TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/20 W235 2220048-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.01.2020
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Entscheidungsdatum

20.01.2020

Norm

AsylG 2005 §5 Abs1
BFA-VG §21 Abs3 Satz 2
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §61 Abs1

Spruch

W235 2220048-1/6E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerden von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.05.2019, Zl. 1028820409-190078855, beschlossen:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 21 Abs. 3 zweiter Satz BFA-VG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1.1. Die Beschwerdeführerin ist eine Staatsangehörige der Russischen Föderation, Zugehörige der russischen Volksgruppe und orthodoxen Glaubens. Nach Einreise in das österreichische Bundesgebiet stellte sie am 23.01.2019 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Ein Abgleich in der VIS Datenbank des Bundesministeriums für Inneres ergab, dass der Beschwerdeführerin von der tschechischen Botschaft in Moskau am XXXX .04.2017 ein tschechisches Schengen-Visum für 90 Tage mit einer Gültigkeit von XXXX .04.2017 bis XXXX .01.2019 erteilt worden war.

1.2. Am Tag der Antragstellung wurde die Beschwerdeführerin einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes in Anwesenheit ihrer Tochter XXXX als Vertrauensperson unterzogen, bei der die Beschwerdeführerin zunächst einen österreichischen Aufenthaltstitel ("Aufenthaltsbewilligung Studierender"; vgl. AS 91) vom XXXX .01.2016 mit einer Gültigkeit bis XXXX .01.2017 vorlegte. Im Wesentlichen brachte sie vor, dass ihre anwesende Tochter am XXXX geboren sei und in Wien lebe. Die Beschwerdeführerin sei am XXXX .12.2018 mit ihrem eigenen PKW legal und in Besitz eines tschechischen Visums aus der Russischen Föderation ausgereist und über Weißrussland, Polen und Tschechien nach Österreich gefahren, wo sie am XXXX .12.2018 angekommen sei. Sie habe nach Österreich gewollt, weil hier ihre Tochter lebe. Sie wolle hier bei ihrer Tochter bleiben.

Der Beschwerdeführerin wurde weiters am 23.01.2019 eine Mitteilung gemäß § 28 Abs. 2 AsylG ausgehändigt, mit der ihr zur Kenntnis gebracht wurde, dass aufgrund von Konsultationen mit Tschechien die in § 28 Abs. 2 AsylG definierte 20-Tages-Frist für Verfahrenszulassungen nicht mehr gilt.

Im Akt befindet sich die Kopie eines Auszugs aus dem russischen Reisepass der Tochter der Beschwerdeführerin sowie deren Aufenthaltstitel "Aufenthaltsbewilligung Studierender" vom XXXX .12.2016 mit einer Gültigkeit bis zum XXXX .12.2017 (vgl. AS 93). Ferner befindet sich im Akt die Kopie des Reisepasses der Beschwerdeführerin, aus dem das tschechische Visum ersichtlich ist.

1.3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 25.01.2019 ein auf Art. 12 Abs. 4 der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (= Dublin III-VO) gestütztes Aufnahmegesuch an Tschechien.

Mit Schreiben vom 18.02.2019 stimmte die tschechische Dublinbehörde der Aufnahme der Beschwerdeführerin gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO ausdrücklich zu.

Mit Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 AsylG vom 25.02.2019 wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, ihren Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da eine Zuständigkeit des Dublinstaates Tschechien angenommen wird.

1.4. Am 26.02.2019 fand eine Einvernahme der Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach erfolgter Rechtsberatung im Beisein einer Rechtsberaterin im Zulassungsverfahren sowie eines Dolmetschers für die Sprache Russisch statt, im Zuge derer die Beschwerdeführerin zunächst angab, dass sie sich psychisch und physisch in der Lage fühle, die Befragung zu absolvieren. Wegen ihres Rückens und wegen ihres Magens sei sie derzeit in Behandlung und nehme auch Medikamente. Sie sei bereits im Jahr 2015 in Österreich gewesen und habe hier Diätologie studiert. Ca. im März 2018 habe sie Österreich verlassen. In Österreich lebe ihre Tochter in Wien im siebten Bezirk als Studentin. Sie studiere Informatik sowie internationales Business und fange jetzt mit Jus an. Ihre Tochter habe auch ein Unternehmen namens " XXXX ". Die Beschwerdeführerin habe die Projekte "und alles" finanziert. Mit ihrer Tochter lebe sie nicht gemeinsam; sie lebe im Lager in XXXX . Zur geplanten Vorgehensweise, sie nach Tschechien auszuweisen, gab die Beschwerdeführerin an, sie habe niemanden in Tschechien. Aber sie kenne Wien. Durch Tschechien sei sie immer nur durchgereist, wenn sie nach Russland gefahren sei. Zu den Länderfeststellungen zu Tschechien wolle sie keine Angaben machen.

1.5. Im Akt befindet sich eine Ladung vom 26.02.2019 zu einer ärztlichen Untersuchung (PSY III) für den 22.03.2019.

Mit E-Mail vom 21.03.2019 gab die Tochter der Beschwerdeführerin bekannt, dass die Beschwerdeführerin diesen Termin nicht wahrnehmen kann, da sie sich in stationärer Behandlung in einem Krankenhaus befindet.

Ferner befindet sich im Akt eine weitere Ladung zu einer PSY-III Untersuchung für den 06.05.2019 vom 05.04.2019. Darüber hinaus finden sich im Akt drei Ladungen vom 23.04.2019 für eine Rechtsberatung, eine Einvernahme und ein Rückkehrberatungsgespräch jeweils für den 06.05.2019.

