demonstration der Pashtun Tahafuz Movement (PTM) kam es bei einem Kontrollpunkt in Boya, im Stammesdistrikt (Tribal District) Nord-Wasiristan (Provinz Khyber Pakhtunkhwa) am 26.5.2019 zu einem Schusswechsel (Standard 28.5.2019; vgl. AI 27.5.2019).

Gemäß Angaben des Nachrichtendienstes der pakistanischen Armee (Inter Services Public Relations, ISPR) wurde der Kontrollposten von einer von zwei führenden Mitgliedern der PTM sowie Mitgliedern der Nationalversammlung, Mohsin Dawar und Ali Wazir, angeführten Gruppe angegriffen. Beim darauffolgenden Schusswechsel wurden drei Personen getötet und 15 Personen - darunter fünf Soldaten - verletzt (Dawn 26.5.2019).

PTM-Aktivist Mohsin Dawar bestritt diese Version und beschuldigte die Armee, das Feuer auf die friedliche Kundgebung eröffnet zu haben (VOA 26.5.2019; vgl. Dawn 26.5.2019). Gemäß Angaben der PTM wurden dabei fünf Aktivisten getötet und 45 weitere verletzt (PT 27.5.2019). Der Abgeordnete zur Nationalversammlung Ali Wazir wurde gemeinsam mit einigen anderen Aktivisten der PTM verhaftet. Mohsin Dawar ist hingegen untergetaucht (VOA 26.5.2019; vgl. Dawn 27.5.2019).

Gemäß Angaben von Dawar wollte das Sicherheitspersonal verhindern, dass die Gruppe an einer Demonstration teilnimmt, die gegen mutmaßliche Übergriffe durch das Militär im Zuge einer Suchoperation gerichtet war (VOA 26.5.2019). Besagtem Protest durch die örtliche Bevölkerung, der am 25.5.2019 in Doga Macha Madakhel (Nord Wasiristan) begann, haben sich später Mitglieder der PTM angeschlossen (Dawn 26.5.2019; vgl. PT 27.5.2019). Im Zuge der Suchoperation wurde eine Frau zusammengeschlagen (VOA 26.5.2019; vgl. Dawn 26.5.2019) sowie einige Personen verhaftet (VOA 26.5.2019). Gemäß Angaben der PTM verlief diese Veranstaltung ruhig, bis Dawar und Wazir in der Gegend ankamen, um ebenfalls am Protest teilzunehmen. Nachdem bei dieser Demonstration Unruhen ausgebrochen waren, wurden mindestens 20 Personen verletzt (Dawn 26.5.2019).

In Folge dieser Zwischenfälle wurde in Nord-Wasiristan eine Ausgangssperre verhängt sowie Telefon- und Internetdienste abgeschalten (Dawn 26.5.2019; vgl. VOA 26.5.2019, PT 27.5.2019), weswegen es schwierig ist, Berichte aus dieser Region zu erhalten (VOA 26.5.2019).

Am 26.5.2019 wurde Ali Wazir einem Anti-Terror-Gericht in Bannu vorgeführt. Vom Gericht wurde eine achttägige Untersuchungshaft angeordnet und Wazir muss am 4.6.2019 wieder vor Gericht erscheinen. Er wurde u.A. wegen Terrorismus und Mordes angezeigt (Dawn 27.5.2019).

Die pakistanischen Behörden haben ihr Vorgehen gegen die PTM intensiviert (AI 27.5.2019). Im April 2019 richtete sich Premierminister Imran Khan an das PTM, wobei er die Anliegen der Paschtunen würdigte, jedoch klar machte, dass er Eskalationen nicht gutheiße (Dawn 26.5.2019). Ende April 2019 erhob die Armee Vorwürfe, dass die PTM Finanzierung durch afghanische und indische Geheimdienste erhalte (Dawn 26.5.2019; vgl. VOA 26.5.2019, Dawn 30.4.2019) und warnte die PTM, dass "ihre Zeit vorbei" sei, und dass diese die "roten Linien" nicht überschreiten solle (Dawn 26.5.2019; vgl. Dawn 30.4.2019). Es wurde eine mögliche nicht näher spezifizierte Aktion gegen die PTM angekündigt, wobei der Armeesprecher angab, dass diese Ansage keine "Kriegserklärung" sei und weder illegale Aktionen noch Unannehmlichkeiten für normale Paschtunen geplant seien (Dawn 30.4.2019).

