Entscheidungsdatum
15.01.2020Norm
BFA-VG §18 Abs3Spruch
G313 2207450-1/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb.XXXX, StA. Rumänien, vertreten durch GKP Gabl Kogler Leitner Stöglehner Bodingbauer Auer RAe OG, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.07.2018, Zl.XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 25.06.2019 zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass in Spruchpunkt I. die Dauer des Aufenthaltsverbotes auf zwei (2) Jahre herabgesetzt wird.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA oder belangte Behörde) vom 31.07.2018 wurde über den BF gemäß § 67 Abs. 1 und Abs. 2 FPG ein fünfjähriges Aufenthaltsverbot verhängt (Spruchpunkt I.) gemäß § 70 Abs. 3 FPG dem BF ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit dieser Entscheidung erteilt (Spruchpunkt II.), und einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III).
2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Es wurde beantragt, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen und den angefochtenen Bescheid zu beheben, in eventu das Aufenthaltsverbot auf eine angemessene Dauer herabzusetzen.
3. Am 11.10.2018 langte beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt ein.
4. Am 25.06.2019 fand vor dem BVwG, Außenstelle Graz, unter Teilnahme des BF und seiner Rechtsvertreterin und der Mutter des BF als Zeugin in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die rumänische Sprache eine mündliche Beschwerdeverhandlung statt.
5. Mit Schreiben des BVwG vom 27.06.2019 wurde das zuständige Landesgericht innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung dieser Verfügung um Übermittlung des die Lebensgefährtin des BF betreffenden Strafrechtsurteils von September 2018 ersucht.
6. Anfang Juli 2019 langte das angeforderte die Lebensgefährtin des BF betreffende Strafrechtsurteil von September 2018 beim BVwG ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der BF ist rumänischer Staatsangehöriger.
1.2. Er hat in Österreich seine Mutter, eine Lebensgefährtin und einen Onkel, in Rumänien demgegenüber seine Großmutter, zwei Onkeln, eine Tante und seinen Vater als familiäre Anknüpfungspunkte.
1.3. Dem BF wurde am 16.01.2012 eine Anmeldebescheinigung (Familienangehöriger) erteilt. Die Lebensgefährtin des BF ist im Besitz einer von 27.05.2017 bis 27.05.2020 gültigen "Rot-Weiß-Rot-Karte plus".
1.4. Der BF wurde im Bundesgebiet zweimal rechtskräftig strafrechtlich verurteilt, und zwar mit
? Urteil von Oktober 2017, rechtskräftig mit November 2017, wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften als Jugendstraftat zu einer Geldstrafe von 60 Tagsätzen zu je EUR 4,00 (EUR 240,00), im Nichteinbringungsfall 30 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, und mit
? Urteil von Juli 2018, rechtskräftig mit Juli 2018, wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften, Urkundenunterdrückung, schwerer Körperverletzung, Widerstands gegen die Staatsgewalt und Einbruchsdiebstahls zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, davon sechs Monate Freiheitsstrafe bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, wobei die Bewährungshilfe angeordnet wurde; diese Straftaten beging der BF als junger Erwachsener.
1.4.1. Der ersten strafrechtlichen Verurteilung des BF von Oktober 2017 lagen folgende strafbare Handlungen des BF zugrunde:
Der BF hat an verschiedenen Orten im Bundesgebiet vorschriftswidrig Suchtgift erworben und bis zum Eigenkonsum besessen, wobei er die Straftaten ausschließlich zum persönlichen Gebrauch begangen hat, und zwar:
1. im Zeitraum von Mai 2013 bis 10. Oktober 2014 von unbekannten Personen eine unbekannte Menge Marihuana (THC) zum Grammpreis von EUR 10,00 angekauft und bis zum Eigenkonsum besessen,
2. im Zeitraum von März bis 8. Oktober 2014 von einem gesondert verfolgten Straftäter in mehreren Teilankäufen von ca. 1g Marihuana (THC) zum Grammpreis von EUR 10,00 angekauft und bis zum Eigenkonsum besessen,
3. im Zeitraum von Anfang September bis Anfang November 2014 von einem weiteren gesondert verfolgten Straftäter eine unbekannte Menge Marihuana (THC) erworben und bis zum Eigenkonsum besessen und
4. am 8. Oktober 2014 gemeinsam mit zwei gesondert verfolgten Straftätern eine unbekannte Menge Marihuana (THC) erworben und bis zum Eigenkonsum besessen.
