TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/23 W140 2227639-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.01.2020
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Entscheidungsdatum

23.01.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W140 2227639-1/24E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. HÖLLER als

Einzelrichterin im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl: XXXX über die weitere Anhaltung von XXXX , geb. XXXX alias XXXX alias

XXXX , geb. XXXX , StA. Marokko, in Schubhaft zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG idgF wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

II. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA), Zl. XXXX Regionaldirektion Tirol, wurde über den Beschwerdeführer (BF) gemäß § 76 Absatz 2 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung für den Fall der Entlassung aus der Gerichtshaft angeordnet. Das BFA führte u. a. Folgendes aus:

"A) Verfahrensgang

Der Zeitpunkt Ihrer erstmaligen Einreise in das Bundesgebiet der Republik Österreich steht nicht fest.

Am 11.05.2012 stellten Sie einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, wobei Sie Angaben den Name XXXX zu führen und am XXXX in Marokko geboren zu sein. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.05.2012, unter Zahl XXXX , wurde Ihr Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, sowie gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Ihren Herkunftsstaat Marokko, abgewiesen. Mit selbiger Entscheidung wurden Sie gem. § 10 AsylG aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich ausgewiesen.

Der genannte Bescheid erwuchs mit 13.06.2012 in Rechtskraft.

Da Sie weder über ein identitätsbezeugendes Dokument, noch über ein Reisedokument verfügen, wurde am 31.05.2016 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bei der marokkanischen Botschaft in Österreich ein Antrag auf Identifizierung und Ausstellung eines Heimreisezertifikates gestellt.

Am 23.10.2016 wurde über Sie die Untersuchungshaft verhängt und wurden Sie in die Justizanstalt XXXX eingeliefert.

Mit Schreiben der österreichischen Botschaft in Marokko vom 12.01.2017 wurden Sie unter dem Namen XXXX , geboren am XXXX , StA:

Marokko identifiziert und wurde die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für Sie zugesagt.

Am 17.01.2017 wurden Sie von einem zur Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zur beabsichtigten aufenthaltsbeendenden Maßnahme, sowie zur beabsichtigten Sicherungsmaßnahme einvernommen. Diese Einvernahme gestaltete sich wie folgt:

"...

F: Besitzen Sie ein Mobiltelefon bzw. haben Sie eine Telefonnummer, unter welcher Sie erreicht werden können?

A: Nein habe ich nicht.

(...)

F: Wie ist die Verständigung mit dem Dolmetscher, haben Sie Einwände gegen die Person des Dolmetschers?

A: Ich verstehe den Dolmetscher sehr gut und habe gegen diesen nichts einzuwenden.

F: Welche Sprachen sprechen Sie? Sprechen Sie noch weitere Sprachen?

A: Ich spreche ein wenig Deutsch. Meine Muttersprache ist arabisch. Ich spreche auch ein wenig italienisch.

F: Fühlen Sie sich physisch und psychisch in der Lage der Einvernahme zu folgen?

A: In der Haft ist ese nicht so gut. Ich kann aber der Einvernahme Folge leisten.

(...)

F: Wie heißen Sie?

A: XXXX , Geboren am XXXX , StA: Marokko.

F: Wie lautet Ihre CIN Nummer?

A: Meine CIN Nummer lautet: XXXX

F: Wann haben Sie Marokko verlassen?

A: Das war im Jahre 2012. Ich bin von Marokko direkt nach Österreich. Nachgefragt gebe ich an, dass ich direkt nach Innsbruck gekommen bin. Ich bin durch Spanien, Frankreich und Italien nach Österreich eingreist.

F: Waren Sie zum Zeitpunkt Ihrer Reise im Besitz eines Reisedokumentes?

A: Nein ich bin ohne Dokumente aus Marokko ausgereist.

F: Warum haben Sie keine Dokumente mitgeführt?

A: Ich war noch sehr jung und habe keine Dokumente ausgestellt bekommen.

F: Verfügen Sie über Barmittel, wie könnten Sie allenfalls Ihren Lebensunterhalt im Bundesgebiet der Republik Österreich bestreiten?

A: Nein ich habe kein Geld. Ich habe schwarz als Maler gearbeitet und habe dort ausgeholfen. Nachgefragt gebe ich an, dass ich bei Privatpersonen ausgeholfen habe.

F: Wie oft haben Sie schwarz gearbeitet?

A: In einem Monat ca 2-3 Mal und manchmal habe ich auch Essen von der Moschee erhalten.

F: Wieviel haben Sie im Monat damit verdient?

A: Ca 20 € am Tag. In einer Woche habe ich dann 7 Tage gearbeitet und dann wieder den ganzen Monat nicht.

F: Wieviel Geld hatten Sie im Monat zur Verfügung?

A: Das kann ich nicht genau sagen, da das unregelmäßig war.

F: Konnten Sie mit 150€ ca im Monat Ihren Lebensunterhalt bestreiten?

A: Es war zu wenig, aber ich habe in der Moschee Essen bekommen.

F: Verfügen Sie über einen Wohnsitz in Österreich, sind Sie hier bzw. waren Sie jemals aufrecht gemeldet oder wohnhaft?

A: Ich bin in der Kapuzinergasse bei einer Postkastenadresse gemeldet. Aber jetzt nicht mehr.

