TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/15 G307 2224853-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.01.2020
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Entscheidungsdatum

15.01.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs1 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
FPG §55 Abs4

Spruch

G307 2224853-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA.: Serbien, vertreten durch die Diakonie, gemeinnützige Flüchtlingsgesellschaft mbH - ARGE in 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.09.2019, Zahl XXXX, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides wird mit der Maßgabe als unbegründet a b g e w i e s e n , dass der Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides zu lauten hat wie folgt:

"I. Gegen Sie wird eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 FPG iVm. § 9 BFA-VG erlassen."

II. Der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides wird insoweit stattgegeben, als gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist zur freiwilligen Ausreise im Ausmaß von 14 Tagen festgesetzt wird.

III. Der Beschwerde hinsichtlich des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides wird insoweit stattgegeben, als die Dauer des Einreiseverbots auf 2 Jahre herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 13.09.2019, dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) persönlich zugestellt am 17.09.2019, wurde dieser anlässlich seiner Anhaltung in Untersuchungshaft über die in Aussicht genommene Erlassung einer Rückkehrentscheidung wie Verhängung eines Einreiseverbotes für den Fall seiner Verurteilung in Kenntnis gesetzt. Gleichzeitig wurde er aufgefordert, hiezu wie zu seinen persönlichen wie finanziellen Verhältnissen binnen 10 Tagen ab Erhalt dieses Schreibens Stellung zu nehmen..

Eine Stellungnahme langte bis dato bei der belangten Behörde nicht ein.

2. Am 24.09.2019 fand eine niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem BFA im Rückkehrentscheidungsverfahren statt.

3. Mit oben im Spruch genannten Bescheid, dem BF persönlich zugestellt am 24.09.2019, wurde diesem ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gegen ihn gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig sei (Spruchpunkt II.), einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt und gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist zur freiwilligen Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt III.), sowie gegen den BF gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Z 1 FPG ein auf 5 Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.)

4. Mit per E-Mail am 22.10.2019 beim BFA eingebrachtem Schriftsatz erhob der BF durch seine Rechtsvertretung (im Folgenden: RV) Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG).

Darin wurden neben der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung und Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, jeweils in eventu die gänzliche Behebung des Bescheides, die Feststellung der dauerhaften Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung, die Behebung der Spruchpunkte III. und IV. des angefochtenen Bescheides, die ersatzlose Behebung des Einreiseverbotes sowie die Herabsetzung der Einreiseverbotsdauer beantragt.

5. Die gegenständliche Beschwerde und der zugehörige Verwaltungsakt wurden samt einer Stellungnahme dem BVwG vom BFA vorgelegt, wo sie am 23.10.2019 einlangten.

6. Mit Beschluss des BVwG G307 2224853-1/2Z vom 05.11.2019 wurde der gegenständlichen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF führt die im Spruch angegebene Identität (Name und Geburtsdatum) und ist Staatsangehöriger der Republik Serbien. Seine Muttersprache ist Serbokroatisch und ist er auch der deutschen Sprache mächtig. Der BF ist im Besitz eines bis 03.02.2026 gültigen serbischen Reisepasses, verheiratet und Vater von vier minderjährigen Kindern.

1.2. Der BF reiste im Jahr 2002 im Alter von 5 Jahren erstmals ins Bundesgebiet ein, wo er sich bis November 2018 durchgehend aufhielt und die Pflichtschule sowie eine Installateur-Lehre, welche er nach zwei Jahren abbrach, absolvierte.

1.3. Der BF reiste zuletzt am 30.08.2019 ins Bundesgebiet ein, nachdem er zuvor durchgehend 10 Monate in Serbien bei seiner Familie aufhältig war.

Im Bundesgebiet halten sich die Eltern und Geschwister des BF auf. In Serbien leben jedoch die Ehegattin und die gemeinsamen vier Kinder des BF.

1.4. Der BF war bis 2017 im Besitz eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt EU". Zuletzt verfügte der BF jedoch, nach erfolgter verurteilungsbedingter Zurückstufung durch die NAG-Behörde, über einen befristeten Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot-Karte-Plus", welcher bis 21.10.2018 in Geltung stand. Einen Antrag auf Verlängerung seines abgelaufenen Aufenthaltstitels hat der BF bis dato nicht gestellt.