1.4.2. Der zweiten strafrechtlichen Verurteilung des BF vom Juli 2018 lagen folgende strafbare Handlungen zugrunde:
Der BF hat an verschiedenen Orten im Bundesgebiet
A) vorschriftswidrig Suchtgift ausschließlich zum persönlichen
Gebrauch erworben, besessen, erzeugt und anderen überlassen, und zwar
1. "im Zeitraum etwa Juli 2017" von einem gesondert verfolgten Straftäter in mehreren Teilmengen eine Gesamtmenge von 10g Cannabiskraut angekauft und konsumiert;
2. "im Zeitraum etwa November 2014 bis zumindest Anfang September 2017" (der davorliegende Zeitraum ist von der Vorverurteilung des BF umfasst) von unbekannten Verkäufern eine insgesamt unbekannte Menge Cannabiskraut erworben und einmal wöchentlich konsumiert;
3. "im Zeitraum von zumindest Anfang/Mitte September 2017 bis 16.03.2018" eine insgesamt unbekannte Menge Cannabiskraut erworben und bis zum Eigenkonsum besessen, wobei er unter anderem
a) im Zeitraum von Jänner 2017 bis Dezember 2017 ca. 100 Gramm Cannabiskraut zum Grammpreis von EUR 10,00 von (...) erwarb;
b) im Zeitraum von Oktober 2017 bis 08.03.2018 insgesamt ca. 160 Gramm Cannabiskraut von einer bestimmten Person erwarb;
4. im Zeitraum etwa Dezember 2014 bis zumindest 08.12.2017 über einen Zeitraum von drei Jahren (mit ein Jahr Unterbrechung) alle drei bis vier Tage 0,5 Gramm Cannabiskraut, insgesamt daher ca. 90 Gramm Cannabiskraut sowie eine weitere Menge Cannabiskraut (80 Gramm stammend aus der von einer bestimmten Person erworbenen Menge) bis zum 16.03.2018 unentgeltlich an seine Lebensgefährtin überlassen;
5. am 09.12.2017 0,6 Gramm Cannabiskraut bis zur polizeilichen Sicherstellung besessen;
6. am 16.03.20.18 ca. 2 Gramm Cannabiskraut, das er in seiner Unterhose versteckt bei sich trug, 0,4 Gramm Cannabisblüten (19,1 Gramm) sowie ca. 0,1 Gramm Cannabis-Tabak-Gemisch, das in der Wohnung seiner Mutter von ihm unter dem Bett versteckt sichergestellt wurde, besessen;
7. bis zum 16.03.2018 insgesamt 21,5 Gramm Cannabiskraut erzeugt;
B) vorschriftswidrig Suchtgift als Bestimmungstäter nach § 12 2.
Fall StGB aus dem Ausland aus- und nach Österreich einzuführen versucht, indem er
a) vor dem 19.07.2017, 37,1 Gramm Amphetamin (netto) mit einem Reinheitsgehalt von 3,6% und einer Reinsubstanz von 1,35 Gramm Amphetamin im Wege des Darknet in Deutschland unter seinem Namen bestellte, das auch an seine Adresse in (...) geliefert werden sollte, die Tat jedoch zufolge Sicherstellung des Suchtgiftes am 19.07.2017 in Deutschland beim Versuch blieb;
b) zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt einen bislang unbekannten Lieferanten in den Niederlanden dazu bestimmt, 10 Stück Ecstasy-Tabletten (Methamphetamin) an seine Wohnadresse in (...) zu liefern, indem er im Internet (Darknet) das Suchtgift bestellte, worauf es per Luftsendung an seine Adresse verschickt wurde, wobei die Lieferung am 18.05.2017 von Beamten des Zollfahndungsamtes (...) sichergestellt wurde;
C) bis zum 16.03.2018 ausschließlich zum persönlichen Gebrauch
vorschriftswidrig die Cannabispflanze zum Zwecke der Suchtgiftgewinnung angebaut, und zwar eine Cannabispflanze, die am 16.03.2018 sichergestellt wurde;
D) am 16.03.2018
1. den Polizeibeamten (...) mit Gewalt an einer Amtshandlung, und zwar der Durchsuchung der Wohnräumlichkeiten in (...) und in (...) zu hindern versucht, sowie sich der gemäß VStG wegen aggressiven Verhaltens ausgesprochenen Festnahme widersetzt, indem er sich vor (...) "aufbaute"; diesen "wie ein Hahn attackierte" und ihm mit der Schulter einen Stoß versetzte und ihn, als der Polizeibeamte nach dem Schlüssel der - aufgrund gerichtlich bewilligter Durchsuchungsanordnung (ebenso) zu durchsuchenden - Wohnung in (...) fragte, mit "Fick dich, leck mich, Scheiß Österreicher, du bist so lächerlich, du Hurensohn" beschimpfte, von der Couch aufsprang und dem Polizeibeamten mit voller Wucht 2 bis 3 heftige Tritte gegen die Außenseite des rechten Knies versetzte, wodurch der Polizeibeamte sofort einen stechenden Schmerz verspürte, was den BF jedoch nicht davon abhielt, weiter mit den Beinen gegen den Polizeibeamten zu treten.