Mit E-Mail vom 06.05.2019 ersuchte die Tochter der Beschwerdeführerin das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die für diesen Tag anberaumten Termine zu verschieben, da sich die Beschwerdeführerin im Krankenhaus befindet.

Einem Aktenvermerk des Bundesamtes vom 13.05.2019 ist zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin laut Auskunft eines Arztes am 06.05.2019 nicht geh- und stehfähig war, eine Schmerztherapie im Form von Infiltrationen jedoch abgelehnt hat (vgl. AS 489).

In der Folge wurde die Beschwerdeführerin mit Ladungen vom 13.05.2019 jeweils für den 17.05.2019 betreffend Rechtsberatung, Einvernahme und Rückkehrberatungsgespräch zum persönlichen Erscheinen vor dem Bundesamt aufgefordert.

Erneut ersuchte die Tochter der Beschwerdeführerin mit E-Mail vom 17.05.2019 um Verschiebung des Termins, da sich die Beschwerdeführerin "im schwere Krankenstand" befindet.

1.6. Im Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl legte die Beschwerdeführerin nachstehende Unterlagen in Kopie vor:

* Bescheinigung einer Klinik für Neurologie in der Russischen Föderation vom XXXX .11.2017 mit der Diagnose Dorsopathie der Halswirbelsäule (als Übersetzung aus dem Russischen ins Deutsche vorgelegt);

* Visitenkarte ihrer Tochter (als CEO von " XXXX " HR Solutions for disabled people);

* Zuweisung zu einem MRT kleines Becken vom 29.01.2019;

* Bescheinigung einer Klinik für Neurologie in der Russischen Föderation vom XXXX .04.2017, dass die Beschwerdeführerin seit XXXX .03.2017 in dieser Klinik als neurologische Patientin in ärztlicher Behandlung ist (in deutscher Übersetzung vorgelegt),

* Neurologischer Kosiliarbefund einer Klinik für Neurologie in der Russischen Föderation vom XXXX .08.2017 mit den Diagnosen:

generalisierte Dorsopathie, Bandscheibenvorfall, Spondylarthrose, Zervikokranialgie, vestibuläre Ataxie, Rekrudeszenz und Syndrom der vegetativen Dysfunktion (in deutscher Übersetzung vorgelegt);

* drei undatierte Überweisungen an die neurochirurgische Ambulanz eines Krankenhauses durch eine Ärztin für Allgemeinmedizin;

* ambulanter Arztbrief eines Landeskrankenhauses, Abteilung für Orthopädie und Traumatologie, vom XXXX .01.2019 mit der Diagnose Bandscheibenvorfall;

* ärztlicher Kurzbericht eines Zahnambulatoriums vom XXXX .03.2019, dem entnommen werden kann, dass die Beschwerdeführern das Ambulatorium wegen Zahnschmerzen aufgesucht hat;

* undatierter stationärer Patientenbrief eines Krankenhauses, Abteilung für Orthopädie, dem zu entnehmen ist, dass die Beschwerdeführerin wegen unklarer Schmerzen im Beckenbereich stationär aufgenommen (von XXXX .03.2019 bis XXXX .03.2019) wurde;

* Patientenbrief (samt Befunde) eines Krankenhauses vom XXXX .04.2019, dem als Entlassungsdiagnosen nach einem stationären Aufenthalt auf der neurologischen Abteilung von XXXX .03.2019 bis XXXX .04.2019 chronisches Schmerzsyndrom mit psychischen und somalischen Faktoren (Schmerzen LWS, HWS, Abdomen, Nierenlager), Uterus myomatosus und Verdacht auf posttraumatische Belastungsstörung zu entnehmen sind (vgl. AS 279);

* Auszug aus dem Ausweis für Studierende der Universität Wien der Beschwerdeführerin, gültig bis XXXX .11.2017;

* CT-Befund vom XXXX .03.2019 mit einer Zuweisung zu einer gynäkologischen Ambulanz;

* Klientenkarte mit dem Hinweis auf ein MRT am XXXX .03.[2019];

* Blutbild eines klinischen Institutes für Labormedizin vom XXXX .03.2019;

* zwei Röntgenbilder des Schädels der Beschwerdeführerin;

* Laborbefunde von XXXX .03.2019 bis XXXX .03.2019;

* Arztbrief eines Facharztes für Orthopädie vom XXXX .05.2019 mit den Diagnosen "akute Lumboischialgie, akutes Cervicalsyndrom, ohne peri, neurologisches Defizit" und der Anmerkung, dass die Beschwerdeführerin aufgrund der massiven Schmerzhaftigkeit derzeit nicht geh- und stehfähig sei;

* MRT der Lendenwirbelsäule vom XXXX .05.2019;

* Zeitbestätigungen betreffend ärztliche Hilfe in der Ordination (Ambulanz) vom XXXX .05.2019 von 07:30 Uhr bis 08:30 Uhr und von 08:30 Uhr bis 10:00 Uhr und

* ärztliches Attest einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom XXXX .05.2019, dem die Diagnosen akute Lumboischialgie, akutes Cervicalsyndorm, aktivierte Spondylarthrosen an der unteren LWS, St. P. BS-Vorfall C4-C5, BS Prolaps C5-C6, L4-L5 2017 und PTBS zu entnehmen sind; ferner befinde sich die Beschwerdeführerin in einem psychisch labilen Zustand, leide an rezidivierenden Panikattacken, habe am XXXX .05.2019 einen Termin bei einem Psychiater und sei aufgrund ihrer schlechten körperlichen Verfassung nicht transportfähig, sie leide unter starken Schmerzen im Wirbelsäulenbereich

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Tschechien gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO für die Prüfung dieses Antrags zuständig ist (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde gegen die Beschwerdeführerin die Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG ihre Abschiebung nach Tschechien zulässig ist.

