TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/19 W228 2177846-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.11.2019
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Entscheidungsdatum

19.11.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W228 2177846-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald WÖGERBAUER als Einzelrichter in der Beschwerdesache des XXXX , geboren am XXXX 2001 , Staatsangehörigkeit Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.10.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG, sowie §§ 46, 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, 55 Abs. 1 bis 3 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, hat sein Heimatland verlassen, ist illegal in das Bundesgebiet eingereist und hat am 19.03.2015 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 20.03.2015 gab der Beschwerdeführer zu seinem Fluchtgrund an, dass er seine Heimat aufgrund des Krieges und der fehlenden Sicherheit verlassen habe. Jeden Tag würden Menschen bei Bombenanschlägen getötet werden. Sogar Schulen würden von den Taliban bombardiert werden.

Der Beschwerdeführer wurde am 13.09.2017 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Paschtu niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er an, dass er aus XXXX , Provinz Baghlan stamme. Sein Vater sei vor ca. sechs Jahren verstorben, seine Mutter und seine Geschwister würden nach wie vor in der Provinz Baghlan leben. Zu den Gründen für das Verlassen seines Herkunftsstaates befragt, führte der Beschwerdeführer aus, dass sein Cousin Polizeikommandant gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe der gesamten Polizeistation Essen gebracht, wodurch er den Mullah seiner Koranschule, der Unterstützer der Taliban gewesen sei, gegen sich aufgebracht habe. Der Mullah habe den Beschwerdeführer als Ungläubigen, der mit den Amerikanern zusammenarbeite, beschimpft. Die Taliban hätten den Cousin des Beschwerdeführers bedroht. Der Cousin habe sich bei der Regierung beschwert und angesucht, dass ihm die Regierung in dieser Angelegenheit zur Seite stehen sollte, ansonsten würde er die Waffen niederlegen. Die Regierung habe dem Cousin des Beschwerdeführers jedoch nicht geholfen und habe er in der Folge seinen Job nicht mehr ausgeübt. Der Mullah habe eine andere Person, die mit dem Beschwerdeführers gemeinsam zum Unterricht in die Moschee gegangen sei, beauftragt, den Beschwerdeführer in eine Falle zu locken. Diese Person hätte den Beschwerdeführer unbemerkt ergreifen und aus dem Dorf schaffen sollen. Der Beschwerdeführer sei von dieser Person jedoch nicht persönlich angegriffen worden, sondern sei ihm diese Person nur nachgegangen. In weiterer Folge habe der Beschwerdeführer das Land verlassen.

Mit nunmehr angefochtenem Bescheid vom 18.10.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs.1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Weiters wurde ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

In der Bescheidbegründung traf die belangte Behörde Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, zu seinem Fluchtgrund, zur Situation im Falle seiner Rückkehr und zur Lage in seinem Herkunftsstaat. Es habe keine glaubhafte Gefährdungslage festgestellt werden können. Der Beschwerdeführer habe keine Verfolgung glaubhaft machen können. Dem Beschwerdeführer könne eine Rückkehr nach Afghanistan zugemutet werden.

Gegen verfahrensgegenständlich angefochtenen Bescheid wurde mit Schreiben der damaligen gesetzlichen Vertretung des Beschwerdeführers vom 14.11.2017 Beschwerde erhoben. Darin wurde das vom Beschwerdeführer erstattete Vorbringen wiederholt und wurde ausgeführt, dass die belangte Behörde unzureichende Länderfeststellungen getroffen habe. Es wurde auf diverse Berichte zur Lage in Afghanistan verwiesen. Dem Beschwerdeführer drohe in Afghanistan Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der von Zwangsrekrutierung durch die Taliban bedrohten Personen. Im Falle des Beschwerdeführers wäre Verfolgung wegen der unterstellten religiösen und politischen Gesinnung, die in seiner Weigerung, mit den Taliban zusammenzuarbeiten sichtbar sei, zu erwarten. Abgesehen davon drohe dem Beschwerdeführer Verfolgung, weil er sich lange Zeit im westlichen Ausland aufgehalten habe. In einer Gesamtschau sei dem Beschwerdeführer Asyl, zumindest jedoch subsidiärer Schutz zu gewähren.

Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt langten am 27.11.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsbürger, geboren XXXX .2001 . Er wurde in XXXX , Provinz Baghlan geboren und hat dort gemeinsam mit seiner Familie bis zu seiner Ausreise aus Afghanistan gelebt.

Der Beschwerdeführer hat in seinem Heimatdorf in der Provinz Baghlan ca. fünf Jahre lang die Koranschule besucht. Neben der Koranschule hat er in der Küche einer Polizeistation mitgeholfen. Dieser Job wurde ihm durch seinen Cousin vermittelt. Auf seinem Weg nach Österreich hat sich der Beschwerdeführer ca. sechs Monate lang in der Türkei aufgehalten und hat dort gearbeitet; konkret hat er die Rückleuchten von Autos repariert.

Der Vater des Beschwerdeführers ist bereits verstorben als der Beschwerdeführer noch in Afghanistan gelebt hat. Die Mutter und die Geschwister des Beschwerdeführers sowie mehrere Onkel und Tanten leben nach wie vor in der Provinz Baghlan. Eine Tante des Beschwerdeführers lebt in Kabul. Der Beschwerdeführer steht in Kontakt mit seiner in Afghanistan lebenden Familie.

Der Beschwerdeführer ist volljährig. Er ist gesund und arbeitsfähig. Der Beschwerdeführer ist Paschtune, ist sunnitischer Moslem und spricht Paschtu.

Der Beschwerdeführer ist illegal spätestens am 19.03.2015 in das Bundesgebiet eingereist. Es halten sich keine Familienangehörigen oder Verwandten des Beschwerdeführers in Österreich auf. Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.

