TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/9 L517 2219909-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.12.2019
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Entscheidungsdatum

09.12.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

L517 2219909-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. NIEDERWIMMER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Dr. STEININGER und den fachkundigen Laienrichter Mag. SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den vom Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX , am XXXX erlassenen Bescheid OB: XXXX , in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, iVm § 1 Abs. 2, § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1, § 42 Abs. 1 und 2, § 43 Abs. 1, § 45 Abs. 1 und 2 Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF betreffend den Gesamtgrad der Behinderung als unbegründet abgewiesen und darüber hinaus festgestellt, dass der Gesamtgrad der Behinderung 20 vH beträgt.

B. Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

09.08.2018-Antrag der beschwerdeführenden Partei (in Folge "bP") auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX (in Folge belangte Behörde bzw "bB")

18.12.2018-Erstellung eines allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachtens; GdB 30 vH, Dauerzustand

18.12.2018-Parteiengehör

31.12.2018-Stellungnahme der bP

30.03.2019-Erstellung eines chirurgischen Sachverständigengutachtens; GdB 20 vH; Dauerzustand

01.04.2019-negativer Bescheid

29.04.2019-Beschwerde der bP

11.06.2019-Aktenvermerk keine aktuellen Befunde verfügbar

Beschwerdevorlage am BVwG

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.0. Feststellungen (Sachverhalt):

Die bP ist österreichischer Staatsbürger und an der im Akt ersichtlichen Adresse wohnhaft.

Am 09.08.2018 stellte die bP unter Vorlage von Befunden, einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses.

Im Antrag selbst führte die bP an Gesundheitsschädigungen an:

KTEP-Implantation rechts, Redressement, Patellagleitflächenersatz + Inlayerhöung Knie rechts, KTEP-Implantation links.

Daraufhin wurde von einem Sachverständigen für Allgemeinmedizin am 18.12.2018 auf Grundlage der EVO ein Gutachten mit zusammengefasst folgendem Inhalt erstellt:

"...

Anamnese:

Antrag zur Ausstellung eines Behindertenpasses.

Alle vorhandenen Befunde wurden eingesehen.

Rechtsschenkelblock seit 2007, Z.n. Prostatabiopsie 2009, KTEP re 26.03.2014, Redressment Knie re 02.05.2014, Patellagleitflächenersatz und Inlayerhöhung Knie re 08.03.2016, KTEP li 02.11.2018,

Allergie: Gräser

Derzeitige Beschwerden:

Bei weitem Gehen habe ich Schmerzen an der Außensite des rechten Knies. In weiterer Folge dann auch Schmerzen in der rechten Hüfte und im Kreuz. In Ruhe habe ich keine Schmerzen. Immer wieder mal kommt es zu geringer Flüssigkeitsbildung im rechten Knie.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Medikation: Androfin, Aglandin ret.

Sozialanamnese:

Pension seit August 2017, verheiratet, 1 erwachsenes Kind

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Arztbrief Orthopädie XXXX vom 01.04.2014: KTEP Implantation re bei Varusgonarthrose am 27.03.2014

Arztbrief Orthopädie XXXX vom 08.05.2014: Redressment bei Beugedefizit re n. KTEP am 06.05.2014

Arztbrief Orthopädie XXXX vom 14.03.2016: Patellagleitflächenersatz bei Patellararthrose + Inlayerhöhung Knie re am 09.03.2016

Arztbrie Orthopädie XXXX vom10.11.2017: KTEP Implantation li bei Varusgonarthrose li am 03.11.2017

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

gut

Ernährungszustand:

präadipös

Größe: 173,00 cm Gewicht: 80,00 kg Blutdruck: 130/90

Klinischer Status - Fachstatus:

Kopf/Hals: frei, Gleitsichtbrille Thorax: symetrisch Herz: HT rein, rythmisch, normocard Lunge: VA, SKS

Abdomen: weich, keine Resistenzen

Wirbelsäule: Las.neg., FBA 10cm, kein Druck-oder Klopfschmerz

Obere Extremitäten: Alle Gelenke frei beweglich, Faustschluss stgl. kräftig, Feinmotorik ungestört

Untere Extremitäten: Hüften bds. frei beweglich, kein Streckdefizit Knie bds., Beugung Knie bds.115°

Gesamtmobilität - Gangbild:

Zehenstand möglich, Fersenstand möglich, Einbeinstand sicher, hinkfreies sicheres Gangbild

