Entscheidungsdatum
16.01.2020Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W239 2226712-1/6E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Theresa BAUMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Sudan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.12.2019, Zl. XXXX , beschlossen:
A) Das Beschwerdeverfahren wird wegen Zurückziehung der Beschwerde
gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Republik Sudan, stellte im österreichischen Bundesgebiet am 21.08.2019 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Am 22.08.2019 fand seine Erstbefragung statt.
Zur Person des Beschwerdeführers liegen keine EURODAC-Treffer vor. Laut VIS-Abfrage verfügte der Beschwerdeführer über ein von der italienischen Vertretungsbehörde in Khartum/Sudan ausgestelltes Schengen-Visum Typ C, gültig für den Zeitraum von 20.07.2019 bis 18.08.2019.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) richtete in weiterer Folge am 27.08.2019 ein auf Art. 12 Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin-III-VO) gestütztes Aufnahmeersuchen an Italien.
Italien ließ das Ersuchen unbeantwortet. Mit Schreiben vom 28.10.2019 teilte das BFA der italienischen Dublin-Behörde mit, dass gemäß Art. 22 Abs. 7 Dublin-III-VO Verfristung eingetreten und die Zuständigkeit auf Italien übergegangen sei.
In der Einvernahme am 12.11.2019 gab der Beschwerdeführer vor dem BFA im Wesentlichen an, aufgrund medizinisch notwendiger Behandlungen im Kniebereich weiter in Österreich bleiben zu wollen. Des Weiteren gab er an, dass XXXX der Name des Großvaters seines Vaters gewesen sei, obwohl in seinem Reisepass und somit auch in dem von den italienischen Behörden ausgestellten Visum der Familienname XXXX aufscheine.
2. Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz mit Bescheid des BFA vom 03.12.2019 ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Italien gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin-III-VO für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig sei (Spruchpunkt I.). Zudem wurde gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG gegen den Beschwerdeführer die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Italien zulässig sei (Spruchpunkt II.).
3. Die dagegen fristgerecht am 17.12.2019 erhobene Beschwerde wurde am selben Tag dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt und langte dort am 18.12.2019 ein.
Am 27.12.2019 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine vom Beschwerdeführer unterzeichnete "Erklärung zur Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat" vom 23.12.2019 ein. Ebenso langte am 27.12.2019 ein vom BFA weitergeleitetes Fax vom 23.12.2019 mit dem Betreff "Zurückziehung der Beschwerde" ein; in diesem Schreiben teilte die Vertretung des Beschwerdeführers mit, dass der Beschwerdeführer heute (23.12.2019) die Weisung gegeben habe, seine Beschwerde zurückzuziehen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Festgestellt wird der eben dargelegte Verfahrensgang. Insbesondere wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer am 23.12.2019 seine zuvor erhobene Beschwerde zurückgezogen und damit einen rechtswirksamen Rechtsmittelverzicht abgegeben hat.
Konkrete Hinweise auf Willensmängel bei der Abgabe der Erklärung sind im Verfahren nicht hervorgekommen.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, insbesondere aus dem Wortlaut der vom Beschwerdeführer unterzeichneten Erklärung vom 23.12.2019.
Dass der Beschwerdeführer bei der Abgabe der Erklärung etwa an Willensmängeln gelitten hätte, wurde im Verfahren nicht vorgebracht und es ergaben sich auch sonst keine konkreten Hinweise darauf.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A) Einstellung des Verfahrens:
§ 7 Abs. 2 VwGVG normiert, dass eine Beschwerde nicht mehr zulässig ist, wenn die Partei nach Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat. Ein Beschwerdeverzicht kommt erst nach Erlassung des Bescheides (durch Verkündung oder Zustellung) in Betracht. Eine Zurückziehung der Beschwerde durch den Beschwerdeführer ist in jeder Lage des Verfahrens ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung möglich. Der Beschwerdeverzicht bzw. die Zurückziehung der Beschwerde ist unwiderruflich, da es sich um eine einseitige, verbindliche Prozesserklärung handelt. Der Beschwerdeverzicht bzw. die Zurückziehung der Beschwerde hat ausdrücklich und unmissverständlich zu erfolgen, sodass keine Zweifel über diese Prozesserklärung bleiben (Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Aufl., § 7 VwGVG, K 5 ff.).
Die Annahme, eine Partei ziehe die von ihr erhobene Berufung zurück, ist also nur dann zulässig, wenn die entsprechende Erklärung keinen Zweifel daran offen lässt. Maßgebend ist daher das Vorliegen einer in dieser Richtung eindeutigen Erklärung (vgl. VwGH vom 22.11.2005, 2005/05/0320, uvm).
Ein Beschwerdeverzicht eines Fremden ist ohne Beiziehung eines Dolmetschers nur dann wirksam, wenn feststeht, dass der Fremde im Zeitpunkt der Abgabe des Beschwerdeverzichtes der deutschen Sprache hinlänglich mächtig war, um sich der Tragweite des Verzichtes bewusst zu sein, und ein Willensmangel ausgeschlossen werden kann (VwGH 27.04.2016, Ra 2015/10/0111).
Im gegenständlichen Fall brachte der Beschwerdeführer am 23.12.2019 - nach Erlassung des Bescheides durch das BFA und nach der Einbringung einer Beschwerde - unmissverständlich zum Ausdruck, seine Beschwerde vom 17.12.2019 zurückzuziehen. Dabei war ihm die Tragweite des Verzichtes offenbar bewusst, zumal die Konsequenz des Verzichts, nämlich eine (freiwillige) Überstellung nach Italien, dezidiert in der "Erklärung zur Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat" angeführt wurde.
Der Beschwerdeverzicht vom 23.12.2019 ist unwiderruflich, sodass mit der Abgabe der Verzichtserklärung einer Sachentscheidung über die zuvor eingebrachte Beschwerde durch das Gericht die Grundlage entzogen ist.
Aufgrund der Zurückziehung der Beschwerde war das Beschwerdeverfahren einzustellen. Eine bloß formlose Beendigung (etwa durch Einstellung mittels Aktenvermerk) eines nach dem VwGVG vom Verwaltungsgericht geführten Verfahrens kommt nicht in Betracht, handelt es sich doch bei der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, ein bei ihm anhängiges Verfahren nicht weiterzuführen, um eine Entscheidung im Sinne des § 31 Abs. 1 VwGVG.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Dass bei einer Beschwerdezurückziehung keine Sachentscheidung durch das Gericht mehr getroffen werden kann, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Schlagworte
Verfahrenseinstellung, ZurückziehungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W239.2226712.1.00Zuletzt aktualisiert am
11.03.2020