Begründend wurde zunächst festgestellt, dass die Beschwerdeführerin ihren Angaben zufolge an starken Rückenschmerzen leide. Diesbezüglich sei sie mehrfach im Krankenhaus vorstellig gewesen und habe bei der Behörde Befunde eingebracht. Die Diagnose betreffend ihre aktuellste Untersuchung vom XXXX .05.2019 habe eine akute Lumboischialgie, akutes Cervicalsyndrom, aktivierte Spondylarthrosen an der unteren LWS festgestellt. St. P. BS-Vorfall C4-C5, BS Prolaps C5-C6, L4-L5 2017, PTBS. Ein exzeptionelles Krankheitsbild habe nicht festgestellt werden können. Weiters habe nicht festgestellt werden können, dass im Fall der Beschwerdeführerin schwere psychische Störungen und/oder schwere oder ansteckende Krankheiten bestünden. Fest stehe, dass die Beschwerdeführerin an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung leide. Im Fall einer Überstellung nach Tschechien werde davor die körperliche Verfassung bezüglich den Transport durch einen Amtsarzt abzuklären sein. Aufgrund Vorliegens eines Visums sei ein Konsultationsverfahren mit Tschechien eingeleitet worden und habe Tschechien einer Übernahme der Beschwerdeführerin gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO zugestimmt. Ein maßgebliches Abhängigkeitsverhältnis zur Tochter der Beschwerdeführerin im Sinne des Art. 16 Dublin III-VO habe nicht festgestellt werden können. Die Beschwerdeführerin sei von XXXX .01.2015 bis XXXX .03.2015 und von XXXX .12.2015 bis XXXX .03.2018 in Österreich behördlich gemeldet gewesen. Ihr Aufenthaltstitel "Studierender" habe am XXXX .01.2017 geendet. Seit 2015 befinde sich die Tochter der Beschwerdeführerin, XXXX , geb. XXXX , in Österreich, wobei kein rechtmäßiger Aufenthalt vorliege. Ihr letztmaliger Verlängerungsantrag nach dem NAG sei abgewiesen worden und befinde sich aktuell im Stand der Beschwerde. Die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme sei bereits eingeleitet worden. Die Beschwerdeführerin lebe seit XXXX .04.2019 mit ihrer Tochter im gemeinsamen Haushalt. Es könne nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin in Tschechien systematischen Misshandlungen oder Verfolgungen ausgesetzt gewesen sei bzw. diese dort zu erwarten hätte. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf auf den Seiten 18 bis 22 Feststellungen zum tschechischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Tschechien.

