TE Vwgh Erkenntnis 1998/6/5 98/21/0227

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Veröffentlicht am 05.06.1998
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §11 Abs2;
AsylG 1997 §19 Abs2;
AsylG 1997 §21 Abs1;
B-VG Art130 Abs2;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 98/21/0228 98/21/0229

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde

1. der GK, geboren am 3. Februar 1965, 2. des WK, geboren am 17. August 1986, und 3. der AK, geboren am 11. November 1983, sämtliche in Ennsdorf, der Zweitbeschwerdeführer und die Drittbeschwerdeführerin vertreten durch die Erstbeschwerdeführerin, diese vertreten durch Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11, gegen die Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich je vom 24. März 1998, Zlen. Fr 1168/98, Fr 1169/98 und Fr 1170/98, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit den im Instanzenzug ergangenen, inhaltlich annähernd gleichlautenden Bescheiden wies die belangte Behörde die Beschwerdeführer (die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter des Zweitbeschwerdeführers und der Drittbeschwerdeführerin) gemäß § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75/1997, aus.

Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, die Beschwerdeführer seien armenische Staatsangehörige und am 6. Jänner 1997 "illegal" per Schiff unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich eingereist. Sie seien weder im Besitz eines (inländischen) Aufenthaltstitels noch eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels und es komme ihnen auch nicht die Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997 zu. Sie hielten sich somit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Die österreichische Rechtsordnung messe der Beachtung der zwischenstaatlichen Regelungen über die Einhaltung paßrechtlicher (nunmehr fremdenrechtlicher) Vorschriften ein solches Gewicht bei, daß selbst bei Einmaligkeit von Verfehlungen in der Art, daß jemand illegal nach Österreich einreise, ein schwerwiegender Verstoß gegen erhebliche öffentliche Interessen des österreichischen Staates vorliege. Die Ausweisung eines Fremden stelle eine Maßnahme dar, die in einer demokratischen Gesellschaft sowohl für die öffentliche Ordnung als auch für das Wohl des Landes zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und Moral und zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sei. Der von den Beschwerdeführern zu verantwortende Verstoß gegen die österreichische Rechtsordnung sei derart gravierend, daß der im Fremdengesetz vorgesehene Eingriff der Behörde nicht nur gerechtfertigt, sondern sogar geboten erscheine. Aufgrund der Schwere des von den Beschwerdeführern zu verantwortenden Verstoßes gegen die österreichische Rechtsordnung sei es nicht möglich, von der Erlassung der Ausweisung Abstand zu nehmen. Die Ausweisung bedeute einen Eingriff in das Privat- und Familienleben, weil auch der Ehegatte bzw. Vater der Beschwerdeführer im Bundesgebiet wohnhaft sei. Das Bundesasylamt habe mit Bescheid vom 22. Juli 1997 den Asylantrag der Beschwerdeführer abgewiesen. Zwischenzeitig sei auch das Asylverfahren betreffend den Ehegatten bzw. Vater der Beschwerdeführer rechtskräftig negativ abgeschlossen worden. Den Beschwerdeführern komme eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz nicht zu. Der Ehegatte bzw. Vater der Beschwerdeführer sei mit rechtskräftigem Bescheid vom 20. März 1998 ausgewiesen worden. Der mit der Ausweisung verbundene Eingriff in das Familienleben sei somit nicht erheblich, zumal keine Trennung der Familie erfolge. Die Beschwerdeführer könnten ihren Aufenthalt auch nicht vom Inland aus legalisieren. Ihr Aufenthalt im Bundesgebiet sei als Übertretung des Fremdengesetzes von nicht unerheblicher Bedeutung zu werten; in Anbetracht des hohen Stellenwertes, den die österreichische Rechtsordnung einem geordneten Fremdenwesen beimesse, sei trotz allenfalls bestehender privater Interessen an einem Weiterverbleib im Bundesgebiet die Ausweisung zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung - nicht nur zulässig, sondern dringend geboten.

Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, sie wegen Rechtswidrigkeit ihrer Inhalte oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer bekämpfen nicht die auf unbestrittenen Sachverhaltsannahmen in den angefochtenen Bescheiden aufbauende Rechtsansicht der belangten Behörde, daß sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten. Aus diesem Grund durfte die belangte Behörde - vorbehaltlich des § 37 Abs. 1 FrG - gemäß § 33 Abs. 1 FrG die Ausweisung der Beschwerdeführer verfügen.

Gemäß § 37 Abs. 1 FrG ist ein Entzug der Aufenthaltsberechtigung, würde durch eine Ausweisung gemäß den §§ 33 Abs. 1 oder 34 Abs. 1 und 3 oder durch ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide behaupten die Beschwerdeführer mit dem Vorbringen, sie seien Angehörige eines Asylwerbers und es könne im Fall der Asylgewährung an den Ehegatten bzw. Vater der Beschwerdeführer das gewährte Asyl auf die Beschwerdeführer erstreckt werden. Die Ausweisung sei daher keinesfalls dringend geboten, weil die Möglichkeit bestehe, den Aufenthaltsstatus vom Inland aus zu legalisieren. Aufgrund des nunmehr geltenden Asylgesetzes 1997 wäre es nämlich durchaus möglich, daß den Beschwerdeführern als Asylerstreckungswerbern eine Aufenthaltsberechtigung nach § 19 Abs. 2 Asylgesetz 1997 zukomme. Mit diesem Vorbringen übersehen die Beschwerdeführer, daß nach den unbestrittenen Feststellungen in den angefochtenen Bescheiden der Asylantrag des Ehegatten bzw. Vaters bereits rechtskräftig abgewiesen wurde. Wenn auch gemäß § 11 Abs. 2 Asylgesetz 1997 nach Abweisung des Asylantrages des Angehörigen die der Sache nach damit verbundenen Asylerstreckungsanträge als Asylanträge gelten, steht die bloße Möglichkeit, daß den Beschwerdeführern gemäß § 19 Abs. 2 Asylgesetz 1997 eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zuerkannt werden könnte, der verfügten Ausweisung nicht entgegen. Gemäß § 21 Abs. 1 Asylgesetz 1997 findet das Fremdengesetz grundsätzlich auch auf Asylwerber Anwendung. Es besteht keine gesetzliche Verpflichtung, mit der Ausweisung von Asylwerbern bis zur Beendigung des Asylverfahrens zuzuwarten und es erfährt das öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) keine Minderung allein dadurch, daß der Fremde einen Asylantrag gestellt hat. Selbst unter der Annahme, daß mit der verfügten Ausweisung ein im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG relevanter Eingriff in das Familienleben der Beschwerdeführer verbunden ist (ein relevanter Eingriff in ihr Privatleben liegt wegen der Kürze des Aufenthaltes in Österreich nicht vor), ist die Ausweisung im Hinblick auf das beschriebene öffentliche Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften auch unter Bedachtnahme auf angenommene familiäre Interessen iSd § 37 Abs. 1 FrG nach dieser Bestimmung dringend geboten und demnach zulässig. Unter Berücksichtigung der unter Umgehung der Grenzkontrolle erfolgten Einreise der Beschwerdeführer und des daran anschließenden zur Gänze unrechtmäßigen Aufenthaltes leiden die angefochtenen Bescheide entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer nicht an einem "materiellen Ermessensfehler", weil im Hinblick auf die gesamte Interessenlage nicht davon gesprochen werden kann, daß die belangte Behörde bei Erlassung der Ausweisung das ihr eingeräumte Ermessen nicht im Sinn des Gesetzes gehandhabt hätte (vgl. zum Vorstehenden das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 98/21/0252).

Letztlich ist die Verfahrensrüge unberechtigt, denn zum einen ist den angefochtenen Bescheiden durchaus zu entnehmen, aus welchen Gründen die Ausweisung dringend geboten sei und zum anderen unterlassen die Beschwerdeführer die für eine erfolgreiche Mängelrüge erforderliche Angabe, welche weiteren Feststellungen zu einem im Spruch anderslautenden (für die Beschwerdeführer günstigen) Bescheidergebnis hätten führen können.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigte sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Schlagworte

Ermessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998210227.X00

Im RIS seit

20.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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