2. Durch die zu Punkt D. 1. genannte Tat den Polizeibeamten während der Vollziehung seiner Aufgaben vorsätzlich in Form einer Prellung des Knies samt Hämatom am Körper verletzt, der vom Dienst abtreten musste und sich in der Folge bis zum 23.03.2018 im Krankenstand befand;
E. im Zeitraum zwischen 26.11.2017 bis 30.11.2017 eine fremde, bewegliche Sache, und zwar ein Mofa im Wert von EUR 1.699,- dem (...) durch Aufbrechen einer Sperrvorrichtung, sohin durch Einbruch mit dem Vorsatz weggenommen, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er das Lenkradschloss des Mofas abdrehte, die "Elektrik" manipulierte und aus der Tiefgarage in der (...-)straße (...) entwendete;
F. eine Urkunde, über die er nicht oder nicht alleine verfügen durfte, mit dem Vorsatz unterdrückt, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werde, und zwar
1. im Zeitraum zwischen 26.11.2017 bis zum 05.12.2017 die Kennzeichentafel (...) des zu Punkt E. genannten Mofas;
2. im Zeitraum zwischen 15.07.2017 bis 08.03.2018 die Kennzeichentafel (...), die er vom im Parkhaus (...) abgestellten Mofa (...) des (...) abmontiert und auf dem gestohlenen Mofa des (...) angebracht hatte.
1.4.3. Bei der Strafbemessung des Strafrechtsurteils von Juli 2018 wurden die Umstände, dass der BF die Straftaten teils als Jugendlicher, teils als junger Erwachsener begangen hat, und das überwiegende, reumütige Geständnis des BF "mildernd", das Zusammentreffen von Vergehen, eine einschlägige Vorstrafe, der rasche Rückfall des BF und die Tatbegehung trotz anhängiger Verfahren "erschwerend" gewertet.
Im Strafrechtsurteil von Oktober 2018 wurde des Weiteren auf "fehlende Diversionsvoraussetzungen" hingewiesen, und zwar mit der Begründung, dass
"die ganzheitliche Abwägung aller unrechts- und schuldrelevanten Tatumstände fallbezogen bereits eine schwere Schuld begründet, weil ein
? hoher Gesinnungsunwert (Verwerflichkeit der inneren Einstellung des Angeklagten),
? Handlungsunwert (mit erheblicher Intensität ausgeführte Tatbegehungsweise),
? Erfolgsunwert (massive Tatfolgen) gegeben ist und
? fallbezogen spezialpräventive Überlegungen entgegenstehen, weil der Angeklagte bereits mehrfach oder kurz zurückliegend einschlägig kriminell in Erscheinung getreten ist.
1.4.4. Die Vorhaft des BF vom 18.03.2018 bis 11.07.2018 wurde auf die gegen den BF mit Strafrechtsurteil von Juli 2018 verhängte Freiheitsstrafe angerechnet, weshalb nach strafrechtlicher Verurteilung des BF von Oktober 2018 zu einer unbedingten dreimonatigen Freiheitsstrafe (und einer auf drei Monate Probezeit bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten) keine weitere Haft des BF folgte.
1.4.5. Die dem BF mit Strafrechtsurteil von Juli 2018 auferlegte Bezahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von EUR 700,00 wegen der dem betroffenen Polizeibeamten zugefügten schweren Körperverletzung ist bereits erfolgt.
1.4.6. In einem Bericht der dem BF mit erster strafrechtlicher Verurteilung von Oktober 2017 beigestellten Bewährungshilfe vom 01.06.2019 wurde Folgendes mitgeteilt (statt Name des BF "BF"):
"Der BF wird seit Juli 2018 von der Bewährungshilfe betreut. Der Klient erscheint zu den Terminen pünktlich und verlässlich. Der BF zeigt sich kooperativ in der Zusammenarbeit und hat die Deliktverarbeitung bereits abgeschlossen. Er zeigt Reue und wirkt bemüht ein geordnetes und straffreies Leben zu führen. Auch die Schadenswiedergutmachung wurde bereits bezahlt. Außerdem hat er Anfang des Jahres seine Lehrabschlussprüfung absolviert und arbeitet Vollzeit in einer Werkstatt als Spengler."
1.5. Die aggressive Vorgehensweise gegenüber dem Polizeibeamten am 16.03.2018 zog vor der strafrechtlichen Verurteilung von Juli 2018 bereits im April 2018 eine Verwaltungsstrafe in Höhe von EUR 150,00 bzw. vier Tage und vier Stunden Ersatzfreiheitsstrafe nach dem Sicherheitspolizeigesetz nach sich, und zwar deshalb, weil sich der BF am 16.03.2018 trotz Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht, während dieses seine gesetzliche Aufgabe wahrnahm, aggressiv verhalten hat.
1.6. Seit 06.04.2018 besteht gegen den BF ein rechtskräftiges Waffenverbot.
1.7. Die Lebensgefährtin des BF wurde mit
? Urteil von September 2018, rechtskräftig mit September 2018, wegen falscher Beweisaussage, versuchter Begünstigung und Verleumdung zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten unbedingt strafrechtlich verurteilt.
Eine strafrechtliche Verurteilung wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften wie der BF kann diese nicht aufweisen. Der BF verwies diesbezüglich in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem BVwG am 25.06.2019 ldarauf, dass seine Lebensgefährtin nicht in demselben Ausmaß wie er selbst Suchtgift konsumiert habe, und sie derzeit eine ihr vom Gericht verordnete Suchttherapie absolviere und sie keine Suchtmittel mehr konsumiere.
