TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/9 W186 2227132-1

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Veröffentlicht am 09.01.2020
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Entscheidungsdatum

09.01.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
VwGVG §35 Abs3

Spruch

W186 2227132-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Judith PUTZER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Schubhaftbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.12.2019, Zl. 1095744409-191305952, sowie die Anhaltung in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG i.V.m. § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG i.V.m. § 76 Abs. 2 Z 2 FPG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

III. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG i.V.m. § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

IV. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Afghanistan (in weiterer Folge: BF) reiste illegal in das Bundesgebiet ein und hat am 19.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Mit Bescheid der Behörde vom 09.06.2016 wurde sein Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen. Ebenso wurde der Antrag auf subsidiären Schutz abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF nicht erteilt und seine Abschiebung nach Afghanistan für zulässig erklärt. Der BF hat fristgerecht Beschwerde gegen diesen Bescheid beim BVwG eingebracht. Am 04.11.2019 ist die behördliche Entscheidung in allen Spruchpunkten Rechtskraft erwachsen.

2. Am 17.11.2019 ist der BF nach Deutschland ausgereist; von dort wurde er am 20.12.2019 nach Österreich überstellt. Am 20.12.2019 wurde der BF auf Anordnung der Behörde festgenommen und in das Polizeianhaltezentrum Hernalser Gürtel gebracht.

3. Der BF wurde am 23.12.2019 zur möglichen In-Schubhaftnahme einvernommen. Aus der Niederschrift ergibt sich im Wesentlichen:

"Sie wurden am 20.12.2019 von Deutschland nach Österreich rücküberstellt, da Österreich aufgrund der Dublin-Verordnung für Ihre Verfahren zuständig ist. Sie haben in Deutschland keinen Asylantrag gestellt. Was wollten Sie in Deutschland?

VP: Die Polizei hat mir gesagt, ich soll Österreich bis zum 18.11.2019 verlassen, deshalb habe ich am 17.11.2019 versucht, nach Deutschland zu kommen. Ich war außerhalb Österreichs, als mich die deutsche Polizei nach einem Monat aufenthalt in Deutschland aufgegriffen hat. Ich habe in Deutschland keinen Asylantrag gestellt, weil ich weiter nach Frankreich wollte, ich dachte, dort sind meine Chancen besser.

F: Wo befinden sich Ihre persönlichen Dokumente (Reisepass, Personalausweis, Geburtsurkunde...)?

A: Meine Tazkira befindet sich bei einem Freund in Neunkirchen.

F: Haben Sie die Tazkira auch im Asylverfahren in Österreich vorgelegt?

A: Ich glaube, ich habe eine Kopie dem BFA gegeben.

F: Hatten Sie je einen Aufenthaltstitel oder ein Visum bzw. sonst irgendein Aufenthaltsrecht für Österreich oder ein anderes Land in der EU?

A: Nein, nur die Asylkarte.

F: Seit wann befinden Sie sich durchgehend in Europa?

A: Seit ca. Ende 2015.

F: In welchen europäischen Staaten haben Sie sich schon aufgehalten?

A: In Österreich, in Deutschland, und Slowenien, sowie Griechenland, Mazedonien.

F: Haben Sie in Österreich einen Wohnsitz und/oder sind Sie angemeldet?

A: Nein.

F: Vorhalt: Warum sind Sie nach wie vor in XXXX gemeldet, obwohl Sie in Deutschland aufhältig waren?

A: Ich habe vergessen, mich abzumelden. Bin ich da noch angemeldet?

F: Wurden Sie jemals festgenommen, verurteilt oder hatten Sie anderwärtigen Kontakt zur Polizei (weltweit)?

A: Nein.

F: Sind Sie in Europa je einer Erwerbstätigkeit nachgegangen - egal ob legal oder illegal?

A: Nein.

F: Von was leben Sie in ihrem Heimatland?

A: Ich habe als Inhaber eines Textilgeschäftes in der Provinz Herat mein Geld verdient.

F: Von was können Sie in Österreich ohne staatliche Unterstützung leben?

A: Bis vor meiner Ausreise habe ich vom Sozialamt Geld bekommen.

F: Haben Sie eine Kreditkarte, eine Bankomatkarte oder sonst eine Möglichkeit in Österreich auf legale Art und Weise an Geld zu kommen?

