Entscheidungsdatum
21.01.2020Norm
B-VG Art. 133 Abs4Spruch
W228 2224075-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald WÖGERBAUER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch die Rechtsanwältin Mag. XXXX , gegen den Bescheid der vormaligen Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (nunmehr: Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau) vom 19.09.2019, Zl: XXXX , zu Recht erkannt
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die vormalige Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (nunmehr:
Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau, im Folgenden: BVAEB) hat mit Bescheid vom 31.07.2019, Zl. XXXX , auf Antrag des XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer) vom 27.03.2019 festgestellt, dass jener nach seinem am 19.05.2017 verstorbenen Stiefvater, Herrn Ing. XXXX , gemäß § 17 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965 (PG 1965), BGBl. Nr. 340, keinen Anspruch auf Waisenversorgungsgenuss habe. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer ein Stiefkind des verstorbenen Ruhestandsbeamten Herrn Ing. XXXX sei. Herr Ing. XXXX habe ab dem 01.10.1968 bis zu seinem Tod weder Haushaltszulage noch Kinderzulage noch Kinderzuschuss für den Beschwerdeführer erhalten. Ein Anspruch auf Waisenversorgungsgenuss eines Stiefkindes bestehe nur dann, wenn der Beamte am Sterbetag für dieses Kind Anspruch auf Kinderzuschuss (oder früher Kinderzulage bzw. Haushaltszulage) gehabt habe. Maßgebend sei dabei die Auslegung der Wendung, dass diese Kinder bei der Bemessung der Haushaltszulage oder des Kinderzuschusses "zu berücksichtigen gewesen sind." Dieser Wortlaut bedeute, dass eine entsprechende Meldung und Zahlung des Kinderzuschusses als Anspruchsvoraussetzung für einen Waisenversorgungsgenuss bestehe.
Gegen diesen Bescheid hat die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers mit Schriftsatz vom 26.08.2019 fristgerecht Beschwerde erhoben. Begründend wurde ausgeführt, dass die Feststellung der belangten Behörde, wonach Ing. XXXX weder eine Meldung des anspruchsbegründenden Umstandes auf Kinderzuschuss beantragt noch eine Zahlung des Kinderzuschusses erhalten habe, unrichtig sei. Herrn Ing. XXXX sei im Zeitraum von 01.10.1965 bis 30.09.1968 eine Haushaltszulage gewährt worden und müsse er somit einen Antrag auf Gewährung der Haushaltszulage bzw. der Kinderzulage gestellt haben. Die Gründe dafür, warum er ab 01.10.1968 keine Haushaltszulage für den Beschwerdeführer mehr bezogen habe, seien dem Akt nicht zu entnehmen. Fakt sei jedoch, dass entgegen der Behauptungen der belangten Behörde Ing. XXXX sehr wohl eine Haushaltszulage beantragt habe und ihm diese auch gewährt worden sei. Ob dies im Zuge einer befristeten Gewährung erfolgt sei, lasse sich dem Bescheid nicht entnehmen. Darüber hinaus wird in der Beschwerde ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz wegen der Ungleichbehandlung von Stiefkindern geltend gemacht.
Im Verfahren über die Beschwerde erließ die BVAEB als belangte Behörde gemäß § 14 VwGVG iVm § 56 AlVG eine mit 19.09.2019 datierte Beschwerdevorentscheidung. Darin wurde zusammenfassend ausgeführt, dass es Ing. XXXX nach der befristeten Zuerkennung der Erhöhung der Haushaltszulage für den Beschwerdeführer unterlassen habe, einen Antrag auf Weitergewährung zu stellen, sodass seit 01.10.1968 keine Erhöhung der Haushaltszulage, kein Steigerungsbetrag, keine Kinderzulage und kein Kinderzuschuss für den Beschwerdeführer beansprucht worden sei.
Mit Schriftsatz vom 24.09.2019 stellte die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers fristgerecht einen Antrag auf Vorlage.
Der Vorlageantrag und die Beschwerde wurden gemäß § 15 Abs. 2 letzter Satz VwGVG unter Anschluss der Akten des Verfahrens am 04.10.2019 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Der Beschwerdeführer ist ein Stiefkind des Ing. XXXX , welcher als Beamter der Post- und Telegraphenverwaltung mit Ablauf des 30.04.1997 in den Ruhestand versetzt wurde und am 19.05.2017 verstorben ist.