Der Beschwerdeführer hat mehrere Deutschkurse besucht und eine Deutschprüfung auf dem Niveau A2 abgelegt. Er hat vom 14.09.2015 bis 08.07.2016 die Neue Mittelschule Kremsmünster als außerordentlicher Schüler besucht. Im Zeitraum 14.11.2016 bis 17.02.2017 hat er den "Lehrgang für Jugendliche ohne Kenntnisse der Unterrichtsprache Deutsch zur Absolvierung des Pflichtschulabschlusses" besucht. Der Beschwerdeführer hat am 08.06.2017 einen Werte- und Orientierungskurs besucht. Er hat am "Wertedialog" teilgenommen und war seit 13.11.2016 ordentliches Mitglied beim Sportverein TuS Kremsmünster Sektion Faustball.

Der Beschwerdeführer hat seit 30.03.2018 keinen Wohnsitz mehr in Österreich.

Der Beschwerdeführer war in Afghanistan keiner konkreten individuellen Verfolgung durch den Mullah seines Heimatdorfes bzw. durch die Taliban ausgesetzt. Es wird festgestellt, dass dem Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Afghanistan keine konkrete individuelle Verfolgungsgefahr durch den Mullah seines Heimatdorfes bzw. durch die Taliban droht.

Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan einer Zwangsrekrutierung durch die Taliban nicht ausgesetzt wäre.

Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer als Rückkehrer mit westlicher Orientierung in Afghanistan einer Verfolgung nicht ausgesetzt wäre.

Im Falle einer Verbringung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat droht diesem kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (in der Folge EMRK).

Die Wohnraum- und Versorgungslage ist in Mazar-e Sharif sehr angespannt. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Ansiedelung in der Stadt Mazar-e Sharif kann der Beschwerdeführer jedoch grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, befriedigen, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Er kann selbst für sein Auskommen und Fortkommen sorgen.

Es herrscht derzeit im Westen und Norden Afghanistans - darunter die Provinzen Herat und Balkh - eine Trockenperiode (Dürre). Es kommt zwar zu Wasserknappheit und einer unzureichenden Wasser- bzw. Lebensmittelversorgung im Umland von Mazar-e Sharif und in den ländlichen Gebieten der Provinz Herat, darüber, dass es auch in den Städten Mazar-e Sharif oder Herat keine ausreichende Wasser- oder Lebensmittelversorgung gäbe, ist den aktuellen Berichten jedoch nichts zu entnehmen, zumal insbesondere die Städte Herat und Mazar-e Sharif lediglich der IPC-Kategorie 2 (stressed) zugeordnet sind und die Prognose keine Verschlechterung abzeichnet. Jedenfalls wird auch über entsprechende - teilweise auch international unterstützte - staatliche Reaktionen und Hilfsmaßnahmen berichtet.

Jedoch entwickelt sich die Stadt Mazar-e Sharif wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Im Juni 2017 wurde ein großes Projekt ins Leben gerufen, welches darauf abzielt, die Armut und Arbeitslosigkeit in der Provinz Balkh zu reduzieren. Zudem liegen die Löhne für Gelegenheitsarbeiten in der Stadt Mazar-e Sharif klar über dem Fünfjahresdurchschnitt. Die Provinz Balkh zählt daher zu den stabilsten Provinzen Afghanistans.

Auch wenn die Verwirklichung grundlegender sozialer und wirtschaftlicher Bedürfnisse, wie etwa der Zugang zu Arbeit, Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung aufgrund der aktuellen Dürre nur sehr eingeschränkt möglich ist, so ist die Versorgung der afghanischen Bevölkerung in der Stadt Mazar-e Sharif dennoch zumindest grundlegend gesichert.

Es ist dem Beschwerdeführer möglich nach anfänglichen Schwierigkeiten nach einer Ansiedlung in der Stadt Mazar-e Sharif Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können.

Zur Situation im Herkunftsland Afghanistan wird Folgendes festgestellt:

Baghlan:

Im Februar 2017 galt Baghlan als eine der am schwersten umkämpften Provinzen des Landes. Die Sicherheitslage hatte sich seit Anfang 2016 verschlechtert, nachdem die Taliban anfingen, koordinierte Angriffe in Schlüsseldistrikten in der Nähe der Hauptstadt auszuführen. Dies führte zu bewaffneten Zusammenstößen zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften. Quellen zufolge versuchen regierungsfeindliche bewaffnete Gruppierungen ihre Aktivitäten in einigen Schlüsselprovinzen des Nordens und Nordostens zu verstärken. Nichtsdestotrotz gehen die afghanischen Sicherheits- und Verteidigungskräfte mit Anti-Terrorismus-Operationen gegen diesen Gruppierungen vor. Als einer der Gründe für die sich verschlechternde Sicherheitslage wird vom Gouverneur der Provinz die Korruption angegeben, die er gleichzeitig zu bekämpfen versprach. Auch zählt Baghlan zu jenen Provinzen, in denen eine hohe Anzahl an Zivilisten aufgrund explosiver Kampfmittelrückstände und indirekter Waffeneinwirkung ums Leben kam.

Im gesamten Jahr 2017 wurden von UNAMA 222 zivile Opfer (66 getötete Zivilisten und 156 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Bodenoffensiven, gefolgt von Blindgängern/Landminen und gezielten Tötungen. Dies bedeutet einen Rückgang von 38% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016.

Militärische Operationen in Baghlan

In Baghlan werden militärische Operationen durchgeführt, um bestimmte Gegenden der Provinz von Aufständischen zu befreien. Bei diesen Militäroperationen werden Aufständische und in manchen Fällen auch ihre Anführer getötet.

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Baghlan

Berichten zufolge waren im August 2017 die Taliban im Nordwesten der Provinz aktiv. Anfang 2017 fiel der Distrikt Tala Wa Barfak an die Taliban; später wurde er jedoch von den Regierungsmächten wieder eingenommen.

In Baghlan stellen Kohlenbergwerke, nach der Drogenproduktion, eine der Haupteinnahmequellen der Taliban dar, nachdem im Jahr 2017 einige Bergwerke der Provinz unter Kontrolle aufständischer Gruppierungen gekommen war. Berichtet wurde von Vorfällen, in denen die Gruppierung Check-Points errichtete, um Geld von Kohle-transportierenden Fahrzeugen einzuheben.

