Entscheidungsdatum
04.12.2019Norm
AVG §35Spruch
W195 2224837-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael Sachs als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. XXXX, vertreten durch den Rechtsanwalt XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als die gegen den Beschwerdeführer verhängte Mutwillensstrafe gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 35 AVG in der Höhe von EUR 400,- festgesetzt wird.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
I.1. Der Beschwerdeführer, Staatsangehöriger von XXXX , stellte am XXXX , nachdem er zuvor illegal in das Bundesgebiet einreiste, einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend gab er dazu an, er sei Christ und gehöre der XXXX an. Als Prediger sei es seine Aufgabe auf den Marktplätzen usw. zu predigen. Der Beschwerdeführer sei von der Polizei attackiert worden, da er angeblich die Regierung in seinen Predigten kritisiert habe. Die Polizisten hätten ihn einmal geschlagen, Moslems hätten Steine auf ihn geworfen und darüber hinaus habe er Angst in XXXX von Moslems getötet zu werden. Der Beschwerdeführer sei seit 13 Jahren traditionell verheiratet und habe zwei Kinder.
Der Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom XXXX hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat XXXX abgewiesen. Es wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen, die Zulässigkeit der Abschiebung nach XXXX ausgesprochen, wobei keine Frist für die freiwillige Ausreise festgesetzt wurde.
Mit Erkenntnis vom XXXX wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde als unbegründet ab.
I.2. Der Beschwerdeführer verblieb in der Folge trotz rechtskräftiger Rückkehrentscheidung illegal im österreichischen Bundesgebiet und brachte am XXXX einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK ein.
Mit Bescheid des BFA vom XXXX wurde der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK abgewiesen, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung nach XXXX zulässig ist. Die Frist für die freiwillige Ausreise betrug zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung. In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die durchgeführte Interessensabwägung betreffend das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens zugunsten der öffentlichen Interessen ausgefallen sei.
Die gegen den Bescheid eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX als unbegründet abgewiesen.
I.3. Zudem stellte der Beschwerdeführer am XXXX einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz.
Bei seiner Einvernahme durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab er an, dass er von Beruf Prediger und seit acht Jahren homosexuell sei. In XXXX habe er einen festen Freund gehabt, welcher im Dezember XXXX von der Polizei festgenommen worden sei und ihn verraten habe. Bei einer Rückkehr nach XXXX sei sein Leben in Gefahr, da es dort verboten sei, homosexuell zu sein.
In Folge wurde mit Bescheid des BFA vom XXXX der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung internationalen Schutzes hinsichtlich des Status des Asylberechtigten bzw. des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen, festgestellt, dass eine Abschiebung nach XXXX zulässig ist und festgehalten, dass keine Frist für eine freiwillige Ausreise besteht.
Die gegen den Bescheid erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom XXXX abgewiesen. Begründend wird darin ausgeführt, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich der Verfolgung in XXXX aufgrund seiner angeblichen Homosexualität keinen glaubhaften Kern aufweise. Weiters habe sich die individuelle Situation für den Beschwerdeführer hinsichtlich seines Herkunftsstaates XXXX nicht in einem Umfang verändert, dass von einer wesentlichen Änderung des Sachverhaltes auszugehen sei. Es liege daher eine entschiedene Sache vor, über welche nicht neuerlich meritorisch zu entscheiden sei.
I.4. Schließlich stellte Beschwerdeführer am XXXX einen dritten Antrag auf internationalen Schutz.
Bei seiner Einvernahme durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag führte der Beschwerdeführer hinsichtlich neuer Fluchtgründe aus, dass er homosexuell sei und er von der Polizei gesucht werde, da Homosexualität in seiner Heimat verboten sei. Er sei in seiner Heimat in Gefahr und werde dort inhaftiert und möglicherweise getötet.
In den Einvernahmen vor dem BFA am XXXX sowie am XXXX gab er an, seit über 10 Jahren homosexuell zu sein und sein Freund in XXXX sei deswegen festgenommen worden. Dieser Freund habe den Namen des Beschwerdeführers verraten und darüber hinaus sei er Organisator einer homosexuellen Organisation. Auch Moslems hätten daher mit dem Beschwerdeführer ein Problem, da er muslimische Jungs in seiner Organisation aufgenommen habe. Außerdem besuche er seit zwei Monaten eine Diskothek für homosexuelle Männer.
