TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/17 W200 2225926-1

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Veröffentlicht am 17.01.2020
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Entscheidungsdatum

17.01.2020

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
VOG §1
VOG §6a

Spruch

W200 2225926-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Scherz als Vorsitzende und durch den Richter Dr. Kuzminski sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Svoboda als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 17.10.2019, Zl. 114-616060-009, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 09.10.2017 einen Antrag auf Pauschalentschädigung für Schmerzengeld nach dem Verbrechensopfergesetz.

Begründend führte er aus, dass er am 26.06.2017 in einer U-Bahnstation Messerstiche durch einen bekannten Täter mit bleibender Sensibilitätsstörung in Ober-/Unterarm erlitten hätte.

Dem Antrag angeschlossen war ein Arztbrief des Unfallkrankenhauses Meidling vom 30.06.2017.

Weiter ist dem Akt das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 13.12.2017 zu entnehmen, in dem ein namentlich bekannter Täter zu vier Jahren Haft wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Absatz 1 StGB verurteilt wurde. Der namentlich bekannte Täter hatte den Beschwerdeführer am 26.06.2017 dadurch, dass er mit einem Bastelmesser in Richtung der linken Körperseite stach und den Beschwerdeführer dabei im Bereich des linken Ellbogengelenkes traf, eine schwere Körperverletzung (§ 84 Absatz 1 StGB), nämlich eine Stichverletzung im Bereich der linken Ellbeuge mit Durchtrennung einer großen Vene und Beschädigung der Muskulatur, sowie durch Durchtrennung des sensiblen Hautnervs der Außenseite der linken Oberarmstreckseite, absichtlich zugefügt.

Der dagegen erhobenen Berufung des namentlich genannten Täters wurde vom Oberlandesgericht Wien nicht Folge gegeben.

In weiterer Folge bewilligte das Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, mit Bescheid vom 12. April 2018 dem Beschwerdeführer eine Pauschalentschädigung in der Höhe von 4.000 Euro wegen des Vorfalls vom 26.06.2017. Begründend wurde auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien verwiesen, dass der Beschwerdeführer eine schwere Körperverletzung gemäß § 84 Absatz 1 StGB erlitten hätte.

Anschließend prüfte das Sozialministeriumservice aufgrund der Ausführungen des Beschwerdeführers im Rahmen einer persönlichen Vorsprache am 27.06.2018 das Vorliegen von schweren Dauerfolgen gemäß § 85 StGB.

Dem Akt ist ein elektroneuro-diagnostischer Befund eines neurologischen Zentrums vom 13.12.2018 zu entnehmen, weiters ein Aktenvermerk, wonach der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde vorgesprochen hatte und angegeben hätte, nach wie vor ein Taubheitsgefühl in seinem linken Unterarm zu haben sowie ein Befundbericht einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 08.03.2019.

Das vom Sozialministeriumservice eingeholte neurologische Gutachten vom 20.06.2019 ergab Folgendes:

"I. Sachverhalt:

Herrn XXXX wurde vom Sozialministeriumservice eine Pauschalentschädigung für Schmerzensgeld für eine schwere Körperverletzung zuerkannt. Dem AW wurden durch einen Messerstich am 26.06.2017 eine große Vene, sowie der sensible Hautnerv an der Außenseite des linken Oberarmes durchtrennt und die Muskulatur im glatten Bereich beschädigt.

Am 27.06.2018 gab Herr XXXX bei der persönlichen Vorsprache an, dass die operative Versorgung dazu geführt habe, dass er keine Kraft habe bzw. Taubheitsgefühl im linken Unterarm verspüren würde. Eine Kur und physikalische Behandlung seien kaum hilfreich gewesen. Er würde psychische Probleme haben, wenn er an das Verbrechen denke. Er würde an epileptischen Anfällen leiden.

Medizinische Befunde:

Befunde des Unfallkrankenhauses Meidling vom 30.06 und 12.07.2017:

Diagnosen: Verletzung der Weichteile des linken Ellbogengelenkes mit Muskelläsion, Durchtrennung der Vena cephalica und des Nervus cutaneus antebrachii lateralis, Verletzung des Fingergelenkes rechts, Verletzung des rechten Kniegelenkes.

