TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/23 W112 2226846-2

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Veröffentlicht am 23.01.2020
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Entscheidungsdatum

23.01.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W112 2226846-2/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Elke Danner, vertreten durch Dr. Druckenthaner, als Einzelrichter im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl 1154116303 / 190829490, über die weitere Anhaltung von XXXX (alias XXXX ), geb. XXXX (alias XXXX ), Staatsangehörigkeit Algerien (alias Libyen), in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer (BF) ist algerischer Staatsangehöriger. Er stellte in Österreich erfolglos einen Antrag auf internationalen Schutz. Die diesbezügliche - mit einer Rückkehrentscheidung verbundene Entscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt/BFA) erging am 28.08.2019 und wurde vom Beschwerdeführer bekämpft. Das Bundesverwaltungsgericht hat die diesbezügliche Beschwerde als unbegründet abgewiesen; diese Entscheidung erwuchs im September 2019 in Rechtskraft. Gegen diese Entscheidung wurde kein (außerordentliches) Rechtsmittel an den Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof eingebracht.

Der Beschwerdeführer befand sich während des Asylverfahrens fast durchgehend in Justizhaft. In dieser Zeit erfolgte auch eine Einvernahme zur möglichen Anordnung einer Schubhaft und es wurde diese mittels Bescheid vom 29.08.2019 auch angeordnet. Unmittelbar nach der Entlassung aus der Strafhaft wurde er am 05.09.2019 in die Schubhaft überstellt.

3. Am 20.12.2019 langte der Verfahrensakt zur amtswegigen Verhältnismäßigkeitsprüfung gemäß § 22 Abs. 4 BFA-VG beim Bundesverwaltungsgericht ein. In einem beiliegenden Schreiben führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass das HRZ-Verfahren noch im Laufen sei und verwies auf die Straffälligkeit des Beschwerdeführers sowie das bewusste Verschleiern der Identität.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.12.2019, XXXX , stellte der damals zuständige Einzelrichter gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG fest, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht begründete seine Entscheidung wie folgt:

"Feststellungen:

Betreffend den Beschwerdeführer liegt eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung hinsichtlich seines Herkunftsstaates Algerien vor. Dem Beschwerdeführer kommt kein faktischer Abschiebeschutz zu. Das im September 2019 eingeleitete HRZ-Verfahren ist aktuell noch im Laufen und bewegt sich im üblichen Zeitrahmen hinsichtlich des hier relevanten Herkunftsstaates.

Der Beschwerdeführer war in Österreich ausschließlich in Polizeianhaltezentren und Justizanstalten gemeldet. Seit 16.09.2017 ist er nicht mehr in Freiheit. Der Beschwerdeführer zeigte sich während seines Asylverfahrens nicht kooperativ und machte bewusst tatsachenwidrige Angaben zu seiner Identität (Name, Geburtsdatum) sowie zu seinem Herkunftsstaat. Das Bundesamt hat die gesetzlich vorgesehene Verhältnismäßigkeitsprüfung durchgeführt und entsprechende Aktenvermerke verfasst. Der Beschwerdeführer wurde wegen der Begehung von (qualifizierten) Suchtmitteldelikten 2017 zunächst zu einer teilbedingten und im Dezember zu einer unbedingten (2 Jahre) Freiheitsstrafe verurteilt.

Die realistische Möglichkeit einer Überstellung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat (innerhalb der gesetzlich normierten Zeitspanne für die Anhaltung in Schubhaft) besteht weiterhin. Die absehbare weitere Dauer der Anhaltung in Schubhaft ist nach derzeitigem Stand - kooperatives Verhalten des Beschwerdeführers vorausgesetzt - mit wenigen Monaten einzustufen. Eine Abschiebung im ersten Halbjahr 2020 ist jedenfalls realistisch. Das Erfordernis einer HRZ-Ausstellung und die dadurch bedingte Anhaltedauer sind dem Beschwerdeführer zuzurechnen.

Der Beschwerdeführer ist nicht Asylwerber; es kommt ihm kein faktischer Abschiebeschutz zu. Er ist in besonderem Ausmaß nicht vertrauenswürdig. Er ist in Österreich in keiner Form integriert, spricht nicht Deutsch und verfügt über keine substanziellen sozialen oder familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet. Zudem verfügt er über keine gesicherte Unterkunft; jedoch über Barvermögen in Höhe von rund XXXX €. Der Beschwerdeführer ist grundsätzlich gesund und arbeitsfähig sowie jedenfalls haftfähig.

Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage im gegenständlichen Verfahren sowie den Gerichts- und Verwaltungsakten zu seinem Asylverfahren (BVwG-GZ XXXX ). Die Feststellungen bezüglich der Meldeadressen des Beschwerdeführers ergeben sich aus einem rezenten Auszug aus dem Zentralen Melderegister. Die Feststellungen zu den strafrechtlichen Verurteilungen sind dem Strafregister entnommen. Der Beschwerdeführer hat im Asylverfahren nachweislich unterschiedliche Angaben zu seiner Identität und seinem Herkunftsstaat gemacht - was aus den Akten, insbesondere der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur Beschwerde im Asylverfahren ( XXXX vom 18.09.2019), ersichtlich ist.

Die realistische Möglichkeit der Rücküberstellung ergibt sich aus der diesbezüglich grundsätzlich problemlosen Zusammenarbeit mit den Vertretungen und Behörden des Herkunftsstaates. Abschiebungen finden regelmäßig statt. Ebenso regelmäßig muss diesen ein Ermittlungsverfahren im Herkunftsstaat vorangehen, weil die Betroffenen keine Personal- oder Reisedokumente vorweisen können. Diese benötigen üblicherweise einige Monate. Angesichts der Einleitung des HRZ-Verfahrens im September 2019 ist damit eine HRZ-Ausstellung und eine Abschiebung im ersten Halbjahr 2020 realistisch.

Die Feststellungen zur fehlenden Integration des Beschwerdeführers und seiner Vermögenslage ergeben sich aus der Aktenlage. Die in besonderem Maße geminderte Vertrauenswürdigkeit ergibt sich aus den vom Beschwerdeführer im Asylverfahren bewusst getätigten falschen Angaben zu seiner Person und der Begehung qualifizierter Suchtmitteldelikte. Hinweise für ein Fehlen der Haftfähigkeit oder gröbere gesundheitliche Probleme sind im Verfahren nicht hervorgetreten. Zudem befand sich der Beschwerdeführer vor Anordnung der Schubhaft nahezu zwei Jahre lang in Strafhaft.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt I. (Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft):

(...)

Gemessen also an § 76 Abs. 3, konkret an dessen ersten Satz "liegt eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 - immer noch - vor, da "bestimmte Tatsachen", nämlich jene bereits im Rahmen der angeführten Beweiswürdigung relevierten, indizieren, dass sich der Beschwerdeführer einer drohenden Abschiebung in den Herkunftsstaat entziehen wird.

Die Gründe, aus denen das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Schubhaft anordnete, haben sich seither nicht geändert und erweisen sich als grundsätzlich nachvollziehbar. Insbesondere hat der Beschwerdeführer das Kriterium der Ziffer 1 des § 76 Abs. 3 FPG durch bewusst falsche Angaben zu seiner Identität im Rahmen des Asylverfahrens erfüllt.

Mit der Verhängung gelinderer Mittel kann dementsprechend weiterhin nicht das Auslangen gefunden werden. Angesichts (in besonderem Umfang) fehlender persönlicher Vertrauenswürdigkeit - siehe dazu auch die massive Suchtgiftkriminalität - kommen diese schon aus grundsätzlichen Erwägungen nicht in Betracht.

Der Beschwerdeführer war bei Anordnung der Schubhaft haftfähig und ist dies auch weiterhin.

Die mit der Erlangung eines Heimreisezertifikats verbundene Dauer der Anhaltung in Schubhaft hat der Beschwerdeführer durch seine illegale Einreise unter Zurücklassung von Personal- und Reisedokumenten selbst zu verantworten. Verzögerungen, die in der Sphäre des Bundesamtes liegen würden, sind nicht zu erkennen. Es wurde auch laufend bei der Botschaft urgiert.

Aus diesen Gründen ist festzustellen, dass im Zeitpunkt der Entscheidung die Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft gegeben ist. Eine über die Frage der Verhältnismäßigkeit hinausgehende Prüfung der Schubhaft ist nach dem eindeutigen Wortlaut von § 22a Abs. 4 BFA-VG nicht vorgesehen."

Die Verwaltungsbehörde legte den Schubhaftakt vor und führte zum Begehren, die Schubhaft weiter zu verlängern, entscheidungswesentlich aus:

"Am 08.01.2020 erfolgte seitens des BFA eine Urgenz bei der algerischen Botschaft.