F: Seit wann sind Sie dort nicht mehr gemeldet?

A: Seit ca. 4 Monaten.

F: Warum sind Sie dort nicht mehr gemeldet?

A: Ich wollte mich dort nochmal melden, bin aber einfach nicht gegangen. Danach war ich im Gefängnis.

F: Wo haben Sie gewohnt/geschlafen?

A: Manchmal im zug beim Westbahnhof und manchmal unter der Autobahn Richtung Brenner Autobahn. Das ist wie eine Brücke und dort unten haben wir ein Zelt.

F: Wer sind wir?

A: Dort sind auch viele andere Marokkaner. Ca 20 Personen.

F: Haben Sie die Möglichkeit, in Österreich irgendwo Unterkunft zu nehmen und wenn ja wo und bei wem?

A: Nein hatte ich nicht. Nach dem Gefängnis werde ich mir eine Unterkunft suchen. Vor dem Gefängnis habe ich ein Mädchen kennengelernt. Jetzt habe ich aber keinen Kontakt mehr mit ihr. Wenn ich aus dem Gefängnis komme, dann bekomme ich von hier ein wenig Geld.

Warum Sozial nix geben Geld, nix geben Hause?(Anmerkung: Aussage des Fremden in deutscher Sprache)

F: Sind Sie in Österreich jemals einer legalen Beschäftigung (Bewilligung) nachgegangen und wenn ja, welcher?

A: Nein bin ich nicht. Ich hatte keine Möglichkeit lange zu arbeiten, da ich keine Dokumente mit habe.

F: Warum haben Sie sich nie Dokumente besorgt?

A: In Marokko war ich noch zu jung und hier habe ich keine Möglichkeit Dokumente zu bekommen. Nachgefragt gebee ich an, dass ich nie die Idee gehabt habe zur Botschaft zu gehen und mir dort Dokumente zu besorgen. Ich blieb lieber illegal in Österreich. Ich habe einen Asylantrag gestellt und nach 2 Monaten wurde ich festgenommen und mir mitgeteilt, dass mein Asylverfahren in Österreich abgeschlossen wurde.

F: Wie wurde Ihr Asylverfahren entscheiden?

A: Mein Asylverfahren ist negativ. Das wurde mir während meiner Haft in Linz mitgeteilt. Die Polizei hat mir gesagt, dass ich etwas unterschreiben muss, dass mein Asylverfahren beendet ist.

F: Wann war das?

A: Das war im April 2012.

V: Sie halten sich also seit April 2012 bewusst illegal in Österreich auf.

F: Warum haben Sie Österreich nie verlassen?

A: Wo hätte ich denn hingehen sollen? Ich wusste, dass ich illegal bin, wusste allerdings nicht wohin ich gehen soll.

F: Waren Sie jemals in ein Gerichtsverfahren in Ihrem Herkunftsstaat, in Österreich oder im EU Ausland involviert?

A: Nein ich war nie in Marokko in einem Gerichtsverfahren involviert. Nur in Österreich. Auch nicht in Italien.

F: Haben Sie Verwandte, Bekannte oder sonstige soziale Anknüpfungspunkte in Österreich und wenn ja welche?

A: Nein, ich habe hier niemanden. Ich habe Verwandte in Deutschland, habe allerdings keinen Kontakt mit diesen.

F: Haben Sie hier in Österreich oder sonst irgendwo einen Deutschkurs oder andere berufsbildende Kurse absolviert, können Sie dahingehende Nachweise vorlegen?

A: Nein, weder noch.

F: Wovon lebten Sie in Marokko?

A: Ich hatte auch in XXXX öfters ausgeholfen.

F: Wie lautet Ihre Heimatadresse?

A: XXXX , XXXX , Hausnummer XXXX .

F: Haben Sie noch weitere Angehörige im Herkunftsstaat?

A: Ja meine Eltern, meine Schwester, meine 6 Brüder leben alle in Marokko.

V: Sie reisten an einem von der Behörde nicht näher bekannten Zeitpunkt in das Bundesgebiet der Republik Österreich ein. Sie stellten am 11.05.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes negativ beschieden wurde. Mit selbigem Bescheid wurden Sie gem. § 10 AsylG iddgF. aus dem Bundesgebiet ausgewiesen. Der genannte Bescheid erwuchs mit 13.06.2012 in Rechtskraft. Seit diesem Zeitpunkt halten Sie sich illegal in Österreich auf. Vom 07.09.2012 bis zum 05.11.2012 befanden Sie sich in Schubhaft im PAZ Leoben. Da Ihre Identität nicht festgestellt und kein Ersatzreisedokument für Sie erwirkt werden konnte wurden Sie wieder aus der Schubhaft entlassen.

F: Wo haben Sie sich seit Entlassung aus der Schubhaft aufgehalten?

A: Ich war in Österreich. Ich war 2-3 Mal in Wien.

