Entscheidungsdatum
20.01.2020Norm
AlVG §38Spruch
L517 2226527-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. NIEDERWIMMER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , gegen jenen Spruchpunkt des Bescheides des Arbeitsmarktservice XXXX vom 07.11.2019, Zl. XXXX , XXXX , mit dem die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gegen die Beschwerdevorentscheidung gemäß § 13 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) ausgeschlossen wurde, beschlossen:
A)
Der Beschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung wird gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG stattgegeben und dieser Spruchpunkt des angefochtenen Bescheides ersatzlos behoben.
Es wird festgestellt, dass der Beschwerde gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX somit gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG die aufschiebende Wirkung zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl Nr 1/1930 idgF, zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX (in Folge belangte Behörde bzw. bB) vom 11.10.2019 wurde ausgesprochen, dass die beschwerdeführende Partei (in Folge bP) gemäß § 33 Abs. 2 in Verbindung mit §§ 38, 7 Abs. 2 und 8 Abs. 2 AlVG wegen der Weigerung, sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, ab 19.09.2019 keine Notstandshilfe erhält.
2. Gegen diesen Bescheid erhob die bP am 24.10.2019 fristgerecht Beschwerde.
3. Mit gegenständlich bekämpfter Beschwerdevorentscheidung vom 07.11.2019 schloss die bB die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG aus (Spruchpunkt B).
Die bB begründete den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung im Wesentlichen damit, dass die aufschiebende Wirkung in einem solchen Fall - die bP hat die nötigen vereinbarten Untersuchungstermine ohne triftigen Grund nicht eingehalten und sich somit der medizinischen Abklärung entzogen - den aus generalpräventiver Sicht im öffentlichen Interesse gelegenen Normzweck unterlaufen würde, nachdem Leistungen bei Arbeitslosigkeit nur bei gleichzeitiger Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung oder speziell normierten Ausnahmefällen zu gewähren sind. Zudem führte die bB wörtlich aus:
"Sie sind seit 01.07.2016 ohne Beschäftigung. Aufgrund ihres gesundheitlichen Zustandes ist ohne genaue Abklärung der Arbeitsfähigkeit und damit einhergehend der Zumutbarkeit einer zugewiesenen Beschäftigung gemäß § 9 eine Arbeitsvermittlung nicht möglich.
Durch ihre Weigerung, an dieser Abklärung mitzuwirken, machen Sie es dem AMS unmöglich, seinen gesetzlichen Auftrag, Menschen so rasch wie möglich durch Vermittlung von zumutbaren Beschäftigungen wieder in Arbeit zu bringen, zu erfüllen. Es widerspricht dem öffentlichen Interesse der Versichertengemeinschaft, wenn eine aufschiebende Wirkung der Beschwerde gewährt wird und gleichzeitig eine Arbeitsvermittlung aufgrund Ihres offensichtlichen Unwillens nicht feststellbaren Arbeitsfähigkeit, Zumutbarkeit und Verfügbarkeit ausgeschlossen ist.
Aus diesem Grund überwiegt das öffentliche Interesse gegenüber dem mit der Beschwerde verfolgten Einzelinteresse auf Auszahlung einer vorläufigen Leistung."
Eine Rechtsmittelbelehrung für den Teilbescheid, mit dem die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, fehlt.
4. Am 19.11.2019 stellte die bP fristgerecht einen Vorlageantrag. Ein ergänzendes Vorbringen im Hinblick auf den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung wurde nicht ausgeführt.
5. Die gegenständliche Beschwerde langte am 12.12.2019 am Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Der maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Verfahrensgang.
2.0. Beweiswürdigung:
Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang sowie die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes.
3.0. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:
-
Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977, idgF
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Bundesverfassungsgesetz (B-VG), BGBl. I Nr. 1/1930, idgF
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Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF
-
Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, idgF
3.2. Gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Eine solche Senatszuständigkeit sieht § 56 Abs. 2 AlVG grundsätzlich vor.
