TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/28 W166 2217906-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.01.2020
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Entscheidungsdatum

28.01.2020

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W166 2217906-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER als Vorsitzende und die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Bernhard BRUCKNER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom 25.03.2019, wegen Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" in den Behindertenpass zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer ist im Besitz eines Behindertenpasses, stellte am 01.10.2018 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (im Folgenden: belangte Behörde) einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO 1960 und legte diverse medizinische Beweismittel vor.

Im Antragsformular ist vermerkt, dass dieser Antrag auch als Antrag auf Vornahme der Zu-satzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behin-dertenpass bzw. auf Ausstellung eines Behindertenpasses gilt, sofern der Antragsteller noch nicht im Besitz eines Behindertenpasses ist bzw. darin noch nicht die eben genannte Zusatz-eintragung angeführt ist.

Zur beantragten Zusatzeintragung wurde im orthopädischen Sachverständigengutachten vom 03.01.2019, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers und auf den Funktionseinschränkungen "Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule" und "Beginnende Abnützungserscheinungen beider Kniegelenke", im Wesentlichen ausgeführt:

"(...)

Derzeitige Beschwerden:

"Beschwerden habe ich vor allem im Bereich beider Kniegelenke rechts mehr als links und im Kreuz, das linke Bein ist bis zum Kniegelenk abwärts taub nach 4 Wirbeloperationen, kann nur 300 m gehen und habe dann Schmerzen, gehe immer mit 2 Krücken wegen der Unsicherheit im linken Bein, das linke Knie lässt immer wieder aus und trage daher eine stabilisierende Schiene und eine Peroneusschiene links. Bin heute schon viermal gestürzt, weil der linke Fuß immer wieder hängenbleibt." (...)

Gesamtmobilität - Gangbild:

Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen mit 2 Unterarmstützkrücken und angelegter stabilisierendes Schiene im linken Kniegelenk und Peroneusschiene links, das Gangbild barfuß ohne Schienen ist links hinkend bei Fallfuß links, insgesamt zügige Gesamtmobilität. Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt.

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Keine. Es liegen keine Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten und der Wirbelsäule vor, welche die Mobilität erheblich und dauerhaft einschränkten. Es sind belastungsabhängige Probleme der Wirbelsäule und Kniegelenke im Vordergrund, welche die Steh- und Gehleistung mäßig einschränken. Die Gesamtmobilität ist jedoch ausreichend, um kurze Wegstrecken von etwa 300-400 m, allenfalls unter Verwendung einer einfachen Gehhilfe, zurücklegen zu können und um Niveauunterschiede zu überwinden, das sichere Aus- und Einsteigen ist möglich. An den oberen Extremitäten sind keine relevanten Funktionsbehinderungen fassbar, die Kraft seitengleich und gut, sodass die Benützung von Haltegriffen zumutbar und möglich ist und der Transport in öffentlichen Verkehrsmittel nicht erheblich erschwert ist. Das behinderungsbedingte Erfordernis der Verwendung von 2 Unterarmstützkrücken zum Zurücklegen kurzer Wegstrecken ist durch festgestellte Funktionseinschränkungen und dokumentierte Leiden nicht ausreichend begründbar.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein."

Da vom Beschwerdeführer anlässlich ein ihm zum Ermittlungsergebnis gewährten Parteiengehörs weitere medizinische Beweismittel vorgelegt wurden, wurde seitens der belangten Behörde eine ergänzende orthopädische Stellungnahme vom 22.03.2019 eingeholt, in welcher Nachfolgendes ausgeführt wurde:

"AW erklärt sich mit dem Ergebnis der Begutachtung vom 20.12.2018 nicht einverstanden und bringt in der Stellungnahme vom 21.1.2019 vor, dass sich der Gesundheitszustand verschlechtert habe und es ihm nicht möglich sei, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, er könne nicht länger stehen und 300 m nicht ohne Betreuung zurücklegen.

Befunde:

Befund Neurochirurgie XXXX 5. 2. 2019 (Peroneusplegie und hochgradige Quadrizepsparese, keine Besserung, kann mit 2 Krücken nur kurze Strecken gehen. Die Rückstufung von 70 % auf 50 % sei nicht nachvollziehbar. Die Implantation einer Knietotalendoprothese rechts, auch links, sei empfohlen worden.)

Befund Dr. XXXX 20. 2. 2019 (Arthrose beide Kniegelenke, 100-prozentige Peroneusparese und hochgradige quadrizeps Parese links, rechtes Knie mehr belastet, Gehstrecke maximal 80 m, Stiegensteigen nur im Nachstellschritt mit Geländer und Krücken. Im Röntgen aufgebrauchter lateralen Gelenkspalt rechts. Totalendoprothese rechtes Knie ist angedacht)

Pflegegeldgutachten 5. 1. 2019 (Pflegegeld der Stufe 1)

Stellungnahme:

Maßgeblich für die Einstufung behinderungsrelevanter Leiden nach den Kriterien der EVO sind objektivierbare Funktionseinschränkungen unter Beachtung sämtlicher vorgelegter Befunde.