A: Ich habe weder Bankomat- noch Kreditkarte. An Bargeld habe ich ca. 500 €, diese habe ich von einem Freund ausgeliehen.

F: Haben Sie in Österreich Familienangehörige Ihrer Kernfamilie?

A: Nein.

F: Pflegen Sie in Österreich soziale Kontakte (Mitglied von Vereinen oder anderen Organisationen oder Aktivitäten)?

A: Nein.

F: Sprechen Sie Deutsch? Haben Sie Deutschkurse absolviert?

A: Nur ein bisschen.

F: Haben Sie in Ihrem Heimatland Familienangehörige und wenn ja welche?

A: Ja, meine Kernfamilie lebt dort, wobei mein Vater bereits verstorben ist.

F: Wie ist Ihr Familienstand und Ihre derzeitige familiäre Situation? Haben Sie Kinder?

A: Ich bin ledig und habe keine Kinder.

F: Welche Ausbildung haben Sie abgeschlossen und wo (Schule, Beruf)?

A: Ich habe 12 Jahre Schule abgeschlossen. Ich war als Inhaber eines Textilgeschäftes tätig.

F: Können Sie in ihrem Heimatland eine Beschäftigung annehmen?

A: Ja.

F: Wie hoch sind Ihre derzeitigen finanziellen Mittel (Bargeld, Ersparnisse, Konto, sonstiges Vermögen...)?

A: Ich habe kein Vermögen.

F: Willigen Sie in ihre Abschiebung ein?

A: Nein, ich habe Probleme dort, ich will nicht zurück.

F: Haben Sie vor sich Ihrer Abschiebung zu widersetzen?

A: Ich gebe keine Antwort darauf.

LA: Ich beende jetzt die Befragung. Haben Sie alles verstanden? Hatten Sie Gelegenheit alles vorzubringen oder wollen Sie noch etwas hinzufügen?

VP: Ich habe alles verstanden und nichts mehr hinzuzufügen."

4. Die Behörde stützt den hier angefochtenen Mandatsbescheid auf die folgenden Feststellungen:

"Zu Ihrer Person:

Sie sind kein österreichischer Staatsbürger.

Sie führen als Verfahrensidentität den Namen XXXX .

Sie sind volljährig und spätestens am XXXX geboren worden.

Sie sind afghanischer Staatsangehöriger und sprechen Dari. Sie gehören der Volksgruppe der Tadschiken an.

Sie sind sunnitischer Moslem.

Sie haben in Österreich keinen weiteren Asylantrag gestellt.

Zu Ihrer rechtlichen Position in Österreich:

Eine Rückkehrentscheidung gegen Ihre Person ist durchsetzbar. Aufgrund des Vorliegens der weiteren für eine Abschiebung erforderlichen Voraussetzungen werden Sie zur Ausreise verhalten werden.

Zu Ihrem bisherigen Verhalten:

-

Sie halten sich illegal in Österreich auf.

-

Sie sind nach Österreich illegal eingereist.

-

Sie dürfen in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgehen. Es besteht keine begründete Aussicht, dass Sie, aufgrund des fehlenden Aufenthaltstitels, eine Arbeitsstelle finden werden.

-

Im bisherigen Verfahren verhielten Sie sich unkooperativ und tauchten unter, indem Sie Österreich in einen anderen Mitgliedstaat verlassen haben.

-

Sie besitzen kein gültiges Reisedokument. Sie können Österreich aus eigenem Entschluss heraus nicht legal verlassen.

-

Obwohl eine gesetzliche Verpflichtung hierzu bestand, verweigerten Sie die Ausreise aus Österreich. Stattdessen sind Sie nach Deutschland ausgereist.

-

Sie verfügen nicht über ausreichend Barmittel um Ihren Unterhalt zu finanzieren. Einer legalen Beschäftigung dürfen Sie nicht nachgehen und Sie haben auch sonst keine Möglichkeit auf legale Art und Weise an Geld zu kommen.

-

Sie haben keinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich.

-

Sie sind in keiner Weise integriert.

Zu Ihrem Privat- und Familienleben:

Sie sind in Österreich weder beruflich, familiär, privat, noch sozial verankert."

In rechtlicher Hinsicht fand die Behörde:

"Die Ziffern 1, 3 und 9 sind in Ihrem Falle erfüllt.

