TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/13 W209 2227323-1

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Veröffentlicht am 13.01.2020
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Entscheidungsdatum

13.01.2020

Norm

AuslBG §12a
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W209 2227323-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Reinhard SEITZ als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes PFLUG und Philipp KUHLMANN als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz vom 24.10.2019, GZ 08114/ABB-Nr. 4021724, betreffend Nichtzulassung zu einer Beschäftigung als Fachkraft gemäß § 12a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) bei der Arbeitgeberin XXXX GmbH, XXXX , XXXX , nach Beschwerdevorentscheidung vom 19.12.2019, ABB-Nr. 4032740, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird Folge gegeben, die Beschwerdevorentscheidung vom 19.12.2019 ersatzlos behoben und dem Amt der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35, über Ersuchen vom 30.09.2019, GZ: MA35-9/3265703-01, gemäß § 20d Abs. 1 Z. 2 AuslBG mitgeteilt, dass XXXX , geb. XXXX , die Voraussetzungen für die Zulassung als Fachkraft gemäß § 12a AuslBG bei der Arbeitgeberin XXXX GmbH, XXXX , XXXX , erfüllt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer), ein am XXXX geborener nordmazedonischer Staatsangehöriger, stellte am 30.09.2019 beim Amt der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35, einen Antrag auf eine Rot-Weiß-Rot-Karte als Fachkraft gemäß § 12a AuslBG. Laut der dem Antrag angeschlossenen Arbeitgebererklärung soll der Beschwerdeführer von der Firma XXXX GmbH, XXXX , XXXX , (im Folgenden: mitbeteiligte Arbeitgeberin) als "Facharbeiter" mit einer monatlichen Bruttoentlohnung von € 2.150,00 im Ausmaß von 40 Wochenstunden unbefristet beschäftigt werden. Die genaue Tätigkeitsbeschreibung lautete "Fliesenleger". Dem Antrag angeschlossen waren eine Reisepasskopie, ein notariell beglaubigtes Diplom der Bürgerlichen Universität für lebenslanges Lernen in XXXX (Republik Nordmazedonien) vom 15.08.2015 über die erfolgreiche Ablegung der Prüfung als Fliesenleger im Jahr 2014/15 samt Apostille und beglaubigter deutscher Übersetzung, ein Arbeitszeugnis der Firma

XXXX in XXXX (Republik Nordmazedonien) über die Beschäftigung des Beschwerdeführers als Fliesenleger im Zeitraum von 01.02.2008 bis 01.06.2019 in beglaubigter deutscher Übersetzung sowie ein ÖSD Zertifikat A1.

2. Mit Schreiben vom 30.09.2019, GZ: MA35-9/3265703-01, übermittelte die Magistratsabteilung 35 den Antrag der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien mit dem Ersuchen um schriftliche Mitteilung, ob die Voraussetzungen für die Erteilung einer Rot-Weiß-Rot-Karte als Fachkraft gemäß § 12a AuslBG vorliegen.

3. Am 10.10.2019 informierte die belangte Behörde (im Folgenden: AMS) die mitbeteiligte Arbeitgeberin darüber, dass dem Beschwerdeführer aufgrund seines Alters und seiner Sprachkenntnisse insgesamt 15 Punkte, darüber hinaus jedoch keine Punkte gemäß der Anlage B zum AuslBG angerechnet werden könnten. Eine abgeschlossene Berufsausbildung liege nur vor, wenn der Antragsteller über ein Zeugnis verfüge, das seine Qualifikation für die beabsichtigte Beschäftigung zweifelsfrei nachweise. Bei Fachkräften müsse es eine Qualifikation für einen in der Verordnung genannten Mangelberuf sein. Sofern das Anforderungsprofil Zusatzqualifikationen enthalte, seien auch diese durch entsprechende Zeugnisse nachzuweisen. Eine formale Gleichstellung mit einer inländischen Berufsausbildung sei nicht erforderlich. Beim beiliegenden Diplom als Fliesenleger sei die Ausbildungsdauer nicht ersichtlich, daher könnten keine Punkte für eine Berufsausbildung vergeben werden. Es würden alle Schulzeugnisse der Ausbildung als Fliesenleger benötigt werden. Berufserfahrung könne erst nach Abschluss der Berufsausbildung (Abschluss 15.08.2015) als gegeben angenommen werden. Der mitbeteiligten Arbeitgeberin wurde eine Frist von zwei Wochen zur Vorlage der geforderten Nachweise sowie für allfällige Einwände gewährt.