1.5. Der BF ging von 18.11.2014 bis 28.02.2015 sowie 01.03.2015 bis 12.06.2015 unselbständigen Erwerbstätigkeiten im Bundesgebiet nach. Zudem weist er von 04.03.2016 bis 31.05.2017 eine sozialversicherungsrechtliche Meldung als selbstständig Erwerbstätiger auf. Zuletzt lebte der BF jedoch überwiegend von Zuwendungen seiner Eltern.

1.6. Der BF ist gesund und arbeitsfähig.

1.7. Der BF weist folgende Verurteilungen in Österreich auf:

1. LG XXXX, Zahl XXXX, vom XXXX.2017, RK XXXX.2017, wegen § 153d (1) StGB und § 159 (1) StGB: bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe im Ausmaß von 12 Monaten.

2. LG XXXX, Zahl XXXX, vom XXXX.2019, RK XXXX.2019, wegen §§ 146, 147 (2) 1. Fall StGB, § 15 StGB, § 12 3. Fall StGB und § 155 (1) 1. Fall StGB, § 15 StGB, § 12 3. Fall StGB: Bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe im Ausmaß von 14 Monaten.

Der BF wurde im Rahmen der zuletzt erwähnten Verurteilung für schuldig befunden, er habe in XXXX und anderen Orten

* im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit jeweils abgesondert verfolgten Personen als Mittäter (§ 12 StGB) gewerbsmäßig (§ 70 StGB) und mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, angeführte Personen im Zeitraum XXXX.2016 bis XXXX.2018 in insgesamt 13 Angriffen durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die wahrheitswidrige Vorgabe, bestimmte Arbeiten seien tatsächlich erforderlich und/oder würden tatsächlich vereinbarungsgemäß ausgeführt zu Handlungen, nämlich zur Überweisung und/oder Übergabe von jeweils genannten Beträgen verleitet zu haben, die diese in einem insgesamt € 5.000,00 übersteigenden Betrag, konkret € 5.945,80, am Vermögen geschädigt habe,

* im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit jeweils abgesondert verfolgten Personen als Mittäter (§ 12 StGB) von XXXX.2017 bis XXXX.2018 in insgesamt 5 Angriffen gewerbsmäßig die Zwangslage, den Leichtsinn, die Unerfahrenheit und/oder den Mangel an Urteilsvermögen anderer, dadurch ausgebeutet zu haben, dass er sich für Installationsleistungen und -waren einen Vermögenvorteil, nämlich Zahlungen gewähren ließ bzw. versuchte gewähren zu lassen, der in auffallendem Missverhältnis zum Gesamtwert der eigenen Leistungen stand. Und zwar indem der BF die Zahlung von € 6.593,20 bei tatsächlichen Gegenwerten von maximal € 2.550,00 gefordert habe;

* dadurch, dass er einen bereits Verurteilten durch organisatorische Arbeitsleistungen wie Telefondienste, Weitergabe von Aufträgen, das Ausstellen von Rechnungen sowie durch das Zurverfügungstellen seiner Arbeitskraft im Bedarfsfall unterstützt und ihm durch die genannten Handlungen auch eine psychische Stütze zur Umsetzung der strafbaren Handlungen geleistet hat, gewerbsmäßig (§ 70 StGB) zu folgenden strafbaren Handlungen beigetragen zu haben:

o Der BF habe mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Personen durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die wahrheitswidrige Vorgabe, Arbeiten seien tatsächlich erforderlich und/oder würden tatsächlich vereinbarungsgemäß ausgeführt, zu Handlungen, nämlich zur Überweisung und/oder Übergabe von Beträgen, die diese in einem insgesamt € 5.000,- übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten, teilweise im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Mittätern (§ 12 StGB) im Zeitraum XXXX.2017 bis XXXX.2018, in insgesamt 4 Angriffen selbst verleitet sowie andere dazu bestimmt (§ 12 StGB), dass diese teilweise im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Mittätern (§ 12 StGB) Personen verleiteten und zu verleiten versuchten nicht erforderliche Arbeiten, die teils nicht durchgeführt wurden, von XXXX.2018 bis XXXX.2018 in insgesamt 12 Angriffen und einer Schadenshöhe von € 17.944,80 vornehmen zu lassen.