Entsprechend ihres bisherigen Verhaltens begründen folgende Kriterien in Ihrem Fall eine Fluchtgefahr:

Die Behörde hat keinerlei Grund zur Annahme, dass Sie sich den weiteren gebotenen Verfahren in Österreich auf freiem Fuß stellen werden.

Zu Punkt 1) Sie haben sich den weiteren Verfahren in Österreich entzogen, da Sie nach der ersten negativen Entscheidung nach Deutschland illegal ausgereist sind. Dieser Umstand lässt erkennen, dass Sie nicht gewillt sind, selbstständig in Ihr Heimatland zurückzukehren. Auch sind Sie nicht im Besitze eines afghanischen Reisedokumentes. Sie halten an Ihrem illegalen Aufenthalt im Bundesgebiet fest, da Sie entgegen der Rechtslage nicht gewillt sind nach Afghanistan zurückzukehren. Sie haben bereits illegale Grenzverletzungen betreffend die Staatsgebiete der Republik Österreich und Deutschland begangen. Sie versuchen die gebotene Abschiebung nach Afghanistan zu vereiteln und wieder in die Illegalität abzutauchen. Diese Umstände lassen erkennen, dass Sie Ihre Abschiebung umgehen und behindern wollen.

Zu Punkt 3) Gegen Sie besteht eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung.

Zu Punkt 9) Ihr Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes, ist nicht gegeben. Sie verfügen über keine gesicherten Bindungen und sind in Österreich nicht integriert. Sie haben keinen Unterstand im Bundesgebiet, sind nahezu mittellos und verweigern jegliche Kooperation mit der Behörde. Es besteht daher Fluchtgefahr. Doch auch was die Unterkunftnahme in bestimmten Räumlichkeiten und die periodische Meldeverpflichtung betrifft, kann in Ihrem Falle, wie ausführlichst dargelegt, nicht das Auslangen gefunden werden. Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Schubhaft eine ultima - ratio - Maßnahme darstellt. Es ist daher zu prüfen, ob die Anordnung gelinderer Mittel gleichermaßen zur Zweckerreichung dienlich wäre. In Betracht käme dabei das gelindere Mittel gem. § 77 FPG mit den dafür vorgesehenen Aufenthalts- und Meldepflichten bzw. der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit. Dabei kommt die finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund Ihrer finanziellen Situation schon von vornherein nicht in Betracht.

Daher ist die Entscheidung zur Verhängung der Schubhaft auch verhältnismäßig, welche sich aus der dargelegten Sachverhaltsmanifestierungen zu Ihrer Person ergibt und begründet in Ihrem Fall die Schubhaft

Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung ist erforderlich, da Sie sich aufgrund Ihres oben geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen haben. Es ist davon auszugehen, dass Sie auch hin künftig nicht gewillt sein werden, die Rechtsvorschriften einzuhalten.

Aus Ihrer Wohn- und Familiensituation, aus Ihrer fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens kann geschlossen werden, dass bezüglich Ihrer Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliegt.

Sie verfügen über keinen ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet der Republik Österreich.

Sie sind nicht im Besitz eines gültigen Reisedokuments und können daher Österreich aus eigenem Entschluss heraus nicht verlassen.

Sie sind nicht im Besitz von genügend Barmittel, um sich selbstständig einen legalen und angemeldeten Aufenthalt im Bundesgebiet finanzieren zu können. Sie sind nicht im Besitze einer Bankomat- oder Kreditkarte.

Sie dürfen keiner legalen Beschäftigung nachgehen, eine Änderung dieses Umstandes ist nicht in Sicht und Sie haben auch sonst keine Möglichkeit in Österreich auf legale Art und Weise an Geld zu kommen.

Sie haben keinen Unterstand im Bundesgebiet, wo Sie unterkommen könnten.

Sie haben keine Verwandten im Bundessgebiet, die Sie auf irgendeine Art und Weise unterstützen könnten.

Sie zeigen sich nicht willig in Ihr Heimatland zurückzukehren, obwohl eine Verpflichtung hierzu besteht.

Sie sind bereits einmal untergetaucht und in einen anderen Mitgliedstaat ausgereist.

Ihre Identität kann nicht ermittelt werden, da Sie nicht im Besitz von gültigen Dokumenten sind.