Quellen:

* AI - Amnesty International (27.5.2019): Pakistan: Investigate North Waziristan killings,

https://www.amnesty.org/en/latest/news/2019/05/pakistan-investigate-north-waziristan-killings/, Zugriff 28.5.2019;

* Dawn (26.5.2019): 3 people killed, 5 soldiers injured in exchange of fire at check post in North Waziristan, https://www.dawn.com/news/1484709, Zugriff 28.5.2019;

* Dawn (27.5.2019): MNA Ali Wazir produced before ATC, remanded in CTD custody for 8 days, https://www.dawn.com/news/1484918, Zugriff 28.5.2019;

* Dawn (30.4.2019): Foreign spy agencies fund PTM, says army, https://www.dawn.com/news/1479321/foreign-spy-agencies-fund-ptm-says-army, Zugriff 28.5.2019;

* PT - Pakistan Today (27.5.2019): 3 killed, 15 injured in 'PTM-Army clash' in North Waziristan,

https://www.pakistantoday.com.pk/2019/05/26/3-killed-15-injured-in-ptm-army-clash-in-northwaziristan/, Zugriff 28.5.2019;

* Standard, der (28.5.2019): Amnesty fordert Untersuchung des Todes von Demonstranten in Pakistan,

http://derstandard.at/2000103942873/Amnesty-fordert-Untersuchung-des-Todes-vonDemonstranten-in-Pakistan, Zugriff 28.5.2019 und

* VOA - Voice of America (26.5.2019): 3 Killed in Skirmish Between Pakistan Security Forces, Rights Activists, https://www.voanews.com/a/killed-in-skirmish-between-pakistan-security-forcesrights-activists/4933709.html, Zugriff 28.5.2019

1.2.2. Sicherheitslage:

Die Bedrohung durch Terrorismus und Extremismus bleibt zentrales Problem für die innere Sicherheit des Landes (AA 1.2.2019a; vgl. USDOS 19.9.2018). Landesweit ist die Zahl der terroristischen Angriffe seit 2009, zurückgegangen (PIPS 7.1.2019; vgl. AA 21.8.2018, USDOS 19.9.2018). Konflikte mit dem Nachbarland Indien werden gelegentlich gewaltsam ausgetragen (EASO 10.2018 S 16).

Die Taliban und andere militante Gruppen verüben Anschläge insbesondere in Belutschistan und in Khyber-Pakhtunkhwa (AA 21.8.2018), aber auch in Großstädten wie Karatschi (AA 1.2.2019a). Über 90 % der terroristischen Anschläge sowie Todesopfer entfielen 2018 auf die zwei Provinzen Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa (PIPS 7.1.2019). Die Anschläge zielen vor allem auf Einrichtungen des Militärs und der Polizei. Opfer sind aber auch politische Gegner der Taliban, Medienvertreter, religiöse Minderheiten, Schiiten, sowie Muslime, die nicht der strikt konservativen Islam-Auslegung der Taliban folgen, wie die Sufis (AA 1.2.2019a).

Die Operationen der Rangers [siehe dazu Abschnitt 5] in Karatschi (ab 2013), Militäroperationen in Nord-Wasiristan und der Khyber Agency [Stammesbezirke der Provinz Khyber Pakhtunkhwa, Anm.], sowie landesweite Anti-Terror-Operationen als Teil des National Action Plan (NAP) trugen dazu bei, den rückläufigen Trend bei der Zahl der Vorfälle und der Opfer auch 2018 aufrecht zu halten (PIPS 7.1.2019 S 20; vgl. EASO 10.2018 S 18). In den ehemaligen Stammesgebieten (Federally Administered Tribal Areas - FATA) konnte das staatliche Gewaltmonopol überwiegend wiederhergestellt werden (AA 21.8.2018), die Militäraktionen gelten als abgeschlossen (Dawn 29.5.2018). Viele militante Gruppen, insbesondere die pakistanischen Taliban, zogen sich auf die afghanische Seite der Grenze zurück und agitieren von dort gegen den pakistanischen Staat (AA 21.8.2018). Im aktuellen Konflikt zwischen Indien und Pakistan demonstrierten beide Staaten, die über Nuklearwaffen verfügen, dass sie bereit sind, die Lage weiter eskalieren zu lassen (Dawn 8.4.2019 vgl. BMEIA 27.3.2019). Jedoch wird ein Atomkrieg als äußerst unwahrscheinlich gesehen (DW 28.2.2019).