Status Psychicus:

orientiert, gut kontaktfähig, keine Denkstörungen, Stimmung ausgeglichen

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

Gdb %

1

Knietotalendoprothese beidseits; gute Implantatfunktion, gering funktionelle Beschwerden

02.05.19

30

Gesamtgrad der Behinderung 30 vH.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Leiden Nummer 1 begründet Grad der Behinderung von 30%.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

benigne Prostatahyperplasie, bekannter Rechtsschenkelblock, Hypercholesterinämie

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Erstgutachten

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Erstgutachten

[X] Dauerzustand

Mit Schreiben vom 18.12.2018 brachte die bB der bP das gegenständliche Gutachten zum Parteiengehör.

Mit Stellungnahme vom 29.12.2018 eingelangt am 31.12.2018 brachte die bP Folgendes vor:

"Bei Belastung habe ich immer Schmerzen im rechten Knie. Durch die Verklebung nach der Knieoperation im Jahr 2014 und der folgenden Wiederherstellung (Redressement) entstanden Vernarbungen. Bei jedem Schritt scheuert es im Knie wodurch sich der Kniebereich anspannt und nach mehreren Minuten gehen versteift. In Folge kommen Schmerzen in den Hüftgelenken und im Kreuz. Bei steigenden Schmerzen verschlechtert sich auch der Gang.

Gehen-Stehen kann ich ca. 1/2 Stunde je nach momentanen physischem Zustand danach brauche ich eine Pause. Linkes Knie ist ohne postoperative Komplikation aber trotzdem nicht schmerzfrei. Umso weiter ich gehen muss desto mehr steigen die Schmerzen.

Mein rechtes Bein ist um 1,8cm länger was meiner Meinung nach zu einem ungleichmäßigen Gang und größerer Belastung in der Hüfte führt.

Schon in 2015 wurde eine Degenerative Veränderung am Hüftgelenk festgestellt rechts mehr als links. Wahrscheinlich hat sich dieser Zustand auch verschlechtert.

Durch die Beinlängendifferenz habe ich einen Beckenschiefstand. Probleme mit der Wirbelsäule seit mehr als 20 Jahre nach häufigen akuten Problemen (gehen nur stark vorgebeugt) habe ich mir eine eigene Streckbank besorgt welche ich bis heute immer wieder benützen muss.

In 2017 wurde eine Degenerative Veränderung im gesamten Wirbelsäulenbereich festgestellt."

Mit der Stellungnahme legte die bP folgende Befunde vor:

Röntgen Beinganzaufnahme vom 02.09.2015 - Beinlängendifferenz um ca. 1,8 cm zugunsten der rechten Seite. Varusfehlstellung um knapp 6° bds im Kniegelenk. Zustand nach HTEP-Implantation rechts. Degenerative Veränderungen am Hüftgelenk, rechts mehr als links. Keine ossäre Destruktion.

Arztbrief XXXX vom 07.02.2017

Diagnose: degeneratives Wirbelsäulen-Syndrom

In der Folge wurde von der bB ein weiteres Gutachten eines chirurgischen Sachverständigen eingeholt. Das am 30.03.2019 nach der Einschätzungsverordnung erstellte Gutachten weist im Wesentlichen zusammengefasst folgenden Inhalt auf:

"...

Anamnese:

Knie bds Zustand nach Prostatabiopsie

Derzeitige Beschwerden:

er berichtet über anhaltende Beschwerden im Bereich der Kniegelenke, möchte heute zusätzliche Wirbelsäulenbeschwerden und Hüftbeschwerden berücksichtigt wissen. An schlechten Tagen käme er lediglich 500 m weit. Sonst werden explizit keine weiteren Beschwerden angegeben

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

derzeit keine spezifischen Behandlungen angegeben

Sozialanamnese:

Pensionist, verheiratet

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

radiologischer Befund 2015-Zustand nach Knie-TEP beidseits, beginnende Degeneration der Hüftgelenke beschrieben

Befundbericht XXXX -beginnende Degeneration der Wirbelsäule beschrieben

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

kommt heute gehend, die kurze Strecke von Wartesaal bis Ordination unauffällig ohne Gehhilfe, keine Dyspnoe, Sensorium erhalten

Ernährungszustand:

adipös

Größe: 172,00 cm Gewicht: 83,00 kg Blutdruck: 120/80

Klinischer Status - Fachstatus:

Caput unauffällig, Collum unauffällig Thorax symmetrisch, Cor rhythmisch Pulmo vesikulär, Abdomen über Thoraxniveau

Wirbelsäule: gerade, Rundrücken, kein Druckschmerz, eher Spontanschmerz thorakal, Kopfbeweglichkeit gut, Jugulumabstand ein QF, Finger-Boden-Abstand 10 cm obere Extremitäten: äußerlich unauffällig, gerade, nicht verdreht, von normaler Form und Farbe, freie Beweglichkeit der großen Gelenke, Nacken-und Schürzengriff erhalten, Faustschluss vollständig und kräftig bei erhaltener Diadochokinese ohne Hinweise auf Wurzelkompression oder Durchblutungsstörung

untere Extremitäten: Knieprothese beidseits, sehr gute, freie Beweglichkeit, Einschränkung der Innenrotation an beiden Hüften ab etwa 20° bei sonst freier Beweglichkeit, sonst äußerlich unauffällig, gerade, nicht verdreht, von normaler Form und Farbe, freie Beweglichkeit der übrigen großen Gelenke, Laseque Zeichen negativ, kein Hinweis auf Wurzelkompression oder Durchblutungsstörung, Benützungszeichen erhalten

Gesamtmobilität - Gangbild: ausreichend sicher

Status Psychicus:

Orientierung: im eigenen persönlichen Bereich, in zeitlicher, räumlicher und situativer Dimension erhalten

Antrieb: angepasst

Denken: Gedächtnisleistungen, Konzentration, Auffassungsvermögen erhalten, logische Abfolge einer Handlung kann ausreichend erfasst und entwickelt werden

emotionale Kontrolle: angemessene Reaktion auf Situationen, Herausforderungen, Belastungen, äußere Eindrücke

soziale Funktion: zwischenmenschliche Beziehungen in Familie, Freundeskreis und Alltag sind ausreichend vorhanden

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

Gdb %

1

Zustand nach Knie-TEP beidseits Restbeschwerden bei Überlastung, derzeit freie Beweglichkeit

02.05.19

20

2

Wirbelsäulendegeneration gute Beweglichkeit ohne sensomotorisches Defizit, berücksichtigt radiologische Diagnostik und subjektive Beschwerden

02.01.01

20

3

Beginnende Arthrosen der Hüftgelenke berücksichtigt werden die Innenrotationseinschränkung und glaubhafte Beschwerden bei Belastung

02.05.08

20

Gesamtgrad der Behinderung 20 vH.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

führend ist das Leiden Nummer 1 mit 20 %, keine direkte Beeinflussung in den übrigen Diagnosen bzw. keine Steigerung durch Geringfügigkeit

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

keine weiteren mit Krankheitswert, Prostatahyperplasie, Rechtschenkelblock, Hypercholesterinämie

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

zusätzliche Berücksichtigung von Wirbelsäule und Hüftgelenke, Abstufung Kniegelenk bei guter Beweglichkeit

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

durch Abstufung der ursprünglich führen Position

[X] Dauerzustand

..."

Am 01.04.2019 erging der den Antrag abweisende Bescheid der bB.

Mit Schreiben vom 29.04.2019 erhob die bP Beschwerde gegen den negativen Bescheid und brachte inhaltlich zusammengefasst vor:

Der Arzt sei unvorbereitet gewesen und habe der bP nicht zuhören wollen bzw. sich nicht für die Probleme interessiert. Die bP sei ständig unterbrochen worden. Die Untersuchung habe auch nur 5 Minuten gedauert. Nicht einmal der Gang sei überprüft worden. Die paar Schritte die der Sachverständige sehen haben könne - die bP sei hinter dem Arzt in die Ordination gegangen - hätten nicht ausgereicht um feststellen zu können ob die bP Probleme habe

oder nicht.

Mit Aktenvermerk vom 11.06.2019 wurde von der bB festgehalten, dass mit der bP telefonisch Rücksprache gehalten wurde, diese mangels aktueller Befunde (vor allem betreffend Knie) aber keine neuen Tatsachen und Beweismittel vorlegen wird.

Am 11.06.2019 erfolgte die Beschwerdevorlage am BVwG.

2.0. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Der oben unter Punkt II.1. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsicht in das zentrale Melderegister sowie die sonstigen relevanten Unterlagen.