1.7.1. Dieser strafrechtlichen Verurteilung lagen folgende strafbare Handlungen der Lebensgefährtin des BF zugrunde:
Die Lebensgefährtin des BF hat am 28.06.2018 im Bundesgebiet
A) in der Hauptverhandlung gegen den BF als Zeugin bei ihrer
förmlichen Einvernahme vor dem Landesgericht (...) falsch ausgesagt, indem sie fälschlich und entgegen ihrer polizeilichen Angaben vom 17.03.2018 zusammengefasst behauptete,
1. in ihrer Aussage vom 17.03.2018 steht "die Hälfte von dem was sie gesagt hat, nicht drinnen" und dass "Sachen dazugeschrieben wurden, die überhaupt nie aus ihrem Mund gekommen sind";
2. (...) hat sie unter Druck gesetzt und versucht, sie einzuschüchtern;
3. Sie wisse nicht, was das bedeutet, wenn sie in der Aussage von einem "5-Finger-Rabatt" gesprochen hätte; sie hat vor der Polizei gesagt, dass sie nicht wisse, woher das Moped ist;
4. Die Beamten haben "Ratten" und "scheiß Ausländer" zu ihnen gesagt;
5. Der Polizeibeamte war bis 2:00 oder 3:00 Uhr früh mit ihnen in der Wohnung in der (...-)straße; die Begutachtung der Verletzung des Polizeibeamten von 22:30 bis 22:40 Uhr ist nicht möglich, weil der Polizeibeamte zumindest bis um 2:00 Uhr in der Wohnung in der (...-)straße war;
Bei der Strafbemessung des Strafrechtsurteils der Lebensgefährtin des BF von September 2018 wurde die Unbescholtenheit der Lebensgefährtin des BF "mildernd" und das Zusammentreffen von Vergehen und Verbrechen "erschwerend" gewertet.
Bei der Lebensgefährtin des BF wurde wie beim BF selbst vom Strafgericht keine Möglichkeit zur Diversion gesehen, und dies damit begründet, dass
"die ganzheitliche Abwägung aller unrechts- und schuldrelevanten Tatumstände fallbezogen bereits eine schwere Schuld begründet, weil
? ein hoher Gesinnungsunwert (Verwerflichkeit der inneren Einstellung der Lebensgefährtin des BF) gegeben ist und
? fallbezogen spezialpräventive Überlegungen entgegenstehen, weil die Angeklagte mehrfach kriminell in Erscheinung getreten ist".
1.8. Der BF, der zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt im Jahr 2011 in das österreichische Bundesgebiet eingereist ist, lebte ab Juni 2011 mit seiner Mutter, seine Lebensgefährtin ab Februar 2018 mit dem BF und seiner Mutter im Bundesgebiet in gemeinsamem Haushalt zusammen. Nach seiner Haftentlassung im Juli 2018 begab sich der BF zu seinen Verwandten nach Rumänien und kehrte daraufhin wieder in das österreichische Bundesgebiet zurück.
1.9. Der BF war im Bundesgebiet erwerbstätig, ist von September 2015 bis Juni 2017 und dann von September 2017 bis Februar 2019 einer Lehre (zum Karosseriebautechniker), von Februar 2019 bis Juni 2019, von Juni 2019 bis September 2019 und zwei Tage im November 2019 - bei verschiedenen Dienstgebern - jeweils nur kurzzeitigen Beschäftigungen nachgegangen und hat ab August 2018, was auch derzeit der Fall ist, immer wieder Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezogen.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des nunmehr vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.
2.2. Zur Person des BF und seinen individuellen Verhältnissen:
2.2.1. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und Staatsangehörigkeit des BF getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.
2.2.2. Die Feststellungen zu den familiären Verhältnissen des BF ergaben sich aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben des BF in der mündlichen Verhandlung am 25.06.2019, und zwar sowohl die Feststellungen zu den Familienangehörigen des BF in Österreich - Mutter, Lebensgefährtin und ein Onkel (VH-Niederschrift, S. 6), als auch die Feststellungen zu den familiären Verhältnissen des BF in Rumänien. Der BF gab in der Beschwerdeverhandlung zudem glaubhaft an, dass zu seinem Vater in Rumänien keine besonders gute Beziehung besteht (VH-Niederschrift, S. 7).
Dass der BF zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt im Jahr 2011 in das österreichische Bundesgebiet eingereist ist, ergab sich aus dem Akteninhalt.
Dass und wie lange der BF mit seiner Mutter - ab Juni 2011 - und seiner Lebensgefährtin - ab Februar 2018 - im Bundesgebiet bislang in gemeinsamem Haushalt zusammenlebte, konnte aufgrund des diesbezüglichen Akteninhaltes in Verbindung mit den diese Personen betreffenden aktuellen Zentralmelderegisterauszügen festgestellt werden.
Dass sich der BF nach seiner Haftentlassung im Juli 2018 nach Rumänien begeben hat, hat er selbst im Zuge der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 25.06.2019 glaubhaft angegeben (VH-Niederschrift, S. 7).
2.2.3. Die Feststellungen zum Aufenthaltsstatus des BF und seiner Lebensgefährtin beruhen auf diese beiden Personen betreffende Auszüge aus dem Zentralen Fremdenregister.