Operative Versorgung mit Vernähen des Nervus cutaneus antebrachii lateralis und Ligatur der Verna cephalica.

Problemlose Wundheilung, Sensibilitätsminderung streckseitig am UA links.

Vorbestehende medikamentöse Einstellung mit Codidol 120 mg retard 2x1, Pantoloc und Levitracem 500 mg 2x1 wurde beibehalten.

Befundbericht Dr. XXXX , FA für Psychiatrie und Neurologie vom 25.08.2017:

Diagnosen: somatoforme Schmerzstörung, posttraumatische Belastungsstörung, Epilepsie

Anamnestisch besteht beim Patienten ein chronisches Schmerzsyndrom, diesbezüglich war er auch lange im AKH in Behandlung; Zustand nach Schädel-Hirn-Trauma 2004 mit epileptischen Anfällen, entsprechende epileptische Medikation und Einnahme von Psychopharmaka, Zustand nach psychiatrischer Rehabilitation ohne Besserung der Symptomatik.

Befundbericht Dr. XXXX , FA für Psychiatrie und Neurologie vom 08.03.2019:

Diagnose: Schädigung des Nervus cutaneus antebrachii lateralis mit entsprechendem Sensibiltätsausfall.

Elektroneurodiagnostischer Befund vom 13.12.2018:

Diagnosen: Incipientes CTS beidseits

II. Gutachterliche Untersuchung am 13.05.2019:

Anamnese:

Der AW gibt an:

Er habe 2004 einen Autounfall erlitten. Seitdem leide er unter Schmerzen und epileptischen Anfällen und müsse viele Medikamente einnehmen. Er habe zweimal epileptische Anfälle mit Bewusstlosigkeit und Harnverlust erlitten.

Die Therapien, unter anderem in Form von psychiatrischer Kur haben wenig geholfen. Er sei vergesslich, zeitweise ängstlich, leide an Schwäche im linken Arm und einschießenden Schmerzen in die Finger links. Diese Schmerzen würden sich wie Stromschläge anfühlen.

Er wache zeitweise in der Nacht mit Schmerzen auf, habe das Gefühl anders zu atmen. Seine Brust würde ihm weh tun, zeitweise würde er Herzrasen verspüren. Er beziehe eine Invaliditätsrente.

Orientierender neurologischer Befund:

Keine Beeinträchtigungen der Sinneswahrnehmungen, Sehnenreflexe allseits schwach auslösbar, linksseitige Sensibilitätsabschwächung auf der Radialseite des linken Unterarmes, keine Störung der Motorik oder Koordination, Dysästhesie in den Fingerkuppen der linken Hand, v. a. des 4. und 5. Fingers, keine Allodynie, Hoffmann-Tinel-Zeichen beidseits positiv.

Zusammenfassend Hinweise auf stattgefundene Läsion des Nervus cutaneus antebrachii links, sowie auf ein inzipientes Karpaltunnelsyndrom beidseits.

Psychopathologischer Befund:

Der AW ist bewusstseinsklar, zeitlich, örtlich und zur Person orientiert, in der Kontaktaufnahme freundlich und kooperativ. Die Aufmerksamkeit, das Auffassungsvermögen und die Konzentration sind klinisch im Normbereich. Es ergeben sich keine Hinweise auf eine wahnhafte Realitätswahrnehmung oder Halluzinationen. Der Duktus ist nachvollziehbar, zielführend, auf Vorbringen der Beschwerden, insbesondere Schmerzen eingeengt. Die Stimmung bei guter Affizierbarkeit ausgeglichen, Antrieb regelrecht. Kein Hinweis auf frei flottierende Ängste, Intrusionen oder Flashbacks, keine Suizidalität.

Im Längsschnitt somatoforme Schmerzstörung.

