TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/21 G307 2227474-1

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Veröffentlicht am 21.01.2020
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Entscheidungsdatum

21.01.2020

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3

Spruch

G307 2227474-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. am XXXX, StA.: Rumänien, vertreten durch Mag. Stefan ERRATH in 1030 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.12.2019, Zahl: XXXX zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Dauer des Aufenthaltsverbotes auf 3 Jahre herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer wurde am 29.11.2019 von einem Organ des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien (im Folgenden: BFA) zur in Aussicht genommenen Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und seinen persönlichen wie finanziellen Verhältnissen einvernommen.

2. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid vom 05.12.2019, dem BF persönlich zugestellt am selben Tag, wurde gegen diesen gemäß § 67 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.) und ihm gemäß § 70 Abs. 3 ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt (Spruchpunkt II.).

3. Mit Schreiben vom 19.12.2019, beim BFA eingebracht am 27.12.2019, erhob der BF durch die im Spruch genannte Rechtsvertretung (im Folgenden: RV) Beschwerde gegen den angeführten Bescheid. Darin wurde beantragt, gemäß § 24 VwGvG eine mündliche Verhandlung durchzuführen, gemäß Art 130 Abs. 4 B-VG und § 28 Abs. 2 VwGVG in der Sache selbst zu entscheiden und den bekämpften Bescheid zu beheben, in eventu den angefochtenen Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen.

4. Die Beschwerde und der dazugehörige Verwaltungsakt wurden vom BFA dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) am 07.01.2020 vorgelegt und langten dort am 14.01.2020 ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF führt die im Spruch angegebene Identität (Name und Geburtsdatum), ist rumänischer Staatsbürger, ledig, frei von Sorgepflichten und hält sich seit Februar 2018 durchgehend in Österreich auf. In Österreich halten sich keine Angehörigen des BF auf. Die Eltern des BF wohnen in Rumänien. Dort besuchte er 8 Jahre lang die Grundschule. Er begann im Herkunftsstaat eine Ausbildung zum Keramiker, schloss diese jedoch nicht ab und sicherte seinen Lebensunterhalt durch die Ausübung von Schwarz- in der Form von Saisonarbeit.

1.2. Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Er war vom 14.06.2017 bis 31.10.2017, 09.03.2018 bis 29.11.2018 vom 18.02.2019 bis 14.03.2019 (geringfügig) sowie vom 08.12.2018 bis 22.01.2019 (geringfügig) jeweils im Arbeiterdienstverhältnis in 5 Arbeitsverhältnissen bei 2 Arbeitgebern beschäftigt. Der BF ist gesund und arbeitsfähig.

1.3. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF über Deutschkenntnisse eines bestimmten Niveaus verfügt.

1.4. Der BF wurde vom Landesgericht für Strafsachen XXXX (im Folgenden: LG XXXX) zu XXXX, in Rechtskraft erwachsen am XXXX.2019 wegen fortgesetzter Gewaltausübung gemäß § 107b Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von insgesamt 12 Monaten verurteilt, wobei 8 Monate bedingt unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren verhängt wurden.

Dem BF wurde darin angelastet, er habe von Oktober 2018 bis XXXX.2019 in XXXX gegen seine (damalige) Lebensgefährtin (LG) längere Zeit hindurch fortgesetzt Gewalt ausgeübt, indem er sie regelmäßig in unterschiedlichen Zeitabständen von längstens zwei bis drei Wochen mit der flachen Hand geschlagen und an den Haaren gerissen, sie wiederholt mit dem Umbringen bedroht, ihr einmal im März oder April 2019 mit einem Stück eines Lattenrostes auf den Kopf geschlagen, sie einmal im April 2019 durch eine Glastüre geworfen, ihr am XXXX.2019 die Haare ausgerissen, Tritte am Körper versetzt und sie gegen die Wand geworfen habe, sodass sie zu Boden gestürzt sei, Faustschläge versetzt, sie mit einer Weinflasche auf den Kopf geschlagen und Schläge mit dem Besen versetzt habe, wodurch sie vielfache Prellungen im Bereich des Kopfes und der linken Han sowie zahlreiche Hämatome an den Gliedmaßen und Abschürfungen am rechten Unterarm erlitten habe und unter Vorhalt einer Glasscherbe mit dem Umbringen bedroht und solcher Art vorsätzliche, mit Strafe bedrohte Handlungen gegen Leib, Leben und Freiheit begangen habe.

Als mildernd wurden hiebei das reumütige Geständnis sowie der bisher ordentliche Lebenswandel, als erschwerend die Tatbegehung gegenüber einer Angehörigen (LG) gewertet.

Festgestellt wird, dass der BF das beschriebene Verhalten gesetzt und die geschilderten Taten begangen hat.

Der BF wurde am XXXX.2019 festgenommen und am XXXX.2019 aus der Haft entlassen.