Einem geordneten Fremdenwesen kommt im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und dem wirtschaftlichen Wohl des Staates ein hoher Stellenwert zu. Es besteht die Verpflichtung Österreichs, seinen europarechtlichen Vorgaben, als auch den Pflichten gegenüber seinen Staatsbürgern und anderen legal auf haltigen Personen nachzukommen.

Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit ergibt daher in Ihrem Fall, dass Ihr privates Interesse an der Schonung Ihrer persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen hat.

Wie oben ausführlich dargelegt, besteht in Ihrem Fall aufgrund Ihrer persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Damit wäre jedoch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung, vereitelt. Es liegt somit eine ultima - ratio - Situation vor, die die Anordnung der Schubhaftverhängung unabdingbar erfordert und eine Verfahrensführung, während derer Sie sich in Freiheit befinden, ausschließt.

Es ist weiters aufgrund Ihres Gesundheitszustandes davon auszugehen, dass auch die subjektiven Haftbedingungen, wie Ihre Haftfähigkeit, gegeben sind.

Es ist aufgrund Ihres Gesundheitszustandes davon auszugehen, dass Ihre Haftfähigkeit gegeben ist. Aus der Überstellungsankündigung der Bundesrepublik Deutschland sind keine gesundheitlichen Auffälligkeiten zu entnehmen. Sie waren für die Überstellung transportfähig.

Die Behörde gelangt daher zum Ergebnis, dass sowohl die gesetzlichen Formalerfordernisse vorliegen, als auch, dass die Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis steht und im Interesse des öffentlichen Wohls dringend erforderlich und geboten ist."

4. Der Beschwerdeführer erhob mit Schriftsatz vom 02.01.2020, durch seinen Rechtsberater als gewillkürten Vertreter, Beschwerde gegen den Bescheid vom 21.12.2019 sowie die Anhaltung in Schubhaft.

Im Einzelnen werden folgende Punkte und Gründe releviert:

"...] Das von der Behörde durchgeführte Ermittlungsverfahren war grob mangelhaft, da diese ihrer nach §§ 37, 39 Abs 2 AVG bestehenden und in § 18 Abs 1 AsylG konkretisierten Verpflichtung zur amtswegigen Erforschung des maßgebenden Sachverhalts nicht nachgekommen ist. Gerade die Verhängung der Schubhaft als Einschränkung der persönlichen Freiheit verlangt eine Einzelfallabwägung der konkreten Situation eines Beschwerdeführers. Dazu gehört auch, dass die Behörde die Umstände, die für die Entscheidung, ob die Behörde Schubhaft über eine Person verhängt von immenser Bedeutung sind, selbständig ermittelt.

Die Behörde hat jedoch in diesem Fall überhaupt nicht dahingehend ermittelt, ob der Beschwerdeführer sich kooperativ zeigt und bereit ist, freiwillig nach Indien sic!] auszureisen bzw. kam es zu keiner Einvernahme durch die Behörde.

...] 2. Nichtvorliegen von Fluchtgefahr gemäß § 76 Abs 2 Z 2 FPG,

Unverhältnismäßigkeit der Haft

Gemäß § 76 Abs 2 Z 2 FPG ist die Verhängung der Schubhaft nur bei Vorliegen von Fluchtgefahr und Verhältnismäßigkeit zulässig. Im gegenständlichen Fall liegen weder Fluchtgefahr noch Verhältnismäßigkeit vor.

Jedenfalls reichen die von der belangten Behörde dargelegten Umstände nicht aus, um im Fall des Beschwerdeführers eine Fluchtgefahr zu begründen.

Die belangte Behörde begründet das Vorliegen einer Fluchtgefahr im gegenständlichen Fall zunächst damit, dass der BF seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkam.

Dass der BF bis dato nicht freiwillig nach Afghanistan ausreiste, ist für den Sicherungsbedarf nicht maßgeblich. Die Nicht-Befolgung des Ausreisebefehles ist für sich alleine genommen nicht geeignet, das Vorliegen einer Fluchtgefahr zu begründen (vgl VwGH 24.10.2007, 2006/21/0045).

Der Beschwerdeführer weist darauf hin, dass fehlende berufliche und soziale Verankerung nach ständiger Judikatur insbesondere bei noch nicht lange in Österreich befindlichen Asylwerbern keine besonderen Umstände darstellen, um ein nur durch Schubhaft abzudeckendes Sicherungsbedürfnis zu begründen (vgl VwGH 30.08.2011, 2008/21/0498).