2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen (...)."; vgl dazu auch VwGH vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.

Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).

Das im Verfahren vor der bB eingeholte medizinische Sachverständigengutachten zum Grad der Behinderung bedarf nach der Rsp des VwGH (vom 21.06.2017, Ra 2017/11/0040) einer ausreichenden, auf die vorgelegten Befunde eingehenden und die Rahmensätze der Einschätzungsverordnung vergleichenden Begründung (vgl. zu den diesbezüglichen Anforderungen das hg. Erkenntnis vom 08.07.2015, Ra 2015/11/0036).

Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).

Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt. (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77)

Der Verwaltungsgerichtshof führte aber in diesem Zusammenhang auch aus, dass keine Verletzung des Parteiengehörs vorliegt, wenn einem Antrag auf Einholung eines zusätzlichen Gutachtens nicht stattgegeben wird (VwGH vom 25.06.1987, 87/06/0017).

Ebenso kann die Partei Sachverständigengutachten erfolgreich bekämpfen, ohne diesem auf gleichem fachlichem Niveau entgegentreten zu müssen, wenn es Widersprüche bzw. Ungereimtheiten im Gutachten aufzeigt (vgl. z. B. VwGH vom 20.10.2008, GZ 2005/07/0108).

Die Erstellung eines chirurgischen Gutachtens wurde von der bB aufgrund der Stellungnahme bei gleichzeitiger Vorlage neuer Befunde angeordnet.

Als führendes Leiden wird im aktuellen Gutachten gleich wie im Vorgutachten vom 18.12.2018 der Zustand nach beidseitiger Knietotalendoprothese angesehen.

Aufgrund der neu beigebrachten Befunde wurde zusätzlich im Vergleich zum Vorgutachten auch eine Einschätzung der diagnostizierten Wirbelsäulendegeneration und der beginnenden Hüftgelenkarthrosen vorgenommen.

Der Sachverständige hält in seinem Gutachten fest, dass bei der bP zwar Restbeschwerden bei Überlastung der Knie bestehen würden, derzeit jedoch eine gute Beweglichkeit gegeben sei. Auch das Vorgutachten geht von "geringen funktionellen Beschwerden" aus.

Die Wahl der Positionsnummer 02.05.19 "Funktionseinschränkung geringen Grades beidseitig" mit einem Rahmensatz von 20 - 30 % erscheint daher schlüssig und nachvollziehbar.

Im medizinischen Sachverständigengutachten wird - fußend auf der persönlichen Untersuchung der bP und unter Berücksichtigung der von der bP im Verfahren vor der bB vorgelegten medizinischen Unterlagen - auf die Art der Leiden der bP und deren Ausmaß - schlüssig und widerspruchsfrei eingegangen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen der persönlichen Untersuchungen eingehend erhobenen klinischen Befunden, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Ein Korrekturbedarf bestand allerdings, bei sonstiger inhaltlicher Richtigkeit des Gutachtens, hinsichtlich der Einschätzung der führenden Positionsnummer. In der Anlage zur Einschätzungsverordnung wird das Kniegelenk betreffend im Vorwort ausgeführt: "bei Versorgung mit Endoprothesen (einseitig oder beidseitig) wird der Einschätzungswert um 10 % erhöht". Im gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass bei Wahl des unteren Rahmensatzes mit 20 % bei hier vorliegender beidseitiger Versorgung mit Endoprothesen die Einschätzung um 10 % höher sohin mit 30 % vorzunehmen ist.

Analog dazu wird auch der Gesamtgrad der Behinderung auf 30 vH. zu erhöhen sein.

Zu einer weiteren Erhöhung kommt es nach schlüssiger Einschätzung des Sachverständigen bei fehlender direkter Beeinflussung und Geringfügigkeit der übrigen Diagnosen (Wirbelsäulendegeneration, beginnende Hüftgelenksarthrosen) nicht.

Nach Würdigung des erkennenden Gerichtes erfüllt das Gutachten die an ein ärztliches Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen. Seitens des Gerichts bestehen betreffend Inhalt, keine Zweifel an der medizinischen Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des eingeholten medizinischen Sachverständigengutachtens.

Das eingeholte Sachverständigengutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch.

In dem Gutachten wurden alle relevanten, von der bP beigebrachten Unterlagen bzw. Befunde berücksichtigt.