§ 56 Abs. 2 AlVG lautet: Über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung durch die Geschäftsstelle beträgt zehn Wochen.
Gemäß § 9 Abs. 1 BVwGG leitet und führt der Vorsitzende eines Senats das Verfahren bis zur Verhandlung. Die dabei erforderlichen Beschlüsse bedürfen keines Senatsbeschlusses. Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (RV 2008 BlgNR. 24. GP, S.4) bedeutet dies, dass der Senatsvorsitzende "insbesondere die Entscheidung über den Antrag der aufschiebenden Wirkung, gegebenenfalls über den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und über die Gewährung eines Verfahrenshilfeverteidigers" ohne Senatsbeschluss erlassen darf. Da Entscheidungen über Anträge auf aufschiebende Wirkung somit jedenfalls der Einzelrichterzuständigkeit unterliegen, ist anzunehmen, dass auch Entscheidungen über Beschwerden gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung als Einzelrichter zu treffen sind.
3.3. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Mit der vorliegenden Entscheidung wird die Rechtssache nicht erledigt, sondern lediglich über die Rechtmäßigkeit des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung in der Beschwerdevorentscheidung abgesprochen (Spruchpunkt B). Mangels Erledigung der Rechtsache hat die vorliegende Entscheidung somit durch Beschluss zu erfolgen.
3.4. Beim Ausspruch des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG - gegenständlich in der Beschwerdevorentscheidung - handelt es sich um einen von der Hauptsache trennbaren, selbstständigen Nebenanspruch (Hengstschläger/Leeb, AVG [2007], zu § 64 Rz 36).
Die bP hat fristgerecht einen Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG gestellt, mit dem die (gegen den ersten Bescheid gerichtete) Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (vgl dazu: Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, §15 VwGVG, K1-K2, sowie Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) [§15 VwGVG, Anm 8]). Anders als in § 64a AVG tritt mit der Vorlage der Beschwerde die Beschwerdevorentscheidung nicht außer Kraft, so dass Beschwerdegegenstand im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht die Beschwerdevorentscheidung ist (EB zur RV 2009 dB XXIV.GP, S5).
In der Zusammenschau dieser Bestimmungen und im Hinblick auf § 27 VwGVG, wonach das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde zu überprüfen hat, ist davon auszugehen, dass die ursprünglich gegen den ersten Bescheid der belangten Behörde gerichtete Beschwerde durch die Vorlage derselben mittels Vorlageantrag nunmehr als Beschwerde gegen die Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde anzusehen ist, zumal der Vorlageantrag auch keiner weiteren Begründung bedarf.
Aus § 13 Abs. 2 VwGVG ergibt sich, dass eine Aberkennung der aufschiebenden Wirkung - wie gegenständlich erfolgt - nach Erlassung des in der Hauptsache ergehenden Bescheides grundsätzlich durch Bescheid zulässig ist.
Nun mag zwar der Spruchpunkt, mit dem die aufschiebende Wirkung ausgeschlossen wurde (Spruchpunkt B) vom Abspruch über die Beschwerde in der Beschwerdevorentscheidung (Spruchpunkt A) rechtlich trennbar sein, doch hätte es diesbezüglich jedenfalls einer gesonderten Rechtsmittelbelehrung bedurft, da gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 13 Abs. 5 VwGVG eine Beschwerde zulässig ist. In der Beschwerdevorentscheidung ist jedoch unter der Überschrift Rechtsmittelbelehrung lediglich der Hinweis auf den Vorlageantrag zu finden.
Zu A) Aufhebung des bekämpften Bescheides
3.5. Das VwGVG sieht vor, dass eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG aufschiebende Wirkung hat (§ 13 Abs. 1 VwGVG), solange diese Wirkung nicht mit Bescheid (§ 13 Abs. 2 VwGVG) ausgeschlossen worden ist. Auch ein rechtzeitig eingebrachter und zulässiger Vorlageantrag hat aufschiebende Wirkung (§ 15 Abs. 2 VwGVG), wenn die Beschwerde u. a. von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung hatte und die Behörde diese nicht ausgeschlossen hat.
Gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG kann die aufschiebende Wirkung mit Bescheid von der Behörde ausgeschlossen werden, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.
Gemäß § 13 Abs. 4 VwGVG hat die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs. 2 keine aufschiebende Wirkung. Sofern die Beschwerde nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Behörde, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen.
3.5.1. Was die Voraussetzungen für den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nach § 13 Abs. 2 VwGVG anbelangt, entsprechen diese großteils jenen, die § 64 Abs. 2 AVG normiert (vgl. Lehhofer, Die aufschiebende Wirkung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, ÖJZ 2014, 5ff.). Auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage weisen darauf hin, dass § 13 VwGVG weitgehend der Bestimmung des § 64 AVG nachgebildet wurde (RV 2009 BlgNR 24. GP). Wie auch dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 01.09.2014, 2014/03/0028, zu entnehmen ist, kann somit ohne weiteres auf die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zurückgegriffen werden, um die Rechtmäßigkeit des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung an Hand der dort aufgestellten Kriterien zu überprüfen (vgl. VwGH 01.09.2014, Ra 2014/03/0028).
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu Rechtsmitteln gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nach § 64 Abs. 2 AVG hat die Rechtsmittelinstanz zu überprüfen, ob im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides der belangten Behörde die Voraussetzungen für den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung gegeben waren (VwGH vom 29.09.2005, Zl. 2005/11/0123; VwGH vom 28.06.2001, Zl. 99/11/0243).
Nach dem Wortlaut des § 13 Abs. 2 VwGVG hat die zuständige Behörde eine Interessenabwägung durchzuführen und darzulegen, worin die Gefahr im Verzug besteht, die einen vorzeitigen Vollzug des Bescheides dringend gebietet (Hengstschläger/Leeb, AVG, zu § 64 Rz 31). In der Interessenabwägung sind die Interessen des Beschwerdeführers gegen die berührten öffentlichen Interessen und allfälliger weitere Parteien abzuwägen (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahren der Verwaltungsgerichte [2013], § 13 VwGVG K9), wobei in einem ersten Schritt festzustellen ist, welche Interessen überwiegen. Nach der Rechtsprechung reicht das bloße Überwiegen öffentlicher Interessen aber nicht aus, um den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung zu rechtfertigen; vielmehr muss dargetan werden, dass die vorzeitige Vollstreckung zur Abwendung eines gravierenden Nachteils notwendig ist und insofern "Gefahr im Verzug" besteht (Eder/Martschin/Schmid, Verwaltungsgerichte, § 13 VwGVG K11ff.). Die Judikatur verlangt dabei eine sachverhaltsbezogene fachliche Begründung der Entscheidung (VwGH vom 22.03.1988, Zl. 87/07/0108), die Gefahr muss konkret bestehen (Hengstschläger/Leeb, AVG zu § 64 Rz 31).
Die Entscheidung über die Zuerkennung oder die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung kann nur das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung sein, welche die berührten öffentlichen Interessen UND die Interessen von Verfahrensparteien berücksichtigt (VwGH 01.09.2014, Ra 2014/03/0028, VfGH 02.12.2014, G74/2014). Es muss sich um ein besonderes öffentliches Interesse handeln, aus dem wegen der "triftigen Gründe" des konkreten Falles die vorzeitige Vollstreckung des Bescheides sachlich geboten ist (Hengstschläger/Leeb, AVG § 64 RZ 29 mHa VfSlg 11.196/1986; 16.460/2002; 17.346/2004).
