TE Bvwg Beschluss 2020/1/17 W229 2104870-1

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Veröffentlicht am 17.01.2020
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Entscheidungsdatum

17.01.2020

Norm

AlVG §7
AVG §38
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §17

Spruch

W229 2104870-1/28Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Elisabeth WUTZL als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , vertreten durch Dr. Gustav Teicht, Dr. Gerhard Jöchl Kommandit-Partnerschaft, Rathausstraße 19/DG/53, 1010 Wien, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Hietzinger Kai vom 18.12.2014, VN XXXX , nach Beschwerdevorentscheidung vom 06.03.2015, GZ: XXXX , beschlossen:

A)

Das Verfahren wird gem. § 38 AVG iVm. § 17 VwGVG bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Österreichischen Gesundheitskasse über die Vollversicherungspflicht im Zeitraum vom 03.11.2013 bis 12.12.2014 aufgrund der Beschäftigung des Beschwerdeführers bei der XXXX ausgesetzt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 18.12.2014 sprach das Arbeitsmarktservice Wien Hietzinger Kai (im Folgenden: AMS) aus, dem Antrag des nunmehrigen Beschwerdeführers auf Zuerkennung des Arbeitslosengeldes vom 17.12.2014 werde gemäß § 7 Abs 1 Z 2 iVm § 14 AlVG mangels Erfüllung der Anwartschaft keine Folge gegeben. Begründend führte das AMS aus, der Beschwerdeführer könne in der gesetzlichen Rahmenfrist nur 285 Tage arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigung bzw. anwartschaftsbegründende Zeiten nachweisen.

2. Der Beschwerdeführer erhob mit Schreiben vom 30.12.2014 rechtzeitig Beschwerde und führte aus, der zur Gänze angefochtene Bescheid sei inhaltlich rechtswidrig und rechtswidrig in Folge von Verletzung von Verfahrensvorschriften. Im angefochtenen Bescheid sei angegeben worden, er könne innerhalb der vorgegebenen Rahmenfrist lediglich 285 Tage arbeitslosenversicherter Beschäftigung nachweisen. Dies treffe bei Einblick in die gegenwärtigen Versicherungsdaten zu, entspreche jedoch nicht den Tatsachen. Er lege hier Beweise vor, wonach er seit 07.04.2014 laufend vollversichert beschäftigt gewesen sei. Die Tatsache, dass sich sein Arbeitgeber nicht korrekt verhalten habe, sei ihm nicht zuzurechnen. Er habe diesbezüglich bereits alle notwendigen Schritte bei der Arbeiterkammer Wien eingeleitet.

Der Beschwerde beiliegend brachte der Beschwerdeführer Verdienstnachweise der XXXX (im Folgenden: T GmbH) für April 2014 bis Juni 2014, der XXXX (im Folgenden: B GmbH) für Juli 2014 und August 2014, und Stundennachweise der XXXX (im Folgenden: SB) für April 2014 bis August 2014, in Vorlage.

3. Im Verfahren über die Beschwerde erließ das AMS als belangte Behörde am 06.03.2015 gemäß § 14 VwGVG iVm. § 56 AlVG eine Beschwerdevorentscheidung, mit der die Beschwerde abgewiesen wurde.

4. Der Beschwerdeführer stellte rechtzeitig einen Vorlageantrag und führte ergänzend aus, er sei im Zeitraum vom 03.11.2013 bis 12.12.2014 bei der XXXX (im Folgenden: D GmbH) vollversichert beschäftigt gewesen, sei von dieser Firma aber nicht korrekt bei der Sozialversicherung angemeldet worden. Er habe über die Arbeiterkammer die Firma aufgefordert diese geringfügige Meldung auf eine vollversicherte Meldung umzuändern. Aufgenommen worden sei er von der Geschäftsführerin der D GmbH und habe von ihr auch die Anweisungen und die Zahlung erhalten. Ohne darüber Bescheid zu wissen, sei er über ihm unbekannte Firmen bei der Sozialversicherung angemeldet worden. Die D GmbH weigere sich bis jetzt die falschen Anmeldungen bei der Sozialversicherung umzuändern. Er könne durch Verdienstnachweise der T GmbH für die Monate April - Juni 2014, mit einer ausgewiesenen Entlohnung über der Geringfügigkeitsgrenze, nachweisen, dass er bei der T GmbH vollversichert beschäftigt gewesen sei. Nur sei er bei der Gebietskrankenkasse geringfügig angemeldet worden. Die Verdienstnachweise der T GmbH belegen, dass er vollversichert beschäftigt gewesen sei. Weiters könne er durch Verdienstnachweise der B GmbH für die Monate Juli und August 2014, mit einer ausgewiesenen Entlohnung über der Geringfügigkeitsgrenze, nachweisen, dass er bei der B GmbH vollversichert beschäftigt gewesen sei. Nur sei er auch in diesem Fall bei der Gebietskrankenkasse geringfügig angemeldet worden. Die Verdienstnachweise der B GmbH belegen, dass er vollversichert beschäftigt gewesen sei. Er habe der belangten Behörde diese Verdienstnachweise vorgelegt. Auch durch die Stundenlisten der SB für den Zeitraum vom April bis August 2014 könne er seine vollversicherte Beschäftigung in diesem Zeitraum nachweisen. Die Stundenlisten seien der Wiener Gebietskrankasse und der belangten Behörde bereits übermittelt worden.