4. Mit Stellungnahme vom 20.10.2019 teilte der Beschwerdeführer mit, dass er die Prüfung als Fliesenleger im Rahmen einer dreimonatigen Ausbildung absolviert habe und den Beruf als Fliesenleger bereits seit 01.02.2008 ausübe. Die Fertigkeiten zur fachmännischen Ausübung des Berufes habe er im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Firma XXXX in einer sechsmonatigen Anwerbungsphase erworben. Seitdem sei er in dieser Firma bis zu seinem Ausscheiden am 01.06.2019 als vollwertiger Fliesenleger beschäftigt gewesen. Er habe das Diplom erworben, um auch einen schriftlichen Qualifikationsnachweis zu haben, da er die Absicht gehabt habe, ins Ausland zu gehen. In der Republik Nordmazedonien sei für die Ausübung des Berufes kein schriftlicher Qualifikationsnachweis erforderlich. Er verfüge somit über eine mehr als zehnjährige einschlägige Berufserfahrung.

5. Mit Bescheid 24.10.2019 wurde die Zulassung des Beschwerdeführers zu einer Beschäftigung als Fachkraft bei der mitbeteiligten Arbeitgeberin nach Anhörung des Regionalbeirats mit der Begründung abgelehnt, dass der Beschwerdeführer keine Punkte für seine Qualifikation, keine Punkte in der Kategorie ausbildungsadäquate Berufserfahrung, sondern nur 5 Punkte für seine Deutschkenntnisse und 10 Punkte für sein Alter erhalte. Damit werde die erforderliche Anzahl von 55 Punkten gemäß Anlage B nicht erreicht.

6. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer binnen offener Rechtsmittelfrist Beschwerde. Begründend wiederholte er sein Vorbringen in der Stellungnahme vom 20.10.2019.

7. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 19.12.2019 wies das AMS die Beschwerde mit der Begründung ab, dass zwar die Berufsausbildung des Beschwerdeführers anerkannt werden könne, da auch in Österreich die Möglichkeit bestehe, nach mehrjähriger einschlägiger Berufserfahrung und Absolvierung berufsbegleitend angebotener Kurse die Lehrabschlussprüfung nachzuholen. In der Kategorie Qualifikation würden den Beschwerdeführer daher 20 Punkte gebühren. Die Zulassung als Fachkraft im Mangelberuf Fliesenleger erfordere eine entsprechende Berufsausbildung. Dieses formale Qualifikationsmerkmal sei erst mit der erfolgreich abgelegten Prüfung am 15.08.2015 erworben worden. Die im Rahmen der Beschäftigung als Fliesenleger bei der Firma XXXX in XXXX (Republik Nordmazedonien) im Zeitraum von 01.02.2008 bis 01.06.2019 erworbene Berufserfahrung könne daher erst ab 15.08.2015 als ausbildungsadäquate Berufserfahrung anerkannt werden. Zum Einwand des Beschwerdeführers, er habe sich in 6 Monaten die Fertigkeiten eines Fliesenlegers angeeignet und es könne somit die gesamte Beschäftigungszeit bei der Firma XXXX abzüglich der sechsmonatigen Einschulung als Berufserfahrung herangezogen werden, sei auf die eindeutige gesetzliche Bestimmung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes zu verweisen, wonach eine abgeschlossene Berufsausbildung vorliegen müsse. In der Kategorie ausbildungsadäquate Berufserfahrung könnten daher nur 6 Punkte für die Beschäftigung ab 16.08.2015 bis 01.06.2019 (3 volle Jahre) vergeben werden. Gemeinsam mit den für seine Deutschkenntnisse gebührenden 5 sowie den für sein Alter gebührenden 10 Punkten werde damit jedoch die erforderliche Punkteanzahl von 55 nicht erreicht. Darüber hinaus habe die mitbeteiligte Arbeitgeberin in der Arbeitgebererklärung angegeben, den Beschwerdeführerin Ausmaß von 40 Wochenstunden mit einer Bruttoentlohnung von € 2.150,00 beschäftigen zu wollen. Der anzuwendende einschlägige Kollektivvertrag für das Hafner-, Platten- und Fliesenlegergewerbe sehe jedoch eine 39 Stundenwoche vor. Der Stundenlohn für einen Facharbeiter nach dem 2. Verwendungsjahr habe jedenfalls € 13,74 zu betragen. Die monatliche Entlohnung müsste daher bei einer 39 Stundenwoche € 2.320,27 (13,74 x 39 x 4,33) betragen.