Informationen eines hochrangigen Beamten zufolge war noch im Mai 2017 die Präsenz des IS im Norden Afghanistans schwach; ihm zufolge existierten keine Informationen zu der Anwesenheit des IS in der Provinz Baghlan. Im Zeitraum 1.1.2017 - 15.7.2017 wurde im Süden der Provinz Baghlan Gewalt gegen die Zivilbevölkerung durch den IS gemeldet, während zwischen dem 16.7.2017 und dem 31.1.2018 keine Vorfälle registriert wurden.

Mazar-e Sharif:

Mazar-e Sharif ist die Hauptstadt der Provinz Balkh. Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana und Pul-e-Khumri und ist gleichzeitig ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst.

In Mazar-e Sharif gibt es einen internationalen Flughafen, durch den die Stadt sicher zu erreichen ist.

Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans, sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan. Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften.

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.382.155 geschätzt.

Als "verwestlicht" wahrgenommene Personen:

Berichten zufolge werden Personen von regierungsfeindlichen Kräften angegriffen, die vermeintlich Werte und/oder ein Erscheinungsbild angenommen haben, die mit westlichen Ländern in Verbindung gebracht werden, und denen deshalb unterstellt wird, die Regierung und die internationale Gemeinschaft zu unterstützen. UNHCR ist der Ansicht, dass - je nach den Umständen des Einzelfalls - für solche Personen, die tatsächlich oder vermeintlich mit der Regierung oder mit der internationalen Gemeinschaft einschließlich der internationalen Streitkräfte verbunden sind, oder diese tatsächlich oder vermeintlich unterstützen, ein Bedarf an internationalem Flüchtlingsschutz aufgrund ihrer (zugeschriebenen) politischen Überzeugung oder aufgrund anderer relevanter Gründe bestehen kann.

Dokumentierte Fälle eines gezielten Vorgehens gegen zurückkehrende Afghanen auf Grundlage einer "Verwestlichung", weil diese in Europa gereist wären oder dort gelebt hätten, westliche Ausweisdokumente in ihrem Besitz oder Ideen angenommen hätten, welche als "unafghanisch", "westlich" oder "europäisch" angesehen werden, sind spärlich. Uneinheitliche Beschreibungen aus Quellen nennen vereinzelte Berichte vermeintlicher Entführungen oder sonstige, auf Einzelne abzielende Verfolgungshandlungen, oder, dass nicht für jede Person ein Risiko besteht, aber, dass solche Handlungen vorkommen, wobei allerdings der Grad und die Verbreitung schwierig zu quantifizieren sind, oder aber, dass Verfolgung nicht spezifisch vorkomme wegen des Asylwerbens oder des Bereisens westlicher Länder.

2. Beweiswürdigung:

Hinsichtlich der Herkunft, der Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, Sprache, Arbeitsfähigkeit stützt sich das Bundesverwaltungsgericht auf die Angaben des Beschwerdeführers.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan einer Verfolgung durch den Mullah seines Heimatdorfes, der Unterstützer der Taliban gewesen sei, ausgesetzt wäre, ist aus folgenden Erwägungen nicht glaubhaft:

Zunächst ist anzumerken, dass der Beschwerdeführer seinen nunmehrigen Hauptfluchtgrund, nämlich die Bedrohung durch den Mullah, bei der Erstbefragung mit keinem Wort erwähnte, sondern gab er dort an, dass er seine Heimat aufgrund des Krieges und der fehlenden Sicherheit verlassen habe. Auch wenn den Angaben im Zuge der Erstbefragung kein allzu großes Gewicht zukommt, ist dennoch festzuhalten, dass das völlige Nichterwähnen des später vorgebrachten Hauptfluchtgrundes gegen die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers sowie für ein gesteigertes Vorbringen spricht.

Des Weiteren ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer eine persönliche Verfolgung oder Bedrohung seiner Person nicht vorbrachte. So hat er in der Einvernahme vor dem BFA am 13.09.2017 die Frage, ob er persönlich bedroht worden sei, dezidiert verneint. Zur Person, die ihn im Auftrag des Mullahs angeblich in die Falle locken hätten sollen, gab der Beschwerdeführer an: "Ich wurde von dieser Person nicht persönlich angegriffen, sie ging mir nur nach."

Zur Falle, die der Mullah dem Beschwerdeführer stellen habe wollen, tätigte der Beschwerdeführer vage und nicht nachvollziehbare Angaben. So gab er zunächst an, dass er die Leute, die der Mullah damit beauftragt habe, nicht kenne, kurze Zeit später führte er hingegen aus, dass es sich um eine Person namens XXXX gehandelt habe, die mit dem Beschwerdeführer gemeinsam zum Unterricht in die Moschee gegangen sei. Nicht nachvollzogen werden kann zudem, wieso XXXX dem Beschwerdeführer nur nachgegangen sei, ihn jedoch sonst nicht weiter belästigt oder angegriffen habe, obwohl XXXX den Beschwerdeführer im Auftrag des Mullahs aus dem Dorf schaffen hätten sollen.

Abschließend ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer nicht glaubhaft darlegen konnte, wie der Mullah überhaupt von einer Rückkehr des Beschwerdeführers nach Afghanistan, konkret in die Stadt Mazar-e Sharif, Kenntnis erlangen sollte. Der Beschwerdeführer gab, zu seinen Rückkehrbefürchtungen befragt, lediglich völlig unsubstantiiert an, dass "diese Leute mich wieder erwarten würden", er legte jedoch nicht näher dar, wie es ihnen überhaupt möglich sein sollte, den Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan zu finden. Auch legte er nicht dar, warum fünf Jahre nach der Ausreise des Beschwerdeführers aus Afghanistan überhaupt noch ein so großes Interesse an seiner Person bestehen sollte.

Abschließend ist anzumerken, dass der Beschwerdeführer dadurch, dass er seit 30.03.2018 keinen Wohnsitz in Österreich mehr hat, eine mangelnde Mitwirkung am Verfahren erkennen ließ.