Die Ummeldung seitens der Wiener Gebietskrankenkasse werde noch viel Zeit in Anspruch nehmen. Er habe existenzielle Probleme und brauche unbedingt die Leistungen des AMS. Die belangte Behörde müsse anhand der vorliegenden Lohnzettel, die eine vollversicherte Beschäftigung belegen, über seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld entscheiden. Hierzu verweise er auf das Erkenntnis des VwGH vom 24.07.2013, Zl. 2011/08/0222.

Weiters beantragte der Beschwerdeführer die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

5. Der Vorlageantrag und die Beschwerde wurden gemäß § 15 Abs. 2 letzter Satz VwGVG dem Bundesverwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens samt Stellungnahme vorgelegt. Das AMS führte darin aus, obwohl der Beschwerdeführer Unterlagen betreffend die behaupteten Beschäftigungen vorgelegt hat, erscheine es sinnvoll eine umfangreiche Betriebsprüfung durch die WGKK und die Finanzpolizei abzuwarten und einen Anspruch erst festzustellen, wenn die versicherungsrechtlichen Gegebenheiten, nicht zuletzt durch eine Prüfung, der drei genannten Firmen, geklärt seien. In der Beschwerdevorentscheidung sei aufgrund der Aktenlage entschieden worden und seien laut Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger nicht genug Anwartschaftstage für eine Zuerkennung des Arbeitslosengeldes vorgelegen.

6. Mit Schreiben vom 09.04.2015 gab der nunmehrige Rechtsvertreter seine Vollmacht bekannt.

7. Mit Schreiben vom 23.03.2016 legte der Beschwerdeführer Unterlagen über das gegen die D GmbH geführte arbeitsgerichtliche Verfahren am Arbeits- und Sozialgericht Wien vor, aus denen sich ergibt, dass zwischen dem Beschwerdeführer und der D GmbH ein Vergleich über Ansprüche aus seiner Beschäftigung vom 03.11.2013 bis 12.12.2014 geschlossen wurde. Weiters beantragte er die Zeugeneinvernahme eines Arbeitskollegen zum Beweis dafür, dass der Antragsteller durchgehend vom 03.11.2013 bis 12.12.2014 bei der D GmbH beschäftigt gewesen sei.

8. Nach Aufforderung durch das BVwG teilte die Wiener Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse) mit Schreiben vom 10.05.2016 und 15.06.2016 im Wesentlichen mit, dass die Beitragsprüfung der T GmbH noch nicht abgeschlossen sei. Die Anmeldung des Beschwerdeführers bei der T GmbH bleibe storniert, da er lt. Fragebogen nicht für diese Firma beschäftigt gewesen sei. Bei der B GmbH sei die Anmeldung lt. Masseverwalter storniert worden und scheine im Versicherungsdatenauszug ebenso nicht auf. Diese Firma sei mittlerweile abgeprüft worden. Die SB sei bei der Wiener Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse) nicht ausfindig zu machen. Für die D GmbH sei derzeit kein Überprüfungsverfahren anhängig.