III. Beantwortung der Fragestellungen:

Ad. 1: Herr XXXX hat bei dem Vorfall vom 26.06.2017 folgende

Gesundheitsschädigungen erlitten:

-

Verletzung der Weichteile des linken Ellbogengelenkes mit Muskelläsion, Durchtrennung der Vena cephalica und des Nervus cutaneus antebrachii lateralis

-

Verletzung des Fingergelenkes rechts

-

Verletzung des rechten Kniegelenkes

Ad. 2: Die Verletzung der Weichteile des linken Unterarmes, sowie Verletzung des Fingergelenkes rechts und des rechten Kniegelenkes sind folglos abgeheilt.

Zu Restschaden nach der Verletzung des Nervus cutaneus antebrachii lateralis links kann keine eindeutige Aussage getroffen werden. Der AW gibt eine Sensibilitätsstörung im Innervationsbereich des geschädigten Nervs an. Die Prüfung der Sensibilitätsstörung beruht stets auf Angaben des Patienten und kann nicht objektiviert werden.

(...)"

Nach Durchführung eines Parteiengehörs wies das Sozialministeriumservice mit Bescheid vom 17.10.2019 den Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung einer Pauschalentschädigung für Schmerzengeld gemäß § 6a Absatz 2 Verbrechensopfergesetz in der Höhe von 8.000 Euro für die auf Grund des Vorfalls vom 26.06.2017 erlittene schwere Körperverletzung ab. Begründend wurde auf den Endbefund des UKH Meidling vom 12.07.2017 und insbesondere auf das eingeholte neurologische Sachverständigen-Gutachten verwiesen.

In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer der Ansicht sei, eine schwere Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen im Sinne des § 85 StGB erlitten zu haben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Am 26.06.2017 verletzte ein namentlich bekannter Täter den Beschwerdeführer in der U-Bahnstation am Schöpfwerk, indem der Täter mit einem Bastelmesser in Richtung der linken Körperseite stach und den Beschwerdeführer dabei im Bereich des linken Ellbogengelenkes traf.

1.2. Der Beschwerdeführer erlitt dadurch eine Verletzung der Weichteile des linken Ellbogengelenkes mit Muskelläsion, Durchtrennung der Vena cephalica und des Nervus cutaneus antebrachii lateralis, eine Verletzung des Fingergelenkes rechts und eine Verletzung des rechten Kniegelenkes.

1.3. Der Täter wurde mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 13.12.2017 zu vier Jahren Haft wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Absatz 1 StGB verurteilt.

Der dagegen erhobenen Berufung des namentlich genannten Täters wurde vom Oberlandesgericht Wien nicht Folge gegeben.

1.4. Der Antrag auf Hilfeleistungen nach dem VOG in Form der Gewährung einer Pauschalentschädigung für Schmerzengeld in der Höhe von 8.000 Euro ist am 27.06.2018 bei der belangten Behörde eingelangt.

1.5. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer durch die Tat eine Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen erlitten hat.

2. Beweiswürdigung:

Zu 1.1 bis 1.4) Die Feststellungen ergeben sich aus dem diesbezüglich widerspruchsfreien, unbedenklichen und unbestrittenen Akteninhalt.

Zu 1.5. : Strittig im gegenständlichen Fall ist ausschließlich die Frage, ob der Beschwerdeführer durch die Tat eine Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen erlitten hat: dies bedeutet entweder 1. den Verlust oder eine schwere Schädigung der Sprache, des Sehvermögens, des Gehörs oder der Fortpflanzungsfähigkeit, oder 2. eine erhebliche Verstümmelung oder eine auffallende Verunstaltung oder 3. ein schweres Leiden, Siechtum oder Berufsunfähigkeit des Opfers.