Der Antrag wurde vom BFA mit Bescheid vom XXXX hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt sowie eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass eine Abschiebung nach XXXX zulässig ist.
I.5. In Folge verhängte das BFA über den Beschwerdeführer mit Bescheid vom XXXX eine Mutwillensstrafe in Höhe von EUR 500,00. In der Begründung wird dazu näher ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer durch die unbegründeten Asylantragstellungen ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht gemäß § 13 AsylG erschlichen und somit offensichtlich Asylmissbrauch betrieben habe. Aus der Chronologie der Fakten in Verbindung mit den eigenen Angaben des Beschwerdeführers XXXX könne die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die Asylantragstellung ausschließlich dem Zweck der Erlangung sozialer Unterstützungen in Österreich diene, weshalb die Behörde davon ausgehen müsse, dass dieser Antrag offensichtlich einen Missbrauch des Asylverfahrens darstelle. Durch das rechtsmissbräuchliche prozessuale Verhalten, das sowohl die personellen als auch die finanziellen Ressourcen der belangten Behörde erheblich belaste, habe sich der Beschwerdeführer eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet als auch Leistungen aus der Grundversorgung (Krankenversicherung) erschlichen. Auch der verursachte Vermögensschaden auf Seiten des Bundes als Rechtsträger sei zu berücksichtigen sowie der schädliche Effekt auf die Verfahrensdauer in den Verfahren über Anträge anderer Asylwerber.
I.6. Gegen die Verhängung der Mutwillensstrafe richtet sich die vom Beschwerdeführer, gegenständlich erhobene Beschwerde vom XXXX . Darin wird ausgeführt, dass der Bescheid des dritten Asylantrages dem Rechtsvertreter nicht zugestellt worden sei, obwohl der Rechtsvertreter selbst ein Schreiben an die belangte Behörde mit XXXX gerichtet habe. Unabhängig davon seien die Voraussetzungen für eine Mutwillensstrafe nicht gegeben. Die von der Behörde offenbar angenommene mutwillige Inanspruchnahme durch Stellung des dritten Antrages liege nicht vor. Die Behörde bedenke nämlich nicht, dass der Beschwerdeführer als homosexuell veranlagter Mann bei dem offenbar seine Veranlagung auch schon aufgefallen sei, in XXXX , wie in anderen Staaten Afrikas auch, mit erheblicher Diskriminierung bis hin zur Lynchjustiz und/oder Inhaftierung mit aufgrund schlimmer Haftbedingungen langsam eintretenden Todes konkret zu rechnen habe. Der erheblichen Verfolgungsgefahr sei zwar zuletzt die Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers entgegengehalten worden, allerdings habe das Gericht auch zugestanden, dass "es für Beschwerdeführer manchmal schwer sein dürfte sich zu öffnen und persönliche Informationen wie die eigene sexuelle Orientierung bekanntzugeben, da sie aus einem ganz anderen sozialen und kulturellen Umfeld stammen". Das sei beim Beschwerdeführer der Fall, sodass nunmehr im laufenden dritten Asylverfahren sehr wohl eine andere Einschätzung der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers erfolgen könne. Es sei daher keineswegs missbräuchlich einen weiteren Asylantrag zu stellen, zumal auch inhaltlich nur der erste Asylantrag behandelt worden sei und der Beschwerdeführer in diesem Verfahren seine Homosexualität nicht erwähnt habe. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass mit dem Vorwurf des Missbrauchs mit äußerster Vorsicht umzugehen sei und nur dann am Platz sei, wenn für das Verhalten einer Partei nach dem Gesamtbild der Verhältnisse keine andere Erklärung bleibe. Im Fall des Beschwerdeführers sei die "andere Erklärung", nämlich Schutz vor Verfolgung in seiner Heimat zu finden, evident und eine Bestrafung daher unzulässig.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer ist am XXXX geboren und Staatsangehöriger von XXXX .
