TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/2 G304 2220767-1

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Veröffentlicht am 02.01.2020
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Entscheidungsdatum

02.01.2020

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §53

Spruch

G304 2220767-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Beatrix LEHNER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX,

Staatsangehörigkeit: Albanien, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen Spruchpunkt IV. des Bescheides des Bundesamtes für

Fremdenwesen und Asyl vom 03.06.2019, Zl. XXXX, zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und die Dauer des Einreiseverbotes auf ein (1) Jahr herabgesetzt.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 03.06.2019 wurde dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.), festgestellt, dass seine Abschiebung nach Albanien zulässig ist (Spruchpunkt III.), gegen den BF ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.) und einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).

2. Gegen Spruchpunkt IV. des oben angeführten Bescheides wurde Beschwerde erhoben.

3. Die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) am 03.07.2019 vorgelegt.

4. Mit Teilerkenntnis des BVwG vom 06.08.2019 wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF ist Staatsangehöriger von Albanien.

1.2. Er weist im Bundesgebiet keine ordentliche Wohnsitzmeldung auf, sondern war in Österreich nur für die Zeit seiner Schubhaft vom 03.06.2019 bis 17.06.2019 aufrecht gemeldet.

1.3. Fest steht, dass der BF am 01.06.2019 mit dem Flugzeug von Istanbul nach Österreich eingereist ist und tags darauf - am 02.06.2019 - mit gefälschten italienischen Dokumenten vom Flughafen Wien Schwechat nach DUBLIN weiterreisen wollte.

Die bei ihm vorgefundenen Dokumente - italienische Carta D¿Identita, italienischer Führerschein, italienische Versicherungskarte - wurden wegen Bedenklichkeit einer Echtheitsprüfung unterzogen. Das Ergebnis war

? hinsichtlich der italienischen Carta D¿Identita: "gefahndetes Blankodokument im SIS ausgeschrieben",

? eine Totalfälschung des italienischen Führerscheins und ebenso

? eine Totalfälschung der italienischen Versicherungskarte.

Der BF gab diesbezüglich gegenüber der Polizei - zur Rechtfertigung - Folgendes an:

"Meine Freundin und ich wollten nach Irland, um dort um Asyl anzusuchen, da wir in Albanien keine Zukunft haben. Dafür haben wir uns italienische Dokumente besorgt."

Nach behördlicher Anordnung wurde der BF am 02.06.2019 festgenommen und am 03.06.2019 der belangten Behörde vorgeführt und vor dem BFA niederschriftlich einvernommen.

1.4. Der BF hat im Bundesgebiet keine Familienangehörigen, demgegenüber in seinem Herkunftsstaat seine Mutter, einen Bruder und eine Schwester.

Er hat in Österreich nicht nur keine familiäre Anbindung, sondern auch keine anderweitige Bindung, etwa in privater oder wirtschaftlicher Hinsicht.

1.5. Der BF verfügte im Bundesgebiet über keine Kredit-und Bankomatkarte und keine Möglichkeit, auf legale Weise zu Geld zu kommen, und auch über keine Aufenthalts- und Beschäftigungsbewilligung.

Festgestellt werden kann, dass der BF während eines Aufenthaltes in Griechenland Schwarzarbeit nachgegangen und im Zuge dieser betreten worden ist.

Der BF ist arbeitsfähig, hat in seinem Herkunftsstaat drei Jahre lang eine Installateurs-Ausbildung absolviert und als Bauarbeiter gearbeitet, und kann in Albanien einer Beschäftigung nachgehen.

1.6. Der BF kehrte am 17.06.2019 gemeinsam mit der albanischen Staatsbürgerin, die am 02.06.2019 mit ihm gemeinsam im Besitz gefälschter italienischer Identitätsdokumente und ohne Aufenthalts- und Beschäftigungsbewilligung am Flughafen Wien aufgegriffen und festgenommen wurde, unter Inanspruchnahme von Rückkehrhilfe freiwillig nach Albanien zurück.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang beruht auf dem diesbezüglichen Akteninhalt.

2.2. Zu den unter Punkt II. getroffenen Feststellungen:

2.2.1. Die Feststellung zur Identität und Staatsangehörigkeit des BF ergab sich aus dem diesbezüglich glaubhaften Akteninhalt.

2.2.2. Dass der BF am 02.06.2019 am Flughafen Wien im Besitz gefälschter italienischer Identitätsdokumente festgenommen wurde, ergab sich aus einem polizeilichen Amtsvermerk vom 02.06.2019 (AS 47f). Der BF gab bezüglich der bei ihm vorgefundenen gefälschten Identitätsdokumente gegenüber der Polizei - zur Rechtfertigung - Folgendes an:

"Meine Freundin und ich wollten nach Irland, um dort um Asyl anzusuchen, da wir in Albanien keine Zukunft haben. Dafür haben wir uns italienische Dokumente besorgt." (AS 49).