Die VP wurde für den Interviewtermin (algerische Delegation) am 31.01.2020 eingemeldet.

Ferner ist mitzuteilen, dass sich die VP seit 13.01.2020 in Hungerstreik befindet. Nach tel. Rücksprache mit dem PAZ XXXX vom heutigen Tage wurde mitgeteilt, dass gemäß gestriger Untersuchung die Werte der VP stabil sind."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Verfahrensgang und die vom Bundesverwaltungsgericht im obzitierten Erkenntnis vom vom 30.12.2019, XXXX , getroffenen und im Verfahrensgang dargestellten Feststellungen werden zum gegenständlichen Sachverhalt erhoben.

Ergänzend wird festgestellt:

Es sind insbesondere durch den seit 13.01.2020 währenden Hungerstreik auch aktuell keinerlei Umstände aufgetreten, die zu einem vom Vorerkenntnis abweichenden und für die Freilassung des Beschwerdeführers sprechenden Sachverhalt führen könnten, sodass die ausschließlich vom Beschwerdeführer zu verantwortende Schubhaft - der Beschwerdeführer zeigte sich während seines Asylverfahrens nicht kooperativ und machte bewusst tatsachenwidrige Angaben zu seiner Identität (Name, Geburtsdatum) sowie zu seinem Herkunftsstaat - weiter fortzusetzen ist. Der Beschwerdeführer wird regelmäßig medizinisch untersucht und ist aktuell haftfähig,

Beweiswürdigung:

Hinsichtlich der vom angeführten Vorerkenntnissen übernommenen Feststellungen ist auf die diesbezügliche zutreffende Beweiswürdigung zu verweisen.

Die ergänzende Feststellung ergibt sich als logische Konsequenz daraus im Zusammenhang mit dem Umstand, dass der Beschwerdeführer aktenkundig in Hungerstreik trat und sohin zwischenzeitlich keinerlei für den Beschwerdeführer sprechende Änderung des Sachverhaltes eingetreten ist. Die Verwaltungsbehörde hatte die Haftfähigkeit nach Rücksprache mit dem PAZ XXXX mitgeteilt.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt A. (Fortsetzung der Schubhaft):

Gesetzliche Grundlagen:

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß

Die Grundlage zur Überprüfung der Verhältnismäßigkeit einer Fortsetzung der Schubhaft über die Viermonatsfrist im BFA-VG iVm. § 80 FPG lautet:

§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.

Aufgrund der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat die Behörde nach § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakten zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung, welche über die Viermonatsfrist gehen solle, vorzulegen. Dabei hat sie darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig wäre. Es ist Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und hat sich im Rahmen dieser Überprüfung auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose für das Gericht ergeben, dass eine weitere weiter als verhältnismäßig angesehen werden kann.

Vor dem Hintergrund des aktuell unbestritten feststehenden Sachverhaltes, welcher insbesondere in Bezug auf die mangelnde Kooperationsbereitschaft des Beschwerdeführers bereits der angeführten Vorentscheidung zugrunde gelegt wurde, waren, wie ausgeführt, auch keine zwischenzeitlich für den Beschwerdeführer sprechenden Änderungen auf Sachverhaltsebene zu konstatieren; es wird daher die rechtliche Beurteilung des Vorerkenntnisses vom 30.12.2019, XXXX zur rechtlichen Beurteilung erhoben. Zusätzlich ist nochmals auf den seit 13.01.2020 währenden Hungerstreik hinzuweisen, der auch im Hinblick auf die Aufrechterhaltung der Schubhaft zu einer gesetzlich vorgesehenen "Heilbehandlung" führen könnte.

In Bezug auf die gesetzlich mögliche Maximaldauer erweist sich die bisherige Anhaltung jedenfalls auch als verhältnismäßig. Auch ist nochmals festzuhalten, dass ausschließlich der Beschwerdeführer durch seine mangelnde Kooperationsbereitschaft selbst die Dauer der Anhaltung zu verantworten hat.

Es war daher die Fortsetzung der Schubhaft auszusprechen.

Zu Spruchpunkt B) (Revision):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Im vorliegenden Akt findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Fluchtgefahr, Fortsetzung der Schubhaft, Identität, Kooperation,
öffentliche Interessen, Rückkehrentscheidung, Schubhaft,
Sicherungsbedarf, strafrechtliche Verurteilung, Überprüfung,
Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W112.2226846.2.00

Zuletzt aktualisiert am

11.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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