Zudem darf Schubhaft nie als Standard-Maßnahme gegenüber Asylwerbern oder Fremden angewendet werden; weder eine illegale Einreise noch das Fehlen beruflicher Integration oder einer Krankenversicherung noch der Mangel finanzieller Mittel sind für sich genommen als Schubhaftgründe zu werten (VwGH 24.10.2007, 2006/21/0239).

Auch hat der Beschwerdeführer vor den österreichischen Behörden zu seiner Identität und zu seinen Reisebewegungen stets richtige Angaben gemacht, dies hat die Behörde jedoch nicht gewürdigt und in ihre Entscheidung einbezogen. Die Behörde hätte richtige Angaben zu Identität und Reisebewegungen nach der Judikatur des VwGH bei der Prüfung der Fluchtgefahr berücksichtigen müssen (VwGH 30.08.2011, 2008/21/0498).

Zur Nicht-Anwendung eines gelinderen Mittels

Selbst bei Vorliegen einer Fluchtgefahr - welche der Beschwerdeführer ausdrücklich in Abrede stellt - ist die Schubhaft nur bei Vorliegen von Verhältnismäßigkeit zulässig und nur, wenn gelindere Mittel nicht zur Zweckerreichung geeignet wären (§ 77 Abs 1 FPG).

Es gilt der Vorrang des gelinderen Mittels (VfGH 03.10.2012, G140/11 ua - G86/12 ua). Es wäre am BFA gelegen, darzulegen, warum ein gelinderes Mittel anstatt der Schubhaft nicht in Frage kommt, stattdessen finden sich im Schubhaftbescheid dazu nur wenige allgemein gehaltene Sätze. Entsprechende Ausführungen oder Begründungen sind im Bescheid nicht zu finden, dies betrifft insbesondere die gelinderen Mittel einer periodischen Meldeverpflichtung gern § 77 Abs 3 2 2 FPG sowie das gelindere Mittel der Unterkunftnahme in bestimmten Räumlichkeiten gern §77 Abs3Z1 FPG.

Im Falle des Beschwerdeführers kommen jedenfalls gelindere Mittel in Betracht:

So wäre im Falle des Beschwerdeführers etwa das gelindere Mittel einer periodischen Meldeverpflichtung naheliegend.

Alternativ wäre neben einer periodischen Meldeverpflichtung auch das gelindere Mittel der Unterkunftnahme in von der Behörde bestimmten Räumlichkeiten in Betracht gekommen, zumal die Landespolizeidirektionen gern § 77 Abs 9 FPG Vorsorge betreffend derartiger Räumlichkeiten getroffen haben. So stehen für diesen Zweck entsprechende Räumlichkeiten etwa an der Adresse Zinnergasse 29a, 1110 Wien, oder an der Adresse Hauptstraße 38, 2540 Bad Vöslau, zur Verfügung.

Der Beschwerdeführer würde der Anordnung eines gelinderen Mittels unmittelbar Folge leisten.

Der Vollständigkeit halber weist der Beschwerdeführer darauf hin, dass die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Befehls - und Zwangsgewalt nicht entgegen steht und Betroffenen aufgetragen werden kann, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten (§ 77 Abs 5 FPG).

Der Beschwerdeführer ist bereit, mit Behörden zu kooperieren und würde insbesondere einer periodischen Meldeverpflichtunq sowie einer anfälligen anqeordneten Unterkunftnahme Folge leisten.

Die genannten gelinderen Mittel wären zur Erfüllung des angenommenen Sicherungszweckes jedenfalls ausreichend gewesen. Durch die mangelnde Prüfung der gelinderen Mittel erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig und der angefochtene Bescheid als rechtswidrig.