Beweiswürdigend führte das Bundesamt aus, dass sich die Feststellungen zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin aus der Aktenlage, insbesondere aus einem MRT Befund vom XXXX .05.2019 sowie aus einem Arztbrief vom XXXX .05.2019 ergeben würden. Aus dem gesamten Sachverhalt habe sich kein Hinweis ergeben, dass die Beschwerdeführerin eine Behandlung oder sonstige medizinische Betreuung benötige, welche in Österreich und nicht in Tschechien vorhanden sei. Auch in Tschechien seien Behandlungsmöglichkeiten gegeben. Die Feststellung zur Einreise mit einem tschechischen Visum ergebe sich aus den plausiblen und widerspruchsfreien Angaben der Beschwerdeführerin im Verfahren. Hinsichtlich eines Abhängigkeitsverhältnis im Sinne des Art. 16 Dublin III-VO ist auszuführen, dass bereits aus dem Umstand, dass bei der Tochter der Beschwerdeführerin kein rechtmäßiger Aufenthalt vorliege, bereits ein maßgebliches Tatbestandselement im Sinne des Art. 16 Dublin III-VO fehle. Darüber hinaus liege bei der Beschwerdeführerin kein derart exzeptionelles Krankheitsbild vor, das eine derartige Pflegebedürftigkeit nach sich ziehe, dass eine ständige Pflege und Betreuung durch die in Österreich aufhältige Tochter zwingend notwendig wäre. Aktuell liege auch kein stationärer Krankenhausaufenthalt vor. Die Feststellungen zum Konsultationsverfahren und zum zuständigkeitsbegründenden Sachverhalt würden sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt ergeben. Die Feststellungen zum Privat- und Familienleben seien aufgrund der nicht anzuzweifelnden Angaben der Beschwerdeführerin sowie aus der feststehenden Aktenlage getroffen worden. Fest stehe, dass die Aufenthaltsbewilligung der Tochter der Beschwerdeführerin abgelaufen sei und werde vermerkt, dass für die Tochter der Beschwerdeführerin kein Aufenthaltsrecht im österreichischen Bundesgebiet vorliege. Ein wirtschaftliches oder ein maßgebliches finanzielles Abhängigkeitsverhältnis habe nicht festgestellt werden können. Die Tochter der Beschwerdeführerin begleite diese zu Arztterminen. Die Behörde verkenne nicht, dass diese Unterstützungsleistung einen positiven Aspekt darstelle, jedoch ergebe sich daraus kein intensives bzw. maßgebliches Abhängigkeitsverhältnis im Sinne des Art. 17 Dublin III-VO, zumal keine Intensivbetreuung bzw. intensive Pflegebetreuung vorliege. Es bleibe ihrer Tochter auch unbenommen, die Beschwerdeführerin in Tschechien regelmäßig zu besuchen. Die Feststellungen zu Tschechien würden auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl basieren. Die Beschwerdeführerin habe in Tschechien jederzeit die Möglichkeit, medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen und sei ihre Erkrankung in Tschechien behandelbar. Aus den Angaben der Beschwerdeführerin seien keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden, dass sie tatsächlich konkret Gefahr liefe, dass ihr in Tschechien eine Verletzung ihrer durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte drohen könne. Dass der Beschwerdeführerin der Zugang zum Asylverfahren in Tschechien verweigert werden würde, könne von der Behörde nicht festgestellt werden. Eine Schutzverweigerung in Tschechien könne daher auch nicht erwartet werden.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides, dass sich aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin und aus dem amtswegigen Ermittlungsverfahren ergeben habe, dass Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO formell erfüllt sei. Der Verbleib der Tochter der Beschwerdeführerin im österreichischen Bundesgebiet sei nicht gesichert und sei die Beschwerdeführerin erst seit kurzem zusammen mit ihrer Tochter behördlich gemeldet. Weiters habe von der Behörde kein wirtschaftliches und finanzielles Abhängigkeitsverhältnis erkannt werden können. Es werde nochmals darauf hingewiesen, dass bei der Beschwerdeführerin keine schwerwiegenden Krankheiten festgestellt worden seien, die eine derartige Pflegebedürftigkeit nach sich ziehen würden, dass eine ständige Pflege und Betreuung durch die in Österreich aufhältige Tochter zwingend notwendig wäre. Im vorliegenden Fall habe die getroffene Entscheidung die faktische Trennung der Beschwerdeführerin von ihrer Tochter zur Folge und stelle daher die aufenthaltsbeendende Maßnahme einen Eingriff in den Schutzbereich des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK dar. Dieser sei allerdings nicht schwerwiegender als das öffentliche Interesse Österreichs an einer Ausweisung im Hinblick auf die Aufrechterhaltung der Ordnung im Fremden- und Zuwanderungswesen. Darüber hinaus hätten sich keine Hinweise ergeben, dass durch eine Außerlandesbringung in unzulässiger Weise in das Recht auf Achtung des Privatlebens der Beschwerdeführerin eingegriffen werde. Insbesondere vermöge die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet kein im Sinne des Art. 8 EMRK relevantes Recht auf Achtung des Privatlebens zu begründen. Es sei daher davon auszugehen, dass die Anordnung der Außerlandesbringung nicht zu einer relevanten Verletzung von Art. 8 EMRK führe und die Zurückweisungsentscheidung daher unter diesem Aspekt zulässig sei. Tschechien sei bereit, die Beschwerdeführerin einreisen zu lassen, ihren Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen und die sonstigen, Tschechien aus der Dublin III-VO treffenden Verpflichtungen der Beschwerdeführerin gegenüber zu erfüllen. Festzuhalten sei, dass in Tschechien eine Verletzung der EMRK mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht eintreten werde. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG treffe daher zu. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde ausgeführt, dass die gegenständliche Zurückweisungsentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung zu verbinden sei. Eine Anordnung zur Außerlandesbringung habe gemäß § 61 Abs. 2 FPG zur Folge, dass die Abschiebung in den Zielstaat zulässig sei.

3. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin im Wege ihres rechtsfreundlichen Vertreters fristgerecht Beschwerde wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und stellte einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Begründend wurde im Wesentlichen und zusammengefasst ausgeführt, dass die belangte Behörde wesentliche Ermittlungsfehler in Zusammenhang mit der Feststellung des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin begangen habe, da sie die vorgelegten Krankengeschichten zum Teil ignoriert und zum Teil fachlich missinterpretiert habe. Die Behörde habe lediglich angenommen, dass ein exzeptionelles Krankheitsbild nicht festgestellt habe werden können. Allerdings ergebe sich aus dem ärztlichen Attest vom XXXX .05.2019, dass sich die Beschwerdeführerin in einem psychisch labilen Zustand befinde, unter rezidivierenden Panikattacken leide und aufgrund ihrer schlechten körperlichen Verfassung nicht transportfähig sei. Die Feststellung der Behörde, die Beschwerdeführerin würde an keinen schweren psychischen Störungen leiden, sei durch dieses ärztliche Attest widerlegt. Mit Befund vom XXXX .05.2019 habe der behandelnde Psychiater festgestellt, dass die Beschwerdeführerin an schweren posttraumatischen Belastungsstörungen, Angststörungen, depressiven Syndrom sowie Panalgesie leide und bis auf Weiters nicht vernehmungsfähig sei. Der behandelnde Orthopäde habe mit Arztbrief vom XXXX .05.2019 festgestellt, dass die Beschwerdeführerin aufgrund der massiven Schmerzhaftigkeit derzeit nicht geh- und stehfähig sei. Ebenso würden in einem weiteren ärztlichen Attest vom XXXX .05.2019 eine schwere posttraumatische Belastungsstörung, generelle Angststörungen und ein depressives Syndrom festgestellt. Dazu führe die Ärztin aus, dass aufgrund der schmerzbedingten Immobilität und der schweren psychischen Beeinträchtigung die Beschwerdeführerin 24 Stunden auf eine Pflegeperson angewiesen sei.

