Entscheidungsdatum
20.01.2020Norm
AsylG 2005 §57Spruch
G306 2222454-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA.: Nordmazedonien, vertreten durch RA Dr. Helmut BLUM, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.07.2019, Zl. XXXX zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asy (BFA), Regionaldirektion Oberösterreich vom 07.01.2019, wurde der Beschwerdeführer (BF) zur Abgabe eine Stellungnahme aufgefordert. Grund dafür war, dass der BF durch die Landespolizeidirektion Oberösterreich, wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes, mit einer rechtskräftigen Strafverfügung zu € 500,- bestraft wurde. Zur Abgabe einer Stellungnahme wurde einer Frist von 2 Wochen, ab Zustellung, eingeräumt.
Fristgerecht gab der BF dazu eine Stellungnahme ab, welche am 25.01.2019, per Mail, beim BFA eintraf.
Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des BFA, dem BF durch persönliche Übernahme am 17.07.2019 rechtmäßig zugestellt, wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt, gegen den BF gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I., II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß 46 FPG nach Serbien und zulässig ist (Spruchpunkt III.), gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Z 3 FPG gegen die BF ein auf die Dauer von 2 Jahr befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.) sowie gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.).
Mit dem am 08.08.2019 beim BFA, eingelangten und mit 06.08.2019 datierten Schriftsatz, erhob der BF, durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter, die Beschwerde gegen den genannten Bescheid des BFA. Darin wurde neben der Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantrag, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben; in eventu den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass das gegen den BF erlassene Einreiseverbot aufgehoben wird; in eventu den angefochtenen Bescheid zu beheben und an das BFA zur Verfahrensergänzung und Neuerlassung zurückzuverweisen.
Hinsichtlich des Verfahrensganges und des Parteivorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Der BF reiste laut eigenen Angaben am XXXX.2018 vom österreichischen Bundesgebiet aus und hält sich seither in Nordmazedonien auf.
Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habenden Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 13.08.2019 vom BFA vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF ist Staatsangehöriger von Nordmazedonien.
Der BF wurde mit Strafverfügung der Landespolizeidirektion XXXX, GZ: XXXX, wegen § 120 Abs. 1a FPG vom XXXX.2018, rechtskräftig mit XXXX.2018, zu einer Geldstrafe von € 500,- bestraft.
Mit Schreiben des BFA, Regionaldirektion Oberösterreich vom 07.01.2019, wurde der BF zur Abgabe eine Stellungnahme aufgefordert. Grund war die verhängte Verwaltungsstrafe wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes. Dem BF wurde im Schreiben mitgeteilt, dass geprüft werden, ob gegen den BF eine Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot zu erlassen wäre. Zur Abgabe einer Stellungnahme wurde eine Frist von 2 Wochen eingeräumt. Das Schreiben wurde durch Hinterlegung am 11.01.2019 rechtmäßig zugestellt.
Fristgerecht langte am 25.01.2019, per Mail, am BFA die schriftliche Stellungnahme des BF ein.
Der BF führte im Schreiben explizit an, dass er sich nicht mehr in Österreich aufhalte, sondern gleich nach Erhalt der Strafverfügung, die Strafe bezahlt habe und anschließend nach Nordmazedonien ausgereist sei. Zum Beweis dafür legte der BF eine Kopie des Reisepasses vor, aus der ersichtlich ist, dass sich eine Stempeleintragung der Ausreise vom XXXX.2018 befindet.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG. Diese Feststellungen werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Aufhebung des Bescheides (Spruchpunkt A.):
Wie sich aus den folgenden Erwägungen ergibt, erweist sich der angefochtene Bescheid auf Grund von inhaltlichen Mängeln und unzureichenden Sachverhaltsfeststellungen sowie infolge der Anwendung falscher Rechtsgrundlagen in seiner Gesamtheit als rechtswidrig:
Zunächst ist festzuhalten, dass die belangte Behörde gegen den BF die Rückkehrentscheidung auf § 52 Abs. 1 Z 1 FPG in ihrem Spruchpunkt II. stützte. Dies setzt voraus, dass sich der BF zum Zeitpunkt der Erlassung der Rückkehrentscheidung unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Der BF hielt sich jedoch zum Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Bescheides nicht mehr im Bundesgebiet auf, was die belangte Behörde auch wusste, hat sie doch den bekämpften Bescheid an der Zustelladresse des BF in Nordmazedonien zugestellte (AS 87).
Gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 FPG hat die Behörde eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn sich der BF nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen 6 Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.