Herrn Ing. XXXX wurde für den Beschwerdeführer die Haushaltszulage vom 01.10.1962 bis 30.09.1965 befristet für die Dauer von drei Jahren zuerkannt. Im Anschluss erfolgte eine abermals befristete Erhöhung der Haushaltszulage für den Beschwerdeführer für die Zeit vom 01.10.1965 bis 30.09.1968. Ab dem 01.10.1968 hat Ing. XXXX für den Beschwerdeführer weder eine Erhöhung der Haushaltszulage noch eine Kinderzulage bzw. einen Kinderzuschuss geltend gemacht und auch zu keinem Zeitpunkt ausbezahlt erhalten.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellung betreffend die Ruhestandsversetzung des Ing. XXXX ergibt sich aus dem Bescheid über die Ruhestandsversetzung vom 19.02.1997.
Die Feststellung zum Sterbetag des Ing. XXXX ergibt sich aus der Sterbeurkunde vom 22.05.2017.
Der Nichtbezug des Kinderzuschusses für den Beschwerdeführer zum Sterbetag des Ing. XXXX wird zwar bestritten, jedoch nur mit dem Hinweis, dass die Gründe dafür dem Akt bzw. den Ermittlungsergebnissen nicht zu entnehmen seien. Eine weitere oder wiederholte Beantragung ab dem 01.10.1968 wurde nicht substantiiert vorgebracht oder belegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Somit liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Zu A) Abweisung der Beschwerde
Die für gegenständlichen Fall maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen in der am Sterbetag des Ing. XXXX geltenden Fassung lauten:
Dem Kind eines verstorbenen Beamten, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, gebührt ab dem auf den Todestag des Beamten folgenden Monatsersten ein monatlicher Waisenversorgungsgenuss, wenn der Beamte an seinem Todestag Anspruch auf Ruhegenuss gehabt hat oder im Fall der mit Ablauf dieses Tages erfolgten Versetzung in den Ruhestand gehabt hätte. Ein Stiefkind hat nur dann Anspruch auf Waisenversorgungsgenuss, wenn es am Sterbetag des Beamten bei der Bemessung des Kinderzuschusses oder der früheren Kinderzulage zu berücksichtigen gewesen ist."
§ 4 Gehaltsgesetz:
(1) Ein Kinderzuschuss von 15,6 € monatlich gebührt, soweit im Abs. 3 nicht anderes bestimmt ist, für jedes Kind für das Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz, BGBl. Nr. 376/1967, bezogen wird oder für das nur deshalb keine Familienbeihilfe bezogen wird, weil für dieses Kind eine gleichartige ausländische Beihilfe bezogen wird. Als Kinder gelten:
1. eheliche Kinder,
2. legitimierte Kinder,
3. Wahlkinder,
4. uneheliche Kinder,
5. sonstige Kinder, wenn sie dem Haushalt der Beamtin oder des Beamten angehören und diese oder dieser überwiegend für die Kosten des Unterhaltes aufkommt.
(2) Für ein Kind, das seit dem Zeitpunkt, in dem der Anspruch auf den Kinderzuschuss nach Abs. 1 wegfällt, infolge Krankheit oder Behinderung erwerbsunfähig ist, gebührt der Kinderzuschuss, wenn weder das Kind noch dessen Ehegattin oder Ehegatte oder eingetragene Partnerin oder eingetragener Partner über eigene Einkünfte gemäß § 2 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400, verfügt, die den Betrag nach § 5 Abs. 2 erster Satz des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, monatlich übersteigen.
(3) Für ein und dasselbe Kind gebührt der Kinderzuschuss nur einmal. Hätten mehrere Personen für ein und dasselbe Kind Anspruch auf diesen Zuschuss oder eine ähnliche Leistung aus einem Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft, gebührt der Kinderzuschuss nur der Person, deren Haushalt das Kind angehört. Hiebei geht der früher entstandene Anspruch dem später entstandenen vor. Bei gleichzeitigem Entstehen der Ansprüche geht der Anspruch der älteren Person vor.
(4) Dem Haushalt der Beamtin oder des Beamten gehört ein Kind an, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung unter der Leitung der Beamtin oder des Beamten die Wohnung teilt oder aus Gründen der Erziehung, der Ausbildung, einer Krankheit oder einer Behinderung woanders untergebracht ist. Durch die Leistung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes wird die Haushaltszugehörigkeit nicht berührt.
(5) Die Beamtin oder der Beamte ist verpflichtet, alle Tatsachen, die für den Anfall, die Änderung oder die Einstellung des Kinderzuschusses von Bedeutung sind, binnen einem Monat nach dem Eintritt der Tatsache, wenn sie oder er aber nachweist, dass erst später von dieser Tatsache Kenntnis erlangt wurde, binnen einem Monat nach Kenntnis, der Dienstbehörde zu melden.