V: Am 17.05.2016 wurde Ihnen von der ho. Behörde ein Parteiengehör zur beabsichtigten aufenthaltsbeendenden Maßnahme zugestellt. Ihnen wurde eine Frist von 2 Wochen zur Übermittlung einer Stellungnahme gesetzt. Am 31.05.2016 wurde das Verfahren aufgrund Ihres unbekannten Aufenthaltes eingestellt. Sie waren zum damaligen Zeitpunk tnciht im zentralen Melderegister der Republik Österreich gemeldet. Am 21.07.2016 wurden Sie von Beamten der PI Saggen aufgegriffen und wurde Ihnen neuerlich ein Parteiengehör gewährt. Sie unterließen es Stellung zu beziehen und akzeptierten offensichtlich das Vorgehen der Behörde. Sie wurden am 29.08.2016 vom Landesgericht XXXX , zu Zahl XXXX , wegen des Vergehns des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt gem. §§ 15, 269 Abs. 1, 1. Fall StGB, des Vergehens der versuchten schweren Körperverletzung nach §§ 15, 84 Abs. 2 StGB, des Vergehens des versuchten Diebstahls gem. §§ 15, 127 StGB, des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z. 1 1., 2., 7. Und 8. Fall SMG und des Vergehens der Beweismittelunterdrückung nach § 295 StGB, zu einer Freiheitsstrafe in der Höhe von 6 Monaten und einer Geldstrafe in der Höhe von 180 Tagessätzen rk. verurteilt.

Derzeit befinden Sie sich in Untersuchungshaft in der Justizanstalt XXXX wegen dem Verdacht des Verbrechens der versuchten absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 15 StGB iVm. § 87 StGB.

(...)

A: Wenn ich vom Gefängnis entlassen werde, werde ich zu meinem Onkel nach Deutschland reisen.

V: Auch in Deutschland wären Sie illegal aufhältig. Sie haben auch nicht die notwendigen Dokumente. Das heißt Sie würden neuerlich die europäischen Einreise-und Grenzbestimmungen missachten.

A: Ich will, dass mein Onkel mir dort hilft mir ein Dokument zu besorgen.

(...)

A:Nach der Entlasssung werde ich versuchen, mir Dokumente zu besorgen und vielleicht danach einen Asylantrag stellen. Ich habe das Recht 3 Mal einen Asylantrag zu stellen.

Anmerkung,: Dem Fremden wird seine rechtliche Position neuerlich erklärt.

Ich werde nach der Entlassung so oder so nicht hier bleiben. Ich werde nach Italien, Deutschland oder Schweden reisen.(...)

(...)

Mit Urteil des Landesgerichts XXXX , zu Zahl XXXX , vom 03.02.2017, wurden Sie wegen des Vergehens der Sachbeschädigung gemäß § 125 StGB, des Vergehens des versuchten Diebstahls gemäß § 15 iVm. § 127 StGB, des Vergehens der versuchten Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 15 iVm. § 241e Abs. 3 StGB, des Verbrechens der versuchten absichtlichen Körperverletzung nach § 15 iVm. 87 Abs. 1 StGB und des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Höhe von 3 Jahren und 10 Monaten rechtskräftig verurteilt.

(...)

C) Feststellungen

Der Entscheidung liegen folgende Feststellungen zugrunde:

Zu Ihrer Person:

Fest steht, dass Sie Fremder im Sinne des § 2 FPG sind, da Sie die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzen.

Ihre Person steht fest. Sie wurden von der marokkanischen Botschaft unter dem Namen XXXX , geboren am XXXX in Marokko identifiziert. Fest steht, dass Sie zur Verschleierung Ihrer Identität und Vereitelung Ihrer Abschiebung angeben XXXX zu heißen und am XXXX in Marokko geboren zu sein.

Fest steht, dass Sie volljährig, gesund und ledig sind.

Fest steht, dass Sie derzeit nicht sozialversichert sind.

Fest steht, dass Sie im Bundesgebiet keiner legalen Beschäftigung nachgehen. Sie haben kein Einkommen und auch kein Vermögen. Sie sind derzeit in der Justizanstalt Garsten gemeldet, eine andere aufrechte, angemeldete Wohnadresse haben Sie nicht.

(...)

Zu Ihrem bisherigen Verhalten:

Fest steht, dass Sie illegal in das Bundesgebiet der Republik Österreich einreisten.

Fest steht, dass Sie mittellos und von der Unterstützung Dritter (Staat, Hilfsorganisationen, etc.) abhängig sind.

Sie sind in Österreich nie einer legalen Tätigkeit nachgegangen.

Ihr Wohn- bzw. Aufenthaltsort konnte nicht festgestellt werden. Ihre diesbezüglichen Angaben waren sehr vage und oberflächlich.

Fest steht, Sie reisten unter bewusster Missachtung der Einreise- und Grenzbestimmungen nach Österreich ein.

Fest steht, Sie besitzen kein gültiges Reisedokument. Sie können Österreich aus eigenem Entschluss nicht legal verlassen.

Fest steht, dass Sie in keinster Weise integriert sind.

Sie tauchten in Österreich unter, indem Sie der erkennenden Behörde weder eine Adresse noch einen Aufenthaltsort bekanntgaben und mehrmals illegal aus Österreich ausreisten. Weiters gaben Sie während ihrer Einvernahme an, im Falle Ihrer Freilassung sich den österreichischen Behörden zu entziehen und illegal in ein anderes Land der Europäischen Union weiterreisen wollen. Somit würden Sie, neuerlich die europäischen Einreise- und Grenzbestimmungen missachten und illegal reisen.

Obwohl eine gesetzliche Verpflichtung hiezu bestand, verweigerten Sie die Ausreise in Ihren Herkunftsstaat. Stattdessen verblieben Sie illegal im Bundesgebiet der Republik Österreich und begangen weiterhin Straftaten.