Die bei der Begutachtung am 20.12.2018 festgestellten Defizite im Bereich des Stütz- und Bewegungsapparates wurden in der Beurteilung hinsichtlich Einstufung nach der EVO und hinsichtlich beantragter Zusatzeintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in vollem Umfang berücksichtigt.

Höhergradige Funktionseinschränkungen vor allem Bereich der Kniegelenke und der Wirbelsäule konnten nicht festgestellt werden, sodass das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, allenfalls unter Verwendung einer einfachen Gehhilfe, nicht erheblich erschwert ist.

Darüberhinaus konnte die, im Attest Dr. XXXX , angegebene maximale Gehstrecke von 80m, unter Berücksichtigung der ho. objektivierbaren Funktionsdefizite, nicht bestätigt werden.

Insgesamt beinhalten daher die vorgebrachten Argumente, und eingereichten Befunde keine neuen Erkenntnisse, welche das vorhandene Begutachtungsergebnis entkräften könnten, sodass daran festgehalten wird."

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 25.03.2019 hat die belangte Behörde die beantragte Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid wurde vom Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben und vorgebracht, sein Gesundheits- und Mobilitätszustand habe sich trotz Therapie, Infiltrationen und verschiedener Hilfsmittel nicht verbessert. Auch die Überbeanspruchung seines rechten Knies trage zum schlechten Gesundheitszustand bei, und Stiegen steigen sei für ihn eine schmerzhafte Tortur. Alle diese Einschränkungen würden zu erheblichen Einschränkungen der unteren Extremitäten und der körperlichen Belastbarkeit führen, und sei er auch psychisch davon betroffen.

Die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 24.04.2019 vorgelegt.

Da auf Grund des vom Beschwerdeführer angegebenen Ordnungsbegriffs nicht eindeutig nachvollziehbar war, ob er nunmehr lediglich gegen den Bescheid betreffend die Abweisung der gegenständlichen Zusatzeintragung Beschwerde einbringen wolle, oder auch gegen den Bescheid betreffend den ausgestellten Behindertenpass, erging mit ho. Schreiben vom 07.06.2019 ein Mängelbehebungsauftrag an den Beschwerdeführer.

Der Beschwerdeführer kam dem Mängelbehebungsauftrag fristgerecht nach und teilte mit, dass sich die Beschwerde gegen den Bescheid vom 25.03.2019, OB 209224824700066 betreffend die Abweisung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel richtet.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes wurde ein ergänzendes medizinisches Sachverständigengutachten vom 10.10.2019, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers, eingeholt in welchem Nachfolgendes ausgeführt wurde:

"Fragestellung:

Im erstinstanzlichen Verfahren wurde ein ärztliches Gutachten der Fachärztin für Orthopädie DDr. XXXX , persönliche Untersuchung erfolgte am 12.12.2018, Abl. 18-15 und eine fachärztliche Stellungnahme vom 22.3.2019, Abl. 32-33 eingeholt. Vorgutachten der Fachärztin für Orthopädie Dr. XXXX vom 15.2.2018 (Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar)

Es wird auf die Neuerungsbeschränkung hingewiesen, wonach ab 24.4.2019 (Einlangen der Beschwerdevorlage samt Unterlagen im Bundesverwaltungsgericht) keine neuen Tatsachen und Beweismittel vorgebracht werden dürfen- Daher wird ersucht, Unterlagen welche nachgereicht bzw. anlässlich der Untersuchung vorgelegt werden, dem Akt zwar anzuschließen, aber in der gutachterlichen Beurteilung nicht zu berücksichtigen.

Es wird ersucht Nachfolgendes zu beurteilen bzw. Stellung zu nehmen:

Die dauernden Gesundheitsschädigungen sind als Diagnoseliste anzuführen. Eine Einschätzung des Grades der Behinderung ist nicht vorzunehmen. Es wird ersucht auszuführen, in welchem Ausmaß die angeführten Leidenszustände vorliegen und wie sich diese auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirken. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe, zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt.

Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche und bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt.

Die Beurteilung ist im Sinne der Verordnung über die Aussteilung von Behindertenpässen und Parkausweisen vorzunehmen.

Liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vor? Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen. Komorbiditäten der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen.

Liegen erhebliche Einschränkungen neurologischer Fähigkeiten, Funktionen vor?