9. Das BVwG teilte diese Schreiben dem Beschwerdeführer als Ergebnis der Beweisaufnahme mit. In der Stellungnahme vom 23.03.2017 brachte der Beschwerdeführer zusammengefasst vor, dass es nicht verwunderlich sei, dass die Sozialversicherungsmeldungen des Beschwerdeführers bei der T GmbH und bei der B GmbH storniert worden seien, weil der Beschwerdeführer von einer Beschäftigung bei diesen Unternehmen eigentlich überhaupt gar nichts gewusst habe, beide Unternehmen in Konkurs gegangen seien und es sich bei beiden Firmen auch ganz offensichtlich um "Scheinfirmen" handle (dazu ist/war auch bei Staatsanwaltschaft Wien ein Verfahren anhängig). Dieser Umstand spreche stark dafür, dass der Beschwerdeführer vom 03.11.2013 bis 12.12.2014 durchgehend bei der D GmbH vollzeitbeschäftigt gewesen sein musste und der Beschwerdeführer ohne sein Wissen offenbar bei diesen "Scheinunternehmen" zur Gebietskrankenkasse gemeldet worden sei. Warum die Gebietskrankasse hinsichtlich der Vollzeitbeschäftigung des Beschwerdeführers bei der D GmbH offenbar kein Überprüfungsverfahren anhängig gemacht habe, sei nicht nachvollziehbar. Der Sachverhalt sei der Gebietskrankenkasse nämlich zur Kenntnis gebracht worden. Zum Beweis für die durchgehende Beschäftigung des Beschwerdeführers bei der D GmbH vom 03.11.2013 bis 12.12.2014 werde neben der Befragung des Beschwerdeführers überdies die Beischaffung des Aktes Arbeits- und Sozialgericht Wien, die Beischaffung des Aktes Staatsanwaltschaft Wien sowie die Einvernahme eines damaligen Arbeitskollegen unter Beiziehung eines Serbisch- Dolmetschers beantragt.

10. Mit Schreiben vom 19.09.2018 wurden dem Beschwerdeführer weitere Ermittlungsergebnisse ins Parteiengehör übersendet und dieser aufgefordert, bekanntzugeben, ob bei der WGKK bereits ein Antrag auf Feststellung der (Voll-)Versicherungspflicht aufgrund der Tätigkeit als Dienstnehmer für die in der Stellung vom 23.03.2017 angeführte Firma gestellt worden sei bzw. bekanntzugeben, weshalb davon abgesehen wurde.

11. Die rechtsfreundliche Vertretung des Beschwerdeführers wiederholte mit Schriftsatz vom 12.10.2018, dass die Beschäftigung des Beschwerdeführers bei der D GmbH durchgehend im Zeitraum vom 03.11.2013 bis 12.12.2014 und Vollzeit war. Weiters wurde ua. mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer nach dem Beschäftigungsende bei der WGKK vorstellig geworden sei, um seine unrichtigen Versicherungszeiten berichtigen zu lassen. Von Seiten der WGKK sei in dieser Angelegenheit aus dem Beschwerdeführer nicht nachvollziehbaren Gründen jedoch keine Niederschrift aufgenommen worden.

12. Mit Schreiben vom 07.11.2019 gab die rechtsfreundliche Vertretung des Beschwerdeführers unter Anschluss des entsprechenden Antrages bekannt, dass nunmehr ein Antrag auf Feststellung der Versicherungszeiten bei der WGKK eingebracht worden sei.

13. Mit Schreiben vom 25.11.2019 wurde bei der Wiener Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse) eine Anfrage hinsichtlich der Anhängigkeit des Verfahrens zur Feststellung der Versicherungspflicht des Beschwerdeführers gestellt.

14. Nachdem die Wiener Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse) die Anfrage abschlägig beantwortete, wurde der Beschwerdeführer im Wege der rechtsfreundlichen Vertretung ersucht bekanntzugeben, wann der Antrag auf Durchführung eines Feststellungsverfahrens und Erlassung eines entsprechenden Feststellungsbescheides bei der Wiener Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse) eingebracht worden ist und eine Bestätigung der Wiener Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse) über die Anhängigkeit des Verfahrens vorzulegen.