Der Sachverständige hat sich ausführlich mit den Beschwerdebildern der bP auseinandergesetzt und diese nachvollziehbar und schlüssig einer Würdigung und Beurteilung zugeführt.

Es lag daher kein Grund vor, von den schlüssigen, widerspruchsfreien und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen abzugehen.

Das Sachverständigengutachten wurde im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt mit der Maßgabe, dass der Gesamtgrad der Behinderung auf 30 vH. berichtigt wurde.

3.0. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:

-

Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF

-

Bundesbehindertengesetz BBG, BGBl. Nr. 283/1990 idgF

-

Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF

-

Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010 idgF

-

Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF

-

Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF

-

Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF

Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.

3.2. Gemäß Art. 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; ...

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gemäß § 45 Abs. 4 BBG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs 3 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

Gemäß § 45 Abs. 5 BBG entsendet die im § 10 Abs. 1 Z 6 des BBG genannte Vereinigung die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs 2 des BBG anzuwenden. Für jede Vertreterin und jeden Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.

In Anwendung des Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG iVm § 45 Abs 3 BBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.

3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.

Gemäß § 9 Abs 1 VwGVG hat die Beschwerde zu enthalten:

1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,

2. die Bezeichnung der belangten Behörde,

3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

4. das Begehren und

5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1. im Generellen und die unter Pkt. 3.2 ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.

3.4. Gemäß § 1 Abs 1 BBG soll Behinderten und von konkreter Behinderung bedrohten Menschen durch die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Maßnahmen die bestmögliche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gesichert werden.

Gemäß § 1 Abs 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen

Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß § 40 Abs 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

Gemäß § 41 Abs 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs 2 vorliegt.

Gemäß § 41 Abs 2 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.

Gemäß § 42 Abs 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Gemäß § 43 Abs 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, sofern Änderungen eintreten, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen.

Gemäß § 43 Abs 2 BBG ist der Besitzer des Behindertenpasses verpflichtet, dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen binnen vier Wochen jede Änderung anzuzeigen, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, und über Aufforderung dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Behindertenpass vorzulegen.

Gemäß § 45 Abs 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Gemäß § 47 BBG ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundenen Berechtigungen festzulegen.

Gemäß § 1 der Einschätzungsverordnung ist unter Behinderung die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 2 Abs 1 leg cit sind die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage der Einschätzungsverordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

Gemäß § 2 Abs 2 leg cit ist bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

Gemäß § 2 Abs 3 leg cit ist der Grad der Behinderung nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

Gemäß § 3 Abs 1 leg cit ist eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

Gemäß § 3 Abs 2 leg cit ist bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

Gemäß § 3 Abs 3 leg cit liegt eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, vor, wenn

-

sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

-

zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

Gemäß § 3 Abs 4 leg cit ist eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.

Gemäß § 4 Abs 1 leg cit bildet die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.

Gemäß § 4 Abs 2 leg cit hat das Gutachten neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat die Gesamtbeurteilung mehrerer Leidenszustände nicht im Wege einer Addition der aus den Richtsatzpositionen sich ergebenden Hundertsätze der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu erfolgen, sondern nach den Grundsätzen des § 3 der genannten Richtsatzverordnung. Nach dieser Bestimmung ist dann, wenn mehrere Leiden zusammentreffen, bei der Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit zunächst von der Gesundheitsschädigung auszugehen, die die höchste Minderung der Erwerbsfähigkeit verursacht. Sodann ist zu prüfen, ob und inwieweit der durch die Gesamteinschätzung zu erfassende Leidenszustand infolge des Zusammenwirkens aller zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen eine höhere Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit rechtfertigt, wobei im Falle der Beurteilung nach dem BEinstG gemäß § 27 Abs 1 dieses Gesetzes Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v.H. außer Betracht zu lassen sind, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht. (u.a. VwGH vom 24. September 2003, Zl. 2003/11/0032; VwGH vom 21. August 2014, Zl. Ro 2014/11/0023-7).

Das Sachverständigengutachten wurde im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt.

Mit den Ausführungen in der Beschwerde trat die bP den Feststellungen des medizinischen Sachverständigen nicht substantiiert und auf gleicher fachlicher Ebene entgegen und konnte die bP dessen Aussagen nicht entkräften. Widersprüche konnten keine festgestellt werden.

Die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung ist auf die richtige Anwendung der Anlage zur Einschätzungsverordnung zurückzuführen und nicht auf Vorbringen seitens der bP.

Nach § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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