2.2.4. Die Feststellungen zur Erwerbstätigkeit des BF und seiner Lebensgefährtin im Bundesgebiet beruhen auf den BF und seine Lebensgefährtin betreffende AJ-WEB Auskunftsverfahrensauszüge, darunter auch die Feststellung, dass der BF in Österreich einer Lehre nachgegangen ist.
2.2.5. Die Feststellungen zu den beiden rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilungen des BF im Bundesgebiet beruhen auf einem aktuellen Auszug aus dem Strafregister der Republik Österreich. Die näheren Feststellungen zu den strafbaren Handlungen des BF, die diesen beiden strafrechtlichen Verurteilungen zugrunde liegen, beruhen auf den dem Verwaltungsakt einliegenden zwei Strafrechtsurteilen (AS 97ff betreffend Strafrechtsurteil von Oktober 2017 und AS 75 betreffend Strafrechtsurteil von Juli 2018). Die Feststellung zur strafrechtlichen Verurteilung der Lebensgefährtin des BF beruht auf einem aktuellen Strafregisterauszug und dem Anfang Juli 2019 beim BVwG eingelangten Strafrechtsurteil von September 2018, woraus die dem Urteil zugrundeliegenden strafbaren Handlungen der Lebensgefährtin des BF ersichtlich waren.
Dass vor der strafrechtlichen Verurteilung des BF von Juli 2018 gegen den BF im April 2018 wegen aggressiven Verhaltens gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht, während dieses seine gesetzliche Aufgabe wahrnahm, eine Geldstrafe von EUR 150,00 bzw. Ersatzfreiheitsstrafe von vier Tagen, vier Stunden, verhängt wurde, ergab sich aus der diesbezüglichen Strafverfügung im Verwaltungsakt (AS 63).
Dass der BF dem betroffenen Polizeibeamten, dem er am 16.03.2018 eine schwere Körperverletzung zugefügt hat, weswegen er unter anderem im Juli 2018 zu einer teils unbedingten, teils bedingten Freiheitsstrafe und der Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von EUR 700,00 verurteilt wurde, das ihm gerichtlich auferlegte Schmerzensgeld bereits bezahlt hat, ergab sich aus dem Akteninhalt bzw. der dies bescheinigenden Bestätigung der zuständigen Landespolizeidirektion von November 2018, welcher der BF in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vorlegte.
Dass gegen den BF seit 06.04.2018 ein rechtskräftiges Waffenverbot besteht, ergab sich aus dem Akteninhalt (AS 43).
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
3.1. Anzuwendendes Recht:
3.1.1. Der mit "Aufenthaltsverbot" betitelte § 67 FPG lautet:
"(1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.
(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.
(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere
1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);
3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder
4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.
(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist beginnt mit Eintritt der Durchsetzbarkeit zu laufen."
Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.
Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist."
Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:
"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden, wenn
1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, eine der Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes von mehr als fünf Jahren gemäß § 53 Abs. 3 Z 6, 7 oder 8 FPG liegt vor, oder
2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.
(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."
3.1.2. Das durchgeführte Ermittlungsverfahren und die getroffenen Feststellungen ergaben Folgendes:
Da der BF, der aufgrund seiner rumänischen Staatsangehörigkeit in den persönlichen Anwendungsbereich von § 67 FPG fällt, sich erst seit 2011 und damit weniger als zehn Jahre lang, wegen seiner Reise nach Rumänien nach seiner Haftentlassung im Juli 2018 zudem nicht unterbrochen, im Bundesgebiet aufhält, kommt für diesen der einfache Prüfungsmaßstab des FPG für § 67 Abs. 1 Satz 2 FPG und nicht der erhöhte Prüfungsmaßstab nach § 67 Abs. 1 S. 5 FPG zur Anwendung.
Mit Spruchpunkt I. des gegenständlich angefochtenen Bescheides vom 31.07.2018 wurde gegen den BF ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren verhängt. Die belangte Behörde stützte das gegen den BF verhängte Aufenthaltsverbot auf die beiden rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilungen des BF von Oktober 2017 und Juli 2018 bzw. den diesen Verurteilungen zugrundeliegenden strafbaren Handlungen.
Hinsichtlich der beiden strafrechtlichen Verurteilungen des BF von Oktober 2017 und Juli 2018 weist das erkennende Gericht der Vollständigkeit halber darauf hin, dass die fremdenpolizeilichen Beurteilungen unabhängig und eigenständig, von den die des Strafgerichts für die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs betreffenden Erwägungen zu treffen hat (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6.Juli 2010, Zl. 2010/22/0096). Es geht bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119).
Fest steht, dass der ersten strafrechtlichen Verurteilung des BF strafbare Handlungen in Zusammenhang mit Suchtgift zugrunde lagen, der BF im Oktober 2017 erstmals wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften und des Weiteren auch im Juli 2018 wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften, und außerdem noch wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt, schwerer Körperverletzung, Einbruchsdiebstahls und Urkundenunterdrückung, strafrechtlich verurteilt wurde.