Diese Befunde hätten Anlass sein müssen, ein medizinisches Sachverständigengutachten über den Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin einholen zu lassen, um Feststellungen darüber, ob schwere psychische Störungen und/oder schwere bzw. ansteckende Krankheiten bestünden, treffen zu können. Vor dem Hintergrund der Bestimmung des Art. 16 Dublin III-VO bestehe ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und ihrer Tochter, da bei der Beschwerdeführerin eine derartige Pflegebedürftigkeit bestehe, dass diese alleine nicht lebensfähig sei. Ihre Tochter sei die einzige, dafür in Frage kommende Pflegeperson und eine besondere Vertrauensperson, was im Hinblick auf die psychischen Beeinträchtigungen der Beschwerdeführerin von entscheidender Bedeutung sei. Die Beschwerdeführerin sei bettlägerig, könne nicht sitzen bzw. bestehe keine Steh- und Gehfähigkeit. Ferner benötige sie Unterstützung bei der Körperpflege, dem Waschen, beim Toilettenbesuch sowie beim An- und Auskleiden. Die Beschwerdeführerin sei nicht in der Lage, sich selbst Mahlzeiten zuzubereiten und könne auch nicht einkaufen gehen. Mangels Transportfähigkeit gehe sie nicht außer Haus. Abgesehen von kurzen Unterbrechungen habe die Beschwerdeführerin immer mit ihrer Tochter zusammengelebt. Auch die Frage der Pflegebedürftigkeit sei ohne Einholung eines entsprechenden medizinischen Sachverständigengutachtens nicht zu klären. Die Unvollständigkeit der behördlichen Ermittlungen werde auch dadurch dokumentiert, dass die Behörde selbst die Notwendigkeit erkannt habe, die Beschwerdeführerin zu einer ergänzenden Einvernahme zu laden, der sie krankheitshalber nicht nachgekommen sei, wofür sie sich auch entschuldigt habe. Trotzdem habe die Behörde es unterlassen, die Beschwerdeführerin ein weiteres Mal zu laden.

Ferner sei die Feststellung, das Aufenthaltsverfahren der Tochter der Beschwerdeführerin sei rechtskräftig negativ abgewiesen, verfehlt, da das Verfahren nach wie vor anhängig sei und daher von einem unrechtmäßigen Aufenthalt keine Rede sein könne. Zwischen der Beschwerdeführerin und ihrer Tochter habe ein gemeinsames Familienleben bis zum Zeitpunkt der Ausreise der Beschwerdeführerin aus Österreich im März 2018 bestanden. Ende Dezember 2018 sei die Beschwerdeführerin nach Österreich zurückgekehrt und habe das Familienleben mit ihrer Tochter fortgesetzt.

Neben den bereits im Verfahren vor dem Bundesamt vorgelegten Unterlagen und einem nicht zuordenbaren Schreiben vom XXXX .01.2019 wurde der Beschwerde ein handschriftlich ausgefüllter Befund eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie vom XXXX .05.2019 beigelegt, dem (soweit leserlich) die Diagnosen schwere posttraumatische Belastungsstörung, Angststörung und depressives Syndrom zu entnehmen sind und in dem sich der Hinweis findet, dass die Beschwerdeführerin bis auf Weiteres nicht vernehmungsfähig sei (vgl. AS 622).

4. Mit Beschluss vom 17.06.2019 erkannte das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 17 BFA-VG zu.

5. Mit Schriftsatz vom 28.06.2019 stellte die Beschwerdeführerin im Wege ihres rechtsfreundlichen Vertreters einen Beweisantrag auf Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens aus dem Fachgebiet der Psychiatrie sowie Orthopädie. Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin an einer akuten Lumboischialgie, einem akuten Cervicalsyndrom, an aktivierten Spondylarthrosen an der unteren LWS, an St. P. BS-Vorfall C4-C5, BS Prolaps C5-C6, L4-L5 2017, an einer schweren posttraumatischen Belastungsstörung, einer Angststörung und einem depressiven Syndrom leide. Ferner werde zum Nachweis der Erkrankungen und der Pflegebedürftigkeit durch die Tochter ein ärztliches Attest beigelegt.

Diesem "Ärztlichen Attest für eine Befürwortung einer Pflegebedürftigkeit" vom XXXX .05.2019, ausgestellt von einer Ärztin für Allgemeinmedizin, sind die oben angeführten Erkrankungen der Beschwerdeführerin zu entnehmen. Ferner wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin aufgrund der schmerzbedingten Immobilität und der schweren psychischen Beeinträchtigung 24 Stunden auf eine Pflege angewiesen sei, wobei sich im konkreten Fall die Tochter der Beschwerdeführerin anbiete, da sie zu dieser uneingeschränktes Vertrauen habe (vgl. OZ 5).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl. I 2012/87 idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt.

Zu A)

1.1. Gemäß § 21 Abs. 3 BFA-VG ist das Verfahren zugelassen, wenn der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesamtes im Zulassungsverfahren stattzugeben ist. Der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.

Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

Nach Abs. 2 leg. cit. ist gemäß Abs. 1 auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

Sofern gemäß Abs. 3 leg. cit. nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

1.2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:

Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig. Erweist es sich als unmöglich einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systematische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann. Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

Art. 7 Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) [...]

Art. 12 Ausstellung von Aufenthaltstiteln oder Visa

(1) Besitzt der Antragsteller einen gültigen Aufenthaltstitel, so ist der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel ausgestellt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

(2) Besitzt der Antragsteller ein gültiges Visum, so ist der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, es sei denn, dass das Visum im Auftrag eines anderen Mitgliedstaates im Rahmen einer Vertretungsvereinbarung gemäß Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft erteilt wurde. In diesem Fall ist der vertretene Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

(3) Besitzt der Antragsteller mehrere gültige Aufenthaltstitel oder Visa verschiedener Mitgliedstaaten, so sind die Mitgliedstaaten für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz in folgender Reihenfolge zuständig:

a) der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der den zuletzt ablaufenden Aufenthaltstitel erteilt hat;

b) der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat, wenn es sich um gleichartige Visa handelt;

c) bei nicht gleichartigen Visa der Mitgliedstaat, der das Visum mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat.