1.2. Den ersten Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes stellte der Beschwerdeführer am XXXX . Mit Bescheid des BFA vom XXXX wurde der Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen, gleichzeitig eine Rückkehrentscheidung getroffen sowie die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach XXXX ausgesprochen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX als unbegründet abgewiesen.
1.3 Trotz rechtskräftiger Rückkehrentscheidung verblieb der Beschwerdeführer im österreichischen Bundesgebiet und brachte am XXXX einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK ein. Mit Bescheid des BFA vom XXXX wurde der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK abgewiesen und erneut eine Rückkehrentscheidung erlassen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX als unbegründet abgewiesen.
1.4. In weiterer Folge stellte der Beschwerdeführer am XXXX einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Begründend führte der Beschwerdeführer dazu - kurz zusammengefasst - aus, dass er homosexuell sei und ihm daher in seinem Heimatstaat Verfolgung drohen würde.
Mit Bescheid des BFA vom XXXX wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, eine neuerliche Rückkehrentscheidung erlassen sowie wiederum festgestellt, dass eine Abschiebung nach XXXX zulässig ist und festgehalten, dass keine Frist für eine freiwillige Ausreise besteht.
Die gegen den Bescheid erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom XXXX abgewiesen. Begründend wird darin ausgeführt, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich der Verfolgung in XXXX aufgrund seiner angeblichen Homosexualität keinen glaubhaften Kern aufweise und habe sich die individuelle Situation für den Beschwerdeführer hinsichtlich seines Herkunftsstaates XXXX nicht in einem Umfang verändert, dass von einer wesentlichen Änderung des Sachverhaltes auszugehen sei, daher liege eine entschiedene Sache vor.
1.5. Schließlich stellte der Beschwerdeführer am XXXX einen dritten Antrag auf internationalen Schutz und führte dazu im Wesentlichen begründend wie im Antrag vom XXXX aus, dass er homosexuell sei und daher in seinem Heimatstaat verfolgt werden würde.
Das BFA wies mit Bescheid vom XXXX den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück, erließ gleichzeitig eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass eine Abschiebung nach XXXX zulässig ist. Der Bescheid wurde dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers per Adresse XXXX am XXXX per RSa Brief übermittelt, bei der Post-Geschäftsstelle XXXX hinterlegt und eine Verständigung über die Hinterlegung in der Abgabeeinrichtung eingelegt. Am XXXX wurde der Bescheid an das BFA rückübermittelt.
1.6. Der Beschwerdeführer stellte sohin einen unbegründeten Antrag auf internationalen Schutz und war auch nicht gewillt nach negativem Ausgang des ersten und zweiten Antrages auf internationalen Schutz sowie nach dem abgewiesenen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK freiwillig das Bundesgebiet zu verlassen.
1.7. Der Beschwerdeführer stellte den Antrag auf internationalen Schutz im Bewusstsein der Grund- und Aussichtslosigkeit, da ihm dabei zweifellos bewusst gewesen sein muss, dass der vorliegende Tatbestand der Homosexualität nach der bereits zurückgewiesenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX keinen Grund für einen dritten Antrag auf internationalen Schutz gab.
1.8. Abschließend ist festzustellen, dass der Beschwerdeführer keiner Erwerbstätigkeit nachgeht und sich seit XXXX durchgehend bis Mitte Juni XXXX in der Grundversorgung befand sowie zuletzt bis Ende Juli XXXX mitunter Leistungen aus der Grundversorgung bezogen hat (Entlassungsgrund Standeskontrolle nicht anwesend).
2. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt beruht auf den von der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen, beinhaltet insbesondere die Niederschriften der Einvernahmen des Beschwerdeführers durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vom XXXX sowie vor dem BFA vom XXXX und XXXX , den Bescheid der Verhängung der Mutwillensstrafe des BFA vom XXXX sowie die verfahrensgegenständliche Beschwerde an das BVwG vom XXXX . Darüber hinaus wurde eine Abfrage der elektronischen Verfahrensadministration des Bundesverwaltungsgerichtes zu den Verfahren des Beschwerdeführers Zlen. XXXX sowie XXXX durchgeführt. Der Sachverhalt ist unstrittig und im für eine Beurteilung erforderlichen Ausmaß dargetan, weshalb von weiteren Erhebungen (insbesondere im Rahmen einer mündlichen Verhandlung) abgesehen werden konnte.