Im Vorfeld der Parlamentswahlen am 25.7.2018 erlebte Pakistan eine Welle von Gewalt mit größeren Anschlägen in verschiedenen Provinzen, für die militante aufständische Gruppierungen die Verantwortung übernahmen. Der Selbstmordanschlag am 13.7.2018 auf eine politische Versammlung in Mastung, Belutschistan, mit 150 Toten war der Anschlag mit den dritt-meisten Todesopfern, der bis dahin jemals in Pakistan verübt wurde (EASO 10.2018 S 18; vgl. PIPS 7.1.2019 S 43). Am Wahltag waren 370.000 Soldaten und 450.000 Polizisten mit erweiterten Befugnissen im Einsatz, um die Wahllokale zu sichern. Am Wahltag kam es in Belutschistan zu zwei Anschlägen mit Todesopfern auf Wahllokale und es gab regional Zusammenstöße zwischen Anhängern unterschiedlicher Parteien (EUEOM 27.7.2018; vgl. Dawn 26.7.2018) vorwiegend in Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa (Dawn 26.7.2018).

Die verschiedenen militanten, nationalistisch-aufständischen und gewalttätigen religiöskonfessionellen Gruppierungen führten 2018 landesweit 262 terroristische Angriffe durch. Dabei kamen 595 Menschen ums Leben und weitere 1.030 wurden verletzt. Unter den Todesopfern waren 371 Zivilisten, 173 Angehörige der Sicherheitskräfte und 51 Aufständische. 136 (52 %) Angriffe zielten auf staatliche Sicherheitskräfte, jedoch die höchste Zahl an Opfern (218 Tote und 394 Verletzte) gab es bei insgesamt 24 Terrorangriffen auf politische Persönlichkeiten. Zivilisten waren das Ziel von 47 (18 %) Angriffen, acht waren Angriffe auf regierungsfreundliche Stammesälteste bzw. Mitglieder der Friedenskommittees und sieben hatten Mitglieder der schiitischen Gemeinschaft zum Ziel (PIPS 7.1.2019 S 17f). Im Vergleich zu 2017 gab es im Jahr 2018 29 Prozent weniger terroristische Angriffe, bei denen um 27 Prozent weniger Todesopfer und um 40 Prozent weniger Verletzte zu beklagen waren (PIPS 7.1.2019).

Tehreek-e-Taliban Pakistan (TTP) und ihre Splittergruppen, insbesondere Jamaatul Ahrar und Hizbul Ahrar, bzw. Gruppen mit ähnlichen Zielen wie lokale Talibanfraktionen, Lashkar-e-Islam und Islamischer Staat führten 2018 171 terroristische Angriffe mit 449 Toten und 769 Verletzten durch. Nationalistische Gruppierungen, vorwiegend belutschische, führten 80 terroristische Angriffe mit 96 Toten und 216 Verletzten durch. Elf terroristische Angriffe mit 50 Toten und 45 Verletzten waren konfessionell motiviert (PIPS 7.1.2019).

[...]

Insgesamt gab es im Jahr 2018 in Pakistan, inklusive der oben genannten terroristischen Anschläge, 497 Vorfälle von für die Sicherheitslage relevanter Gewalt (2017: 713; -30 %), darunter 31 operative Schläge der Sicherheitskräfte (2017: 75), 22 Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen (2017: 68), 131 Auseinandersetzungen an den Grenzen mit Indien, Afghanistan und Iran (2017: 171) und 22 Vorfälle von ethnischer oder politischer Gewalt (2017: vier) (PIPS 7.1.2019 S 19f; Zahlen für 2017: PIPS 7.1.2018 S 20). Die Zahl der bei diesen Vorfällen getöteten Personen sank um 46 % auf 869 von 1.611 im Jahr 2017, die Zahl der verletzten Personen sank im selben Zeitraum um 31 % von

2.212 auf 1.516 (PIPS 7.1.2019 S 20).