In vergleichbaren Fällen hat das BVwG ausgesprochen, dass die nicht ausreichende Prüfung der Voraussetzungen für die Zuerkennung eines gelinderen Mittels zur Rechtswidrigkeit der Schubhaftverhängung führt, vgl etwa BVwG W171 2124161-1 vom 08.04.2016:

‚Der Gesetzgeber sieht die Möglichkeit der Verhängung eines gelinderen Mittels vor, von weicher das BFA Gebrauch machen hätte müssen. Im gegenständlichen Fall wird dies nach Ansicht des Gerichtes zur Sicherung der Abschiebung des Beschwerdeführers als ausreichend erachtet. Die in § 11 Abs. 3 Z 1-3 vorgesehenen Möglichkeiten stellen einerseits für den Beschwerdeführer eine lediglich geringfügige und wohl auch zumutbare Beschränkung dar und bieten andererseits der Behörde eine gute Mögiichkeit, zur Sicherung der Abschiebung des BF durch die verhängten Maßnahmen eine engmaschige Kontrolle des BF zu organisieren. Aus dem bisherigen Verfahren ist nicht zu erkennen, weshalb die Behörde die Anwendung gelinderer Mittel nicht in Betracht gezogen hat. Die diesbezüglich enthaltenen Ausführungen blieben inhaltsleer. Der BF hat auch in der Vergangenheit mit Ausnahme eines Meldevergehens nicht gegen vergleichbare Auflagen verstoßen, sodass hier das Gericht die Verhängung von gelinderen Mittel für ausreichend erachtet hat.'

Auch der VwGH normiert in ständiger Rechtsprechung, vgl VwGH 24.10.2007, 2006/21/0045: Die Verhängung von Schubhaft erfordert ein ausreichendes Eingehen auf die Möglichkeit der Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 FrPolG 2005, f...] Auch aktuell führte er in mehreren Erkenntnissen wieder an, dass aus der Konzeption der Schubhaft als "ultima ratio" folgt, dass Schubhaft zu unterbleiben hat, wenn das sichernde Ziel durch gelindere Mittel erreicht werden kann (vgl VwGH 20.12.2016, 2016/21/0229).Es wird beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge

1. die Beschwerde als unbegründet abweisen,

2. den Beschwerdeführer zum Ersatz der unten angeführten Kosten verpflichten.

Ersatz für den Vorlageaufwand der belangten Behörde ...]"

5. Die Behörde legte die vorliegende Beschwerde vor und erstattete dazu die folgende Stellungnahme:

"...] Stellungnahme des zuständigen Referenten:

Verfahrensgang:

-

Der Beschwerdeführer, in weiterer Folge BF genannt, hat am 19.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich gestellt.

-

Der BF wurden bei der Landespolizeidirektion Oberösterreich am selben Tag einer Erstbefragung unterzogen. Dabei hat er angegeben, den Namen XXXX zu führen, aus Afghanistan zu stammen und am XXXX geboren worden zu sein.

-

Nach Zulassung des Verfahrens wurden der BF am 10.08.2016 durch den zur Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesamtes niederschriftlich einvernommen.

-

Der Antrag auf internationalen Schutz des BF vom 19.11.2015 wurde hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, abgewiesen.

Gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Ihren Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen.

Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß § 57 AsylG nicht erteilt.

Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr 100/2005 (FPG) idgF, erlassen.

Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist.

Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG hat die Frist für Ihre freiwillige Ausreise 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betragen. Der BF ist nicht in sein Heimatland ausgereist.

Der BF hat gegen diese Entscheidung eine Beschwerde eingebracht. Diese Entscheidung ist am 04.11.2019 in Rechtskraft II. Instanz erwachsen (GZ BVwG: W172 2134853-1/25E).

-

Der BF ist am 17.11.2019 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und wurden durch die dortige Bundespolizei verhaftet. Der BF hat in Deutschland dabei kein Asylgesuch geäußert.

-

Der BF wurde am 20.12.2019, gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013, von Deutschland nach Österreich überstellt.

-

Der BF wurde am 20.12.2019 auf Anordnung der Behörde festgenommen und in das Polizeianhaltezentrum Wien Hernalser Gürtel eingeliefert.

-

Mit Verfahrensanordnung vom 21.12.2019 wurde dem BF ein Rechtsberater zur Seite gestellt.

-

Am 21.12.2019 wurde bei BFA Direktion Heimreisezertifikate ein Heimreisezertifikat für den BF beantragt.

-

Am 23.12.2019 wurde durch BFA Direktion Heimreisezertifikate ein Heimreisezertikat bei der afghanischen Botschaft beantragt.

-

Am 23.12.2019 wurde der BF im Polizeianhaltezentrum Wien Hernalser Gürtel einvernommen.

-

Der BF wird am 10.01.2020 der afghanischen Delegation im Polizeianhaltezentrum Wien Hernalser Gürtel vorgeführt.