15. Mit Schreiben vom 23.12.2019 übermittelte die rechtsfreundliche Vertretung ua. ein E-Mail der Wiener Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse) vom 27.11.2019, aus dem die Anhängigkeit des Verfahrens und das Bemühen die Angelegenheit so rasch als möglich zu klären hervorgeht, sowie ein weiteres Schreiben der Wiener Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse) vom 10.12.2019, mit dem der Beschwerdeführer ua. zur Nachreichung von Unterlagen sowie die rechtsfreundliche Vertretung um telefonische Kontaktaufnahme gebeten wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer hat gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 18.12.2014 in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 06.03.2015 betreffend Nichtzuerkennung des Arbeitslosengeldes mangels Erfüllung anwartschaftsbegründender Zeiten Beschwerde erhoben. Darin wird ua vorgebracht, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Beschäftigung bei der D GmbH bereits im Zeitraum im Zeitraum von 03.11.2013 bis 12.12.2014 der Vollversicherungspflicht unterlag und insofern ausreichend Tage an arbeitslosenversicherungspflichtiger Beschäftigung bzw. anwartschaftsbegründende Zeiten vorliegen.

Zur Klärung der Frage, ob der Beschwerdeführer im Zeitraum von 03.11.2013 bis 12.12.2014 tatsächlich eine der Vollversicherungspflicht unterliegende Beschäftigung ausgeübt hat, ist derzeit ein Verfahren beim zuständigen Versicherungsträger (WGKK, nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse) anhängig.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten sowie aus dem von der rechtsfreundlichen Vertretung des Beschwerdeführers übermittelten Antrag vom 07.11.2019 an die WGKK (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse) sowie den ebenfalls von dieser übermittelten Schreiben der WGKK vom 27.11.2019 und vom 10.12.2019.

3. Rechtliche Beurteilung:

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Die Anordnung einer Senatszuständigkeit enthält § 56 Abs. 2 AlVG, wonach das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat entscheidet, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.

Gemäß § 9 Abs. 1 BVwGG leitet und führt der Vorsitzende eines Senates das Verfahren bis zur Verhandlung. Die dabei erforderlichen Beschlüsse bedürfen keines Senatsbeschlusses.

Hinsichtlich der Beschlüsse (§ 31 VwGVG) ist zwischen verfahrensleitenden und nicht-verfahrensleitenden Beschlüssen zu differenzieren. Verfahrensleitende Beschlüsse kann der Vorsitzende alleine fassen, sofern sie nicht auch verfahrensbeendend sind. Darüber hinaus kann der Vorsitzende auch nicht-verfahrensleitende Beschlüsse, die nicht-verfahrensbeendende Beschlüsse sind, alleine fassen (vgl. Fister/Fuchs/Sachs Verwaltungsgerichtsverfahren 2013, § 9 BVwGG, Anm. 3).

Der Verwaltungsgerichtshof sah keinen sachlichen Grund dafür, eine gemäß § 17 VwGVG iVm § 38 AVG ergangene Aussetzungsentscheidung als (bloß) verfahrensleitende Entscheidung zu beurteilen, die nicht abgesondert bekämpfbar wäre (vgl. VwGH 24.03.2015, Ro 2014/05/0089). Da der Beschluss über die Aussetzung des Verfahrens aber nicht verfahrensbeendend ist, sondern das Verfahren nur unterbricht, und eine Entscheidung iSd § 56 Abs. 2 AlVG über die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid des AMS gerade nicht vorliegt, besteht diesbezüglich die Zuständigkeit des Senatsvorsitzenden als Einzelrichter.

3.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des AlVG lauten wie folgt:

§ 7. (1) Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, wer

1. der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht,

2. die Anwartschaft erfüllt und

3. die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat. [...]

§ 14. (1) Bei der erstmaligen Inanspruchnahme von Arbeitslosengeld ist die Anwartschaft erfüllt, wenn der Arbeitslose in den letzten 24 Monaten vor Geltendmachung des Anspruches (Rahmenfrist) insgesamt 52 Wochen im Inland arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war. Handelt es sich jedoch um einen Arbeitslosen, der das Arbeitslosengeld vor Vollendung des 25. Lebensjahres beantragt, ist die Anwartschaft auf Arbeitslosengeld auch dann erfüllt, wenn der Arbeitslose in den letzten zwölf Monaten vor Geltendmachung des Anspruches (Rahmenfrist) insgesamt 26 Wochen im Inland arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war.

(2) Bei jeder weiteren Inanspruchnahme des Arbeitslosengeldes ist die Anwartschaft erfüllt, wenn der Arbeitslose in den letzten 12 Monaten vor Geltendmachung des Anspruches (Rahmenfrist) insgesamt 28 Wochen im Inland arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war. Die Anwartschaft ist im Falle einer weiteren Inanspruchnahme auch dann erfüllt, wenn der Arbeitslose die Anwartschaft gemäß § 14 Abs. 1 erster Satz erfüllt. [...]