Es liegen keine Gründe vor an den Ausführungen der rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX zu zweifeln, wonach das Vorbringen des Beschwerdeführers bezugnehmend auf seine Homosexualität keinen glaubhaften Kern aufweise und als unglaubwürdig zu qualifizieren sei. Sowohl das BFA als auch das Bundesverwaltungsgericht führten ausreichend umfassend und in stringenter, verständlicher Form aus, dass sich die Sach- und Rechtslage in Bezug auf den ersten Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers nicht geändert hat. Auch im dritten Antrag auf internationalen Schutz vom XXXX wurden seitens des Beschwerdeführers dieselben Argumente wie jene im zweiten Antrag vom XXXX (rechtskräftige Entscheidung des BVwG am XXXX ) vorgebracht.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A)
3.1. Zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides:
§ 35 AVG lautet:
"Gegen Personen, die offenbar mutwillig die Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder in der Absicht einer Verschleppung der Angelegenheit unrichtige Angaben machen, kann die Behörde eine Mutwillensstrafe bis 726 Euro verhängen."
Die Verhängung der Mutwillensstrafe soll die Behörde vor Behelligung, als auch die Partei aber vor Verschleppung der Sache schützen (VwGH 22.1.1930, 439/29, VwSlg. 15960 A, ebenso 24.3.1997, 95/19/1705, oder 23.3.1999, 97/19/0022).
Bei der Mutwillensstrafe gemäß § 35 AVG, handelt es sich wie bei der Ordnungsstrafe nach § 34 AVG, nicht um die Ahndung eines Verwaltungsdeliktes, sondern um ein Mittel zur Sicherung einer befriedigenden, würdigen und rationellen Handhabung des Verwaltungsverfahrens, sohin um ein Disziplinarmittel. Das Verwaltungsstrafgesetz im Verfahren betreffend die Verhängung von Mutwillensstrafen findet daher grundsätzlich keine Anwendung, mit Ausnahme der in § 36 AVG ausdrücklich vorgesehenen Vorschriften über den Strafvollzug (§§ 53 bis 54d VStG). Daraus folgt, dass weder Bestimmungen über die Strafbemessung, über die Verjährung oder die Sprucherfordernisse hinsichtlich der Umschreibung der Tat, noch die Verjährungsbestimmungen des bürgerlichen Rechtes im Bereich des öffentlichen Rechtes unmittelbar oder analog anwendbar sind. Dahinter steckt auch die verfolgte Absicht des Gesetzgebers das Verwaltungsverfahren zu beschleunigen (vgl. VwGH 4.09.1973, 1665/72, VwSlg. Nr. 8448 A/1973, 30.05.1994, 92/10/0469, VwSlg 14.064 A/1994; 20.05.2009, 2007/07/0119; Hengstschläger/Leeb, AVG § 35, Rz 1 und 6).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt mutwillig im Sinne des § 35 AVG, wer sich im Bewusstsein der Grund- und Aussichtslosigkeit, der Nutz- und Zwecklosigkeit seines Anbringens an die Behörde wendet, sowie wer aus Freude an der Behelligung der Behörde handelt. Darüber hinaus verlangt das Gesetz aber noch, dass der Mutwille offenbar ist; dies ist dann anzunehmen, wenn die wider besseren Wissens erfolgte Inanspruchnahme der Behörde unter solchen Umständen geschieht, dass die Aussichtslosigkeit, den angestrebten Erfolg zu erreichen, für jedermann erkennbar ist (VwGH 18.4.1997, 95/19/1707; 27.5.1999, 97/02/0345; 16.2.2012, 2011/01/0271; vgl. hiezu auch Hengstschläger/Leeb, AVG § 35, Rz 2).
