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19/05 Menschenrechte;Norm
AufG 1992 §5 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 98/19/0100 98/19/0101 98/19/0102Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerden 1.) des 1985 geborenen YR,
2.)
der 1962 geborenen VR, 3.) der 1991 geborenen KR und
4.)
der 1988 geborenen MR, alle in Wien, alle vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres jeweils vom 27. November 1997, Zlen. 1.) 123.066/4-III/11/97, 2.) 123.066/3-III/11/97,
3.) 123.066/5-III/11/97 und 4.) 123.066/2-III/11/97, jeweils betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit den im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheiden des Bundesministers für Inneres wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung unter anderem gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 6 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde in Ansehung dieses Versagungsgrundes in den angefochtenen Bescheiden im wesentlichen gleichlautend aus, die Beschwerdeführer seien nach der auf ihren eigenen Angaben beruhenden Aktenlage mit einem Touristensichtvermerk eingereist und hätten ihren damit begonnenen Aufenthalt mit dem vorliegenden Antrag auf Aufenthaltsbewilligung verlängern wollen. Der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG liege vor. Die Erteilung einer Bewilligung sei gemäß § 5 Abs. 1 AufG ausgeschlossen.
Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden, nach Ablehnung ihrer Behandlung durch den Verfassungsgerichtshof dem Verwaltungsgerichtshof abgetretenen Beschwerden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen, persönlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 5 Abs. 1 AufG lautete:
"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."
§ 10 Abs. 1 Z. 6 FrG lautete:
"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn
...
6. der Sichtvermerk zeitlich an einen Touristensichtvermerk anschließen oder nach sichtvermerksfreier Einreise (§ 12 Aufenthaltsgesetz oder § 14) erteilt werden soll;"
Die Beschwerdeführer bringen vor, die Zweitbeschwerdeführerin sei die Mutter der übrigen Beschwerdeführer. Die Zweitbeschwerdeführerin sei Tochter einer österreichischen Staatsbürgerin und eines irakischen Staatsbürgers. Sie habe ihr Leben teilweise im Irak und teilweise in Österreich verbracht. Sie spreche einwandfrei deutsch und sei in Österreich voll integriert. Ihre Eltern lebten im Irak. Sie beabsichtigten jedoch, nach Österreich zu übersiedeln. Die Beschwerdeführerin habe den Irak schon vor ihren Eltern verlassen müssen, weil sie dort unter unzumutbaren Verhältnissen hätte leben müssen. Als Christin sei sie im "militant-islamischen Irak" einer ständigen Folge von Demütigungen und Benachteiligungen ausgesetzt. Zur Zeit der Geburt der Beschwerdeführerin habe in bezug auf die österreichische Staatsbürgerschaft noch das österreichische Vaterrecht gegolten, sodaß sie die österreichische Staatsbürgerschaft ihrer Mutter nicht erhalten habe.
Mit diesem Vorbringen treten die Beschwerdeführer der maßgeblichen Annahme der belangten Behörde, sie seien mit Touristensichtvermerk in das Bundesgebiet eingereist und beabsichtigten, ihren damit begonnenen Aufenthalt mit den gegenständlichen Anträgen auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zu verlängern, nicht entgegen. Auf Basis dieser unbekämpften Bescheidannahme ist jedoch der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 6 AufG gegeben. Die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ist gemäß § 5 Abs. 1 AufG ausgeschlossen.
Die Beschwerdeführer vertreten die Auffassung, das österreichische Staatsbürgerschaftsgesetz habe zur Zeit der Geburt der Zweitbeschwerdeführerin gegen das "Diskriminierungsverbot des Art. 7 B-VG" verstoßen. Bei verfassungskonformer Interpretation des Staatsbürgerschaftsgesetzes sei die Zweitbeschwerdeführerin daher als österreichische Staatsbürgerin zu betrachten.
Unabhängig von der Frage der Tragfähigkeit der gleichheitsrechtlichen Überlegungen der Beschwerdeführer könnte dieses Vorbringen ihren Beschwerden nicht zum Erfolg verhelfen, weil der Zweitbeschwerdeführerin, wäre sie einer österreichischen Staatsbürgerin gleichzuhalten, eine Aufenthaltsbewilligung nicht zu erteilen wäre. Sollten diese Überlegungen dahingehend zu verstehen sein, daß auch die übrigen Beschwerdeführer die Stellung österreichischer Staatsbürger besäßen, gälte diese Folgerung auch für sie. Hielte man lediglich die Zweitbeschwerdeführerin österreichischen Staatsbürgern gleich, so wäre für die übrigen Beschwerdeführer ebenfalls nichts gewonnen, weil der Ausschließungsgrund des § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG auch für den Familiennachzug zu österreichischen Staatsbürgern Gültigkeit hat.
Insofern die Beschwerdeführer sich auf Art. 8 MRK berufen, ist ihnen zu entgegnen, daß bei einer auf § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG gestützten Entscheidung eine Bedachtnahme auf private und familiäre Interessen des Fremden aus den im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Juli 1993, Slg. Nr. 13.497, genannten Gründen nicht in Betracht kommt.
Wenn die Beschwerdeführer den Verwaltungsbehörden eine Verletzung des § 13a AVG vorwerfen, so ist ihnen zu entgegnen, daß die Beratung von Verfahrensparteien in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu den Pflichten der Behörde zählt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1989, Zl. 89/03/0241). Die Aufenthaltsbehörden waren daher nicht verpflichtet, die Beschwerdeführer anläßlich ihrer Antragstellung darüber zu belehren, daß die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung im Anschluß an einen mit einer Einreise mit Touristensichtvermerk begonnenen Aufenthalt nicht zulässig ist.
Insoweit sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht gemäß § 47 Abs. 3 FrG und § 49 Abs. 1 FrG verletzt erachten, ist ihnen zu entgegnen, daß eine derartige Rechtsverletzung durch einen den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung versagenden Bescheid nicht erfolgen kann.
Wenn die Beschwerdeführer schließlich die Auffassung vertreten, sie seien in ihren Rechten nach § 37 FrG verletzt, so ist ihnen zu entgegnen, daß das Vorliegen der in § 37 Abs. 1 FrG umschriebenen Umstände nicht zur Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung trotz Vorliegens des Ausschließungsgrundes nach § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG führen kann. Derartige Umstände wären in einem Asylverfahren oder aber mit Anträgen gemäß § 36 Abs. 2 bzw. § 54 FrG geltend zu machen gewesen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1997, Zlen. 96/19/3402,
AW 96/19/1873).
Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerden erkennen läßt, daß die von den Beschwerdeführern behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, waren die Beschwerden ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, den Beschwerden die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998190099.X00Im RIS seit
02.05.2001