Dass der BF und seine Freundin in Irland um Asyl ansuchen wollten, ist nicht glaubhaft. Glaubhaft ist jedoch, dass der BF und seine Freundin in Erwartung besserer Zukunftsperspektiven woanders aus wirtschaftlichen Gründen ihr Herkunftsland verlassen haben und sich auf illegale Weise über gefälschte italienische Reise- bzw. Identitätsdokumente unter Vortäuschung einer EWR-Bürgerschaft eine Durchreise durch Schengen-Staaten ermöglichen und zunächst ein Aufenthaltsrecht in Irland verschaffen wollten.

2.2.3. Die Feststellungen zu den familiären Verhältnissen des BF ergaben sich aus seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben in seiner Einvernahme vor dem BFA (AS 77). In seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA gab der BF an, auch seine Ehefrau lebe in Albanien. Diese halte sich jedoch derzeit zusammen mit ihm in Österreich auf. Einen Nachweis für ihre Ehe konnte der BF nicht vorlegen, weshalb auch nicht feststellbar war, ob es sich beim BF und der albanischen Staatsbürgerin, deren Beschwerdeverfahren vor dem BVwG unter Zl. G304 2220900-1 geführt wird, um ein Ehepaar handelt. Aufgrund ihres gemeinsamen Aufgriffs am Flughafen Wien am 02.06.2019 im Besitz gefälschter italienischer Identitätsdokumente, offenbar in der Absicht, sich längerfristig illegal im Schengen-Raum aufzuhalten, war jedoch jedenfalls eine nähere Beziehung zwischen ihnen feststellbar.

2.2.4. Die Feststellung, dass der BF im Bundesgebiet nicht über eine Kredit- und Bankomatkarte oder eine sonstige Möglichkeit verfügte, um auf legale Weise zu Geld zu gelangen, ergab sich aus seinem diesbezüglichen Vorbringen vor dem BFA (AS 75), ebenso wie die Feststellung, dass der BF während eines Aufenthaltes in Griechenland Schwarzarbeit nachgegangen und dabei betreten worden ist (AS 75).

Dass der BF arbeitsfähig ist, in seinem Herkunftsstaat drei Jahre lang eine Installateurs-Ausbildung absolviert und als Bauarbeiter gearbeitet hat, und in Albanien einer Beschäftigung nachgehen kann, beruht auf den diesbezüglich glaubhaften Angaben des BF vor dem BFA am 03.06.2019 (AS 75).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

3.1. Zum Einreiseverbot:

Der mit "Einreiseverbot" betitelte § 53 FPG lautet wie folgt:

"§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(1a) (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

(...);

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

(....);."

3.1.1. Das durchgeführte Ermittlungsverfahren und die Feststellungen ergaben Folgendes:

Mit gegenständlich angefochtenem Spruchpunkt IV. des im Spruch angeführten Bescheides wurde gegen den BF ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Bei der Bemessung der Einreiseverbotsdauer ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und aufgrund konkreter Feststellungen eine Beurteilung der Gefährlichkeitsprognose vorzunehmen. Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung oder des Vorliegens der sonstigen genannten Tatbestandsvoraussetzungen an, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zugrundeliegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild (vgl. VwGH 19.02.2013, Zl. 2012/18/0230).

Fest steht im gegenständlichen Fall, dass der BF am 02.06.2019 am Flughafen Wien im Besitz gefälschter italienischer Identitätsdokumente ohne Aufenthalts- und Beschäftigungsbewilligung und ohne Kredit-, Bankomatkarte oder eine sonstige Möglichkeit, auf legale Weise zu Geld zu gelangen, aufgegriffen, festgenommen und dem BFA zur Einvernahme vorgeführt wurde. Am 03.06.2019 fand vor dem BFA die niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem BFA statt.