Strafbar gemäß § 35 AVG ist jede (prozessfähige) "Person", welche die Behörde offenbar mutwillig in Anspruch genommen hat (das Anbringen eingebracht) [vgl. VwGH 24.3.1997, 95/19/1705; 18.4.1997, 95/19/1707] oder in Verschleppungsabsicht dieser gegenüber unrichtige Angaben gemacht hat. Dabei kann es sich nur um Menschen handeln, welche an die Behörde herantreten oder auf die sich eine Amtshandlung bezieht, nicht hingegen um Organwalter der den Bescheid erlassenden Behörde.
Strafbarer Mutwille bei Antragstellung hat das Bewusstsein von der Grundlosigkeit dieses Antrags zur Voraussetzung. Mutwillig wird ein Antrag daher dann gestellt, wenn sich der Antragsteller wissentlich auf einen unrichtigen Tatbestand stützt oder wenn es zweifellos und auch im bewusst ist, dass der vorliegende Tatbestand keinen Grund für einen Antrag gibt (vgl. VwGH 08.11.2011, 97/21/0023).
Mit dem Vorwurf des Missbrauchs von Rechtsschutzeinrichtungen ist mit äußerster Vorsicht umzugehen. Ein derartiger Vorwurf ist nur dann am Platz, wenn für das Verhalten einer Partei nach dem Gesamtbild der Verhältnisse keine andere Erklärung bleibt; die Verhängung einer Mutwillensstrafe kommt demnach lediglich im "Ausnahmefall" in Betracht (vgl. VwGH 29.06.1998, 98/10/0183 VwSlg. 18.337 A/2012; 21.05.2019, Ra 2018/19/0466).
Am XXXX stellte der Beschwerdeführer den insgesamt dritten Antrag auf internationalen Schutz. Der Beschwerdeführer führte bei der Begründung des geltend gemachten neuen Fluchtgrundes dieselben Gründe wie im zweiten Antrag auf internationalen Schutz an. Bereits der zweite Antrag wurde wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG vom BFA zurückgewiesen und die unveränderte Sach- und Rechtslage vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom XXXX bestätigt.
Die Voraussetzungen zur Verhängung der Mutwillensstrafe gemäß § 35 AVG sind im vorliegenden Fall grundsätzlich gegeben:
Bei der Prüfung gemäß § 68 Abs. 1 AVG, ob eine relevante Sachverhaltsänderung behauptet wird, ist - nach wie vor - die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum "glaubhaften Kern" maßgeblich. Danach kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtliche Relevanz zukäme. Die Behörde hat sich mit der behaupteten Sachverhaltsänderung bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit der (neuerlichen) Antragstellung insoweit auseinander zu setzen, als von ihr - gegebenenfalls auf der Grundlage eines durchzuführenden Ermittlungsverfahrens - festzustellen ist, ob die neu vorgebrachten Tatsachen zumindest einen (glaubhaften) Kern aufweisen, dem für die Entscheidung Relevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Antrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (vgl. VwGH 29.09.2010, 2007/10/0041).
Bereits den zweiten Antrag auf internationalen Schutz vom XXXX überprüfte die Behörde sowie auch anschließend umfassend das Bundesverwaltungsgericht dahingehend, ob das Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei homosexuell und daher in Gefahr in seinem Herkunftsstaat verfolgt zu werden, zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweist. Im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX wird ausführlich dargelegt, warum eine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage nicht erkennbar ist, insbesondere aus welchen Gründen das Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei homosexuell, nicht glaubwürdig ist (Erkenntnis Zl. XXXX, Seite 23f).
Trotz der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung des wegen entschiedener Sache zurückgewiesen Antrages stellte der Beschwerdeführer erneut am XXXX einen dritten Antrag auf internationalen Schutz und brachte abermals vor auf Grund seiner Homosexualität in seinem Herkunftsstaat verfolgt zu werden.