In einer Gesamtschau erscheint eine konkrete Bedrohung des Beschwerdeführers durch den Mullah seines Heimatdorfes nicht glaubhaft.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer bei seiner Rückkehr nach Afghanistan der Gefahr einer Zwangsrekrutierung durch die Taliban nicht ausgesetzt wäre, ergibt sich daraus, dass die diesbezüglichen Ausführungen als zu vage und unsubstantiiert zu beurteilen sind, um daraus eine konkrete und individuell gegen den Beschwerdeführer gerichtete Bedrohung in Afghanistan ableiten zu können. Aus den Ausführungen des Beschwerdeführers lässt sich keine aktuelle, maßgebliche Verfolgung des Beschwerdeführers bei einer Rückkehr nach Afghanistan ableiten. Denn die bloße Angst vor einer Zwangsrekrutierung des Beschwerdeführers reicht nicht aus, um von einer maßgeblichen Bedrohung auszugehen.

Die Feststellung, dass dem Beschwerdeführer auf Grund seines Aufenthaltes in Europa und der darauffolgenden Rückkehr nach Afghanistan keine konkret gegen ihn gerichtete physische und/oder psychische Gewalt in Afghanistan droht, ergibt sich aus dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgericht zu Afghanistan, den in das Verfahren eingebrachten Länderfeststellungen und dem diesbezüglichen äußerst vage gehaltenen Vorbringen des Beschwerdeführers, mit dem er keine hinreichend substantiierte dahingehende Bedrohung seiner Person im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan aufgezeigt hat.

Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat ergeben sich aufgrund des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation (Gesamtaktualisierung am 29.06.2018) dem EASO-Bericht "Afghanistan Security Situation - Update" vom Mai 2018 und der UNHCR-RL vom 30.08.2018.

Die Feststellungen zu den Folgen einer Ansiedlung des Beschwerdeführers in der Stadt Mazar-e Sharif, ergeben sich - unter Berücksichtigung der von UNHCR aufgestellten Kriterien für das Bestehen einer internen Schutzalternative für Afghanistan - aus den o. a. Länderberichten zu Mazar-e Sharif.

Der Beschwerdeführer ist im erwerbsfähigen Alter, volljährig, gesund und arbeitsfähig. Das Gericht geht daher auf Grund dieser Umstände davon aus, dass sich der Beschwerdeführer nach anfänglichen Schwierigkeiten, in Mazar-e Sharif niederlassen und sich dort eine Existenz ohne unbillige Härte aufbauen könnte.

Der Verweis in der Beschwerde auf Stahlmann führt zu keinem anderen Ergebnis, da eine Gefährdungslage für den Beschwerdeführer im gegenständlichen Einzelfall aufgrund der Länderberichte nicht besteht.

Die Feststellungen zu den Deutschkursen, zur abgelegten Deutschprüfung, zum Schulbesuch sowie den sonstigen integrativen Aktivitäten ergeben sich aus den vorgelegten Bestätigungen.

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer seit 30.03.2018 keinen Wohnsitz mehr in Österreich hat, ergibt sich aus dem ZMR-Auszug vom 18.10.2019.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn (Z 1) der der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder (Z 2) die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Letztere Variante traf unter Berücksichtigung der in ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 VwGVG vertretenen Ansicht über den prinzipiellen Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auf die gegenständliche Konstellation zu (vgl. dazu etwa VwGH 28.07.2016, Zl. Ra 2015/01/0123).

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides

Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht gemäß § 3 AsylG 1991 setzt positiv getroffene Feststellungen von Seiten der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 11.06.1997, Zl. 95/01/0627). Im Asylverfahren stellt das Vorbringen des Asylwerbers die zentrale Entscheidungsgrundlage dar. Dabei genügen aber nicht bloße Behauptungen, sondern bedarf es, um eine Anerkennung als Flüchtling zu erwirken, hierfür einer entsprechenden Glaubhaftmachung durch den Asylwerber (vgl. VwGH 04.11.1992, Zl. 92/01/0560). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Aufgabe des Asylwerbers, durch ein in sich stimmiges und widerspruchsfreies Vorbringen, allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel, einen asylrelevanten Sachverhalt glaubhaft zu machen (VwGH 25.03.1999, 98/20/0559).

So erscheint es im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht unschlüssig, wenn den ersten Angaben, die ein Asylwerber nach seiner Ankunft in Österreich macht, gegenüber späteren Steigerungen erhöhte Bedeutung beigemessen wird (vgl. VwGH 08.07.1993, Zl. 92/01/1000; VwGH 30.11.1992, Zl. 92/01/0832; VwGH 20.05.1992, Zl. 92/01/0407; VwGH 19.09.1990, Zl. 90/01/0133). Der Umstand, dass ein Asylwerber bei der Erstbefragung gravierende Angriffe gegen seine Person unerwähnt gelassen hat (hier Schläge, Ziehen an den Haaren, Begießen mit kaltem Wasser) spricht gegen seine Glaubwürdigkeit (VwGH 16.09.1992, Zl. 92/01/0181). Die gilt umso mehr für Widersprüche (vgl. zur Erstbefragung nach § 19 Abs. 1 AsylG 2005 auch VwGH 02.01.2017, Zl. Ra 2016/18/0323, Rz 8). Auch unbestrittene Divergenzen zwischen den Angaben eines Asylwerbers bei seiner niederschriftlichen Vernehmung und dem Inhalt seines schriftlichen Asylantrages sind bei schlüssigen Argumenten der Behörde, gegen die in der Beschwerde nichts Entscheidendes vorgebracht wird, geeignet, dem Vorbringen des Asylwerbers die Glaubwürdigkeit zu versagen (Vgl. VwGH 21.06.1994, Zl. 94/20/0140). Eine Falschangabe zu einem für die Entscheidung nicht unmittelbar relevanten Thema (vgl. VwGH 30.09.2004, Zl. 2001/20/0006, zum Abstreiten eines früheren Einreiseversuchs) bzw. Widersprüche in nicht maßgeblichen Detailaspekten (vgl. VwGH vom 23.01.1997, Zl. 95/20/0303 zu Widersprüchen bei einer mehr als vier Jahre nach der Flucht erfolgten Einvernahme hinsichtlich der Aufenthaltsdauer des BFs in seinem Heimatdorf nach seiner Haftentlassung) können für sich allein nicht ausreichen, um daraus nach Art einer Beweisregel über die Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers die Tatsachenwidrigkeit aller Angaben über die aktuellen Fluchtgründe abzuleiten (vgl. dazu auch VwGH 26.11.2003, Zl. 2001/20/0457). Auch oberflächlich und allgemein gehaltene Angaben, welche jeden konkreten, (insbesondere zeitlich) nachprüfbaren Anhaltspunkt vermeiden, und die trotz mehrfacher Aufforderungen, Details zu schildern, erfolgen, sind grundsätzlich geeignet, in einer schlüssigen Begründung zur Verneinung der Glaubwürdigkeit dieser Angaben betreffend eine drohende individuelle Verfolgung herangezogen zu werden (vgl. etwa VwGH 26.06.1996, Zl. 95/20/0205).