* Der BF habe von XXXX.2017 bis XXXX.2018, in insgesamt 3 Angriffen, gewerbsmäßig die Zwangslage, den Leichtsinn, die Unerfahrenheit und/oder den Mangel an Urteilsvermögen anderer dadurch ausgebeutet, dass er sich für Installationsleistungen und -waren einen Vermögensvorteil, nämlich Zahlungen gewähren ließ, der in auffallendem Missverhältnis zum Gesamtwert der eigenen Leistungen stand, sowie andere zu solchen Handlungen bestimmt, und zwar, indem der BF sich Vermögensvorteile zusammen mit einem Mittäter von €

4.347,28 bei tatsächlichen Gegenwerten von maximal € 1840,00 gewähren ließ und einen anderen dazu bestimmt habe, sich Vermögensvorteile von € 2.800,00 bei einem tatsächlichen Gesamtwert von maximal € 1.000,00 gewähren zu lassen.

Als mildernd wurde dabei das umfassende reumütige Geständnis, der Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, das Alter unter 21 Jahren sowie der teilweise untergeordnete Beitrag, als erschwerend das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen, die einschlägige Vorstrafe, die Tatbegehung während offener Probezeit sowie die Faktenvielzahl, gewertet.

Es wird festgestellt, dass der BF die seinen Verurteilungen zugrundeliegenden Straftaten begangen und das beschriebene Verhalten gesetzt hat.

1.8. Zudem wurde der BF mit Straferkenntnis der LPD XXXX, Gz.: XXXX, vom XXXX.2016, gemäß § 102 Abs. 1 iVm. § 36 lit a KFG, § 102 Abs. 1 iVm § 14 Abs. 1 KFG, § 9 Abs. 1 StVO, § 102 Abs. 1 iVm. § 19 Abs. 1 KFG, § 102 Abs. 5 lit. b KFG, § 37 Abs. 1 iVm. § 1 Abs. 3 FSG, § 102 Abs. 1 iVm. § 18 Abs. 1 KFG, § 102 Abs. 1 iVm. § 14 Abs. 6 KFG, § 36 lit. b KFG und § 102 Abs. 1 iVm. § 49 Abs. 6 KFG, mit einer Geldstrafe in Höhe € 1.781,00 belangt.

1.9. Der BF wurde von XXXX.2019 bis XXXX.2019 in einer Justizanstalt in Österreich angehalten und am XXXX.2019 auf dem Luftweg nach Serbien abgeschoben.

1.10. Serbien gilt als sicherer Herkunftsstaat.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Zu den Feststellungen:

Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:

Die Feststellungen zum durchgehenden Aufenthalt in Österreich bis November 2018, zur Rückkehr nach Serbien, zum durchgehenden Aufenthalt des BF in Serbien bei seiner Familie sowie zur neuerlichen Einreise ins Bundesgebiet am 30.08.2019, folgen den Meldedaten des BF im Zentralen Melderegister, einem Einreisevermerk im Reisepass des BF sowie den damit im Einklang befindlichen Angaben des BF vor der belangten Behörde. So weist der BF beginnend mit 14.11.2002 beinahe durchgehende Wohnsitzmeldungen in Österreich bis 05.01.2018 auf und gab zudem an, aufgrund einer erfolgten Abmeldung ungemeldet im Bundesgebiet verblieben zu sein. Ferner führte er aus, dass er - vom Tag seiner niederschriftlichen Einvernahme aus gerechnet - vor 10 Monaten, sohin ca. im November 2018, das Bundesgebiet verlassen habe und nach Serbien zurückgekehrt sei, wo er sich bis zu seiner neuerlichen, durch einen Einreisevermerk in seinem Reisepass bestätigten Einreise am 30.08.2019 durchgehend bei seiner Frau und den gemeinsamen minderjährigen Kindern aufgehalten habe.

Die Meldung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit in Österreich ist aus dem Inhalt des auf den BF lautenden Sozialversicherungsauszuges, dem auch die unselbständigen Erwerbszeiten sowie die 2jährige Lehrzeit des BF entnommen werden kann, ersichtlich.