8. Aufgrund des rechtzeitig erstatteten Vorlageantrages, in dem der Beschwerdeführer sein bisheriges Vorbringen im Wesentlichen wiederholte und eine geänderte Arbeitgebererklärung, der zufolge die Bruttoentlohnung € 2.350.00 monatlich betragen solle, vorgelegt wurde, legte das AMS die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens am 09.01.2020 einlangend dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zugrunde gelegt:

Der Beschwerdeführer, ein am XXXX geborener nordmazedonischer Staatsangehöriger, stellte am 30.09.2019 beim Amt der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35, einen Antrag auf Rot-Weiß-Rot-Karte als Fachkraft gemäß § 12a AuslBG.

Der Beschwerdeführer soll für die Firma XXXX GmbH, XXXX , XXXX , im Vollzeitausmaß als Fliesenleger tätig werden und dafür eine Entlohnung von € 2.350,00 brutto monatlich erhalten.

Der Beschwerdeführer verfügt über eine Berufsausbildung als Fliesenleger, die einem österreichischen Lehrabschluss vergleichbar ist. Er hat die Berufsausbildung berufsbegleitend erworben und am 15.08.2015 eine entsprechende Prüfung abgelegt, die ihn formal als Fliesenleger qualifiziert.

Darüber hinaus verfügt er über eine mehr als zehnjährige Berufserfahrung als Fliesenleger sowie über Deutschkenntnisse auf dem Niveau A1.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt steht aufgrund der Aktenlage als unstrittig fest.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 20g Abs. 1 AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice, die in Angelegenheiten des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ergangen sind, das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer, angehören.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Die im vorliegenden Fall anzuwendenden maßgebenden Bestimmungen des AuslBG lauten:

§ 12a in der Fassung BGBl. I Nr. 25/2011:

"Fachkräfte in Mangelberufen

§ 12a. Ausländer werden in einem in der Fachkräfteverordnung (§ 13) festgelegten Mangelberuf zu einer Beschäftigung als Fachkraft zugelassen, wenn sie

1. eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung nachweisen können,

2. die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage B angeführten Kriterien erreichen,

3. für die beabsichtigte Beschäftigung das ihnen nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Mindestentgelt zuzüglich einer betriebsüblichen Überzahlung erhalten und sinngemäß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 mit Ausnahme der Z 1 erfüllt sind. Die Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall entfällt."

Anlage B in der Fassung BGBl. I Nr. 94/2018:

"Anlage B

Zulassungskriterien für Fachkräfte in Mangelberufen gemäß § 12a

Kriterien

Punkte

Qualifikation

maximal anrechenbare Punkte: 30

abgeschlossene Berufsausbildung im Mangelberuf

20

allgemeine Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120

25

Abschluss eines Studiums an einer tertiären Bildungseinrichtung mit dreijähriger Mindestdauer

30

 

 

ausbildungsadäquate Berufserfahrung

maximal anrechenbare Punkte: 20

Berufserfahrung (pro Jahr) Berufserfahrung in Österreich (pro Jahr)

2 4

 

 