Daraufhin wurde mit gegenständlich angefochtenem Spruchpunkt IV. des im Spruch angeführten Bescheides gegen den BF gemäß §§ 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 6 FPG ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

In der Beschwerde gegen das Einreiseverbot wurde vorgebracht:

"Im Gegensatz zur Ansicht der Behörde ist der Tatbestand der Mittellosigkeit im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben. Bei der Beurteilung der Mittellosigkeit ist auf den beabsichtigten Aufenthaltszweck und die beabsichtigte Aufenthaltsdauer abzustellen. Nachdem der BF erfolglos versucht hatte, über den Flughafen Wien nach Dublin weiter zu reisen, zeigte er sich in der Einvernahme am 03.06.2019 geständig und wirkte durch wahrheitsgemäße Beantwortung aller Fragen an der Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes mit. Am Ende der Einvernahme gab der BF an, in die Abschiebung nach Albanien einzuwilligen. Der BF gab unwidersprochen an, bei der Einreise über Barmittel in der Höhe von ca. EUR 1.000,-

verfügt zu haben. Nach Bezahlung einer Verwaltungsstrafe verblieben dem BF immer noch ca. EUR 600,-. Diese Summe hätte ausgereicht, dass sich die BF die Ausreise nach Albanien und gegebenenfalls den Aufenthalt für einige Tage bis zur Ausreise selbst finanzieren hätte können. Somit wäre der BF sehr wohl in der Lage gewesen, selbstständig auszureisen. Eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ist daher aus den von der belangten Behörde genannten Umständen nicht ersichtlich. (...)."

Festzuhalten ist zunächst, dass der Einreiseverbotstatbestand nach § 53 Abs. 2 Z. 6 FPG erfüllt ist, wenn der BF seine Mittel für seinen Unterhalt nicht nachzuweisen vermag.

Ein Fremder hat initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen. Aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultiert die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel auch die Annahme einer Gefährdung im Sinn des (nunmehr:) § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 gerechtfertigt ist (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung zu den insoweit gleichgelagerten Vorgängerbestimmungen des FrPolG 2005 etwa VwGH 22.1.2013, 2012/18/0191; 13.9.2012, 2011/23/0156, jeweils mwN; vgl. weiters der Sache nach bei der Beurteilung gemäß § 53 Abs. 2 Z 6 FrPolG 2005 auf diese Judikatur abstellend VwGH 30.8.2018, Ra 2018/21/0129, Rn. 11 und 12).

Entgegen der Auffassung des BF in seiner Beschwerde ist somit nicht entscheidend, ob der BF einen kurzzeitigen Aufenthalt samt Ausreise im Bundesgebiet bzw. Schengen-Raum finanzieren könnte, sondern, wie auch in der Beschwerde richtig angeführt, der beabsichtigte Aufenthaltszweck und die beabsichtigte Aufenthaltsdauer relevant.

Der BF beabsichtigte offenbar wie die albanische Staatsbürgerin, die er als seine Ehegattin bezeichnete und die wie der BF am 02.06.2019 am Flughafen Wien im Besitz gefälschter italienischer Reise- bzw. Identitätsdokumente aufgegriffen wurde, sich längerfristig ohne Aufenthalts- und Beschäftigungsbewilligung mit gefälschten Reise- bzw. Identitätsdokumenten unter Vortäuschung einer EWR-Bürgerschaft illegal im Bundesgebiet und übrigen Schengen-Raum aufzuhalten, womit die Gefahr der illegalen Erwirtschaftung des Lebensunterhaltes einhergeht.

Dass der BF bei seiner Reise über Österreich gefälschte italienische Dokumente mit sich geführt hat, wurde am Flughafen Wien infolge einer Passkontrolle aufgedeckt. Dass er während eines Aufenthaltes in Griechenland Schwarzarbeit nachgegangen ist, gab der BF im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 03.06.2019 selbst zu. Aus seinem gesamten aufgedeckten und zugegebenen Fehlverhalten geht hervor, dass der BF zu jeglicher illegaler Vorgangsweise bereit ist, nur um zu seinem Vorteil zu gelangen.

Der BF, albanischer Staatsangehöriger, hat durch seine illegale Vorgehensweise, auf seiner Reise über Österreich gefälschte italienische Identitätsdokumente mit sich geführt zu haben, gegen folgende Einreisebestimmungen nach Artikel 6 der Verordnung (EU) DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 9. März 2016 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) verstoßen:

"Artikel 6

(1) Für einen geplanten Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten von bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen, wobei der Zeitraum von 180 Tagen, der jedem Tag des Aufenthalts vorangeht, berücksichtigt wird, gelten für einen Drittstaatsangehörigen folgende Einreisevoraussetzungen:

a) Er muss im Besitz eines gültigen Reisedokuments sein, das seinen Inhaber zum Überschreiten der Grenze berechtigt und folgende Anforderungen erfüllt:

i) (...)

ii) (...)

c) Er muss den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen, und er muss über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügen oder in der Lage sein, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben.

(...)

e) Er darf keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats darstellen und darf insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden sein."

Der BF beging folgende Verletzungen der genannten Einreisebestimmungen:

? Durch die Reise über Österreich mit gefälschten italienischen Reise- bzw. Identitätsdokumenten verletzte der BF Art. 6 Abs. 1 lit. a besagter VO.