Dem Amtswissen des erkennenden Gerichts (Einsicht in das Strafregister der Republik Österreich) sowie einer Ausfertigung des oben zitierten Strafurteils des LG XXXX vom XXXX.2019 folgen die Feststellungen der oben genannten Verurteilungen des BF samt deren näheren Ausführungen sowie, dass der BF die besagten Straftaten begangen hat.

Eine im Akt einliegende Ausfertigung des oben zitierten Straferkenntnisses stützt zudem die Feststellungen hinsichtlich der verwaltungsstrafrechtlichen Belangung des BF wegen der oben zitierten Verwaltungsübertretungen.

Die Feststellung, dass Serbien als sicherer Herkunftsstaat gilt, beruht auf § 1 Z 6 Herkunftsstaatenverordnung und wird die erfolgte Abschiebung des BF nach Serbien durch einen Bericht der LPD XXXX, Stadtpolizeikommando XXXX, Gz.: XXXX, vom XXXX.2019 dokumentiert.

Die sonstigen oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Feststellungen im angefochtenen Bescheid, jenen in der gegenständlichen Beschwerde nicht - substantiiert - entgegengetreten wurde.

Letztlich spiegeln sich im Zentralen Fremdenregister der Besitz der oben genannten Aufenthaltstitel seitens des BF wieder und lässt sich diesem ein entsprechend gestellter Verlängerungsantrag nicht entnehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zu den Spruchpunkten I. und II. des angefochtenen Bescheides:

3.1.1. Der mit "Rückkehrentscheidung" betitelte § 52 FPG lautet wie folgt:

"§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,

1a. nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,

2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.

(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde."

Der mit "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" betitelte § 57 AsylG lautet:

"§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.

(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.

(4) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können."

Der mit "Antragstellung und amtswegiges Verfahren" betitelte § 58 AsylG lautet:

"§ 58. (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,

4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder

5. ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 ist von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.

(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(4) Das Bundesamt hat den von Amts wegen erteilten Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 oder 57 auszufolgen, wenn der Spruchpunkt (Abs. 3) im verfahrensabschließenden Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Abs. 11 gilt.

(5) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 sind persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen.

(6) Im Antrag ist der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.

(7) Wird einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 stattgegeben, so ist dem Fremden der Aufenthaltstitel auszufolgen. Abs. 11 gilt.

(8) Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 zurück- oder abgewiesen, so hat das Bundesamt darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(9) Ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach diesem Hauptstück ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. sich in einem Verfahren nach dem NAG befindet,

2. bereits über ein Aufenthaltsrecht nach diesem Bundesgesetz oder dem NAG verfügt oder

3. gemäß § 95 FPG über einen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten verfügt oder gemäß § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt ist

soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt. Dies gilt auch im Falle des gleichzeitigen Stellens mehrerer Anträge.

(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

(11) Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist

1. das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels (Abs. 4) ohne weiteres einzustellen oder

2. der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen.

Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.

(12) Aufenthaltstitel dürfen Drittstaatsangehörigen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, nur persönlich ausgefolgt werden. Aufenthaltstitel für unmündige Minderjährige dürfen nur an deren gesetzlichen Vertreter ausgefolgt werden. Anlässlich der Ausfolgung ist der Drittstaatsangehörige nachweislich über die befristete Gültigkeitsdauer, die Unzulässigkeit eines Zweckwechsels, die Nichtverlängerbarkeit der Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 und 56 und die anschließende Möglichkeit einen Aufenthaltstitel nach dem NAG zu erlangen, zu belehren.

(13) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 begründen kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. Bei Anträgen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 hat das Bundesamt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag jedoch mit der Durchführung der einer Rückkehrentscheidung umsetzenden Abschiebung zuzuwarten, wenn

1. ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung erst nach einer Antragstellung gemäß § 56 eingeleitet wurde und

2. die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 wahrscheinlich ist, wofür die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Z 1, 2 und 3 jedenfalls vorzuliegen haben.

(14) Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, durch Verordnung festzulegen, welche Urkunden und Nachweise allgemein und für den jeweiligen Aufenthaltstitel dem Antrag jedenfalls anzuschließen sind. Diese Verordnung kann auch Form und Art einer Antragstellung, einschließlich bestimmter, ausschließlich zu verwendender Antragsformulare, enthalten."

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet wie folgt:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

3.1.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Z 10 leg cit als Drittstaatsangehöriger jeder Fremder der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist.