Sprachkenntnisse Deutsch

maximal anrechenbare Punkte: 15

Deutschkenntnisse zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau (A 1) Deutschkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung (A 2) Deutschkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung (B 1)

5 10 15

 

 

Sprachkenntnisse Englisch

maximal anrechenbare Punkte: 10

Englischkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung (A 2) Englischkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung (B 1)

5 10

 

 

Alter

maximal anrechenbare Punkte: 15

bis 30 Jahre bis 40 Jahre

15 10

 

 

Summe der maximal anrechenbaren Punkte

90

erforderliche Mindestpunkteanzahl

55

 

 

§ 20d in der Fassung BGBl. I Nr. 94/2018:

"Zulassungsverfahren für besonders Hochqualifizierte, Fachkräfte,

sonstige Schlüsselkräfte, Studienabsolventen und Künstler

§ 20d. (1) Besonders Hochqualifizierte, Fachkräfte sowie sonstige Schlüsselkräfte und Studienabsolventen haben den Antrag auf eine "Rot-Weiß-Rot - Karte", Schlüsselkräfte gemäß § 12c den Antrag auf eine "Blaue Karte EU" und ausländische Künstler den Antrag auf eine "Niederlassungsbewilligung - Künstler" gemeinsam mit einer schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, die im Antrag angegebenen Beschäftigungsbedingungen einzuhalten, bei der nach dem NAG zuständigen Behörde einzubringen. Der Antrag kann auch vom Arbeitgeber für den Ausländer im Inland eingebracht werden. Die nach dem NAG zuständige Behörde hat den Antrag, sofern er nicht gemäß § 41 Abs. 3 Z 1 oder 2 NAG zurück- oder abzuweisen ist, unverzüglich an die nach dem Betriebssitz des Arbeitgebers zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Prüfung der jeweiligen Zulassungsvoraussetzungen zu übermitteln. Die regionale Geschäftsstelle hat den Regionalbeirat anzuhören und binnen vier Wochen der nach dem NAG zuständigen Behörde - je nach Antrag - schriftlich zu bestätigen, dass die Voraussetzungen für die Zulassung

1. als besonders Hochqualifizierter gemäß § 12

2. als Fachkraft gemäß § 12a,

3. als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1,

4. als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 2 (Studienabsolvent),

5. als Schlüsselkraft gemäß § 12c (Anwärter auf eine "Blaue Karte EU") oder

6. als Künstler gemäß § 14

erfüllt sind. Die nach dem NAG zuständige Behörde hat die regionale Geschäftsstelle über die Erteilung des jeweiligen Aufenthaltstitels unter Angabe der Geltungsdauer zu verständigen. Bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen hat die regionale Geschäftsstelle die Zulassung zu versagen und den diesbezüglichen Bescheid unverzüglich der nach dem NAG zuständigen Behörde zur Zustellung an den Arbeitgeber und den Ausländer zu übermitteln.

(2) Die Zulassung gemäß Abs. 1 gilt für die Beschäftigung bei dem im Antrag angegebenen Arbeitgeber im gesamten Bundesgebiet. Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat unverzüglich nach Beginn der Beschäftigung die Anmeldung zur Sozialversicherung zu überprüfen. Entspricht diese nicht den für die Zulassung maßgeblichen Voraussetzungen, ist die nach dem NAG zuständige Behörde zu verständigen (§ 28 Abs. 6 NAG). Bei einem Arbeitgeberwechsel vor Erteilung einer "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" (§ 41a NAG) ist Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

(3) bis (5) [...]"