Sie haben keinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich und hielten sich bislang unangemeldet unter Verletzung des Meldegesetzes in Österreich auf. Sie waren lediglich während Ihrer Haftzeiten in der Justizanstalt mit Hauptwohnsitz gemeldet.

Zu Ihrem Privat- und Familienleben:

Sie sind in Österreich weder beruflich noch sozial verankert.

Fest steht, dass Sie über kein schützenswertes Privat- und Familienleben verfügen.

(...)

E) Rechtliche Beurteilung

(...)

Entsprechend ihres bisherigen Verhaltens begründen folgende Kriterien in Ihrem Fall eine Fluchtgefahr:

In Ihrem Fall sind die Tatbestände der Ziffern 1, 3, 5 und 9 erfüllt.

Sie haben durch die Verschleierung Ihrer Identität, Ihrer Nichtmitwirkung an der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, sowie aufgrund Ihrer fehlenden Bekanntgabe einer Adresse nicht nur die Abschiebung behindert, sondern versuchten diese eindeutig zu umgehen. In Ermangelung Ihrer Ausreisebereitschaft und Achtung der österreichischen Gesetze beharrten Sie trotz rechtskräftiger Ausreiseentscheidung bewusst illegal im Bundesgebiet der Republik Österreich und tauchten unter. Sie unterließen es der erkennenden Behörde eine Abgabestelle bzw. Adresse zu nennen und waren somit nicht erreichbar.

Wie oben bereits ausführlich dargelegt haben Sie keinerlei Bestehen von familiären bzw. privaten Beziehungen in Österreich und ist der Grad Ihrer sozialen Verankerung daher sehr gering. Sie gehen in Österreich keiner legalen Beschäftigung nach und können nicht die ausreichenden Existenzmittel zur Bestreitung Ihres Lebensunterhaltes nachweisen.

Sie sind nicht im Besitze eines gültigen Reisedokumentes oder Aufenthaltstitels. Sie sind auch nicht in der Lage, Ihre Einreise nachzuweisen und auch nicht in der Lage, Österreich selbständig legal zu verlassen.

Sie zogen es vor, in Österreich zu verbleiben und tauchten unter.

Sie sind nicht polizeilich gemeldet und sind den österreichischen Behörden durch Ihre strafrechtlichen Delikte und den entsprechenden polizeilichen Erhebungen bekannt geworden.

Sie leben als "U-Boot" ohne Dokumente und Bargeld, ohne Aussicht auf Arbeit und ohne umfangreiche Kenntnisse der deutschen Sprache in der Illegalität in Österreich.

Die Gesamtheit Ihrer Handlungsweise, ebenso wie auch Ihr Verhalten im Asylverfahren lassen in schlüssiger Form Ihre offensichtliche, nachhaltige und kategorische Abneigung gegenüber der österreichischen Rechtsordnung erkennen. Sie missachten die europäischen Einreise- und Grenzbestimmungen, weshalb die erkennende Behörde eindeutig davon ausgeht, dass Sie sich auch hinsichtlich einem ordnungsgemäßen Überstellungsverfahrens entziehen werden, zumal Sie sich hinsichtlich Ihrem bisherigen Verhaltens mehrmals durch Untertauchens und Verschleierung Ihrer Identität einer Abschiebung Ihrer Person entzogen haben.

Es muss somit in Ihrem Fall nicht nur aufgrund Ihres persönlichen Verhaltens, sondern auch aufgrund Ihrer mangelnden Bereitschaft zur Mitwirkung, sowie aufgrund Ihres unsteten Aufenthaltes und fehlenden integrativen Bindungen zu Österreich von einer erheblichen Fluchtgefahr ausgegangen werden.

Mit Schreiben des BMI wurden Sie von der marokkanischen Botschaft identifiziert und wurde die Ausstellung eines Heimreiszertifikates zugesagt, sodass zum gegenwärtigen Zeitpunkt das Ziel der Schubhaft, nämlich die Sicherung Ihrer Abschiebung jedenfalls binnen der Schubhafthöchstdauer erreicht werden kann und Ihre Anhaltung in Schubhaft verhältnismäßig ist.

Daher ist die Entscheidung auch verhältnismäßig.

Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung ist erforderlich, da Sie sich aufgrund Ihres oben geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen haben. Es ist davon auszugehen, dass Sie auch hinkünftig nicht gewillt sein werden, die Rechtsvorschriften einzuhalten.

Aus Ihrer Wohn- und Familiensituation, aus Ihrer fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens kann geschlossen werden, dass bezüglich Ihrer Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliegt.

Bei der Prüfung der Fluchtgefahr ist auch ein massives strafrechtliches Verhalten des Fremden in Bezug auf Gewalt- und Vermögensdelikte in Verbindung mit der wegen seiner Mittellosigkeit naheliegenden Wiederholungsgefahr einzubeziehen (VwGH 25.03.2010, 2009/21/0276). Der VwGH hat auch ausgesprochen, dass eine erhebliche Deliquenz des Fremden das Gewicht des öffentlichen Interesses an der Effektivität einer baldigen Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 25.03.2010, 2009/21/0276).