(4) Besitzt der Antragsteller nur einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die weniger als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit weniger als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund derer er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, so sind die Absätze 1, 2 und 3 anwendbar, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat.

Besitzt der Antragsteller einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die mehr als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit mehr als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund derer er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, und hat er die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten nicht verlassen, so ist der Mitgliedstaat zuständig, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird.

(5) [...]

Art. 16 Abhängige Personen

(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsstaat bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.

(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.

(3) [...]

(4) [...]

Art. 17 Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde. Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen. Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen. Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen. Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.

Art. 18 Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats

(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:

a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;

b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.

(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab. Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird. In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird. In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.

2.1. Im gegenständlichen Verfahren ging das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl unter Zugrundelegung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zutreffend davon aus, dass in materieller Hinsicht Tschechien zur Prüfung des in Rede stehenden Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, da die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Antragstellung am 23.01.2019 in Besitz eines gültigen tschechischen Visums war. Zudem stimmte die tschechische Dublinbehörde der Aufnahme der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 18.02.2019 gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO ausdrücklich zu.

2.2. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH vom 17.06.2005, B336/05 sowie vom 15.10.2004, G237/03) und des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH vom 17.11.2015, Ra 2015/01/0114, vom 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949 sowie vom 25.04.2006, Zl. 2006/19/0673) ist aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, sollte die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO keinen Gebrauch gemacht. Es war daher zu prüfen, ob von diesem Selbsteintrittsrecht im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK oder der GRC zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre.

2.2.1. Der gegenständlichen Fall ist dadurch gekennzeichnet, dass die Beschwerdeführerin für sich verschiedene behandlungsbedürftige Erkrankungen sowohl psychischer als auch physischer Natur vorbringt, die eine Abhängigkeit im Sinne einer Pflegebedürftigkeit von ihrer in Österreich aufhältigen, volljährigen Tochter bedingen.

Nach der geltenden Rechtslage ist eine Überstellung dann unzulässig, wenn die Durchführung eine in den Bereich des Art. 3 EMRK reichende Verschlechterung des Krankheitsverlaufs oder der Heilungsmöglichkeiten bewirken würde. In diesem Zusammenhang ist auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu verweisen, der in seinem Urteil N. gegen Vereinigtes Königreich vom 27.05.2008, Nr. 26565/05, ausführte, dass keine Verpflichtung der Vertragsstaaten bestehe, jeden Ausländer vor einer Verschlechterung seines Gesundheitszustandes in seinem Heimatland zu bewahren, was selbst dann gelte, wenn die Rückführung wegen der schlechten medizinischen Versorgung zum Tod oder zu einer Verkürzung der Lebenserwartung führe. Gemäß ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte stellt es abgesehen von außerordentlichen Umständen keinen Eingriff in die durch Art. 3 EMRK garantieren Rechte dar, wenn mit der Ausweisung merklich schwierigere Lebensumstände und eine reduzierte Lebenserwartung verbunden sind, da zahlreiche Konventionsgarantien zwar wirtschaftliche und soziale Auswirkungen haben, die Konvention jedoch im Wesentlichen bürgerliche und politische Rechte schützt. Diesbezüglich führt der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis U 48/08 vom 07.11.2008 aus, dass im Allgemeinen ein Fremder kein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt (vgl. Fall Ndangoya). Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Solche liegen jedenfalls vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der Abschiebung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt (vgl. VwGH vom 21.02.2017, Ro 2016/18/0005-3 mit Verweis auf EGMR vom 13.12.2016, Nr. 41738/10, Paposhvili gegen Belgien).

2.2.2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat im angefochtenen Bescheid zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin folgende Feststellungen getroffen:

"Ihr physischer und psychischer Zustand stellt sich folgendermaßen dar:

Laut Ihren Angaben zufolge, würden Sie an starken Rückenschmerzen leiden. Diesbezüglich waren Sie in Österreich bereits mehrfach im KH vorstellig und brachten bei der Behörde Befunde ein. Die Diagnose betreffend ihre aktuellste Untersuchung durch vom 14.05.2019 ergab eine akute Lumboischiaglie, akutes Cervicalsyndrom, aktivierte Spondylarthrose an der unteren LWS festgestellt. St. P. BS-Vorfall C4-C5, BS Prolaps C5-C6, L4-L5 2017, PTBS. Ein exzeptionelles Krankheitsbild konnte nicht festgestellt werden.

Im Weiteren konnte im gesamten Verfahren nicht festgestellt werden, dass in Ihrem Fall schwere psychische Störungen und/oder schwere oder ansteckende Krankheiten bestehen. Fest steht, dass Sie an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung leiden."

Unter Berücksichtigung der seit Antragstellung am 23.01.2019 zahlreich vorgelegten medizinischen Unterlagen, die der Beschwerdeführerin sowohl physische (Bandscheibenvorfall, chronisches Schmerzsyndrom, akute Lumboischialgie, akutes Cervicalsyndrom, aktivierte Spondylarthrose an der unteren Lendenwirbelsäule) als auch psychische (posttraumatische Belastungsstörung, rezidivierende Panikattacken) Erkrankungen diagnostizieren, ist nicht nachvollziehbar wie die Behörde ohne weitere Ermittlungen zu tätigen zu der (Negativ)feststellung gelangt, dass im Fall der Beschwerdeführerin nicht festgestellt werden konnte, dass schwere psychische Störungen und/oder schwere oder ansteckende Krankheiten bestehen.