Gegenständlich liegt die strafbare offenbare Mutwilligkeit des prozessualen Verhaltens des Beschwerdeführers darin begründet, dass er den dritten Antrag auf internationalen Schutz vom XXXX im Bewusstsein der Grund- und Aussichtslosigkeit stellte, da es zweifellos und auch ihm bewusst sein musste, dass das nochmalige Vorbringen der Homosexualität keinen neuen Grund für einen dritten Antrag auf internationalen Schutz rechtfertigt, insbesondere auch im Hinblick darauf, dass knapp zwei Monate zuvor über dasselbe Vorbringen bzw. dieselben Fluchtgründe vom BFA bzw. vom Bundesverwaltungsgericht entschieden wurde und bereits in diesem Verfahren mangels geänderter Sach- und Rechtslage der Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache gemäß § 64 Abs. 1 AVG zurückgewiesen wurde.
Der Beschwerdeführer stütze sich im zweiten sowie auch im dritten Antrag auf internationalen Schutz auf den Fluchtgrund der Homosexualität und versuchte durch die Vorlage von Dokumenten als auch Fotos das Gericht davon zu überzeugen, diesem Tatbestand Glauben zu schenken. Das Bundesverwaltungsgericht stellte hinsichtlich der Beschwerde gegen die Abweisung des zweiten Antrages auf internationalen Schutz fest, dass der Beschwerdeführer zwar im gegenständlichen Verfahren erstmals angab, homosexuell zu sein, jedoch dieses Vorbringen keinen glaubhaften Kern aufweise und diesbezügliche Ausführungen unglaubwürdig seien. Somit wurde dargelegt, dass der Beschwerdeführer sich wissentlich auf einen unrichtigen Fluchtgrund stützte und mit der Stellung des dritten Antrages auf internationalen Schutz daher nunmehr bezweckt eine rasche Beendigung des Asylverfahrens zu vereiteln.
Es liegt im gegenständlichen Fall somit nahe, dass es sich bei dem Fluchtgrund der Homosexualität um eine reine Schutzbehauptung vor der Abschiebung handelt und um im österreichischen Bundesgebiet einen positiven Asylbescheid zu erwirken.
In Zusammenschau der chronologischen Hergänge der einzelnen Anträge auf internationalen Schutz sowie auch des Antrags gemäß Art. 8 EMRK und der jeweiligen Vorbringen des Beschwerdeführers in den genannten Verfahren, bleibt nach dem Gesamtbild der Verhältnisse keine andere Erklärung als der rechtsmissbräuchlichen Antragstellung im Bewusstsein der Grund- und Aussichtslosigkeit bzw. Zweck- und Nutzlosigkeit und kommt gerade in dieser Konstellation die Verhängung der Mutwillensstrafe im "Ausnahmefall" in Betracht.
Vor diesem Hintergrund sind die Voraussetzungen zur Verhängung der Mutwillensstrafe gemäß § 35 AVG grundsätzlich gegeben, da der Beschwerdeführer durch die wiederholte und drittmalige Antragstellung auf internationalen Schutz mit demselben Fluchtvorbringen die Tätigkeit der Behörde offenbar mutwillig wider besseren Wissens in Anspruch genommen hat.
Zur Höhe der verhängten Mutwillensstrafe ist auszuführen, dass diese, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Rahmen des Höchstbetrages in der Höhe von EUR 726,00, derart zu bemessen ist, dass der Täter von einem weiteren derartigen Fehlverhalten abgehalten wird (vgl. VwGH 15.12.1999, 98/12/0406).
Das Bundesverwaltungsgericht reduziert die vom BFA festgesetzte Strafhöhe auf Grund des vorsätzlichen, in rechtsmissbräuchlicher Absicht gestellten dritten Antrags auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers von EUR 500,-, in einem Ausmaß von EUR 100,-, somit auf EUR 400,-. da davon ausgegangen werden kann, dass vor dem Hintergrund der geforderten präventiven Wirkung der verhängten Mutwillensstrafe, die sich im Bagatellbereich befindende Höhe der Strafe und das gesetzte Verhalten in entsprechender Relation stehen, um zu verhindern, dass der Beschwerdeführer wiederum derartiges Verhalten setzt. Es wurde damit knapp die Hälfte des auszuschöpfenden Höchstbetrages festgesetzt.