Im Februar 2019 eskalierten die Spannungen zwischen Indien und Pakistan im lang anhaltenden Kaschmir-Konflikt (Time 28.2.2019; vgl. UKFCO 7.3.2019). Der indische Luftangriff vom 26.2., bei dem laut pakistanischen Angaben keine Menschen zu Schaden kamen (Time 28.2.2019) in Balakot, Provinz Khyber Pakhtunkhwa, war seit 1971 der erste Angriff Indiens auf pakistanisches Gebiet außerhalb Kaschmirs (Spiegel 2.3.2019). Am 27.2. wurde ein indisches Kampfflugzeug in pakistanischem Luftraum abgeschossen (Time 28.2.2019). Es kommt zu wiederholten Grenzverletzungen und Militäraktionen zwischen Pakistan und Indien (BMEIA 27.3.2019). Durch Schusswechsel über die Demarkationslinie hinweg werden auf beiden Seiten immer wieder Soldaten und Zivilisten verletzt oder getötet (Standard 2.4.2019; vgl. Presse 2.3.2019, Reuters 3.3.2019).

Nach dem Angriff auf die Militärschule in Peschawar im Dezember 2014 wurde der National Action Plan (NAP) gegen Terrorismus in Kraft gesetzt. Die 20 Punkte des Plans umfassen Maßnahmen sowohl gegen Terrorismus als auch gegen Extremismus. Gemäß Einschätzung von PIPS wurden in den vier Jahren, die der Plan nun in Kraft ist, zufriedenstellende Fortschritte im Bereich der Terrorismusbekämpfung erzielt. Die Fortschritte im Bereich der Extremismusbekämpfung werden als nicht zufriedenstellend angesehen (PIPS 7.1.2019 S 89ff).

Die Regierung unterhält Deradikalisierungszentren, die "korrigierende religiöse Bildung", Berufsausbildung, Beratung und Therapie anbieten. Weithin gelobt ist das Sabaoon Rehabilitation Center einer NGO im Swat-Tal, das gemeinsam mit dem Militär gegründet wurde und sich an jugendliche ehemalige Extremisten richtet (USDOS 19.9.2018).

Trotz gesetzlicher Regelungen gegen die Finanzierung von Terrorismus, die internationalen Standards entsprechen, werden Gruppen wie Lashkar-e Tayyiba nicht effektiv daran gehindert, in Pakistan Spenden zu lukrieren oder auf ihre finanziellen Mittel zuzugreifen. Auch gibt es Lücken in der Umsetzung der Sanktionen des UN-Sicherheitsrates gegen Al-Qaeda und den Islamischen Staat (USDOS 19.9.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (1.2.2019a):

Pakistan: Staatsaufbau und Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/pakistan-node/pakistan -innenpolitik/205010, Zugriff 25.2.2019;

* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (21.8.2018):

Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN (Stand: August 2018), https://www.ecoi.net/en/file/local/1442726/4598_1536328003_ deutschland-auswaertiges-amtbericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-pakistanstand-august-2018-21-08-2018.pdf, Zugriff 21.2.2019;

* BMEIA - Bundesministerium Europa, Integration und Äußeres der Republik Österreich (27.3.2019): Reiseinformation Pakistan, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/pakistan/, Zugriff 3.4.2019;

* Dawn (8.4.2019): India-Pakistan conflict: Experts warn of harmful implications,

https://www.dawn.com/news/1474645/india-pakistan-conflict-experts-warn-of-harmfulimplications, Zugriff 8.4.2019;

* Dawn (26.7.2018): 'Naya Pakistan' imminent: PTI leads in slow count of 11th general elections vote, https://www.dawn.com/news/1421984/voting-underway-across-pakistan-amid-tightsecurity-with-only-hours-left-till-polling-ends, Zugriff 3.4.2019;

* Dawn (29.5.2018): Fata's historic transition, https://www.dawn.com/news/1410706/ fatas-historictransition, Zugriff 19.3.2019;

* DW - Deutsche Welle (28.2.2019): Opinion: India, Pakistan, and the remote but real threat of nuclear war, https://www.dw.com/en/opinion-india-pakistan-and-the-remote-but-real-threat-ofnuclear-war/a-47721752, Zugriff 8.4.2019;

* EASO - European Asylum Support Office (10.2018): EASO Informationsbericht über das Herkunftsland Pakistan - Sicherheitslage,

https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/Plib/EASO_Pakistan_SecuritySituation_October2 018_DE.pdf, Zugriff 12.3.2019;