Der BF ist aufgrund seiner serbischen Staatsangehörigkeit sohin Drittstaatsangehöriger iSd. § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

3.1.3. Staatsangehörige der Republik Serbien, die Inhaber eines biometrischen Reisepasses sind, sind nach Art. 1 Abs. 2 iVm Anlage II der Verordnung (EG) Nr. 539/2011 vom 15.03.2001, ABl. L 81 vom 21.03.2001, S. 1, von der Visumpflicht für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, befreit.

Gemäß Art. 20 Abs. 1 des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) können sich sichtvermerksbefreite Drittausländer im Hoheitsgebiet der Vertragsstaaten frei bewegen, höchstens jedoch drei Monate innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab dem Datum der ersten Einreise an und soweit sie die nunmehr im Schengener Grenzkodex vorgesehenen Einreisevoraussetzungen erfüllen. Für einen geplanten Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten von bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen, wobei der Zeitraum von 180 Tagen, der jedem Tag des Aufenthalts vorangeht, berücksichtigt wird, gelten für einen Drittstaatsangehörigen die in Art. 6 Abs. 1 Schengener Grenzkodex, VO (EU) 2016/399, genannten Einreisevoraussetzungen. So muss der Drittstaatsangehörige im Besitz eines gültigen Reisedokuments und, sofern dies in der sog. Visumpflicht-Verordnung VO (EG) Nr. 539/2001 vorgesehen ist, im Besitz eines gültigen Visums sein. Er muss weiters den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen und über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügen oder in der Lage sein, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben; er darf nicht im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sein und keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaates darstellen und insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden sein.

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthaltes im Bundesgebiet die Befristung oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben (Z 1), oder sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder eine Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind (Z 2).

Der BF fällt nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.

3.1.4. Der BF war zuletzt im Besitz eines am 21.10.2018 abgelaufenen befristeten Aufenthaltstitels für Österreich und reiste im November 2018 nach Serbien zurück. Im Zeitpunkt seiner letzten Einreise ins Bundesgebiet am 30.08.2019 war er sohin nicht mehr im Besitz eines gültigen Aufenthaltstitels und damit im Grunde nur im Rahmen der sichtvermerksbefreiten Einreisermächtigung von serbischen Staatsbürgern zur Einreise nach Österreich und kurzfristigem Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt.

Aufgrund der vom BF begangenen Straftaten und letztlich erfolgter diesbezüglicher Verurteilung stellt dieser - wie noch in der rechtlichen Beurteilung näher dargelegt werden wird - eine Gefährdung öffentlicher Interessen dar, sodass der BF im Zeitpunkt seiner Einreise die dafür notwendigen Voraussetzungen nicht erfüllt hat, und sich sein letzter Aufenthalt in Österreich sohin als durchgehend unrechtmäßig erwies.

Da der BF sich sohin zuletzt unrechtmäßig in Österreich aufhielt und - nach Erlass des angefochtenen Bescheides - am XXXX.2019 nach Serbien abgeschoben wurde, ist gegenständlich die Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung nunmehr gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 FPG, unter Zugrundelegung der im Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Rechts- und Sachlage zu prüfen (vgl. VwGH Ra 2017/21/0234).

3.1.5. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihres Briefverkehrs.

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit ein Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, wie sie eine Ausweisung eines Fremden darstellt, kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob die Ausweisung einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt:

Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer "Familie" voraussetzt. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern bzw. von verheirateten Ehegatten, sondern auch andere nahe verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine hinreichende Intensität für die Annahme einer familiären Beziehung iSd. Art. 8 EMRK erreichen. Der EGMR unterscheidet in seiner Rechtsprechung nicht zwischen einer ehelichen Familie (sog. "legitimate family" bzw. "famille légitime") oder einer unehelichen Familie ("illegitimate family" bzw. "famille naturelle"), sondern stellt auf das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens ab (siehe EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 454; 18.12.1986, Johnston u.a., EuGRZ 1987, 313; 26.05.1994, Keegan, EuGRZ 1995, 113; 12.07.2001 [GK], K. u. T., Zl. 25702/94; 20.01.2009, Serife Yigit, Zl. 03976/05). Als Kriterien für die Beurteilung, ob eine Beziehung im Einzelfall einem Familienleben iSd. Art. 8 EMRK entspricht, kommen tatsächliche Anhaltspunkte in Frage, wie etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Art und die Dauer der Beziehung sowie das Interesse und die Bindung der Partner aneinander, etwa durch gemeinsame Kinder, oder andere Umstände, wie etwa die Gewährung von Unterhaltsleistungen (EGMR 22.04.1997, X., Y. und Z., Zl. 21830/93; 22.12.2004, Merger u. Cros, Zl. 68864/01). So verlangt der EGMR auch das Vorliegen besonderer Elemente der Abhängigkeit, die über die übliche emotionale Bindung hinausgeht (siehe Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention3 [2008] 197 ff.). In der bisherigen Spruchpraxis des EGMR wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Europäischen Kommission für Menschenrechte auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Das Zusammenleben und die Bindung von Partnern, die auf einer gleichgeschlechtlichen Beziehung beruhen, fallen jedoch nicht unter den Begriff des Familienlebens iSd. Art. 8 EMRK (EGMR 10.05.2001, Mata Estevez, Zl. 56501/00).

Wie der Verfassungsgerichtshof (VfGH) bereits in zwei Erkenntnissen vom 29.09.2007, Zl. B 328/07 und Zl. B 1150/07, dargelegt hat, sind die Behörden stets dazu verpflichtet, das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung gegen die persönlichen Interessen des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich am Maßstab des Art. 8 EMRK abzuwägen, wenn sie eine Ausweisung verfügt. In den zitierten Entscheidungen wurden vom VfGH auch unterschiedliche - in der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) fallbezogen entwickelte - Kriterien aufgezeigt, die in jedem Einzelfall bei Vornahme einer solchen Interessenabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Art. 8 EMRK einer Ausweisung entgegensteht:

-

die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 16.09.2004, Ghiban, Zl. 11103/03, NVwZ 2005, 1046),

-

das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80, 9473/81, 9474/81, EuGRZ 1985, 567; 20.06.2002, Al-Nashif, Zl. 50963/99, ÖJZ 2003, 344; 22.04.1997, X, Y und Z, Zl. 21830/93, ÖJZ 1998, 271) und dessen Intensität (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00),

-

die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

-

den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR 04.10.2001, Adam, Zl. 43359/98, EuGRZ 2002, 582; 09.10.2003, Slivenko, Zl. 48321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.06.2005, Sisojeva, Zl. 60654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 05.07.2005, Zl. 2004/21/0124; 11.10.2005, Zl. 2002/21/0124),

-

die Bindungen zum Heimatstaat,

-

die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. zB EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 11.04.2006, Useinov, Zl. 61292/00), sowie

-

auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 05.09.2000, Solomon, Zl. 44328/98; 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07).

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sind die Staaten im Hinblick auf das internationale Recht und ihre vertraglichen Verpflichtungen befugt, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu überwachen (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80 ua, EuGRZ 1985, 567; 21.10.1997, Boujlifa, Zl. 25404/94; 18.10.2006, Üner, Zl. 46410/99; 23.06.2008 [GK], Maslov, 1638/03; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07). Die EMRK garantiert Ausländern kein Recht auf Einreise, Aufenthalt und Einbürgerung in einem bestimmten Staat (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09).

Hinsichtlich der Rechtfertigung eines Eingriffs in die nach Art. 8 EMRK garantierten Rechte muss der Staat ein Gleichgewicht zwischen den Interessen des Einzelnen und jenen der Gesellschaft schaffen, wobei er in beiden Fällen einen gewissen Ermessensspielraum hat. Art. 8 EMRK begründet keine generelle Verpflichtung für den Staat, Einwanderer in seinem Territorium zu akzeptieren und Familienzusammenführungen zuzulassen. Jedoch hängt in Fällen, die sowohl Familienleben als auch Einwanderung betreffen, die staatliche Verpflichtung, Familienangehörigen von ihm Staat Ansässigen Aufenthalt zu gewähren, von der jeweiligen Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse ab. Von Bedeutung sind dabei das Ausmaß des Eingriffs in das Familienleben, der Umfang der Beziehungen zum Konventionsstaat, weiters ob im Ursprungsstaat unüberwindbare Hindernisse für das Familienleben bestehen, sowie ob Gründe der Einwanderungskontrolle oder Erwägungen zum Schutz der öffentlichen Ordnung für eine Ausweisung sprechen. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine Ausweisung nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten (EGMR 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07, mwN; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09; 03.11.2011, Arvelo Aponte, Zl. 28770/05; 14.02.2012, Antwi u. a., Zl. 26940/10).