Vorauszuschicken ist, wenn sich die Beschwerde auf einen psychiatrischen Befund vom XXXX .05.2019 und auf ein ärztliches Attest vom XXXX .05.2019 stützt, dass der angefochtene Bescheid am 23.05.2019 erlassen wurde und sohin das Bundesamt im Zeitpunkt der Bescheiderlassung von medizinischen Unterlagen, die vom XXXX .05.2019 und vom XXXX .05.2019 stammen, keine Kenntnis haben konnte.

Ungeachtet dessen liegt auch ohne Berücksichtigung der beiden ärztlichen Unterlagen, die erst nach Bescheiderlassung ausgestellt wurden, ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren vor. Dies aus folgenden Gründen:

Betreffend die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten und durch medizinische Unterlagen belegten physischen Erkrankungen ist zunächst darauf zu verweisen, dass das Bundesamt vollkommen unberücksichtigt gelassen hat, dass die Beschwerdeführerin aufgrund dieser Erkrankungen - insbesondere aufgrund des chronischen Schmerzsyndroms - zweimal in stationärer Behandlung in einem Krankenhaus war. Den vorgelegten Patientenbriefen eines Krankenhauses ist nämlich zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin von XXXX .03.2019 bis XXXX .03.2019 in einer Abteilung für Orthopädie wegen unklarer Schmerzen im Beckenbereich stationär behandelt wurde und unmittelbar darauf von XXXX .03.2019 bis XXXX .04.2019 in einer Abteilung für Neurologie ebenfalls stationär aufhältig war, wobei ein chronisches Schmerzsyndrom mit psychischen und somalischen Faktoren - nämlich Schmerzen in der Lendenwirbelsäule, in der Halswirbelsäule, im Abdomen und im Nierenlager - diagnostiziert wurde. Der stationäre Aufenthalt in der Dauer von (insgesamt) einem Monat wäre für sich alleine ausreichend gewesen, um weitere Ermittlungen betreffend die Überstellungsfähigkeit der Beschwerdeführerin nach Tschechien zu tätigen. Hinzu kommt jedoch im vorliegenden Fall, dass einem Arztbrief eines Facharztes für Orthopädie vom XXXX .05.2019 zu entnehmen ist, dass die Beschwerdeführerin aufgrund der massiven Schmerzhaftigkeit derzeit nicht steh- und gehfähig ist. Das Bundesamt hat diesbezüglich mit dem behandelnden Arzt Kontakt aufgenommen, der bestätigt hat, dass die Beschwerdeführerin nicht steh- und gehfähig ist (vgl. hierzu Aktenvermerk vom 13.05.2019; AS 489). Da sich dem Patientenbrief eines Krankenhauses vom XXXX .04.2019 nicht entnehmen lässt, dass die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt ihrer Entlassung aus dem stationären Aufenthalt nicht geh- und stehfähig war bzw. davon auszugehen ist, dass im Fall einer - wenn auch vorübergehenden - Steh- und Gehunfähigkeit die Beschwerdeführerin wohl kaum entlassen worden wäre, ist offensichtlich, dass sich ihr physischer Gesundheitszustand zwischen XXXX .04.2019 und XXXX .05.2019 verschlechtert hat, was vom Bundesamt ebenfalls in keiner Weise berücksichtigt worden war. Aus der von der Behörde herangezogenen, im Zeitpunkt der Bescheiderlassung aktuellsten medizinischen Unterlage, nämlich aus dem Attest einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom XXXX .05.2019, ist ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin aufgrund ihrer schlechten körperlichen Verfassung nicht transportfähig ist und sie unter starken Schmerzen im Wirbelsäulenbereich leidet. Das Bundesamt hat zwar die in diesem Attest angeführten Diagnosen seinen Feststellungen zugrunde gelegt, hat jedoch die weiteren Ausführungen (starke Schmerzen, schlechte körperliche Verfassung, keine Transportfähigkeit) vollkommen unberücksichtigt gelassen bzw. findet sich im angefochtenen Bescheid keine Begründung dahingehend, weshalb das Bundesamt zwar die Diagnosen für zutreffend erachtet, die weiteren Ausführungen der behandelnden Ärztin zum physischen Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin jedoch nicht.

Zu den von der Beschwerdeführerin vorgebrachten und dem Bundesamt im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bekannten psychischen Erkrankungen ist auszuführen, dass die Behörde sehr wohl festgestellt hat, dass bei der Beschwerdeführerin eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert wurde. Diese Diagnose lässt sich bereits dem Patientenbrief vom XXXX .04.2019 entnehmen und wird durch das Attest einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom XXXX .05.2019 bestätigt. Darüber hinaus ist aus diesem Attest ersichtlich, dass sich die Beschwerdeführerin in einem psychisch labilen Zustand befindet und an rezidivierenden Panikattacken leidet. Ferner hatte sie am XXXX .05.2019 einen Termin bei einem Psychiater. Offensichtlich war sich das Bundesamt der schlechten psychischen Verfassung der Beschwerdeführerin schon im Zeitpunkt der Einvernahme vom 26.02.2019 bewusst, da bereits mit diesem Datum eine Ladung an die Beschwerdeführerin zu einer PSY-III Untersuchung für den 22.03.2019 ergangen ist. Nachweislich befand sich die Beschwerdeführerin am 22.03.2019 in stationärer Behandlung und konnte daher diesen Termin nicht wahrnehmen, was dem Bundesamt von ihrer Tochter mitgeteilt wurde. In der Folge wurde ein weiterer Termin für eine PSY-III Untersuchung für den 06.05.2019 (Ladung vom 05.04.2019) anberaumt, den die Beschwerdeführerin wieder nicht wahrnehmen konnte, da sie sich auch in diesem Zeitpunkt in ärztlicher Behandlung befunden hat, was ihre Tochter dem Bundesamt bekanntgegeben hat und durch Zeitbestätigungen nachgewiesen wurde. Sohin war dem Bundesamt offensichtlich bewusst, dass bei der Beschwerdeführerin psychische Probleme bzw. eine psychische Beeinträchtigung vorliegt und daher ist es nicht nachvollziehbar, dass eine solche gutachterliche Stellungnahme im Zulassungsverfahren nicht eingeholt wurde, zumal es nach dem 26.02.2019 (dem Datum der ersten Ladung zur PSY-III Untersuchung) wiederholte Hinweise auf eine vorliegende posttraumatische Belastungsstörung samt Behandlungsbedürftigkeit gegeben hat.