Bereits das LG für Strafsache hat in seinem Verfahren ein Gutachten eines Gerichtsmediziners eingeholt, dessen Beurteilung in die Feststellungen des Urteils des LG für Strafsachen eingeflossen ist:

konkret, dass der Beschwerdeführer eine Stichverletzung im Bereich der linken Ellenbeuge mit Durchtrennung einer großen Vene und Beschädigung der Muskulatur sowie Durchtrennung des sensiblen Hautnervs der Außenseite der linken Oberarmseite erlitten hat. Definitiv festgehalten wird auch, dass eine Gesundheitsschädigung und eine Berufsunfähigkeit von mehr als 24 Tagen nicht eingetreten sind. Laut dem Facharzt für Gerichtsmedizin litt der Beschwerdeführer danach gerafft und komprimiert einen Tag unter starken Schmerzen, sechs Tage unter mittelstarken Schmerzen und fünf Tage unter leichte Schmerzen. Weiters leidet der Beschwerdeführer seither unter einem Taubheitsgefühl im linken Unterarm und an den Fingern der linken Hand.

Das LG für Strafsachen kam unter Zugrundelegung dieses Gutachtens zur Ansicht, dass der Beschwerdeführer Opfer einer absichtlichen schweren Körperverletzung gemäß § 87 Abs. 1 StGB (und nicht gemäß § 87 Abs. 2 StGB [mit schwerer Dauerfolge]) war.

Die belangte Behörde holte nichts desto trotz ebenfalls ein Gutachten zum Vorbringen des Beschwerdeführers über schwere Dauerfolgen ein: Diesem im Verfahrensgang zitierten Gutachten sind die unter Pkt. I. 2. festgestellten unstrittigen Verletzungen zu entnehmen.

Zum behaupteten Taubheitsgefühl führte die bestellte Neurologin aus, dass zum Restschaden nach der Verletzung des Nervus cutaneus antebrachii lateralis links keine eindeutige Aussage getroffen werden könne. Der Beschwerdeführer gibt eine Sensibilitätsstörung im Innervationsbereich des geschädigten Nervs an. Die Prüfung der Sensibilitätsstörung beruhe stets auf Angaben des Patienten und könne nicht objektiviert werden.

Ob der Beschwerdeführer nunmehr tatsächlich an einer durch die Tat verursachten Sensibilitätsstörung leidet, kann nicht festgestellt werden.

Dass der Beschwerdeführer den Verlust oder eine schwere Schädigung der Sprache, des Sehvermögens, des Gehörs oder der Fortpflanzungsfähigkeit oder eine erhebliche Verstümmelung oder eine auffallende Verunstaltung erlitten hat, wurde nie behauptet.

Es stellt sich für den erkennenden Senat die Frage, ob aus der Tat ein schweres Leiden oder Siechtum des Beschwerdeführers resultiert:

In diesem Zusammenhang ist aber insbesondere auf den Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch zu verweisen (Burgstaller/Fabrizy in WK2 StGB §85):

Rz 14: Der Ausdruck "schweres Leiden" bezeichnet eine die gesamte Lebensführung des Betroffenen beeinträchtigende Gesundheitsstörung von langer Dauer. Ob ein Leiden schwer ist, hängt von der in einer Gesamtschau zu würdigenden Erheblichkeit und Wichtigkeit der Gesundheitsschädigung ab (9 Os 192/77, SSt 50/22 = EvBl 1979/178;

L/St/Nimmervoll, StGB4 § 85 Rz 15; Messner, SbgK § 85 Rz 35;

Eichinger in Migutsch/Wessely, BT I § 85 Rz 13). Als Beispiele werden eine chronische Nierenerkrankung, ein schwerer Leberschaden und das Vollbild der AIDS-Erkrankung genannt (Kienapfel/Schroll, StudB BT I4 § 85 Rz 12). Die Rsp hat als schweres Leiden eine halbseitige Lähmung (13 Is 126/78), eine Hirnverletzung mit epileptischen Folgen (10 Os 77/80) und eine hochgradige Bewegungseinschränkung eines Armes, durch die wichtige Verrichtungen des täglichen Lebens nicht oder nur mit besonderer Anstrengung ausgeführt werden können (9 Os 192/77, SSt 50/22 = EvBl 1979/178), anerkannt. Die schweren Tatfolgen können auch im psychischen Bereich liegen, sofern sie den Gesamtzustand des Tatopfers in entsprechendem Ausmaß beeinträchtigen (13 Os 98/86 (RS0092675), SSt 57/56).

