Entscheidungsdatum
13.01.2020Norm
AsylG 2005 §3Spruch
TEILERKENNTNIS
I422 1401001-9/3Z
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch Rechtsanwalt Edward DAIGENAULT, Lerchenfelder Gürtel 45, 1160 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.11.2019, Zl. 449618109-190860685, zu Recht:
A)
Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 17.04.2008 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.07.2008 und in weiterer Folge mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 11.08.2009 rechtskräftig abgewiesen; zugleich wurde er aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen.
2. In der Folge versuchte das Bundesasylamt wiederholt, ein Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer zu erlangen.
3. Mit Formularvordruck "Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK - Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens" vom 05.08.2015, eingelangt beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 10.08.2015, beantragte der Beschwerdeführer die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung plus gemäß § 55 Abs. 1 AsylG.
4. Mit Bescheid vom 01.02.2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK gemäß § 55 AsylG ab; zugleich wurde ihm gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Weiters erließ es gegen den Asylwerber gemäß § 10 Absatz 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 3 FPG. Überdies stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 52 Absatz 9 FPG fest, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist.
5. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25. März 2016, Zl. I409 1401001-2/3E, als unbegründet abgewiesen.
6. Am 22.08.2016 stellte der Beschwerdeführer beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl neuerlich den Antrag, ihm gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 einen Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK ("Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens" - "Aufenthaltsberechtigung plus") zu erteilen.
7. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.10.2016, zugestellt am 21.10.2016, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass zwischen der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung und der Antragstellung des Beschwerdeführers keine maßgebliche Änderung im Sachverhalt eingetreten und der Antrag sohin gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurückzuweisen gewesen sei.
8. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.11.2016, GZ. I403 1401001-3, wurde die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
9. Am 22.05.2017 wurde das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates eingestellt, da der Beschwerdeführer einen nigerianischen Reisepass in Vorlage brachte.
10. Am 09.08.2019 wurde der Beschwerdeführer von Organen der Sicherheitswache beim Verkauf der Zeitschrift "Megaphon" betreten, in weiterer Folge festgenommen und durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. Im Anschluss wurde der Beschwerdeführer im Stande der Festnahme gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 BFA-VG in das Anhaltezentrum Vordernberg überstellt. Am 09.08.2019 wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft verhängt.
11. Da der vom Beschwerdeführer vorgelegte Reisepass am 14.04.2018 abgelaufen war, wurde am 12.08.2019 ein Verfahren zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes eröffnet.
12. Am 21.08.2019 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Schubhaft den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der Erstbefragung am 22.08.2019 führte der Beschwerdeführer zur Begründung aus: "Ich gehöre den Leuten der BIAFRA an. Ich bin Anführer gestelltes Mitglied der BIAFRA hier in Österreich. Ich werde im Internet von Nigerianern mit dem Tod bedroht, falls ich wieder zurück in die Heimat gehe. Ich bin sehr bekannt bei der BIAFRA. Meine Mutter ist durch hohen Blutdruck aufgrund dieser Probleme gestorben. Das ist mein Fluchtgrund".
13. Am 28.08.2019 vernahm das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Beschwerdeführer im Rahmen des Zulassungsverfahrens ein.
14. Am 30.08.2019 vernahm das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Beschwerdeführer ein weiteres Mal ein und hob mit mündlich verkündetem Bescheid vom 30.08.2019, Zl. 449618109-190860685 (INT), 449618109-190886612 (FAS) dessen faktischen Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG auf.
15. Mit Bescheid vom 25.10.2019, Zl. 449618109-190860685 wurde der gegenständliche Folgeantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache hinsichtlich des Status des Asylberechtigten sowie des Status des subsidiär Schutzberechtigten zurückgewiesen (Spruchpunkte I. und II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gleichzeitig wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung gegen ihn erlassen (Spruchpunkt IV.) und nach § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6, 8 FPG wurde ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.). Eine Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde nicht eingeräumt (Spruchpunkt VII).
16. Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht durch seinen Rechtsvertreter am 08.11.2019 Beschwerde.
17. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.11.2019, GZ: I421 1401001-8, wurde der Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl aufgehoben und die Angelegenheit gemäß § 28. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt zurückverwiesen.
18. Am 22.11.2019 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erneut niederschriftlich einvernommen.
19. Mit gegenständlichem Bescheid vom 22.11.2019, Zl. 449618109-190860685 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und über ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) erlassen. Zugleich wurde festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.). Des Weiteren verhängte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl über den Beschwerdeführer ein befristetes Einreiseverbot in der Dauer von fünf Jahren (Spruchpunkt VI.). Sie erkannte ihrer Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VII.) und gewährte ihm keine Frist für eine freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VIII.).
20. Mit Schriftsatz seines Rechtsvertreters vom 23.12.2019 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu A) Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:
Einer Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 3, 5 und 6 BFA-Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Hinsichtlich der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde normiert § 18 Abs. 5 BFA - VG: Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.
Nach der derzeitigen Aktenlage und ausgehend vom Antrags- bzw. vom Beschwerdevorbringen besteht für das Bundesverwaltungsgericht Grund der Beschwerde vom 23.12.2019 gemäß § 18 Abs. 5 BFA-Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Aus dem Beschwerdevorbringen und aus dem Akteninhalt ist ein Grund hervorgekommen, dass der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Leben (Art 2 EMRK), in seinem Recht auf Verbot der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Bestrafung oder Behandlung (Art 3 EMRK), in seinem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art 8 EMRK) oder in seinem Recht betreffend die Abschaffung der Todesstrafe sowohl in Friedens- als auch Kriegszeiten (Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention) ernsthaft bedroht werden würde, wenn er in seinen Herkunftsstaat zurückkehrt und dort das Ergebnis der Verfahrens abwartet.
Zudem wurden die Länderberichte nach der Entscheidung der belangten Behörde einer Aktualisierung mit Stand 18.12.2019 unterzogen. Diese enthielten ein Update zur verfahrensgegenständlichen Thematik "Mitglieder der Gruppe IPOB". Nachdem das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung die aktuellen Länderberichte zugrunde zu legen hat (vgl. VwGH 18.10.2017, Ra 2017/19/0141; 24.01.2019, Ro 2018/21/0011; ua.), machte dies die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung erforderlich. Im Interesse eines rechtsstaatlichen Beschwerdeverfahrens ist die Anwesenheit des Beschwerdeführers anlässlich der mündlichen Verhandlung erforderlich und kommt diesem hierbei eine Pflicht zur Mitwirkung an der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts zu.
Die im Einzelfall nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorzunehmende Interessensabwägung zwischen den Interessen des Beschwerdeführers, den Ausgang des Verfahrens in Österreich abzuwarten und jenen Österreichs, die Wirkungen des Bescheides des BFA sofort umzusetzen, ergibt daher im konkreten Fall einen Überhang der Interessen des Beschwerdeführers den Ausgang des Verfahrens in Österreich abzuwarten, insbesondere die Möglichkeit zu haben, an der anzuberaumenden mündlichen Beschwerdeverhandlung teilzunehmen, sodass die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-Verfahrensgesetz in diesem Fall zuzuerkennen war.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis VwGH 13.09.2016, Fr 2016/01/0014, aufbauend auf die dort näher zitierte Vorjudikatur in die Voraussetzungen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 5 BFA-Verfahrensgesetz umfassend dargelegt. Der vorliegende Beschluss weicht von diesem Judikat nicht ab. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die gegenständliche Entscheidung betrifft die Lösung einer Einzelfrage, welche in aller Regel keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft, sodass die gegenständliche einzelfallbezogene Beurteilung im Allgemeinen nicht reversibel ist (VwGH 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).
Schlagworte
Asylverfahren, aufschiebende Wirkung, Folgeantrag,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:I422.1401001.9.00Zuletzt aktualisiert am
11.03.2020