-

Die Abschiebung des BF nach Afghanistan ist für den 04.02.2020 mittels Charter geplant.

Entsprechend des bisherigen Verhaltens des BF begründen folgende Kriterien in seinem Falle eine Fluchtgefahr und eine Rechtfertigung, dass die Verhängung des gelinderten Mittels nicht möglich ist.

Die Behörde hat keinerlei Grund zur Annahme, dass sich der BF den weiteren gebotenen Verfahren in Österreich auf freiem Fuß stellen wird.

Der BF hat sich den weiteren Verfahren in Österreich entzogen, da der BF nach der ersten negativen Entscheidung nach Deutschland illegal ausgereist ist und nach Frankreich weiterreisen wollte. Dieser Umstand lässt erkennen, dass der BF nicht gewillt ist, selbstständig in sein Heimatland zurückzukehren. Auch ist der BF nicht im Besitze eines afghanischen Reisedokumentes. Der BF hält an seinem illegalen Aufenthalt fest, da er entgegen der Rechtslage nicht gewillt sind nach Afghanistan zurückzukehren. Der BF hat bereits illegale Grenzverletzungen betreffend die Staatsgebiete der Republik Österreich und Deutschland begangen und hatte die Absicht, illegal nach Frankreich weiterzureisen Der BF versucht die gebotene Abschiebung nach Afghanistan zu vereiteln und wieder in die Illegalität abzutauchen. Diese Umstände lassen erkennen, dass der BF seine Abschiebung umgehen und behindern will. Die am 23.12.2019 aufgenommene Niederschrift verdeutlicht diese Umstände.

Gegen den BF besteht eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung.

Der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes, ist nicht gegeben. Der BF verfügt über keine gesicherten Bindungen und ist in Österreich nicht integriert. Der BF hat keinen Unterstand im Bundesgebiet, ist nahezu mittellos und verweigert jegliche Kooperation mit der Behörde. Es besteht daher Fluchtgefahr. Doch auch was die Unterkunftnahme in bestimmten Räumlichkeiten und die periodische Meldeverpflichtung betrifft, kann im Falle des BF, wie ausführlichst dargelegt, nicht das Auslangen gefunden werden. Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Schubhaft eine ultima - ratio - Maßnahme darstellt. Es war daher zu prüfen, ob die Anordnung gelinderer Mittel gleichermaßen zur Zweckerreichung dienlich wäre. In Betracht gekommen wäre dabei das gelindere Mittel gem. § 77 FPG mit den dafür vorgesehenen Aufenthalts- und Meldepflichten bzw. der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit. Dabei kam die finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund Ihrer finanziellen Situation schon von vornherein nicht in Betracht.

Daher war die Entscheidung zur Verhängung der Schubhaft auch verhältnismäßig, welche sich aus der dargelegten Sachverhaltsmanifestierungen zur Person des BF ergibt und begründet in seinem Falle die Schubhaft.Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung ist erforderlich, da sich der BF aufgrund seines oben geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen hat. Es ist davon auszugehen, dass der BF auch hin künftig nicht gewillt sein wird, die Rechtsvorschriften einzuhalten, insbesondere, da er nach Frankreich reisen will.

Aus der Wohn- und Familiensituation, aus der fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund des bisherigen Verhaltens des BF kann geschlossen werden, dass bezüglich seiner Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliegt.

Einem geordneten Fremdenwesen kommt im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und dem wirtschaftlichen Wohl des Staates ein hoher Stellenwert zu. Es besteht die Verpflichtung Österreichs, seinen europarechtlichen Vorgaben, als auch den Pflichten gegenüber seinen Staatsbürgern und anderen legal auf haltigen Personen nachzukommen.

Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit hat daher im Falle des BF ergeben, dass sein privates Interesse an der Schonung seiner persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen hat.

Es ist aufgrund Ihres Gesundheitszustandes davon auszugehen, dass die Haftfähigkeit des BF gegeben ist. Aus der Überstellungsankündigung der Bundesrepublik Deutschland waren keine gesundheitlichen Auffälligkeiten zu entnehmen. Sie waren für die Überstellung transportfähig. Bis dato hat keine Entlassung aus gesundheitlichen Gründen aus dem Polizeianhaltezentrum stattgefunden. Auch hat der BF in der mit ihm am 23.12.2019 aufgenommenen Niederschrift angegeben, dass er gesund ist und keine Medikamente benötigt.