Rz 15: "Siechtum" bedeutet eine unbehebbare und mit Hinfälligkeit verbundene Krankheit (3 Os 673/48, SSt 19/162; Fabrizy, StGB12 § 85 Rz 5; L/St/Nimmervoll, StGB4 § 85 Rz 16; Eichinger in Migutsch/Wessely, BT I § 85 Rz 15; Fuchs/Reindl-Krauskopf, BT I5 49). Dieser Qualifikationsfall ist etwa anzunehmen, wenn der Verletzte die Fähigkeit verloren hat, Begriffe in Worte und Schriftbilder umzusetzen sowie Gesprochenes und Geschriebenes begrifflich aufzunehmen und danach situationsgemäß zu handeln (11 Os 160/72, SSt 43/47 = EvBl 1973/109). Auch dauernde Pflegedürftigkeit ist Siechtum (13 Os 98/86, SSt 57/56).

Der erkennende Senat kann - abgesehen vom behaupteten Taubheitsgefühl - keine die gesamte Lebensführung beeinträchtigende Gesundheitsstörung erkennen.

Der Beschwerdeführer leidet bereits seit einem Autounfall 2004 aufgrund eines Schädelhirntraumas an epileptischen Anfällen, einer PTBS und einer somatoformen Schmerzstörung (vgl. Befundbericht vom 25.08.20178).

In einer Gesamtabwägung kommt der erkennende Senat zum Schluss, dass beim Beschwerdeführer kein Verlust oder keine schwere Schädigung der Sprache, des Sehvermögens, des Gehörs oder der Fortpflanzungsfähigkeit, bzw. keine erhebliche Verstümmelung oder keine auffallende Verunstaltung bzw kein schweres Leiden, Siechtum oder Berufsunfähigkeit durch die Tat herbeigeführt wurde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 9d Abs.1 VOG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide nach diesem Bundesgesetz das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem ein fachkundiger Laienrichter angehört. Es liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Zu A)

§ 1 Abs. 1 Z. 1 VOG besagt:

Anspruch auf Hilfe haben österreichische Staatsbürger, wenn mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sie durch eine zum Entscheidungszeitpunkt mit einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohten rechtswidrigen und vorsätzlichen Handlung eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung erlitten haben und ihnen dadurch Heilungskosten erwachsen sind oder ihre Erwerbsfähigkeit gemindert ist.

§ 6a Abs. 2 VOG besagt:

Hilfe nach § 2 Z 10 ist für eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs. 1 StGB) infolge einer Handlung im Sinne des § 1 Abs. 1 als einmalige Geldleistung im Betrag von 2 000 Euro zu leisten; sie beträgt 4 000 Euro, sofern die durch die schwere Körperverletzung verursachte Gesundheitsschädigung oder Berufsunfähigkeit länger als drei Monate andauert.

(2) Zieht die Handlung eine Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen (§ 85 StGB) nach sich, gebührt eine einmalige Geldleistung im Betrag von 8 000 Euro; sie beträgt 12 000 Euro, sofern wegen der Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen ein Pflegebedarf im Ausmaß von zumindest der Stufe 5 nach dem Bundespflegegeldgesetz (BPGG), BGBl. Nr. 110/1993, besteht (§ 6a Abs. 2 VOG).

Wie unter II. zu Pkt. 1.5. ausgeführt, liegen beim Beschwerdeführer keine Dauerfolgen iSd § 85 StGB durch die Tat vom 26.06.2017 vor.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG).

Die Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (§ 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG).

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)

Der Sachverhalt ist durch die Aktenlage geklärt. Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

- Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Entscheidungsrelevant waren im gegenständlichen Fall Sachverhaltsfeststellungen.

Schlagworte

Körperverletzung, Pauschalentschädigung, Sachverständigengutachten,
Schmerzengeld

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W200.2225926.1.00

Zuletzt aktualisiert am

11.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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