(6) Bei rechtzeitiger Meldung nach Abs. 5 gebührt der Kinderzuschuss ab dem Monat, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch entstehen. Bei verspäteter Meldung gebührt der Anspruch erst mit dem der Meldung nächstfolgenden Monatsersten oder, wenn die Meldung an einem Monatsersten erstattet wurde, mit diesem Tag.
(7) Auf die Dauer des gänzlichen Entfalls des Monatsbezuges entfällt auch der Kinderzuschuss."
Für den gegenständlichen Fall bedeutet das:
Gemäß § 17 Abs. 1 letzter Satz PG 1965 hat ein Stiefkind nur dann Anspruch auf Waisenversorgungsgenuss, wenn es am Sterbetag des Beamten bei der Bemessung des Kinderzuschusses oder der früheren Kinderzulage zu berücksichtigen gewesen ist. Schon nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes ist Voraussetzung für einen Anspruch auf Waisenversorgungsgenuss, dass am Sterbetag ein Anspruch auf Kinderzuschuss für dieses Kind bestand. Nur dann wäre dieses Kind bei der Bemessung des Kinderzuschusses nämlich zu berücksichtigen gewesen.
Die Bestimmung des § 17 Abs. 1 letzter Satz PG 1965 ist nach ihrem Wortlaut eindeutig dahin auszulegen, dass ein Anspruch auf Waisenversorgungsgenuss eines Stiefkindes nur dann besteht, wenn der Beamte für dieses Kind Anspruch auf Kinderzuschuss hatte. Wahlkinder wurden den ehelichen Kindern mittlerweile (seit der 8. PG-Novelle, BGBl. Nr. 426/1985) gleichgestellt wurden. Dass Stiefkinder nicht schlechter gestellt sein dürften, als eheliche oder andere Kinder ist jedenfalls aus den Gesetzesmaterialien nicht abzuleiten.
Gemäß § 4 Abs. 5 GehG ist der Beamte verpflichtet, alle Tatsachen, die für den Anfall, die Änderung oder die Einstellung des Kinderzuschusses von Bedeutung sind, binnen einem Monat nach Eintritt der Tatsache bzw. der Kenntnis hiervon seiner Dienstbehörde zu melden. Hat der Beamte die Meldung rechtzeitig erstattet, so gebührt der Kinderzuschuss gemäß § 4 Abs. 6 GehG schon ab dem Monat, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch eintreten, bei nicht rechtzeitiger Meldung erst von dem der Meldung nächstfolgenden Monatsersten an. Schon nach dem Wortlaut dieser Bestimmungen ist daher der Anspruch auf Kinderzuschuss (auch) von der Meldung des Beamten abhängig, vor Erstattung der Meldung gebührt für das betroffene Kind kein Kinderzuschuss.
Der Anspruch auf Waisenversorgungsgenuss besteht sohin lediglich dann, wenn der Beamte einen Anspruch auf Kinderzuschuss hatte. Dafür ist aber wiederum - wie bereits oben ausgeführt - Voraussetzung, dass eine Meldung erfolgte (vgl. VwGH vom 26.04.2006, Zl. 2005/12/0251).
Den oben getroffenen Feststellungen folgend hat Ing. XXXX ab dem 01.10.1968 für den Beschwerdeführer weder eine Erhöhung der Haushaltszulage noch eine Kinderzulage bzw. einen Kinderzuschuss geltend gemacht und auch zu keinem Zeitpunkt ausbezahlt erhalten.
Die belangte Behörde hat daher zu Recht festgestellt, dass der Beschwerdeführer nach seinem am 19.05.2017 verstorbenen Stiefvater, Herrn Ing. XXXX , keinen Anspruch auf Waisenversorgungsgenuss hat.
Hinsichtlich der in der Beschwerde vorgebrachten Verfassungswidrigkeit ist auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.04.2006, Zl. 2005/12/0251, zu verweisen, aus welcher ersichtlich ist, dass der Verfassungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde, in welcher gleichgelagerte verfassungsrechtliche Bedenken vorgebracht wurden, abgelehnt und an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat. Daher war den in der Beschwerde vorgebrachten Bedenken hinsichtlich Verfassungswidrigkeit der Erfolg versagt.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Kinderzuschuss, Stiefkinder, WaisenrenteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W228.2224075.1.00Zuletzt aktualisiert am
11.03.2020