Die amtswegigen Ermittlungspflichten im Asylverfahren sind im § 18 Abs. 1 AsylG 2005 geregelt, der inhaltlich nahezu wortgleich der Vorgängerbestimmung des § 28 AsylG 1997 entspricht. Der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 Abs. AsylG 1997 folgend stellt diese Gesetzesstelle eine Konkretisierung der aus § 37 AVG in Verbindung mit § 39 Abs. 2 AVG hervorgehende Verpflichtung der Verwaltungsbehörden dar, den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen, begründet aber keine über den Rahmen der angeführten Vorschriften hinausgehende Ermittlungspflicht (vgl. VwGH 08.04.2003, Zl. 2002/01/0522). Grundsätzlich obliegt es dem Asylwerber, alles Zweckdienliche, insbesondere seine wahre Bedrohungssituation in dem seiner Auffassung nach auf ihn zutreffenden Herkunftsstaat, für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung vorzubringen (Vgl. VwGH 31.05.2001, Zl. 2001/20/0041; VwGH 23.07.1999, Zl. 98/20/0464). Nur im Fall hinreichend deutlicher Hinweise im Vorbringen eines Asylwerbers auf einen Sachverhalt, der für die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung im Sinne der Flüchtlingskonvention in Frage kommt, hat die Behörde gemäß § 28 AsylG 1997 in geeigneter Weise auf eine Konkretisierung der Angaben des Asylwerbers zu dringen. Aus dieser Gesetzesstelle kann aber keine Verpflichtung der Behörde abgeleitet werden, Asylgründe, die der Asylwerber gar nicht behauptet hat, zu ermitteln (Vgl. VwGH 14.12.2000, Zl. 2000/20/0494; VwGH 06.10.1999, Zl. 98/01/0311; VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0222). Die Ermittlungspflicht der Behörde geht auch nicht soweit, den Asylwerber zu erfolgversprechenden Argumenten und Vorbringen anzuleiten (vgl. VwGH vom 21.09.2000, Zl. 98/20/0361; VwGH 04.05.2000, Zl. 99/20/0599)

Aufgrund der Beweiswürdigung ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, wohlbegründete Furcht vor Verfolgung aus Gründen der GFK glaubhaft zu machen:

Wie bereits in der Beweiswürdigung hinlänglich ausgeführt wurde, ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, sein behauptetes individuelles Fluchtvorbringen, im Herkunftsland eine konkrete Verfolgung durch den Mullah seines Heimatdorfes befürchten zu müssen, glaubhaft zu schildern.

Wie in der Beweiswürdigung dargelegt, bestehen im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer aufgrund der Tatsache, dass er sich für viereinhalb Jahre in Österreich aufgehalten hat, im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan wegen der von ihm angegebenen "Verwestlichung" seines Lebensstils psychischer und/oder physischer Gewalt oder anderen erheblichen Eingriffen ausgesetzt wäre. Das diesbezügliche Vorbringen des Beschwerdeführers blieb völlig vage.

Es ist nicht anzunehmen, dass bei einer Rückkehr des Beschwerdeführers nach Afghanistan vermutet werden könnte, er hätte aufgrund seines Aufenthalts im Ausland, insbesondere in Europa, gegen islamische Grundsätze, Normen und Werte verstoßen. Anhand dieser Ausführungen kann nicht erkannt werden, dass ihm aufgrund einer "Verwestlichung" eine konkrete Verfolgungsgefahr in Afghanistan drohen würde.

Aus den vorhandenen Länderberichten sowie dem notorischen Amtswissen ist nicht ableitbar, dass alleine eine westliche Geisteshaltung bei Männern bereits mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung asylrelevanter Intensität auslösen würde; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt dafür nicht (so z.B. VwGH 10.11.2015, Ra 2015/19/0185, mwN).

Dass der in Beschwerdeführer den Traditionen und Sitten in einem muslimisch geprägten Land aufgrund seines viereinhalbjährigen Aufenthalts in Österreich entfremdet wäre oder im Falle seiner Rückkehr als "verwestlicht" erkannt werden würde, konnte somit nicht plausibel dargetan werden.

Im Ergebnis lässt das individuelle Vorbringen des Beschwerdeführers nicht ansatzweise erkennen, welche - als "westlich" erachteten - Verhaltensweisen er sich angeeignet hätte, die für ihn im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu einer asylrelevanten Verfolgung führen würden und die ein solch wesentlicher Bestandteil seiner Identität geworden wären, dass es für ihn eine Verfolgung bedeuten würde, diese zu unterdrücken. Der gegenständliche Sachverhalt ist daher nicht mit den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum "selbstbestimmten westlichen Lebensstil" von Frauen behandelten Fällen vergleichbar (vgl. etwa VwGH vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018; 15.12.2015, Ra 2014/18/0118 und 0119; 15.12.2016, Ra 2016/18/0329).

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass im vorliegenden Fall Eingriffe von asylrelevanter Intensität wegen des behaupteten "westlichen Lebensstils" des Beschwerdeführers bei einer hypothetischen Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten wären.

Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides

Wird ein Asylantrag "in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten" abgewiesen, so ist dem Asylwerber gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, "wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde". Nach § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung dieses Status mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 AsylG 2005 zu verbinden.