3.5.2. Im gegenständlichen Fall begründete die bB den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung im Wesentlichen damit, dass die aufschiebende Wirkung in einem solchen Fall - die bP hat die nötigen vereinbarten Untersuchungstermine ohne triftigen Grund nicht eingehalten und sich somit der medizinischen Abklärung entzogen - den aus generalpräventiver Sicht im öffentlichen Interesse gelegenen Normzweck unterlaufen würde, nachdem Leistungen bei Arbeitslosigkeit nur bei gleichzeitiger Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung oder speziell normierten Ausnahmefällen zu gewähren sind und führte zudem wörtlich aus:
"Sie sind seit 01.07.2016 ohne Beschäftigung. Aufgrund ihres gesundheitlichen Zustandes ist ohne genaue Abklärung der Arbeitsfähigkeit und damit einhergehend der Zumutbarkeit einer zugewiesenen Beschäftigung gemäß § 9 eine Arbeitsvermittlung nicht möglich.
Durch ihre Weigerung, an dieser Abklärung mitzuwirken, machen Sie es dem AMS unmöglich, seinen gesetzlichen Auftrag, Menschen so rasch wie möglich durch Vermittlung von zumutbaren Beschäftigungen wieder in Arbeit zu bringen, zu erfüllen. Es widerspricht es dem öffentlichen Interesse der Versichertengemeinschaft, wenn eine aufschiebende Wirkung der Beschwerde gewährt wird und gleichzeitig eine Arbeitsvermittlung aufgrund Ihres offensichtlichen Unwillens nicht feststellbaren Arbeitsfähigkeit, Zumutbarkeit und Verfügbarkeit ausgeschlossen ist.
Aus diesem Grund überwiegt das öffentliche Interesse gegenüber dem mit der Beschwerde verfolgten Einzelinteresse auf Auszahlung einer vorläufigen Leistung."
Im Hinblick auf die zu erfolgende Interessensabwägung im Einzelfall wäre die aufschiebende Wirkung etwa dann nicht zu gewähren, wenn begründete Zweifel an der späteren Einbringlichkeit der Forderung bestünden, da in diesem Fall das Interesse der Versichertengemeinschaft, somit das öffentliche Interesse, an der Verfügbarkeit von Mitteln für Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung überwiegt (VwGH 13.05.2009, 2007/08/0285).
Dass im konkreten Einzelfall die Einbringlichkeit der Forderung nach Abschluss des Rechtsmittelverfahrens nicht möglich wäre, also Gefahr im Verzug bestünde, wurde im Bescheid nicht dargelegt. Aus dem Akt ergeben sich diesbezüglich auch keine Hinweise.
Nach Maßgabe des dem BVwG auf Grund der übermittelten Aktenteile vorliegenden Sachverhaltes ist daher nicht davon auszugehen, dass der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist, weshalb der Beschwerde stattzugeben und der Spruchpunkt des gegenständlich bekämpften Bescheides, mit dem die aufschiebende Wirkung ausgeschlossen wurde, ersatzlos aufzuheben ist.
Der Beschwerde kommt somit aufschiebende Wirkung zu.
Es wird festgehalten, dass mit der gegenständlichen (verfahrensleitenden) Entscheidung über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt B), eine Entscheidung in der die Rechtssache erledigenden Entscheidung nicht vorweggenommen wird.
3.6. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (VwGH vom 22.05.2014, Ra 2014/01/0030).
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil im gegenständlichen Fall die Entscheidung als Einzelrichter gemäß § 6 iVm § 9 BVwGG und § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Diesbezüglich liegen nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes Gründe vor, insbesondere aufgrund der im § 56 Abs. 2 AlVG normierten Senatszuständigkeit, die auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage schließen lassen.
In diesem Sinne ist die Revision zulässig.
Auf Grundlage der obigen Ausführungen war spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung, Einzelfallprüfung, InteressenabwägungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:L517.2226527.1.00Zuletzt aktualisiert am
11.03.2020