1.5. Der BF bezieht derzeit kein Einkommen und besaß zum Stichtag 29.11.2019 rund € 2.100,00 an Bargeld.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zu Identität, fehlenden Obsorgepflichten, Beziehungsstand, Verbleib der Eltern in der Heimat, Schul- und Berufsausbildung, Sicherung des Lebensunterhalts in Rumänien, vorhandene Barmittel, und Aufenthalt im Bundesgebiet getroffen wurden, ergeben sich diese aus dem Inhalt der Einvernahme vor dem BFA wie den Ausführungen im Bescheid. Der behauptete Aufenthalt im Bundesgebiet ist auch mit der Meldung in Österreich seit dem 01.03.2018 in Einklang zu bringen.

Der BF legte zum Beweis seiner Identität einen auf seinen Namen lautenden rumänischen Personalausweis vor, an dessen Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel aufgekommen sind.

Die bisher ausgeübten Beschäftigungen sind dem Inhalt des auf den BF lautenden Sozialversicherungsdatenauszuges zu entnehmen.

Die Verurteilung des BF durch das LG XXXX ergibt sich aus der im Akt dahingehend einliegenden Urteilsausfertigung und deckt sich mit dem Amtswissen des erkennenden Gerichtes durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.

Zeitpunkt der Festnahme und Haftentlassung ergeben sich aus der Vollzugsdateninformation der Justizanstalt XXXX vom XXXX.2019 und dem Inhalt des auf den Namen des BF lauentenden Auszuges aus dem Zentralen Melderegister (ZMR).

Der BF gab vor dem BFA an, es gehe ihm gut. Ferner hat er im Jahr 2019 bereits gearbeitet und finden sich keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit. Es war daher festzustellten, dass der BF gesund und arbeitsfähig ist. Da er derzeit keine Erwerbstätigkeit ausübt, kann davon ausgegangen werden, dass er aktuell kein Einkommen bezieht.

Der BF legte keine Bescheinigung oder ein Sprachzertifikat vor, welche auf Deutschkenntnisse eines bestimmten Niveaus hingewiesen hätten.

Soweit in der Beschwerde vermeint wird, der BF sei seit mehreren Jahren in Österreich erwerbstätig, ist dem zu entgegnen, dass der BF vom 14.06.2017 bis 16.07.2019 zwar insgesamt auf rund 18 Monate an Beschäftigungszeiten kommt, seit dem 17.07.2019 jedoch nicht mehr erwerbstätig ist und daher nicht von einer mehrjährigen Erwerbstätigkeit sprechen kann.

Ferner geht das Vorbringen, der BF verfüge über eine ausgeprägte berufliche und soziale Integration, zu weit, vermeinte der BF in der Befragung vor der belangten Behörde, er habe Freunde in Österreich, ohne diese dort oder im Rechtsmittel näher zu benennen, sei von seiner Freundin getrennt und lebten seine Verwandten nicht in Österreich. Zudem kann der BF angesichts der aktuellen - rund 6monatigen - Beschäftigungslosigkeit nicht von einer ausgeprägten beruflichen ausgegangen werden.

Selbst wenn von der Ex-LG des BF Gewalthandlungen ausgegangen wären, rechtfertigt dies das BF-Verhalten nicht. Abgesehen davon hat der BF diese Behauptung in keinster Weise bescheinigt und findet sich im Strafregister der Republik Österreich keine Verurteilung der Ex-LG.

Die In-Aussichtstellung der Wahrnehmung einer Aggressionstherapie ersetzt deren tatsächliche Absolvierung nicht. Auch dahingehend hat der BF keinen Beweis vorgelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Der mit "Aufenthaltsverbot" betitelte § 67 FPG lautet:

"(1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist beginnt mit Eintritt der Durchsetzbarkeit zu laufen.

(5) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)"

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 Abs. 1a FPG nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

3.1.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens war die Beschwerde dem Grunde nach als unbegründet abzuweisen, dies aus folgenden Gründen:

Für den BF, der aufgrund seiner rumänischen Staatsangehörigkeit in den persönlichen Anwendungsbereich von § 67 FPG fällt, kommt der Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1., 1. Satz FPG für Unionsbürger zur Anwendung, weil er sich durchgehend seit weniger als 10 Jahren in Österreich aufgehalten hat.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist (vgl dazu etwa VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/0039).

Der BF wurde wegen fortgesetzter Gewaltausübung gegen seine damalige LG über 10 Monate hindurch zu einer ausschließlich 12monatigen Freiheitsstrafe verurteilt, wobei 4 Monate unbedingt ausgesprochen wurden. Dies zeigt, zeigen, dass das persönliche Verhalten des BF eine tatsächliche und gegenwärtige Gefahr darstellt, zumal die letzten Straftaten noch nicht lange zurückliegen und somit der seither verstrichene Zeitraum als zu kurz anzusehen ist, um gänzlich von einem Wegfall der Gefährdung zu sprechen, insbesondere weil der BF erst Ende November 2019 aus der Haft entlassen wurde.

Auch die Art der Begehung und die Schwere der vom BF begangenen Straftaten, insbesondere die mehrmonatige fortgesetzte Gewaltausübung gegen seine LG, zeugen unzweifelhaft von einer hohen Aggressivität und Gewaltbereitschaft des BF. Dies hat er insofern eingestanden, als er die Teilnahme an einer Aggressionstherapie in Aussicht gestellt hat. Der lange Zeitraum des bisherigen strafrechtswidrigen Verhaltens weist wiederum auf eine hohe kriminelle Energie des BF hin.