Die Ausweisung eines Fremden, dessen Aufenthalt lediglich auf Grund der Stellung von einem oder mehreren Asylanträgen oder Anträgen aus humanitären Gründen besteht, und der weder ein niedergelassener Migrant noch sonst zum Aufenthalt im Aufenthaltsstaat berechtigt ist, stellt in Abwägung zum berechtigten öffentlichen Interesse einer wirksamen Einwanderungskontrolle keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das Privatleben dieses Fremden dar, wenn dessen diesbezüglichen Anträge abgelehnt werden, zumal der Aufenthaltsstatus eines solchen Fremden während der ganzen Zeit des Verfahrens als unsicher gilt (EGMR 08.04.2008, Nnyanzi, Zl. 21878/06).

"Es trifft zwar zu, dass im Rahmen einer Interessenabwägung nach Art. 8 MRK bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt eines Fremden in der Regel von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen ist (vgl. VwGH 1.2.2019, Ra 2019/01/0027, mwN). Diese Rechtsprechung betraf allerdings nur Konstellationen, in denen sich aus dem Verhalten des Fremden - abgesehen vom unrechtmäßigen Verbleib in Österreich - sonst keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ergab. Die "Zehn-Jahres-Grenze" spielte in der bisherigen Judikatur nur dann eine Rolle, wenn einem Fremden kein - massives - strafrechtliches Fehlverhalten vorzuwerfen war (vgl. VwGH 10.11.2015, Ro 2015/19/0001, mwN)." (VwGH 28.02.2019, Ra 2018/01/0409)

"Bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden ist regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, sind Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen (vgl. E 30. August 2011, 2008/21/0605; E 14. April 2016, Ra 2016/21/0029 bis 0032; E 30. Juni 2016, Ra 2016/21/0165)." (VwGH 23.02.2017, Ra 2016/21/0325)

3.1.6. Auch wenn das persönliche Interesse am Verbleib in Österreich grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthalts des Fremden zunimmt, so ist die bloße Aufenthaltsdauer freilich nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren. Bei der Einschätzung des persönlichen Interesses ist auch auf die Auswirkungen, die eine Aufenthaltsbeendigung auf die familiären und sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 15.12.2015, Zl. Ra 2015/19/0247).

Der BF verfügt zwar über familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich, jedoch lässt sich eine gemeinsame Haushaltsführung mit diesen nicht feststellen und hält sich dessen Kernfamilie nach wie vor in Serbien auf, sodass gegenständlich vom Vorliegen eines Privat- nicht jedoch Familienlebens iSd. Art 8 EMRK auszugehen ist (vgl. Chvosta: Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007/74, 860f; vgl. VwGH 15.12.2015, Ra 2015/22/0125).

Hinzu kommt, dass der BF von November 2018 bis 30.08.2019 in Serbien aufhältig war und zuletzt im Bundesgebiet überwiegend in Haft angehalten wurde, was eine Relativierung sowohl seiner Bezugspunkte als auch seines Aufenthaltes in Österreich zu bewirken vermag.

Ferner brachte der BF durch seine wiederholte Delinquenz in Österreich eindrucksvoll dessen nachhaltigen Unwillen, sich in die österreichische Gesellschaft zu integrieren, zum Ausdruck. So ist zu erkennen, dass der BF seinen Aufenthalt im Bundesgebiet zur wiederholten Begehung von strafbaren Handlungen - über einen längeren Zeitraum hinweg - missbraucht hat.

Zudem unterließ es der BF seinen weiteren bzw. neuerlichen Aufenthalt in Österreich zu legalisieren, indem er es verabsäumte, einen Verlängerungsantrag hinsichtlich seines letzten Aufenthaltstitels zu stellen, was - im Lichte der Verurteilungen des BF - keinen Willen auf Integration bzw. Beachtung gültiger Normen seitens des BF erkennen lässt.

Auch hat der BF seine familiären Beziehungen in

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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