Alle Straftaten hat der BF teils als Jugendlicher, teils als junger Erwachsener begangen. Das Strafgericht sah bei der letzten strafrechtlichen Verurteilung des BF von Juli 2018 von einer Diversion ab, und zwar mit der Begründung, dass ein hoher Gesinnungsunwert (Verwerflichkeit der inneren Einstellung des BF), Handlungsunwert (mit erheblicher Intensität ausgeführte Tatbegehungsweise), Erfolgsunwert (massive Tatfolgen) gegeben ist und fallbezogen spezialpräventive Überlegungen entgegenstehen, weil der BF bereits mehrfach oder kurz zurückliegend einschlägig kriminell in Erscheinung getreten ist.
Fest steht, dass der BF durch seine über einen langen Zeitraum an verschiedenen Orten im Bundesgebiet begangenen verschiedenartigen Straftaten (unerlaubter Umgang mit Suchtgiften von November 2014 bis März 2018; Widerstand gegen die Staatsgewalt und schwere Körperverletzung am 16.03.2018; Einbruchsdiebstahl im November 2017 und Urkundenunterdrückung im November 2017, Dezember 2017) eine grundsätzliche Bereitschaft zu kriminellen Handlungen jederzeit und an jedem Ort und gegenüber jedem - sogar gegenüber Polizeibeamten - der Staatsgewalt, und auch gegenüber fremden Sachen und Urkunden, unter Beweis gestellt hat.
Der BF hat am 16.03.2018 einen Polizeibeamten an der Durchsuchung seiner Wohnung durch eine aggressive Wortattacke zu hindern versucht sowie sich der wegen seines aggressiven Verhaltens ausgesprochenen Festnahme widersetzt und dabei den Polizeibeamten im Zuge einer Attacke schwer am Körper verletzt. Besonders verwerflich wird gehalten, dass der BF dem Polizeibeamten mit voller Wucht zwei bis drei heftige Tritte gegen die Außenseite des rechten Knies versetzte, wodurch der Polizeibeamte sofort einen stechenden Schmerz verspürte, dies den BF jedoch nicht davon abhielt, weiter mit den Beinen gegen den Polizeibeamten zu treten. Durch diesen körperlichen Angriff hat der BF beim BF eine Prellung des Knies samt Hämatom verursacht, was in der Folge einen Krankenstand des Polizeibeamten bis 23.03.2018 bzw., wie das Strafgericht im Strafrechtsurteil von Juli 2018 auch bei der Begründung der fehlenden Diversionsvoraussetzungen angeführt hat, "massive Tatfolgen" nach sich gezogen hat.
Gleichgültig zeigte sich der BF nicht nur gegenüber der körperlichen Unversehrtheit fremder Personen, als er am 16.03.2018 einen Polizeibeamten am Körper attackierte, sondern auch gegenüber fremden Sachen und Urkunden, was aus den strafbaren Handlungen des BF hervorging, im November 2017 ein Mofa durch Aufbrechen einer Sperrvorrichtung gestohlen und folglich die Kennzeichentafel darauf abmontiert und eine Kennzeichentafel eines anderen Mofas darauf montiert zu haben.
Das aggressive gegenüber einem Polizeibeamten am 16.03.2018 an den Tag gelegte Verhalten zog nicht nur im Juli 2018 eine strafrechtliche Verurteilung zu einer teils unbedingten, teils bedingten Freiheitsstrafe, sondern bereits im April 2018 eine Verwaltungsstrafe in Höhe von EUR 150,00 bzw. vier Tage und vier Stunden Ersatzfreiheitsstrafe nach dem Sicherheitspolizeigesetz nach sich, und zwar deshalb, weil sich der BF am 16.03.2018 trotz Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht, während dieses seine gesetzliche Aufgabe wahrnahm, aggressiv verhalten hat.
Der BF beging zudem während des langen Zeitraums von Mai 2013 bis März 2018, somit über den langen Gesamtzeitraum von beinahe fünf Jahren strafbare Handlungen in Zusammenhang mit Suchtgiften, wobei der unerlaubte Umgang des BF mit Suchtgiften ab November 2014 der zweiten strafrechtlichen Verurteilung des BF von Juli 2018 zugrunde lag, und der davorliegende Zeitraum von der Vorverurteilung des BF von Oktober 2017 umfasst war. Hinzuweisen ist darauf, dass bereits bei der Strafbemessung des ersten Strafrechtsurteils von Oktober 2017 der "lange Tatzeitraum" - von Mai 2013 bis November 2014 - erschwerend gewertet wurde. Den BF konnte jedoch seine strafrechtliche Verurteilung wegen unerlaubten Umgangs von Oktober 2017 nicht vor der Begehung neuerlicher Straftaten abhalten, im Gegenteil, setzte der BF doch seine vormaligen bis November 2014 in Zusammenhang mit Marihuana begangenen Straftaten ab November 2014, demnach bereits während anhängigen ersten Strafverfahrens, bis März 2018 und demnach somit über einen langen Zeitraum nach erster strafrechtlicher Verurteilung des BF von Oktober 2017 hinweg, in Zusammenhang mit Cannabis fort.