Die Behörde gelangte daher zum Ergebnis, dass sowohl die gesetzlichen Formalerfordernisse vorliegen, als auch, dass die Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis steht und im Interesse des öffentlichen Wohls dringend erforderlich und geboten ist.

Es wird beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge

1. den Bescheid des BFA bestätigen

2. Seitens der Behörde wird der Antrag gestellt, dass die gem. §35 Abs 1, 3 und 5 VwGVG der obsiegenden Partei zustehenden Aufwendungen für den Schriftsatzaufwand, in eventu einer mündlichen Verhandlung ein Ersatz des Verhandlungsaufwands, sowie sämtlicher weiteren anfallenden Gebühren im gegenständlichen Verfahren als Ersatz der Aufwendungen geltend gemacht werden."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF ist ein volljähriger afghanischer Staatsbürger und nicht österreichischer Staatsbürger.

Rechtlicher Status in Österreich: Der BF brachte am 19.11.2015 beim Bundesamt einen Antrag auf internationalen Schutz ein, Der Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 25.08.2016, IFA

Zahl: 1095744409-151817466, abgewiesen, der Status des Asylberechtigten und der Status des subsidiär Schutzberechtigten wurden nicht zuerkannt. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt, gegen den BF wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und seine Abschiebung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan für zulässig erklärt. Dagegen brachte der BF fristgerecht Beschwerde ein.

Diese Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG in allen Spruchpunkten rechtskräftig abgewiesen (W172 2134853-1/25E; in Rechtskraft getreten am 04.11.2019).

Gegen den BF besteht eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung.

Der BF hat kein gültiges Reisedokument.

Soziale Verankerung: Der BF ist in Österreich nicht integriert, er gab selbst an, im Bundesgebiet keine Verwandten, Freunde oder Bekannte zu haben. er besuchte auch keinen Deutschkurs. Er ist in Österreich nie einer legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen.

Der BF hat nach der rechtskräftigen Abweisung seines Antrags auf internationalen Schutz Österreich verlassen und ist nach Deutschland weitergereist.

Der BF ist haftfähig.

Er ist nicht willens, nach Afghanistan zurückzukehren.

Die Behörde hat unverzüglich Kontakt mit der Vertretung des Heimatlandes aufgenommen, um eine Rückführung des BF nach Afghanistan zu ermöglichen; ein Termin für die Rückführung ist für den 04.02.2020 geplant.

2. Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen ergeben sich aus dem vorliegenden Akteninhalt. Unbestritten steht fest, dass sein Antrag auf internationalen Schutz rechtskräftig entschieden ist und der BF in Österreich nie einer legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist.; hinsichtlich dieser Feststellungen wurde auch in der Beschwerde nichts Gegenteiliges behauptet.

Die Feststellungen zum bisherigen Verhalten des BF in Österreich (bzw seine Ausreise nach Deutschland) wurden in der Beschwerde nicht substanziell entkräftet, ebenso wenig wie das Fehlen einer maßgeblichen sozialen Verankerung in Österreich.

Die Haftfähigkeit des BF steht unstrittig fest.

Die Feststellungen zur faktischen Rückübernahmefähigkeit des BF nach Afghanistan ergeben sich aus der Stellungnahme der Behörde.

3. Rechtliche Beurteilung:

1. Gemäß § 76 Abs. 4 FPG ist die Schubhaft mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen. Gemäß § 57 Abs. 1 AVG ist die Behörde berechtigt, wenn es sich bei Gefahr im Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt, einen Bescheid auch ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen. Gegen einen nach Abs. 1 erlassenen Bescheid kann gemäß § 57 Abs. 2 AVG bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, binnen zwei Wochen Vorstellung erhoben werden. Die Vorstellung hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie gegen die Vorschreibung einer Geldleistung gerichtet ist. Gemäß § 22a Abs. 5 BFA-VG ist gegen die Anordnung der Schubhaft eine Vorstellung nicht zulässig.

2. Gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG hat der Fremde das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist (Z 1), er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde (Z 2), oder gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde (Z 3). Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten gemäß Abs. 1a die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat gemäß Abs. 2 binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß Abs. 3 jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, des Agrarverfahrensgesetzes und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu Spruchpunkt A.I.) Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft seit 06.08.2019:

1. Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anz

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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