Der vom BF bekundete Reue kommt schon deshalb keine entscheidende Bedeutung zu, zumal der Gesinnungswandel eines Straftäters grundsätzlich daran zu messen ist, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233). Die in Haft verbrachte Zeit hat bei der Berechnung des Zeitraumes eines behaupteten Wohlverhaltens außer Betracht zu bleiben (VwGH 21.01.2010, Zl. 2009/18/0485).

All die aufgezeigten Umstände weisen insgesamt auf ein schwerwiegendes persönliches Fehlverhalten des BF hin, was unzweifelhaft eine Erheblichkeit der Gefahr annehmen lässt.

Das öffentliche Interesse an der Verhinderung von strafbaren Handlungen, insbesondere von Gewaltkriminalität, ist als sehr groß zu bewerten (vgl. VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0474).

Bei einer Gesamtbetrachtung aller aufgezeigten Umstände, des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes und in Ansehung der auf Grund des persönlichen Fehlverhaltens getroffenen Gefährdungsprognose kann eine Gefährdung von öffentlichen Interessen, insbesondere an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, als gegeben angenommen werden (vgl. VwGH 19.05.2004, Zl. 2001/18/0074).

Zu beachten ist ferner, dass der BF derzeit in keiner Beziehung lebt, sich erst seit rund knapp 2 Jahren im Bundesgebiet aufhält und derzeit keine Beschäftigung ausübt. Auch hat er den Bestand eines engen sozialen Umfeld nicht dargetan.

Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zeigt sich somit vorliegend als verhältnismäßig.

Was die Frage der Gegenwärtigkeit der Gefahr im Sinne des § 67 FPG, welche kumulativ mit der Erheblichkeit und der Tatsächlichkeit vorliegen muss betrifft, so ist dazu zu sagen, dass der BF erst am XXXX.2019 verurteilt wurde. Dem entsprechend ist die vom Handeln des BF ausgegangene Gefahr unter Berücksichtigung des langen Tatzeitraums sowohl als erheblich als auch als tatsächlich zu betrachten, zumal er noch keinen Beweis vorgelegt hat, sein aggressives Verhalten aktiv bekämpfen zu wollen.

Ferner erweist sich die bis dato seit der Verurteilung verstrichene als zu kurz, um eine Gegenwärtigkeit der Gefahr im Sinne des § 67 FPG ausschließen zu können.

Ferner konnte im Lichte der im Sinne des § 9 BFA-VG gebotenen Abwägung vor allem privaten mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen des BF nicht zu einer Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes führen. Dass der BF - egal ob berufsbedingt oder aus sonstigen Gründen - einen gewissen Freundschaftskreis im Bundesgebiet aufgebaut hat, liegt auf der Hand. Er hat jedoch im Bundesgebiet weder familiäre Bindungen, noch machte er weiteren engen Bezüge ins Bundesgebiet geltend, welche zu einer anderweitigen Beurteilung im Lichte des Art 8 EMRK geführt hätten.

Nach dem besagten und in seiner Gesamtheit zu missbilligenden Fehlverhalten des BF ist davon auszugehen, dass das gegen ihn erlassene Aufenthaltsverbot gemäß § 9 BFA-VG zulässig ist, ist es doch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten.

Die öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes sind demnach höher zu gewichten als die gegenläufigen, privaten Interessen des BF. Unter diesen Umständen ist die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 9 BFA-VG als zulässig zu werten (vgl etwa VwGH 20.08.2013, 2013/22/0097).

3.2. Die Dauer des Aufenthaltsverbotes erscheint jedoch nicht angemessen. So darf nicht verkannt werden, dass der BF erstmalig straffällig wurde, 3/4 der Freiheitsstrafe in bedingter Form ausgesprochen wurde und er immer wieder beschäftigt war. Unter diesem Blickwinkel wäre die Erlassung eines 5jährigen Aufenthaltsverbotes überschießend. Dieses war daher angemessen herabzusetzen und auf 3 Jahre zu reduzieren. Eine noch geringere Dauer führte dem BF sein Fehlverhalten aber nicht vor Augen, weshalb eine weiter Reduktion der Dauer nicht angezeigt war.

3.4. Zu Spruchpunkt II. des bekämpften Bescheides

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Gegenständlich war die Einräumung einer einmonatigen Ausreisefrist seitens des BFA nicht zu beanstanden.

3.5. Entfall der mündlichen Verhandlung

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Für eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. So ist die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht hinreichend nachgekommen. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes konnte im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, weil der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde samt Ergänzung geklärt war. Was das Vorbringen des BF in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser kein neues bzw. kein ausreichend konkretes Tatsachenvorbringen, welches die Durchführung einer mündlichen Verhandlung notwendig gemacht hätte.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot, Herabsetzung, Interessenabwägung,
Milderungsgründe, öffentliche Interessen, Zukunftsprognose

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G307.2227474.1.00

Zuletzt aktualisiert am

11.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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