Einem geordneten Fremdenwesen kommt im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und dem wirtschaftlichen Wohl des Staates ein hoher Stellenwert zu. Es besteht die Verpflichtung Österreichs, seinen europarechtlichen Vorgaben, als auch den Pflichten gegenüber seinen Staatsbürgern und anderen legal aufhältigen Personen nachzukommen.

Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit ergibt daher in Ihrem Fall, dass Ihr privates Interesse an der Schonung Ihrer persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen hat.

Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Schubhaft eine ultima - ratio - Maßnahme darstellt. Es ist daher zu prüfen, ob die Anordnung gelinderer Mittel gleichermaßen zur Zweckerreichung dienlich wäre. In Betracht käme dabei das gelindere Mittel gem. § 77 FPG mit den dafür vorgesehenen Aufenthalts- und Meldepflichten bzw. der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit. Dabei kommt die finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund Ihrer finanziellen Situation schon von vornherein nicht in Betracht.

Doch auch was die Unterkunftsnahme in bestimmten Räumlichkeiten und die periodische Meldeverpflichtung betrifft, kann in Ihrem Fall damit nicht das Auslangen gefunden werden.

Wie oben ausführlich dargelegt, besteht in Ihrem Fall aufgrund Ihrer persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Damit wäre jedoch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung, vereitelt. Es liegt somit eine ultima - ratio - Situation vor, die die Anordnung der Schubhaftverhängung unabdingbar erfordert und eine Verfahrensführung, während derer Sie sich in Freiheit befinden, ausschließt.

Wie oben ausführlich dargelegt, besteht in Ihrem Fall aufgrund Ihrer persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Damit wäre jedoch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung, vereitelt. Es liegt somit eine ultima - ratio - Situation vor, die die Anordnung der Schubhaftverhängung unabdingbar erfordert und eine Verfahrensführung, während derer Sie sich in Freiheit befinden, ausschließt.

(...)

Die Behörde gelangt daher zum Ergebnis, dass sowohl die gesetzlichen Formalerfordernisse vorliegen, als auch, dass die Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis steht und im Interesse des öffentlichen Wohls dringend erforderlich und geboten ist."

Mit Bescheid des BFA vom 08.07.2019, Zl. 592740308/161018425, wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Absatz 2 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I. Nr. 87/2012, wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 1 Ziffer 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.). Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Marokko gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Weiters wurde gegen ihn gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 1 FPG ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.) Gemäß § 55 Absatz 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt. (Spruchpunkt V.) Gemäß § 18 Absatz 2 Ziffer 1 BFA-VG wurde einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt. (Spruchpunkt VI.) Das BFA stellte fest, dass es sich beim Herkunftsstaat des Beschwerdeführers gemäß dem aktuellen Länderinformationsblatt zu Marokko und nach § 1 Z 9 Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV) um einen sicheren Herkunftsstaat handelt. Gegen diesen Bescheid erhob der BF durch seine Vertretung am 02.08.2019 vollinhaltlich Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.08.2019 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Die Verwaltungsbehörde übermittelte am 20.01.2020 zum Zwecke der Überprüfung der Schubhaft im Sinne des § 22a Abs. 4 BFA-VG die Verwaltungsakten womit "die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht gilt".

Mit E-Mail vom 20.01.2020 übermittelte das BFA folgende Stellungnahme:

"Gegenständlicher Verwaltungsakt wird gem. § 22a Abs. 4 BFA-VG zur amtswegigen Verhältnismäßigkeitsprüfung der Schubhaft nach Ablauf von 4 Monaten übermittelt. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erlaubt sich zur Begründung der Fortführung und Verhältnismäßigkeit der Schubhaft über eine Dauer von mehr als 4 Monaten folgende Stellungnahme abzugeben:

Der BF reiste zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt im Jahr 2012 unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid negativ entschieden wurde. Der Beschwerdeführer wurde gemäß § 10 AsylG iddgF aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen. Der genannte Bescheid erwuchs mit 13.06.2012 in Rechtskraft.

Da der Fremde weder über ein identitätsbezeugendes Dokument, noch über ein Reisedokument verfügt, wurde am 31.05.2016 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bei der marokkanischen Botschaft in Österreich ein Antrag auf Identifizierung und Ausstellung eines Heimreisezertifikates gestellt.

Mit Schreiben der österreichischen Botschaft in Marokko vom 12.01.2017 wurde der Fremde unter dem Namen XXXX , geboren am XXXX , StA: Marokko identifiziert und wurde die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für diesen zugesagt.

Mit Bescheid vom 25.04.2017, wurde über den Fremden die Schubhaft nach Entlassung aus der Strafhaft, gemäß § 76 Abs. 2 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet

Mit 25.09.2019 um 08:00 Uhr endete die Strafhaft und wurde der Fremde am 27.09.2019 ins PAZ XXXX überstellt.

Die periodische Schubhaftprüfungen gemäß § 80 Abs. 6 wurden ordnungsgemäß durchgeführt und seitens der ho. Behörde festgestellt, dass die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft vorliegt.

Der Fremde befand sich vom 16.11.-18.11.2019, vom 24.11.2019-26.11.2019 und vom 27.11.-28.11.2019 in Hungerstreik.