Vor dem Hintergrund dieser Informationen hätte jedenfalls ein orthopädisches und auch ein psychiatrisches Sachverständigengutachten eingeholt werden müssen und zwar dahingehend, ob bzw. inwieweit eine Überstellung der Beschwerdeführerin nach Tschechien eine (unzumutbare bzw. unwiederbringliche) Verschlechterung ihres sowohl physischen als auch psychischen Gesundheitszustandes bewirken würde. Bei der Erstellung eines solchen Gutachtens wird auch die Frage der Pflegebedürftigkeit der Beschwerdeführerin zu klären sein. Insbesondere wird das orthopädische Gutachten - neben einer Feststellung des Krankheitsbildes samt Therapie- und Behandlungsmöglichkeiten - zu untersuchen haben, ob die Beschwerdeführerin pflegebedürftig ist und bejahendenfalls in welchem Ausmaß diese Pflegebedürftigkeit besteht. Ferner werden die in der Beschwerde aufgestellten Behauptungen, die Beschwerdeführerin sei bettlägerig, könne weder sitzen noch stehen, benötige Unterstützung bei alltäglichen Handlungen (Körperpflege, Toilettenbesuch, An- und Auskleiden, Zubereitung von Mahlzeiten etc.) und sei nicht in der Lage, alleine und selbstständig außer Haus zu gehen, eine Überprüfung zu unterziehen sein. Diesbezüglich sind auch die nach Bescheiderlassung vorgelegten ärztlichen Unterlagen - psychiatrischer Befund vom XXXX .05.2019 und ärztliches Attest vom XXXX .05.2019 - mitzuberücksichtigen und ist - falls erforderlich - die Tochter der Beschwerdeführerin betreffend die von ihr geleisteten Unterstützungshandlungen und/oder Pflegeleistungen als Zeugin zu befragen.

Betreffend die in Österreich aufhältige Tochter der Beschwerdeführerin ist weiters abzuklären, ob sich im vorliegenden Fall eine Zuständigkeit Österreichs zur Führung des Asylverfahrens der Beschwerdeführerin aus Art. 16 Dublin III-VO ergeben könnte. Diesbezüglich ist zunächst auf die zutreffenden Beschwerdeausführungen zu verweisen, dass die Feststellung, dass kein rechtmäßiger Aufenthalt der Tochter der Beschwerdeführerin vorliegt, nicht korrekt ist, da - bei Zugrundelegung der weiteren Ausführungen im angefochtenen Bescheid - der Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung der Tochter der Beschwerdeführerin zwar erstinstanzlich abgewiesen, sich allerdings im Zeitpunkt der Bescheiderlassung im Beschwerdestadium befunden hat und sohin nicht von einem unrechtmäßigen Aufenthalt ausgegangen werden kann. Aktuell ist allerdings aus einer vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auskunft aus dem Zentralen Melderegister vom 17.01.2020 ersichtlich, dass die Tochter der Beschwerdeführerin am XXXX .11.2019 geheiratet hat (Eintrag ins Ehebuch Nr. XXXX ), was unter Umständen zu einer Änderung ihres Aufenthaltstitels geführt haben könnte, was wiederum Auswirkungen auf eine etwaige Zuständigkeit Österreichs gemäß Art. 16 Abs. 1 Dublin III-VO (bei Vorliegen aller weiterer Voraussetzungen) haben könnte. Der Vollständigkeit halber wird an dieser Stelle darauf verwiesen, dass die Beschwerdeführerin und ihre Tochter gemäß der eingeholten Auszüge aus dem Zentralen Melderegister seit XXXX .04.2019 ununterbrochen an einer gemeinsamen Adresse (trotz zweimaligem Umzug bzw. Wechsel der Adresse) behördlich gemeldet sind.

2.2.3. Grundsätzlich bezweifelt das Bundesverwaltungsgericht nicht, dass in Tschechien eine adäquate - mit Österreich vergleichbare - medizinische Versorgung besteht und, dass die in Österreich begonnenen Behandlungen samt benötigter Medikamente dort auch verfügbar sind. Allerdings wäre sicherzustellen, dass die Beschwerdeführerin sowohl die benötigte Schmerztherapie in Bezug auf ihren physischen Gesundheitszustand unter Berücksichtigung einer allfälligen Pflegebedürftigkeit, als auch die erforderliche Betreuung hinsichtlich ihrer psychischen Probleme, ohne unzumutbar lange Unterbrechungen unmittelbar nach ihrer Ankunft in Tschechien im selben - sowohl qualitativ als auch quantitativ - Ausmaß wie in Österreich bekommt, sodass eine unwiederbringliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes aufgrund zu langer Unterbrechung der Behandlung mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen we

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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