Die Fachkräfteverordnung 2019, BGBl. II Nr. 3/2019, idF BGBl. II Nr. 96/2019 lautet (auszugsweise):

"§ 1. (1) Für das Jahr 2019 werden folgende Mangelberufe, in denen Ausländerinnen und Ausländer als Fachkräfte gemäß § 12a AuslBG zugelassen werden können, für eine Beschäftigung im gesamten Bundesgebiet festgelegt:

1. Fräser/innen

2. Techniker/innen mit höherer Ausbildung (Ing.) für Maschinenbau

3. Schwarzdecker/innen

4. Techniker/innen mit höherer Ausbildung (Ing.) für Starkstromtechnik

5. Landmaschinenbauer/innen

6. Dreher/innen

7. Sonstige Techniker/innen für Starkstromtechnik

8. Techniker/innen mit höherer Ausbildung (Ing.) für Datenverarbeitung

9. Dachdecker/innen

10. Schweißer/innen, Schneidbrenner/innen

11. Techniker/innen mit höherer Ausbildung soweit nicht anderweitig eingeordnet

12. Sonstige Techniker/innen für Maschinenbau

13. Sonstige Schlosser/innen

14. Betonbauer/innen

15. Zimmerer/innen

16. Elektroinstallateur(e)innen, -monteur(e)innen

17. Sonstige Spengler/innen

18. Kraftfahrzeugmechaniker/innen

19. Werkzeug-, Schnitt- und Stanzenmacher/innen

20. Rohrinstallateur(e)innen, -monteur(e)innen

21. Lackierer/innen

22. Bautischler/innen

23. Platten-, Fliesenleger/innen

24. Huf- und Wagenschmied(e)innen

25. Sonstige Techniker/innen für Schwachstrom- u. Nachrichtentechnik

26. Pflasterer/innen

27. Holzmaschinenarbeiter/innen

28. Diplomierte/r Gesundheits- und Krankenpfleger/innen, die ihre im Anerkennungsbescheid vorgeschriebene Ergänzungsausbildung bzw. Ausgleichsmaßnahme bis Ende 2018 begonnen haben.

29. Bauspengler/innen

30. Techniker/innen mit höherer Ausbildung (Ing.) für Wirtschaftswesen

31. Karosserie-, Kühlerspengler/innen

32. Augenoptiker/innen

33. Bau- und Möbeltischler/innen

34. Gaststättenköch(e)innen

35. Sonstige Bodenleger/innen

36. Maschinenschlosser/innen

37. Bau-, Blech-, Konstruktionsschlosser/innen

38. Techniker/innen mit höherer Ausbildung für Schwachstr.- u. Nachrichtentechnik

39. Sonstige Techniker/innen soweit nicht anderweitig eingeordnet

40. Sonstige Techniker/innen für Wirtschaftswesen

41. Sonstige Grobmechaniker/innen

42. Kunststoffverarbeiter/innen

43. Techniker/innen mit höherer Ausbildung (Ing.) für Bauwesen

44. Lohn-, Gehaltsverrechner/innen

45. Sonstige Tiefbauer/innen

(2) bis (3) [...]

§ 2. Die Bezeichnung der im § 1 genannten Berufe folgt der Berufssystematik des Arbeitsmarktservice.

§ 3. Diese Verordnung tritt mit 2. Jänner 2019 in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2019 außer Kraft. Vor Ablauf des 31. Dezember 2019 eingebrachte Anträge gemäß § 20d Abs. 1 Z 2 AuslBG sind nach dieser Verordnung zu erledigen."

Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

Der Beschwerdeführer wurde im Mangelberuf "Platten-, Fliesenleger/innen" der Fachkräfteverordnung 2019 beantragt.

Gemäß § 12a Z. 1 AuslBG ist es - unabhängig vom Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - erforderlich, dass der Antragsteller eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung im beantragten Mangelberuf nachweisen kann (vgl. VwGH 25.01.2013, Zl. 2012/09/0068; 13.12.2016, Ra 2016/09/0104).

Die Erläuterungen (1077 Blg.NR 24. GP, RV, S 12) zum Erfordernis einer "einschlägigen abgeschlossenen Berufsausbildung" des § 12a Z. 1 AuslBG führen dazu aus: "Es können somit nur Fachkräfte zugelassen werden, die eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem solchen Mangelberuf nachweisen, die einem Lehrabschluss vergleichbar ist. Als abgeschlossene Berufsausbildung gilt auch der erfolgreiche Abschluss einer schulischen Ausbildung, die dem Abschluss einer Berufsbildenden Höheren Schule (BHS) in Österreich entspricht. Dementsprechend hoch ist die Qualifikation auch im Kriterienkatalog der Anlage B bewertet."