Zu Lasten des Beschwerdeführers ist auch der von ihm verursachte Vermögensschaden auf Seiten des Bundes als Rechtsträger des BFA zu berücksichtigen. Durch die Stellung grundloser Asylanträge bezog der Beschwerdeführer während der von ihm mutwillig in Gang gesetzten Asylverfahren Leistungen aus der Grundversorgung und beanspruchte nicht nur personelle Ressourcen des BFA (und auch des BVwG), sondern wurde der Bund durch das gesetzte Verhalten zudem mit hohen Barauslagen belastet - die im Verhältnis zu einer nur geringfügigen Strafe in Höhe von EUR 400,- - stehen, die auch nicht gemäß § 70 AsylG 2005 auf den Beschwerdeführer überwälzt werden können. Im Hinblick auf das gesetzte Verhalten des Beschwerdeführers handelt es sich bei der Höhe der Mutwillensstrafe um eine Disziplinarstrafe im Bagatellbereich (vgl. § 25a Abs. 4 Z 2 VwGG).
Außerdem gilt es weiters zu beachten, dass sich das Verhalten des Beschwerdeführers durch die langjährige und über mehrere Rechtsgänge verlaufende, letztlich jedoch mutwillig erfolgte Inanspruchnahme von Behördenkapazitäten zwangsläufig zu Lasten redlicher Antragsteller auswirkt.
Diese Gesichtspunkte sind unter Beachtung der Regelungsintention des § 35 AVG bei der Bemessung der Strafhöhe als erschwerend zu werten. Strafmildernde Umstände gehen einzig in die Richtung, dass bisher noch keine Mutwillensstrafe über den Beschwerdeführer verhängt wurde, sodass eine Reduzierung auf EUR 400,- gerechtfertigt erscheint.
Aus dem Gesagten konnte auch die Einkommenssituation des Beschwerdeführers bei der Bemessung der Strafhöhe nicht weitergehend zu seinen Gunsten berücksichtigt werden. Dazu kommt, dass - nach Maßgabe des § 36 zweiter Satz AVG - § 19 Abs. 2 VStG nicht anwendbar ist. Es liegt auch sonst keine gesetzliche Grundlage vor, die es zwingend erfordern würde, die Einkommens- Vermögens- und Familienverhältnisse in die Strafbemessung einfließen zu lassen (VwGH 20.05.1994, 92/10/0469, VwSlg. 14.064 A/1994), dennoch erscheint die Reduzierung auf EUR 400,- somit knapp über der Hälfte des möglichen Strafrahmens im konkreten Einzelfalls angemessen.
3.3. Zur Abstandnahme von der mündlichen Verhandlung:
In Bezug darauf, dass nach § 24 Abs. 4 VwGVG das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen kann, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, weil das Gericht einerseits bereits einen dem angefochtenen Bescheid bzw. der Beschwerdevorentscheidung zugrunde gelegten Sachverhalt annehmen konnte, der mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin in Einklang ist (der Sachverhalt insoweit, soweit relevant, also unstrittig ist) bzw. soweit dem Vorbringen nicht gefolgt wurde, einen Sachverhalt annehmen konnte der von der Beschwerdeführerin nicht hinreichend substantiiert bestritten wurde. Das Gericht konnte so aufgrund der Akten und des schriftlichen Vorbringens entscheiden, ohne dass dies eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 MRK oder Art. 47 GRC bedeutet hätte; eine Rechtsfrage, die für sich genommen einer Erörterung im Rahmen der mündlichen Verhandlung bedurft hätte, wurde nicht aufgezeigt (vgl. VwGH 20.03.2014, 2013/07/0146, 17.02.2015, Ra 2015/09/0007).
Aus den Gesetzesmaterialien zur Bestimmung des § 24 VwGVG ergibt sich im Übrigen, dass eine mündliche Verhandlung, soweit sie ausschließlich der Klärung der Rechtsfrage dienen würde, nicht geboten sein soll (vgl. RV 1255 BlgNR 25. GP, 5; auch VwGH 19.09.2017, Ra 2017/01/0276).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung hinsichtlich der Verhängung einer Mutwillensstrafe von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Aussichtslosigkeit, Folgeantrag, Herabsetzung, Missbrauch,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W195.2224837.1.00Zuletzt aktualisiert am
11.03.2020