Gemäß Art. 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden. Letzteres wurde wiederum durch das Protokoll Nr. 6 beziehungsweise Nr. 13 zur Abschaffung der Todesstrafe hinfällig. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Gemäß § 8 Abs. 3 und 6 AsylG 2005 ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich dieses Status abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offensteht oder wenn der Herkunftsstaat des Asylwerbers nicht festgestellt werden kann. Daraus und aus mehreren anderen Vorschriften (§ 2 Abs. 1 Z 13, § 10 Abs. 1 Z 2, § 27 Abs. 2 und 4 AsylG 2005) ergibt sich, dass dann, wenn dem Asylwerber kein subsidiärer Schutz gewährt wird, sein Antrag auf interanationalen Schutz auch in dieser Beziehung förmlich abzuweisen ist.

Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("a sufficiently real risk") im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, Zl. 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen (zB VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294; 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438; 30.05.2001, Zl. 97/21/0560). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (vgl. VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427; 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028; siehe dazu vor allem auch EGMR 20.07.2010, N. gg. Schweden, Zl. 23505/09, Rz 52ff; 13.10.2011, Husseini gg. Schweden, Zl. 10611/09, Rz 81ff).

Im Fall des Beschwerdeführers ergeben sich aus den Feststellungen zu seiner persönlichen Situation vor dem Hintergrund der spezifischen Länderfeststellungen keine konkreten Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Hindernisses der Rückverbringung in seinen Herkunftsstaat Afghanistan.

Der Beschwerdeführer stammt aus der Provinz Baghlan, welche - wie aus den Länderberichten ableitbar - eine der Provinzen mit volatiler Sicherheitslage in Afghanistan ist. Eine Rückkehr des Beschwerdeführers in seine Heimatprovinz ist daher nicht möglich.

Trotz der weiterhin als instabil zu bezeichnenden allgemeinen Sicherheitslage scheint eine Rückkehr nach Afghanistan im Hinblick auf die regional und sogar innerhalb der Provinzen von Distrikt zu Distrikt unterschiedliche Sicherheitslage nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Der Beschwerdeführer kann nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes, unter Berücksichtigung der von UNHCR aufgestellten Kriterien für das Bestehen einer internen Schutzalternative für Afghanistan, in zumutbarer Weise auf die Übersiedlung in andere Landesteile Afghanistans, konkret in die Stadt Mazar-e Sharif, verwiesen werden:

Was die Sicherheitslage betrifft, wird seitens des erkennenden Gerichts im Hinblick auf die Länderfeststellungen zwar nicht verkannt, dass die Situation (auch) in der Stadt Mazar-e Sharif nach wie vor angespannt ist. Dennoch ist festzuhalten, dass die afghanische Regierung die Kontrolle über die Hauptstadt Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktszentren hat. Darüber hinaus ist Mazar-e Sharif über den Luftweg aufgrund des vorhandenen Flughafens eine sicher erreichbare Stadt.

Aus dem vorliegenden Berichtsmaterial geht hervor, dass Anschläge, insbesondere auf Einrichtungen mit Symbolcharakter, nicht auszuschließen sind und in unregelmäßigen Abständen auch stattfinden. Hierzu ist auszuführen, dass die weltweit zu verzeichnende Zunahme von Terroranschlägen für sich alleine betrachtet noch nicht die Schlussfolgerung zu tragen vermag, dass die Ausweisung in einen von Terroranschlägen betroffenen Staat automatisch gegen Art. 3 EMRK verstoßen würde bzw. für den Betroffenen unzumutbar wäre. Die verzeichneten Anschläge ereignen sich hauptsächlich im Nahebereich staatlicher Einrichtungen und richten sich mehrheitlich gezielt gegen die Regierung und internationale Organisationen sowie Restaurants, Hotels oder ähnliche Einrichtungen, in denen vorwiegend ausländische Personen verkehren. Die genannten Gefährdungsquellen sind in reinen Wohngebieten nicht anzunehmen, weshalb die Sicherheitslage in der Stadt Mazar-e Sharif nach wie vor als ausreichend sicher zu bewerten ist.

Auch wenn die Verwirklichung grundlegender sozialer und wirtschaftlicher Bedürfnisse, wie etwa der Zugang zu Arbeit, Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung häufig nur sehr eingeschränkt möglich ist, so ist die Versorgung der afghanischen Bevölkerung in diesen Städten dennoch zumindest grundlegend gesichert.

Laut den Richtlinien des UNHCR müssen die schlechten Lebensbedingungen sowie die prekäre Menschenrechtslage von intern vertriebenen afghanischen Staatsangehörigen bei der Prüfung der Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative berücksichtigt werden, wobei angesichts des Zusammenbruchs des traditionellen sozialen Gefüges der Gesellschaft auf Grund jahrzehntelang währender Kriege, massiver Flüchtlingsströme und interner Vertreibung hierfür jeweils eine Einzelfallprüfung notwendig ist (zur Indizwirkung von UNHCR-Richtlinien vgl. u.a. VwGH 10.12.2014, Ra 2014/18/0103).

Wie festgestellt wurde, ist der Beschwerdeführer gesund, arbeitsfähig sowie im erwerbsfähigen Alter. Er hat in Afghanistan zwar lediglich vier bis fünf Jahre die Koranschule besucht und nebenbei in der Küche einer Polizeistation mitgeholfen; dieser Job wurde ihm von seinem Cousin vermittelt. Während seines sechsmonatigen Aufenthalts in der Türkei hat der Beschwerdeführer Rückleuchten von Autos repariert und verfügt er daher über Erfahrung als Hilfsarbeiter. Der Beschwerdeführer gehört auch keinem Personenkreis an, von dem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, die ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann. Zudem ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer über ein familiäres Netzwerk in Afghanistan verfügt. Die Mutter und die Geschwister des Beschwerdeführers sowie mehrere Onkel und Tanten leben nach wie vor in der Provinz Baghlan. Eine Tante des Beschwerdeführers lebt in Kabul. Der Beschwerdeführer steht in Kontakt mit seiner in Afghanistan lebenden Familie. Der Beschwerdeführer hat zwar noch nie in der Stadt Mazar-e Sharif gelebt, es ist aber davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer in Mazar-e Sharif innerhalb kurzer Zeit Ortskenntnisse aneignen kann. Der Beschwerdeführer kann auch Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen. Es ist deshalb auch nicht zu befürchten, dass er bereits unmittelbar nach seiner Rückkehr und noch bevor er in der Lage wäre, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen, in eine existenzbedrohende bzw. wirtschaftlich ausweglose Lage geraten würde.