Der Fremde wurde im Zuge des Personsfeststellungsverfahrens des BMI bereits identifiziert. Seine Person steht somit fest. Ein HRZ-Verfahren mit Marokko wurde im Mai 2016 eingeleitet und stimmte Marokko der Ausstellung eines Heimreisezertifikates mit 10.02.2017 zu.

Seitens des Bundesamtes wurde ein Flug für den 01.11.2019 gebucht. Die erkennende Behörde möchte festhalten, dass Sich der Fremde in der Zwischenzeit niemals ein Reisedokument selbstständig besorgt hat. Da die Zustimmung bereits veraltet ist, besteht die Botschaft Marokko auf eine neuerliche Überprüfung. Die Behörde geht derzeit begrüdnet davon aus, dass seitens der Botschaft demnächst ein Heimreisezertifikat ausgestellt wird. Es darf ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass das HRZ zugesagt wurde. Es wird seit seiner In-Schubhaftnahme auch vermehrt und mit Nachdruck urgiert.

Dass mit einer Abschiebung tatsächlich gerechnet werden kann, bedeutet nicht, dass ihre Effektuierung schon als gewiss feststeht. Die Abschiebung muss sich aber nach Lage des Falles mit ausreichender Wahrscheinlichkeit als möglich darstellen (vgl. E 19. April 2012, 2009/21/0047). (Ra 2016/21/0369 vom 11.05.2017)

Aus Sicht der Behörde ist die weitere Verzögerung der Abschiebung ursächlich darauf zurückzuführen, dass Herr XXXX entgegen der Aufforderung der erkennenden Behörde nicht freiwillig ausgereist ist. Es darf darauf hingewiesen werden, dass es dem Beschwerdeführer jederzeit frei stand, auch aus der Schubhaft nach Marokko auszureisen.

Gemäß § 80 Abs. 4 Z. 1 FPG kann die Schubhaft gegen einen Fremden bis zu 18 Monate aufrecht erhalten werden, wenn dieser aufgrund der Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit nicht abgeschoben werden konnte oder durfte.

Die Dauer der bisherigen Anhaltung in Schubhaft, liegt somit im Verschulden des Fremden, zumal er über keine Identitätsdokumente verfügt, bisher an seiner Identitätsfeststellung nicht mitgewirkt hat und fortgesetzt den Aufforderungen welche der Identitätsfeststellung und Erlangung eines Heimreisezertifikates dienten nicht befolgt hat. Hätte sich dieser kooperativ gezeigt, wäre eine derart lange Dauer der Anhaltung niemals notwendig gewesen.

Der Fremde hat sich bisher durch Untertauchen den Verfahren entzogen und wurde in Österreich mehrfach straffällig. Der Fremde hat an der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes nicht mitgewirkt sowie aufgrund fehlender Bekanntgabe einer Adresse nicht nur die Abschiebung behindert, sondern versuchte dieser vollkommen zu entgehen. Insbesondere in Anbetracht des bisher gesetzten Verhaltens des Fremden in Österreich und der mangelnden Bereitschaft zur Mitwirkung, besteht weiterhin erhebliche Fluchtgefahr.

Sohin wäre die Erlangung eines Heimreisezertifikates derzeit jedenfalls in einem Zeitfenster der möglichen Maximalfristen der Aufrechterhaltung der Schubhaft und wird seitens der ho. Behörde einer alsbaldigen Finalisierung seitens der marokkanischen Behörden entgegengesehen.

Aufgrund der Bestimmungen des § 22a Abs. 4 BFA-VG wird gegenständlicher Bericht gemeinsam mit dem Verwaltungsakt vorgelegt. Die Darlegung warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwenig und verhältnismäßig ist, möge der oa. chronologischen Darstellung und den ergangenen Erkenntnissen durch das Bundesverwaltungsgericht entnommen werden. Weiters wird nochmals darauf hingewiesen, dass mit der praktischen Durchführung der aufenthaltsbeenden Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer tatsächlich zu rechnen ist."

Mit E-Mail vom 21.01.2020 übermittelte das BFA eine ergänzende Stellungnahme. Darin wird u. a. Folgendes ausgeführt: "Das Bundesamt erlaubt sich zur bisher eingebrachten Stellungnahme folgendes zu ergänzen: (...)

Am 12.02.2019 wurde das Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme wieder aufgenommen und dem Beschwerdeführer neuerlich Parteiengehör gewährt.

Mit Schriftsatz vom 04.03.2019 übermittelte der Beschwerdeführer eine handschriftliche Stellungnahme. Er habe seine Heimat 2012 verlassen zu haben und sei zunächst nach Österreich gereist. Er habe einen italienischen Aufenthaltstitel und seine Eltern würden in Italien leben. Weiters habe er eine Verlobte, die österreichische Staatsbürgerin sei. Dem Schreiben beigelegt waren Kopien eines italienischen Ausweises sowie eines italienischen Aufenthaltstitels (gültig bis zum 21.11.2013), lautend auf den Beschwerdeführer.

Mit Schreiben vom 05.07.2019 teilte das PKZ XXXX auf entsprechende Anfrage der belangten Behörde mit, dass der Beschwerdeführer keinen gültigen Aufenthaltstitel für Italien besitze. Das letzte "Permesso" sei im Jahr 2013 abgelaufen und es sei keine Erneuerung erfolgt. Zudem sei der Beschwerdeführer in Italien kriminalpolizeilich mehrfach wegen Diebstahls, Suchtmitteldelikten, Körperverletzung und Raub vorgemerkt und gegen ihn bestehe seit dem Jahr 2016 ein nationaler Haftbefehl wegen Raubes.(...)