Der BF wurde im Oktober 2017, rechtskräftig im November 2017, wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften zu einer Geldstrafe von 60 Tagsätzen zu je EUR 4,00 (insgesamt EUR 240,00), im Nichteinbringungsfall 30 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, strafrechtlich verurteilt.
Dieser strafrechtlichen Verurteilung des BF von Oktober 2017 folgte ein weiterer unerlaubter Umgang mit Suchtgiften, zuletzt am 16.03.2018, woraufhin von 18.03.2018 bis 11.07.2018 eine Haft und daraufhin im Juli 2018 eine (rechtskräftige) strafrechtliche Verurteilung des BF, wegen Anrechnung der Vorhaft des BF von März bis Juli 2018 auf die gegen den BF verhängte unbedingte dreimonatige Freiheitsstrafe jedoch keine weitere Haft des BF gefolgt ist.
Zusammenfassend wird festgehalten, dass der BF, wie aus seinen verschiedenartigen an verschiedenen Orten über den langen von Mai 2013 bis März 2018 reichenden Gesamtzeitraum begangenen strafbaren Handlungen ersichtlich, jederzeit an jedem Ort gegenüber jeder Person, sogar gegenüber der Staatsgewalt ausübende Polizeibeamte, und auch gegenüber jeder fremden beweglichen Sache, zu kriminellen Handlungen - auch in aggressiver Vorgehensweise - bereit ist.
Der BF hat seine Handlungen, wie bei der Strafbemessung vom Strafgericht im Juli 2018 "mildernd" berücksichtigt, zwar teilweise als Jugendlicher und teilweise als junger Erwachsener begangen, der zum Zeitpunkt der zweiten Verurteilung im Juli 2018 20 Jahre alte BF zeigte durch seine Tatbegehung trotz eines anhängigen Strafverfahrens und seine auch nach strafrechtlicher Verurteilung von Oktober 2017 fortgesetzte Straftatbegehung, sich durch niemanden und nichts - auch nicht durch ein anhängiges Strafverfahren oder eine bereits erfolgte strafrechtliche Verurteilung, von weiteren strafbaren Handlungen abhalten lassen zu wollen.
Dem BF wurde mit strafrechtlicher Verurteilung von Juli 2018 ein Bewährungshelfer zur Seite gestellt.
Der BF erklärte im Zuge der mündlichen Verhandlung Folgendes:
"Seit meiner Haftentlassung konsumiere ich nichts mehr. Weiters habe ich einen Bewährungshelfer zugeteilt bekommen, der auch Psychotherapeut ist, der mir bei meinen Suchtproblemen geholfen hat. Nach einem Monat hat der Bewährungshelfer beschlossen, dass ich wegen der Suchtmittel keine Therapie brauche. (...)."
Auch wenn der BF in der mündlichen Verhandlung beteuerte, mit dem Suchtgiftkonsum abgeschlossen zu haben, wird bezüglich der vom BF in Zusammenhang mit Suchtgift begangenen Straftaten auf die den Suchtgiftdelikten innewohnende große Wiederholungsgefahr hingewiesen, die der BF bereits selbst mit seinem raschen Rückfall - nach strafrechtlicher Verurteilung von Oktober 2017 - bzw. seinen während anhängigen Strafverfahrens fortgesetzten strafbaren Handlungen unter Beweis gestellt hat.
Zum Risiko der Rückfälligkeit des BF, nicht nur in Zusammenhang mit Suchtgift aufgrund der diesbezüglich großen Wiederholungsgefahr, sondern, wie aus seinen verschiedenartigen sonstigen Straftaten ersichtlich, auch anderweitig und zu jeder Zeit und an jedem Ort, kommt noch hinzu, dass dem BF die ihm bevorstehende Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und die ihm damit in Zusammenhang bevorstehende Trennung von seinen Familienangehörigen und seiner Lebensgefährtin in Österreich offenbar nunmehr bewusst geworden ist und er sich offenbar bereits deswegen vor dem Zutagetreten weiterer strafbarer Handlungen hütet.
Es kann daher seit Haftentlassung des BF im Juli 2018 auch nicht von einem seither eingetretenen berücksichtigungswürdigen Wohlverhalten des BF im Bundesgebiet ausgegangen werden, zumal seit Haftentlassung ein nur kurzer Beobachtungszeitraum zur Verfügung stand, der rasche Rückfall des BF eine besondere Gefährlichkeit des BF indiziert und laut Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich der Beobachtungszeitraum umso länger anzusetzen ist, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit des Fremden manifestiert hat (vgl. VwGH 26.04.2018, Ra 2018/21/0027).
Der BF brachte in seiner Beschwerde zudem vor, noch Unterstützungsschreiben seiner in Österreich aufhältigen Familienangehörigen vorlegen zu wollen, und verwies auch darauf, dass ihm ein Bewährungshelfer zur Seite stehe. Im Zuge der mündlichen Verhandlung vorgelegt wurde folglich ein "Bericht der Bewährungshilfe" des BF vom 01.06.2019, in welchem im Wesentlichen auf vom BF gezeigte Reue hinsichtlich seiner Straftaten und eine nach abgeschlossener Lehre nachgegangene Vollzeitbeschäftigung hingewiesen wurde.