Der Gesetzgeber sieht somit als Mindestanforderung für eine abgeschlossene Berufsausbildung iSd § 12a Z. 1 AuslBG einen österreichischen Lehrabschluss oder eine vergleichbare Ausbildung vor.

Wie auch das AMS in der Beschwerdevorentscheidung festgehalten hat, entspricht die Berufsausbildung des Beschwerdeführers diesem Erfordernis, weil auch in Österreich die Möglichkeit besteht, nach mehrjähriger einschlägiger Berufserfahrung und Absolvierung berufsbegleitend angebotener Kurse die Lehrabschlussprüfung nachzuholen (vgl.§ 23 Abs. 5 lit. a Berufsausbildungsgesetz). Dementsprechend gebühren dem Beschwerdeführer, wie auch das AMS einräumte, in der Kategorie Qualifikation der Anlage B zum AuslBG 20 Punkte.

Für seine mehr als zehnjährige Beschäftigung als Fliesenleger in der Firma XXXX in XXXX (Republik Nordmazedonien) gebühren dem Beschwerdeführer in der Kategorie ausbildungsadäquate Berufserfahrung gemäß der Anlage B 20 Punkte. Anhaltspunkte, dass es sich dabei nicht um eine ausbildungsadäquate Berufserfahrung iSd Anlage B handelt, sind nicht ersichtlich. Dem Vorbringen des AMS, dass die Berufserfahrung des Beschwerdeführers erst ab dem Zeitpunkt der Absolvierung der Befähigungsprüfung am 15.08.2015 als ausbildungsadäquat gewertet werden kann, ist im vorliegenden Fall nicht zu folgen, zumal das AMS die Berufserfahrung des Beschwerdeführers selbst als "einschlägig" qualifizierte und im vorliegenden Fall, in dem die Berufsausbildung berufsbegleitend erworben wurde, der Zeitpunkt des Abschlusses der Befähigungsprüfung nichts über das Qualifikationsniveau der vor diesem Zeitpunkt ausgeübten Tätigkeiten aussagt. Schließlich ist auch dem vorliegenden Arbeitszeugnis zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer in dem dort angegebenen Zeitraum als Fliesenleger (und nicht etwa als Hilfskraft) beschäftigt war.

Unter Berücksichtigung der bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren unstrittigen 5 Punkte für die Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers und die für sein Alter anzurechnenden 10 Punkte gebühren dem Beschwerdeführer somit insgesamt 55 Punkte, womit die erforderliche Mindestpunktzahl von 55 Punkten nach der Anlage B erreicht wird.

Anhaltspunkte, dass Ausschlussgründe gemäß § 4 Abs. 1 Z. 2 bis 11 AuslBG der Zulassung entgegenstehen, sind nicht evident. Soweit das AMS in der Beschwerdevorentscheidung darauf hinwies, dass die ursprünglich in Aussicht gestellte Entlohnung nicht dem geltenden Kollektivvertrag entsprach, ist darauf hinzuweisen, dass die mitbeteiligte Arbeitgeberin mittlerweile eine kollektivvertragliche Entlohnung zugesichert hat.

Damit ist der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben und der zuständigen Behörde nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz gemäß § 20d Abs. 1 Z. 2 AuslBG iVm § 17 VwGVG mitzuteilen, dass die Voraussetzungen für die Zulassung des Beschwerdeführers als Fachkraft in einem Mangelberuf gemäß § 12a AuslBG im vorliegenden Fall erfüllt sind.

Entfall der mündlichen Verhandlung

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte im Hinblick auf die ersatzlose Behebung der angefochtenen Beschwerdevorentscheidung gemäß § 24 Abs. 2 Z. 1 2. Fall VwGVG entfallen (VwGH 20.11.2014, Ra 2014/07/0052).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Berufsausbildung, Fachkräfteverordnung, Rot-Weiß-Rot-Karte

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W209.2227323.1.00

Zuletzt aktualisiert am

11.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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