Mit Bescheid vom 08.07.2019 wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 1 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF in Verbindung mit einem auf die Dauer von 10 Jahren befristeten Einreiseverbot erlassen. Eine Frist zur freiwilligen Ausreise wurde diesem gemäß § 55 Abs. 4 FPG nicht gewährt und wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG aberkannt. Der genannte Bescheid wurde nachweislich am 08.07.2019 in der Justizanstalt Hirtenberg zugestellt.

Gegen den Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesene Rechtsvertretung am 02.08.2019 vollinhaltlich Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.08.2019 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Dabei führte das Bundesverwaltungsgericht wie folgt aus:

"(...)

Angesichts des Umstandes, dass der Beschwerdeführer den bei weitem größten Teil seines Inlandsaufenthaltes entweder sich dem Zugriff der Behörden durch Untertauchen entzogen hat oder im Gefängnis verbrachte, sowie angesichts der Tatsache, dass sein Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet seit Rechtskraft der negativen Erledigung seines Antrages auf internationalen Schutz mit 13.06.2012 nicht rechtmäßig ist und der Beschwerdeführer zwischen 2013 und 2016 seinen Lebensmittelpunkt außerhalb Österreichs hatte, ist unter Berücksichtigung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers stark ausgeprägt, das Interesse an der Achtung des Privatlebens der Beschwerdeführer überaus schwach:

Hinweise, dass der Beschwerdeführer in Österreich einen maßgeblichen Grad an Integration erlangt hätte, der seinen persönlichen Interessen ein entscheidendes Gewicht verleihen würde, liegen nicht vor. Der Beschwerdeführer hat keinen Deutschkurs besucht, in Österreich an keinen Aus- oder Weiterbildungen teilgenommen, keine nachgewiesene legale Erwerbstätigkeit ausgeübt und aktuell keine engen Bezüge zu ÖsterreicherInnen. Er hat weder gemeinnützige Tätigkeiten ausgeübt, noch konnte er andere außergewöhnliche Umstände ins Treffen führen. Unterlagen, die für eine verfestigte Integration sprechen würden, wurden nicht vorgelegt. (...)

(...)

Im Fall des Beschwerdeführers, der keine nennenswerten Integrationsschritte in Österreich vorzuweisen hat, kommt hinzu, dass er mit den durch das LG XXXX am 29.08.2016 sowie am 20.02.2017 rechtskräftig festgestellten Übertretungen gegen das SMG und das StGB wegen des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt, des Vergehens der versuchten schweren Körperverletzung, der Vergehen des versuchten Diebstahls, der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften, des Vergehens der Beweismittelunterdrückung, des Vergehens der Sachbeschädigung, des Vergehens der versuchten Entfremdung unbarer Zahlungsmittel, des Verbrechens der versuchten absichtlichen Körperverletzung und des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung ein Verhalten gesetzt hat, welches keine Achtung der in Österreich (und insgesamt in der Union) strafrechtlich geschützten Werte zeigt.

(...)"

Das Erkenntnis wurde am 28.08.2019 nachweislich zugestellt und erwuchs der Bescheid somit in Rechtskraft II. Inst.

Mit 25.09.2019 um 08:00 Uhr endete die Strafhaft und wurde der Fremde am 25.09.2019 ins PAZ XXXX überstellt. Eine Überstellung ins PAZ XXXX erfolgte am 27.09.2019.

(...)

Die Behörde geht derzeit begrüdnet davon aus, dass seitens der Botschaft demnächst ein Heimreisezertifikat ausgestellt wird. Es darf ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass das HRZ zugesagt wurde. Es wird seit seiner In-Schubhaftnahme auch vermehrt und mit Nachdruck urgiert.(...)"

Das Bundesverwaltungsgericht hat von Amts wegen erwogen:

1. Feststellungen:

Die dem Verfahrensgang sowie dem Bescheid zu entnehmende Fluchtgefahr besteht zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung weiterhin. Die diesbezüglichen Ausführungen des Bescheides werden zu Feststellungen des gegenständlichen Erkenntnisses erhoben; ebenso die von der Verwaltungsbehörde in ihren Stellungnahmen anlässlich der Aktenvorlage angeführten Ausführungen, u. a. betreffend Bemühungen zur Erlangung eines Heimreisezertifikates.

Die Schubhaft ist auch insofern realisierbar, als eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung nach Marokko - siehe gleichfalls Darstellung im obigen Verfahrensgang - vorliegt. Es sind im aktuellen Entscheidungszeitpunkt keinerlei Umstände zutage getreten, die die Fluchtgefahr einerseits und die Realisierbarkeit der Abschiebung zu relativieren vermögen. Der BF ist haftfähig, es sind keine Umstände hervorgekommen, dass die weitere Inschubhaftnahme unverhältnismäßig wäre.