§ 15. (1) Die Rahmenfrist (§ 14 Abs. 1 bis 3) verlängert sich um höchstens fünf Jahre um Zeiträume, in denen der Arbeitslose im Inland

1. in einem arbeitslosenversicherungsfreien Dienstverhältnis gestanden ist;

2. arbeitsuchend bei der regionalen Geschäftsstelle gemeldet gewesen ist, Sondernotstandshilfe bezogen hat oder als Vorschuss auf eine nicht zuerkannte Pension Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe bezogen hat; [...]

Zu A) Aussetzung des Verfahrens:

3.3. Gemäß § 38 AVG iVm § 17 VwGVG ist die Behörde (das Verwaltungsgericht), sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid (ihrer Entscheidung) zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.

Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde dem Antrag auf Zuerkennung des Arbeitslosengeldes vom 17.12.2014 gem. § 7 Abs. 1 Z 2 iVm. § 14 AlVG keine Folge gegeben, da der Beschwerdeführer in der gesetzlichen Rahmenfrist nur 285 Tage arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigung bzw. anwartschaftsbegründende Zeiten nachweisen könne.

Ob der Beschwerdeführer - wie von ihm vorgebracht - bereits in der Zeit von 03.11.2013 bis 12.12.2014 in einem vollversicherungspflichtigen Dienstverhältnis stand, stellt eine Vorfrage dar, welche derzeit den Gegenstand eines beim zuständigen Sozialversicherungsträger anhängigen Verfahrens im Sinne des § 38 AVG bildet.

Im Fall der Anhängigkeit eines Verfahrens über die Vorfrage, steht es im Ermessen der Behörde, das Verfahren zu unterbrechen oder selbst die Vorfrage zu beurteilen. § 38 AVG regelt nun nicht im Einzelnen, unter welchen Voraussetzungen die Behörde die Vorfrage selbst zu beurteilen hat oder von der Möglichkeit der Aussetzung des Verfahrens Gebrauch machen kann. Sie ist aber deswegen nicht völlig ungebunden. Ihre Entscheidung kann nämlich in der Richtung hin auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden, ob sie diese Entscheidung im Sinne des Gesetzes getroffen hat. Die Überlegungen, von denen sie sich dabei leiten lassen muss, werden vornehmlich solche der Verfahrensökonomie sein (vgl. etwa die bei Hengstschläger/Leeb, AVG, zu § 38 Rz 59 f genannten weiteren Kriterien der möglichsten Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis, der Erzielung möglichst richtiger und einheitlicher Entscheidungen samt Vermeidung von Wiederaufnahmen; demgegenüber das Postulat der möglichst raschen Beendigung des Verfahrens). Der Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie könnte dann nicht als vorrangig angesehen werden, wenn die Behörde ohne weiteres Ermittlungsverfahren zur selbstständigen Beurteilung der Vorfrage in der Lage gewesen wäre (VwGH 30.05.2001, 2001/11/0121, mwN; 19.12.2012, 2012/08/0212).

Die Beurteilung, ob der Beschwerdeführer im Zeitraum von 03.11.2013 bis 12.12.2014 in einem vollversicherungspflichtigen Dienstverhältnis stand, wäre ohne Durchführung eines aufwendigen Ermittlungsverfahrens nicht möglich, weshalb im Sinne der Einfachheit die Aussetzung des gegenständlichen Verfahrens bis zum Abschluss des im Spruch genannten Verwaltungsverfahrens zur Feststellung, ob der Beschwerdeführer im maßgeblichen Zeitraum in einem vollversicherungspflichtigen Dienstverhältnis stand, zu beschließen war.

3.4. Die Verfahrensparteien sind im Lichte ihrer Mitwirkungspflicht gehalten, dem Bundesverwaltungsgericht nach rechtskräftigem Abschluss des beim zuständigen Versicherungsträger anhängigen Verfahrens dessen Ergebnis unverzüglich mitzuteilen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Vielmehr macht das Bundesverwaltungsgericht von dem ihm eingeräumten Ermessen im Rahmen der gesetzlichen Voraussetzungen des § 38 AVG Gebrauch.

Schlagworte

Aussetzung, Versicherungspflicht, Vorfrage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W229.2104870.1.00

Zuletzt aktualisiert am

11.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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