Aus dem Akt geht hervor (schriftliche Stellungnahme des BF), dass dieser das Bundesgebiet am XXXX.2018 offensichtlich verlassen hat. Sollte dies tatsächlich den Tatsachen entsprechen, so wäre die Frist für die Einleitung eines Rückkehrentscheidungsverfahren am 26.12.2018, 24:00 Uhr abgelaufen gewesen. Die erstmalige Kontaktaufnahme der belangten Behörde mit dem BF erfolgte am 07.01.2019 (Schreiben zur Aufforderung zu Stellungnahme) AS 1 und wäre somit zu spät erfolgt.
Der belangten Behörde ist vorzuwerfen, dass sie hier die relevante Rechtslage völlig verkannt hat. Es ist weder aus der Beweiswürdigung, noch aus der rechtlichen Beurteilung im bekämpften Bescheid ersichtlich, ob sich die Behörde jemals mit dem Zeitpunkt der Ausreise des BF auseinandergesetzt hat. Die belangte Behörde hätte ermitteln müssen, ob und wann der BF tatsächlich das Bundesgebiet verlassen hat, um sicher zu sein, ob sie sich bei der Einleitung des Rückkehrentscheidungsverfahren in der noch offenen Frist von 6 Wochen, ab Ausreise, befindet. Wenn die belangte Behörde in ihrem bekämpften Bescheid auf Seite 51 und 52 anführt, dass der BF laut ZMR Auszug bis zum 29.05.2019 im Bundesgebiet gemeldet gewesen sei und die in Vorlage gebrachte Kopie (RP mit Stempeleintragen) nicht aussagekräftig wäre, so greift dies zu kurz. Der VwGH hat mehrmals ausgeführt, ob jemand im Bundesgebiet aufhältig war oder ist, kann nicht alleine auf einen Auszug des ZMR abgestellt werden kann. Es wären diesbezüglich, schon aufgrund, dass der BF dies in seiner Stellungnahme anführte, Ermittlungen durchzuführen gewesen, ob der BF tatsächlich das Bundesgebiet bereits am XXXX.2018 verlassen hat.
Insgesamt war der belangten Behörde aber auch vorzuwerfen, dass sie die bei der Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes geforderte Genauigkeit und Sorgfalt jedenfalls vermissen ließ und die Erlassung der Rückkehrentscheidung und des Einreiseverbotes nur völlig unzureichend begründet hat.
Da auch die Prüfung der Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 das Vorliegen eines unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet voraussetzt (siehe § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005), erweist sich folglich auch Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides als rechtswidrig.
Im Hinblick auf die Rechtswidrigkeit der Rückkehrentscheidung erweisen sich des Weiteren die damit zusammenhängenden Aussprüche über die Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat (Spruchpunkt III.) und über die Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt V.) ebenso als rechtswidrig. Genauso trägt es sich mit dem Spruchpunkt VI. Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu.
Letztlich erweist sich auch das in Spruchpunkt IV. erlassene Einreiseverbot (in der Dauer von zwei Jahren) als rechtswidrig, und zwar schon allein deshalb, weil sich die gleichzeitig erlassene Rückkehrentscheidung als rechtswidrig erwiesen hat und ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 1 FPG nur im Zusammenhalt mit einer Rückkehrentscheidung erlassen werden kann.
Die Gründe, die zu den im Spruch getroffenen Entscheidungen der belangten Behörde geführt haben, sind in der Bescheidbegründung (§ 60 AVG) klar und umfassend darzulegen. Die im angefochtenen Bescheid auf Grund des von der belangten Behörde geführten Ermittlungsverfahrens getroffenen Feststellungen und Erwägungen entsprechen aber jedenfalls nicht den Erfordernissen einer umfassenden und in sich schlüssigen Begründung einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung (§ 60 iVm. § 58 Abs. 2 AVG).
Da sich der angefochtene Bescheid auf Grund der dargelegten Erwägungen in seiner Gesamtheit als rechtswidrig erweist, war gemäß § 28 Abs. 2 iVm. § 27 VwGVG der Bescheid in Stattgebung der Beschwerde zur Gänze wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Der Vollständigkeit halber ist abschließend darauf hinzuweisen, dass die Aufhebung des gegenständlich angefochtenen Bescheides der neuerlichen Erlassung einer Rückkehrentscheidung (allenfalls in Verbindung mit einem Einreiseverbot) durch die belangte Behörde - jedenfalls unter Beachtung der Rechtsansicht des BVwG in der vorliegenden Entscheidung - nicht entgegensteht.
Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Da auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entfallen.
Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B.):
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Voraussetzungen, Wegfall der GründeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:G306.2222454.1.00Zuletzt aktualisiert am
11.03.2020