Abgesehen davon, dass der BF kein Unterstützungsschreiben seiner in Österreich lebenden Familienangehörigen vorgelegt hat, geht aus dem Akteninhalt zwar eine gewisse (familiäre) Bindung des BF zu seiner Mutter, mit welcher er ab Juni 2011, und zu seiner Lebensgefährtin, mit welcher er ab Februar 2018 in gemeinsamem Haushalt zusammenlebte, hervor, jedoch keine solche, die den BF von seinen während des Zusammenlebens des BF mit seiner Mutter und seiner Lebensgefährtin von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abhalten hätte können, im Gegenteil, hat sich doch die vormals unbescholtene Lebensgefährtin des BF wegen des BF ebenso strafbar gemacht und wurde sie mit Strafrechtsurteil von September 2018 wegen falscher Beweisaussage, versuchter Begünstigung und Verleumdung rechtskräftig strafrechtlich verurteilt.
Hinzuweisen ist diesbezüglich auch darauf, dass im Strafrechtsurteil der Lebensgefährtin des BF von September 2018 ebenso wie es unter anderem im Strafrechtsurteil des BF von Juli 2018 der Fall war, auf die "Verwerflichkeit der inneren Einstellung" seiner Lebensgefährtin Bezug genommen wurde, welche auch unter fallbezogen spezialpräventiven Überlegungen nicht zu einer Diversion führen konnte.
Mit dem Vorbringen des BF in der mündlichen Verhandlung, der BF habe sich im Moment seiner Attacke eines Polizisten in einer Stresssituation befunden, "auch die Polizei hat mich beschimpft; er wusste sich nicht anders zu wehren", konnte der BF sein gegenüber dem Polizeibeamten am 16.03.2018 gesetztes aggressives Verhalten jedenfalls nicht rechtfertigen, gibt es doch für eine solche aggressive Vorgehensweise keine Rechtfertigung.
In Gesamtbetrachtung des gesamten im Bundesgebiet gezeigten Verhaltens des BF kann von keiner positiven Zukunftsprogose ausgegangen werden.
Es geht im gegenständlichen Fall daher vom BF für die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Bundesgebiet eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr iSv § 67 Abs. 1 S. 2 FPG aus.
Das vom BFA gegen den BF erlassene Aufenthaltsverbot besteht somit dem Grunde nach zu Recht.
Die in Österreich zu seiner Mutter und seiner Lebensgefährtin bestehende - wenn auch, wie vorhin erwähnt, nicht besonders berücksichtigungswürdige - Bindung, seine, wie aus seinen nach seiner Lehre (zum Karosseriebautechniker) jeweils nur kurzzeitig nachgegangenen Beschäftigungen ersichtlich, nicht besonders ausgeprägten beruflichen Integrationsschritte und auch seine in der Beschwerde und in der mündlichen Verhandlung kundgetanen Reue über seine strafbaren Handlungen, worauf auch im erwähnten Bericht seines Bewährungshelfers von Juni 2019 hingewiesen wurde, konnten das vom BFA ausgesprochene Ausmaß des gegen den BF verhängten Aufenthaltsverbotes auf zwei Jahre, aufgrund der im Zuge seiner letzten strafbaren Handlungen an den Tag gelegten aggressiven Verhaltensweise bzw. seiner gegenüber der körperlichen Unversehrtheit fremder Personen und gegenüber fremden Sachen und Urkunden gezeigten Gleichgültigkeit jedoch nicht noch weiter herabsetzen.
Diese zweijährige Aufenthaltsverbotsdauer wird jedenfalls für nötig gehalten, um den BF in Rumänien zu einem positiven Gesinnungswandel bewegen zu können. Die zu seiner Mutter, seiner Lebensgefährtin und seinem Onkel in Österreich bestehende Beziehung wird während dieser Zeit über moderne Kommunikationsmittel bzw. Besuche ihrerseits aufrecht gehalten werden können.
Der BF wird außerdem seine in Rumänien aufhältigen Bezugspersonen (Großmutter, zwei Onkeln, eine Tante und sein Vater, bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland zu Hilfe ziehen und dadurch womöglich auch rascher zu einem positiven Gesinnungswandel gelangen können.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und das vom BFA gegen den BF verhängte fünfjährige Aufenthaltsverbot auf die Dauer von zwei Jahren herabzusetzen.
Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:
Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.
Aus Sicht des erkennenden Gerichtes war die Erteilung eines Durchsetzungsaufschubes von einem Monat gerechtfertigt, ist doch eine vom BF im Bundesgebiet für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgehende Gefahr iSv § 67 Abs. 1 S. 2 FPG, nicht jedoch eine solche, die eine sofortige Ausreise des BF erfordert hätte, erkennbar.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Schlagworte
Aufenthaltsverbot, Durchsetzungsaufschub, Herabsetzung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:G313.2207450.1.00Zuletzt aktualisiert am
11.03.2020