In Zusammenschau ergibt sich, dass für den Beschwerdeführer die Möglichkeit für eine den durchschnittlichen afghanischen Verhältnissen entsprechende einfache Lebensführung realistisch ist und keine konkreten Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre. Unter diesen Gesichtspunkten kann davon ausgegangen werden, dass er auch nach seiner Rückkehr in seine Heimat in der Lage sein wird, sich seinen Lebensunterhalt zu sichern.

Dem Beschwerdeführer ist es daher aufgrund der dargelegten Umstände möglich, sich im Mazar-e Sharif - etwa auch durch Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten, wie er es auch bereits in der Türkei gemacht hat - eine Existenz aufzubauen und diese zu sichern sowie eine (einfache) Unterkunft zu finden. Dafür, dass der Beschwerdeführer in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse (z.B. Nahrung, Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre, gibt es keine hinreichenden Anhaltspunkte.

Der Beschwerdeführer hat auch nicht mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos dargelegt, dass gerade ihm im Falle einer Rückführungsmaßnahme eine Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (VwGH 19.0.2017, Ra 2017/19/0095).

Unter Berücksichtigung der Länderberichte und der persönlichen Situation des Beschwerdeführers ist in einer Gesamtbetrachtung nicht zu erkennen, dass er im Fall seiner Abschiebung nach Afghanistan und einer Ansiedlung in der Stadt Mazar-e Sharif in eine ausweglose Lebenssituation geraten und real Gefahr laufen würde, eine Verletzung seiner durch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der durch die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention geschützten Rechte zu erleiden. Es liegen keine exzeptionellen Gründe vor, die einer Ansiedlung in der Stadt Mazar-e Sharif entgegenstehen würden. Die Prüfung der maßgeblichen Kriterien führt im konkreten Fall zu dem Ergebnis, dass dem Beschwerdeführer eine Ansiedlung in der Stadt Mazar-e Sharif möglich und auch zumutbar ist.

Tatsächlich ist den aktuellen UNHCR Richtlinien vom 30.08.2018 zu entnehmen, dass junge alleinstehende Männer, ohne besondere Vulnerabilität, sich auch ohne familiäre Unterstützung in urbanen oder semi-urbanen Gebieten mit ausreichender Infrastruktur und unter staatlicher Kontrolle niederlassen können. Eine solche Infrastruktur und staatliche Kontrolle ist in der Stadt Mazar-e Sharif vorhanden, sodass nach den aktuellen UNHCR-Richtlinien eine Ansiedlung des Beschwerdeführers in der Stadt Mazar-e Sharif möglich und auch zumutbar ist.

Das Gericht verkennt zwar nicht, dass aufgrund einer Trockenperiode (Dürre) derzeit die Situation in den Provinzen Herat und Balkh angespannt ist und es zu Wasserknappheit und einer unzureichenden Wasser- bzw. Lebensmittelversorgung im Umland von Mazar-e Sharif und in den ländlichen Gebieten der Provinz Herat kommt. Jedoch ist den Länderberichten nicht zu entnehmen, dass die Grundversorgung der Bevölkerung (mit Nahrungsmittel und Trinkwasser) in den Städten Mazar-e Sharif und Herat generell nicht mehr gewährleistet oder das Gesundheitsversorgungssystem zusammengebrochen wäre. Weder wird in den in das Verfahren eingeführten Berichten eine bestehende (oder unmittelbar drohende) Hungersnot noch eine (herannahende) humanitäre Katastrophe in den Städten Mazar-e Sharif und Herat geschildert.

Auch wenn die Verwirklichung grundlegender sozialer und wirtschaftlicher Bedürfnisse, wie etwa der Zugang zu Arbeit, Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung aufgrund der aktuellen Dürre daher nur sehr eingeschränkt möglich ist, so ist der Zugang zu Unterkunft, grundlegender Versorgung wie sanitärer Infrastruktur, Gesundheitsdiensten und Bildung sowie Erwerbsmöglichkeiten in der Stadt Mazar-e Sharif grundsätzlich gegeben.

Die Situation aufgrund der Dürre in der Stadt Mazar-e Sharif ist daher nicht so gelagert, dass schon alleine die Rückkehr eines Asylwerbers dorthin eine ernsthafte Bedrohung für die durch Art. 3 EMRK geschützten Rechte bedeuten würde.

Die Rückverbringung des Beschwerdeführers nach Afghanistan steht daher nicht im Widerspruch zu § 8 Abs. 1 AsylG 2005, weshalb dem Beschwerdeführer nach den genannten Bestimmungen der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan nicht zuzuerkennen ist.

Spruchpunkt III. und IV. des Bescheides - Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß dem 7. Hauptstück des AsylG - Rückkehrentscheidung - Zulässigkeit der Abschiebung

Gemäß § 10. Abs. 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wird sowie kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG vorliegt.

Gemäß dem 7. Hauptstück des AsylG kann an einen Drittstaatangehörigen aus berücksichtigungswürdigen Gründen ein "Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK" (§ 55 AsylG), ein "Aufenthaltstitel in besonders berücksichtigungswürdigen Gründen" (§ 56 AsylG) oder eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" (§ 57 AsylG) erteilt werden.

Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 Abs. 1 AsylG

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG liegen nicht vor, da der Aufenthalt des Beschwerdeführers weder gemäß § 46a FPG geduldet ist noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist noch der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt iSd § 57 Abs. 1 Z 3 FPG wurde. Weder hat der Beschwerdeführer das Vorliegen eines der Gründe des § 57 FPG behauptet, noch kam ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Sachverhaltes im Ermittlungsverfahren hervor.

Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK iVm § 55 AsylG

Der Beschwerdeführer hat keine Familienangehörigen oder Verwandten in Österreich.