? Mit seinem Bargeldbesitz zum Aufgriffs- bzw. Festnahmezeitpunkt im Bundesgebiet in Höhe von EUR 1.000,- konnte der BF nicht ausreichende Mittel zur Finanzierung eines zusammen mit seiner angeblichen Ehegattin unter Vortäuschung einer EWR-Bürgerschaft ohne Aufenthalts- und Beschäftigungsbewilligung offenbar längerfristig im Schengen-Raum beabsichtigten Aufenthaltes nachweisen, zumal er auch nicht im Besitz einer Kredit-, Bankomatkarte oder einer sonstigen Möglichkeit, um auf legale Weise zu Geld zu gelangen, war. Der BF erfüllt somit nicht die Einreisevoraussetzung nach Art. 6 Abs. 1 lit. c. oben angeführter Verordnung, sondern den innerstaatlichen Einreiseverbotstatbestand nach § 53 Abs. 2 Z. 6 FPG.

Dass der BF am Flughafen Wien, als er auf dem Weg nach Irland, somit in Richtung eines Nicht-Schengen-Staates, unterwegs war, aufgegriffen wurde, ist nicht entscheidend, wurde er doch im Bundesgebiet mit gefälschten italienischen Reise- bzw. Identitätsdokumenten in der Absicht, sich durch Vortäuschung der EWR-Bürgerschaft eine Durchreisemöglichkeit durch Schengen-Staaten und, wie aus seinen verschiedenartigen italienischen Identitätsdokumenten - italienischer Carta D¿ Identita, italienischen Führerscheins und italienischer Versicherungskarte - hervorgehend, eine längerfristige Aufenthalts- und Beschäftigungsbewilligung nicht (nur) für Irland, sondern (offenbar vor allem) für den Schengen-Raum zu verschaffen, aufgegriffen.

In Gesamtbetrachtung aller individuellen Umstände, besonders aufgrund der offenbaren jederzeitigen Bereitschaft des BF zu illegaler Vorgehensweise und seiner offenbar gehegten Absicht, sich längerfristig illegal im Schengen-Raum aufzuhalten, worauf vor allem sein Aufgriff im Bundesgebiet im Besitz verschiedenartiger ungültiger bzw. gefälschter italienischer Identitätsdokumente - italienischer Identitätskarte, italienischen Führerscheins und italienischer Versicherungskarte - hindeutet, ist nicht von einer positiven Zukunftsprognose, sondern einer vom BF für die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Bundesgebiet gemäß § 53 Abs. 2 Z. 6 FPG und im Schengen-Raum gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. e der VO (EU) Nr. 2016/399 iVm § 53 Abs. 2 Z. 6 FPG ausgehenden Gefahr auszugehen.

Das vom BFA gegen den BF erlassene Einreiseverbot besteht demnach dem Grunde nach zu Recht.

Bei der Bemessung der Einreiseverbotsdauer ist darauf hinzuweisen, dass der BF keine berücksichtigungswürdigen familiären, privaten, wirtschaftlichen oder anderweitigen Bindungen im Bundesgebiet und übrigen Schengen-Raum hat, zumal nicht der BF selbst, sondern seine angebliche Ehegattin in deren Beschwerdevorbringen von Verwandten des BF im Schengen-Raum (Bruder und Schwester in Griechenland) berichtet hat, in seinem Herkunftsstaat hingegen seine Mutter, ein Bruder und eine Schwester leben. Der BF hat zudem in seinem Herkunftsstaat seine Schul- und drei Jahre lang eine Installateurs-Ausbildung absolviert und als Bauarbeiter gearbeitet, und kann seinen eigenen Angaben vor dem BFA am 03.06.2019 folgend in Albanien einer Beschäftigung nachgehen.

Im gegenständlichen Fall wird unter Berücksichtigung des Gesamtverhaltens des BF, der sich vor dem BFA geständig zeigte und sich nicht der ihm vorgehaltenen weiteren behördlich beabsichtigten Vorgangsweise widersetzte, und mit seiner angeblichen Ehegattin zusammen am 17.06.2019 freiwillig nach Albanien zurückkehrte, eine Einreiseverbotsdauer von einem Jahr für hoch genug gehalten, um den BF zu einem Gesinnungswandel bewegen zu können.

Es wird der Beschwerde daher teilweise stattgegeben und die Einreiseverbotsdauer auf die Dauer von einem Jahr herabgesetzt.

3.2. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Einreiseverbot, Herabsetzung, Interessenabwägung, Milderungsgründe,
Privat- und Familienleben, Zukunftsprognose

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G304.2220767.1.00

Zuletzt aktualisiert am

11.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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