* EUEOM - European Union Election Observation Mission Islamic Republic of Pakistan (27.7.2018): Preliminary Statement - Positive changes to the legal framework were overshadowed by restrictions on freedom of expression and unequal campaign opportunities, https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/eu_eom_pakistan_2018_-_preliminary_statement_on_25_july_elections.pdf, Zugriff 1.4.2019;

* PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (7.1.2018): Pakistan Security Report 2017,

https://pakpips.com/app/reports/wp-content/uploads/2018/03/sr2017.pdf, Zugriff 8.4.2019;

* PIPS - Pak Institute for Peace Studies (9.4.2019): Pakistan Monthly Security Report: March 2019, https://pakpips.com/app/reports/477, Zugriff 9.4.2019;

* PIPS - Pak Institute for Peace Studies (6.2.2019): Pakistan Monthly Security Report: January 2019, https://pakpips.com/app/reports/433, Zugriff 2.4.2019;

* PIPS - Pak Institute for Peace Studies (7.1.2019): Pakistan Security Report 2018, https://pakpips.com/app/reports/396, Zugriff 8.1.2019;

* PIPS - Pak Institute for Peace Studies (7.3.2019): Pakistan Monthly Security Report: February 2019, https://pakpips.com/app/reports/453, Zugriff 2.4.2019;

* Presse, die (2.3.2019): Kaschmir: Sieben Tote bei Schüssen an Grenze von Indien und Pakistan, https://diepresse.com/home/ausland/aussenpolitik/5588780/Kaschmir_ Sieben-Totebei-Schuessen-an-Grenze-von-Indien-und-Pakistan, Zugriff 4.3.2019;

* Reuters (3.3.2019): India-Pakistan border quiet but Kashmir tense amid militancy crackdown,

https://www.reuters.com/article/us-india-kashmir-pakistan-idUSKCN1Q K093, Zugriff 6.3.2019;

* Spiegel (2.3.2019): "Die roten Linien wurden verschoben", http://www.spiegel.de/politik/ausland/ kaschmir-konflikt-zwischen-indien-und-pakistan-die-roten-linien-verschoben-a-1255811.html, Zugriff 2.4.2019;

* Standard, der (2.4.2019): Pakistan meldet mehrere Tote nach Beschuss aus Indien,

https://derstandard.at/2000100638494/Pakistan-meldet-mehrere-Tote-nach-Beschuss-ausIndien-in-Kaschmir, Zugriff 3.4.2019;

* Time (28.2.2019): From Suicide Bombing to Captured Pilot: A Timeline of the Latest Crisis in Kashmir, http://time.com/5541090/india-pakistan-2019-tensions-timeline/, Zugriff 2.4.2019;

* UKFCO - UK Foreign and Commonwealth Office (7.3.2019): Foreign travel advice - Pakistan,

https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/pakistan, Zugriff 3.4.2019 und

* USDOS - US Department of State (19.9.2018): Country Report on Terrorism 2017 - Chapter 1 - Pakistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1444941.html, Zugriff 2.4.2019

1.2.2.1. Wichtige Terrorgruppen:

Die Tehrik-e-Taliban Pakistan (TTP) ist die größte der in Pakistan aktiven militanten regierungsfeindlichen Gruppen. Die TTP ist eine Dachorganisation 13 verschiedener - also ungefähr der Hälfte aller pakistanischen - Talibanfraktionen. Die Hochburgen der TTP in den ehem. FATA wurden durch militärische Operationen beseitigt, jedoch hält die TTP nach wie vor Rückzugsgebiete in Ostafghanistan. Analysten meinen, dass die TTP sich Mitte 2018 unter neuer Führung in Süd-Wasiristan vereinen konnte und wieder schlagkräftiger würde (EASO 10.2018 S 24f). PIPS hingegen gibt an, dass TTP verzweifelt darum kämpfe, ihr Netzwerk zu erhalten, innere Streitereien zu überwinden und die Finanzierung sicherzustellen (PIPS 7.1.2019 S 74).

Gemäß PIPS war die TTP im Jahr 2018 für 79 Terroranschläge mit 185 Toten verantwortlich. 57 dieser Anschläge wurden in Khyber Pakhtunkhwa, wo die Gruppe für den größten Teil aller Anschläge verantwortlich war, und 18 in Belutschistan durchgeführt (PIPS 7.1.2019

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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