Es ist zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer ein geschwächtes Interesse am Aufrechterhalten der privaten Kontakte in Österreich hat, da er sich bei allen seinen Integrationsschritten des unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste. Somit folgt, dass ihm auch aus diesem Grund keine Aufenthaltsberechtigung nach dieser Bestimmung zu erteilen war.

Aufenthaltstitel in besonders berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 56 AsylG

Weder hat der Beschwerdeführer behauptet einen Antrag gemäß § 56 AsylG gestellt zu haben, noch kam ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Antrages im Ermittlungsverfahren hervor. Der Beschwerdeführer verfügt zudem über keinen 5-jährigen Aufenthalt im Bundesgebiet, sodass ihm auch aus diesem Grund keine Aufenthaltsberechtigung nach dieser Bestimmung zu erteilen war.

Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG

Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (§ 9 Abs. 1 BFA-VG).

Gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet abzusprechen, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann von Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre. (§ 9 Abs. 3 BFA-VG).

Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten iSd § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005, sondern zB. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.3.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

Der Beschwerdeführer verfügt im Bundesgebiet über keine familiären Anknüpfungspunkte. Ein schützenswertes Familienleben im Bundesgebiet im oben dargestellten Sinn liegt daher jedenfalls nicht vor.

Weiters ist zu prüfen, ob mit einer Rückkehrentscheidung in das Privatleben des Beschwerdeführers eingegriffen wird und bejahendenfalls, ob dieser Eingriff eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist (Art. 8 Abs. 2 EMRK).

Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EuGRZ 2006, 554, Sisojeva ua. vs. Lettland). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, in ÖJZ 2007, 852 ff, aber auch VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479, wonach ein dreijähriger Aufenthalt "jedenfalls" nicht ausreichte, um daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abzuleiten, so im Ergebnis auch VfGH 12.06.2013, U485/2012). Die Umstände, dass ein Fremder perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, stellen keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale dar (Hinweis E 26. November 2009, 2008/18/0720). Auch die strafgerichtliche Unbescholtenheit (vgl. § 66 Abs. 2 Z. 6 FrPolG 2005) vermag die persönlichen Interessen des Fremden nicht entscheidend zu stärken (VwGH 25.02.2010, Zl. 2010/18/0029). Vom Verwaltungsgerichtshof wurde im Ergebnis auch nicht beanstandet, dass in Sprachkenntnissen und einer Einstellungszusage keine solche maßgebliche Änderung des Sachverhalts gesehen wurde, die eine Neubeurteilung im Hinblick auf Art. 8 MRK erfordert hätte (vgl. VwGH 19.11.2014, Zl. 2012/22/0056; VwGH 19.11.2014, Zl. 2013/22/0017).

In seiner davor erfolgten Entscheidung Nnyanzi gegen United Kingdom vom 08.04.2008 (Nr. 21878/06) kommt der EGMR zu dem Ergebnis, dass bei der vorzunehmenden Interessensabwägung zwischen dem Privatleben des Asylwerbers und dem staatlichen Interesse eine unterschiedliche Behandlung von Asylwerbern, denen der Aufenthalt bloß aufgrund ihres Status als Asylwerber zukommt, und Personen mit rechtmäßigem Aufenthalt gerechtfertigt sei, da der Aufenthalt eines Asylwerbers auch während eines jahrelangen Asylverfahrens nie sicher ist. So spricht der EGMR in dieser Entscheidung ausdrücklich davon, dass ein Asylweber nicht das garantierte Recht hat, in ein Land einzureisen und sich dort niederzulassen. Eine Abschiebung ist daher immer dann gerechtfertigt, wenn diese im Einklang mit dem Gesetz steht und auf einem in Art 8 Abs. 2 EMRK angeführten Grund beruht. Insbesondere ist nach Ansicht des EGMR das öffentliche Interesse jedes Staates an einer effektiven Einwanderungskontrolle jedenfalls höher als das Privatleben eines Asylwerbers; auch dann, wenn der Asylwerber im Aufnahmestaat ein Studium betreibt, sozial integriert ist und schon 10 Jahre im Aufnahmestaat lebte.

Der Beschwerdeführer hält sich seit 19.03.2015 im Bundesgebiet auf und ist illegal in das Bundesgebiet eingereist. Er hat seinen Aufenthalt auf einen letztlich erfolglosen Asylantrag gestützt.

Zur Integration des Beschwerdeführers in Österreich ist wie folgt auszuführen: Der Beschwerdeführer hat mehrere Deutschkurse besucht und eine Deutschprüfung auf dem Niveau A2 abgelegt. Er hat vom 14.09.2015 bis 08.07.2016 die Neue Mittelschule Kremsmünster als außerordentlicher Schüler besucht. Im Zeitraum 14.11.2016 bis 17.02.2017 hat er den "Lehrgang für Jugendliche ohne Kenntnisse der Unterrichtsprache Deutsch zur Absolvierung des Pflichtschulabschlusses" besucht. Der Beschwerdeführer hat am 08.06.2017 einen Werte- und Orientierungskurs besucht. Er hat am "Wertedialog" teilgenommen und war seit 13.11.2016 ordentliches Mitglied beim Sportverein TuS Kremsmünster Sektion Faustball. Abgesehen davon konnte er keine Integrationsschritte vorweisen. Es ist darauf hinzuweisen, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers bloß aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber rechtmäßig war. Dies musste dem Beschwerdeführer bewusst gewesen sein, weswegen eingegangene Bindungen im Bundesgebiet nicht schwer wiegen können. Auch die Dauer des Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet seit März 2015 ist nicht als derart lang zu bezeichnen, dass dieser ausreichend ins Gewicht fallen könnte. Eine darüberhinausgehende Integration ist nicht hervorgekommen und unter Abwägung der Interessen und in wertender Gesamtschau überwiegen allerdings die öffentlichen Interessen, die gegen einen Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich sprechen. Von einer langjähren und/oder entsprechend tief verfestigten Sozialisation in Österreich kann bei der vorliegenden Aufenthaltsdauer, auch unter Berücksichtigung der nachgewiesenen Aktivitäten in Österreich, nicht gesprochen werden.

Auch aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer seit 30.03.2018 über keinen Wohnsitz in Österreich mehr verfügt, kann von keiner

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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