2. Beweiswürdigung:

Obige Feststellungen ergeben sich unzweifelhaft aus der Aktenlage. Die entscheidungsrelevanten Sachverhaltsparameter der Fluchtgefahr und Realisierbarkeit der Abschiebung wurden von der Verwaltungsbehörde - wie dem Verfahrensgang zu entnehmen ist - schlüssig und nachvollziehbar dargelegt. Zur Fluchtgefahr ist insbesondere darauf zu verweisen, dass sich der BF den größten Teil seines Inlandsaufenthaltes entweder dem Zugriff der Behörden durch Untertauchen entzogen hat oder im Gefängnis verbrachte und seine Identität verschleierte. Darüber hinaus ist auf die strafrechtliche Delinquenz des BF zu verweisen. In Bezug auf die Realisierbarkeit der Abschiebung ist hervorzuheben, dass die Behörde dargetan hat, dass sie sich im vorliegenden Fall erneut um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates (HRZ) bemüht. Der BF wurde am 12.01.2017 durch die marokkanischen Behörden unter dem Namen XXXX identifiziert. Am 12.01.2017 stimmte die marokkanische Botschaft in Wien der Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF zu. Aufgrund des Umstandes, dass sich der BF zwischenzeitig in Strafhaft befand, wurde seitens der marokkanischen Behörden mitgeteilt, dass eine neuerliche Überprüfung in Marokko erforderlich ist. Nach den Erfahrungswerten ist davon auszugehen, dass ein Heimreisezertifikat von der marokkanischen Botschaft erlangt werden kann.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. - Fortsetzung der Schubhaft

Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG idgF die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

Gemäß § 76 Abs 1 FPG idgF können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

Die Schubhaft darf gemäß § 76 Abs 2 FPG idgF nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

§ 76 Abs. 3 FPG idgF lautet:

Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise - wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG - erreicht werden ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig.

§ 80 FPG idgF lautet:

(1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich

1. drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;

2. sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

1. die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2. eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,

3. der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder

4. die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.

Zur Judikatur:

Insbesondere ist in diesem Zusammenhang auf Art 1 Abs. 3 PersFrSchG 1988 hinzuweisen, aus dem sich das für alle Freiheitsentziehungen geltende Gebot der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit ergibt, deren Prüfung im Einzelfall eine entsprechende Interessenabwägung verlangt. Für die Schubhaft ergibt sich das im Übrigen auch noch aus der Wendung "... wenn dies notwendig ist, um ..." in Art 2 Abs. 1 Z 7 PersFrSchG 1988. Dementsprechend hat der VfGH - nachdem er bereits in seinem Erkenntnis vom 24.06.2006, B 362/06, die Verpflichtung der Behörden betont hatte, von der Anwendung der Schubhaft jedenfalls Abstand zu nehmen, wenn sie im Einzelfall nicht notwendig und verhältnismäßig ist - in seinem Erkenntnis vom 15.06.2007, B 1330/06 und B 1331/06, klargestellt, dass die Behörden in allen Fällen des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 unter Bedachtnahme auf das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit verpflichtet sind, eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen. Der VwGH hat dazu beginnend mit dem Erkenntnis vom 30.08.2007, 2007/21/0043, mehrfach festgehalten, dass die Schubhaft auch dann, wenn sie auf einen der Tatbestände des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 gestützt werden soll, stets nur ultima ratio sein dürfe." (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Eine Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann stets nur dann rechtens sein, wenn eine Abschiebung auch tatsächlich infrage kommt. Die begründete Annahme, dass eine Aufenthaltsbeendigung erfolgen wird, ist dabei ausreichend. Dass die Effektuierung mit Gewissheit erfolgt, ist nicht erforderlich (vgl. dazu etwa VwGH 07.02.2008, Zl. 2006/21/0389; VwGH 25.04.2006, Zl. 2006/21/0039). Steht hingegen von vornherein fest, dass diese Maßnahme nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden. Anderenfalls erwiese sich die Schubhaft nämlich als für die Erreichung des Haftzweckes (der Abschiebung) "nutzlos". Umgekehrt schadet es - wie sich aus den Verlängerungstatbeständen des § 80 FPG ergibt - nicht, wenn der ins Auge gefassten Abschiebung zeitlich befristete Hindernisse entgegenstehen. Den erwähnten Verlängerungstatbeständen liegt freilich zugrunde, dass die infrage kommenden Hindernisse längstens innerhalb der zulässigen Schubhaftdauer beseitigt werden. Ist hingegen bereits bei Beginn der Schubhaft absehbar, dass das Abschiebehindernis nicht binnen dieser Frist zu beseitigen ist, so soll die Schubhaft nach den Vorstellungen des Gesetzgebers von Anfang an nicht verhängt werden. Dasselbe gilt, wenn während der Anhaltung in Schubhaft Umstände eintreten, aus denen erkennbar ist, dass die Abschiebung nicht in der restlichen noch zur Verfügung stehenden Schubhaftdauer bewerkstelligt werden kann. (vgl. VwGH 11.06.2013, Zl. 2013/21/0024, zum Erfordernis einer Prognosebeurteilung, ob die baldige Ausstellung eines Heimreisezertifikates trotz wiederholter Urgenzen durch das Bundesministerium für Inneres angesichts der Untätigkeit der Vertretungsbehörde des Herkunftsstaates zu erwarten ist; vgl. VwGH 18.12.2008, Zl. 2008/21/0582, zur rechtswidrigen Aufrechterhaltung der Schubhaft trotz eines ärztlichen Gutachtens, wonach ein neuerlicher Versuch einer Absch

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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