Insbesondere wird um Stellungnahme ersucht, ob kurze Wegstrecken vom Beschwerdeführer nur unter Benützung von 2 Unterarmstützkrücken bewältigt werden können und gegebenenfalls wie sich dies auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt und ob Sturzgefahr vorliegt.

Weiters wird um Stellungnahme zu den Befunden Dr. XXXX , Abl. 30 vom 20.2.2019 und Ambulanzbericht vom 5.2.2019, Abl. 29 ersucht.

Ergibt sich eine vom bisherigen Ergebnis abweichende Beurteilung?

Anamnese:

Eingangs wird auf die anamnestischen Eckdaten der Vorgutachten verwiesen.

Keine relevante Zwischenanamnese - keine weiteren Operationen, Spitalsaufenthalte oder Kuraufenthalte.

Sozialanamnese: Pensionist, wohnt allein, geschieden, ein Kind.

Derzeitige Beschwerden:

Der Beschwerdeführer gibt an, Beschwerden in den Beinen - links > rechts - zu haben. Das linke Bein ist vom Kniegelenk abwärts "taub". Vor einem Kniegelenksersatz rechts hat er noch "Angst". Er kann nicht mit einem öffentlichen Verkehrsmittel fahren. Er ist froh, wenn er überhaupt zu seinem Auto kommt. Er kann nur 100 Meter gehen. Außer Haus braucht er zwei Unterarmstützkrücken, im Innenbereich genügt zur Fortbewegung eine Unterarmstützkrücke.

Derzeitige Behandlung/en/Medikamente: ThromboASS, Furon, Magnosolv, Arnlodipin, Sirdalud, Rosuvastatin, Trittico retard, Alpinamed Prosta Plus Kapseln, Xanor bei Bedarf, Nitrospray bei Bedarf, Voltaren bei Bedarf.

Hilfsbefunde z. B. Labor, bildgebende Verfahren, Behandlungsberichte - Exzerpt: Akteninhalt.

Röntgenbefund - Dr. XXXX - vom 26.112018: ausgeprägte Valgusgonarthrose rechts und incipiente Gonarthrose links. Mäßige Femoropatellargelenksarthrose - rechts deutlicher als links, Gefäßsklerose bds.

MRT-Befund der LWS - Dr. XXXX - 25.6.2019: Staus idem zur Voruntersuchung vor 6 Monaten.

LWS-Röntgenbefund - Dr. XXXX - vom 25.6.2019: Z n. PI-IF L3/L4. Minimale Achsendeviation der LWS. Zeichen der Osteochondrose mittleren Grades im thorakolumbalen Übergang bis L2. Minimale dorsale Chondrose L2/L3 Deutliche höhergradige osteochondrotische Veränderungen mit Zeichen der Diskopathie L4 bis S1. Spondylosis lumbalis der caudalen LWS. Basale SIG-Arthrosen.

Technische Hilfsmittel I orthopädische Behelfe:

in den Schuh integrierte Peroneusschiene, zwei Unterarmstützkrücken, Brille.

Untersuchungsbefund:

Größe: -185 cm Gewicht: -105 kg Blutdruck: 140/85.

Status Fachstatus: Normaler AZ.

Kopf/Hals: voll orientiert, Stimmung und Antrieb unauffällig kooperativ, leicht aggravierendes Verhalten. Haut und sichtbare Schleimhäute normal durchblutet} Visus (Lesen mit Brille) und Gehör unauffällig, keine Einflussstauung, Schilddrüse äußerlich unauffällig.

Thorax: inspektorisch unauffällig.

auskultatorisch unauffällig. Ex-Raucher seit 2016, keine Ruhedyspnoe* Belastungsdyspnoe.

Herz: linksbetonte Grenzen, HT- rein, rhythmisch, normfrequent.

Abdomen: über TN, weich, Z. n. HID-Sanierung, normale Organgrenzen

Achsenorgan: normal strukturiert, ausreichend frei bewegliche Halswirbelsäule, LWS - Narbe lumbal - ausreichend gutes - endlagig nur gering eingeschränktes Bückvermögen - kann sich allein aus- und anziehen - wird dabei kurzatmiger.

Obere Extremitäten: Z. n. ASK rechte Schulter - beide Schultergelenke praktisch frei beweglich, kein Tremor.

Untere Extremitäten: rechtes Bein frei beweglich - geringe Gonarthrosezeichen geringe Valgusfehlstellung - kann im Liegen auch von der Unterlage abgehoben werden.

Linkes Bein - minimale Gonarthrosezeichen Peroneusschwäche - trägt eine in den Schuh integrierte Peroneusschiene; gibt diesmal an, das linke Bein überhaupt nicht von der Unterlage abheben zu können. Keine Ödeme.

Gesamtmobilität - Gangbild:

kommt mit zwei Unterarmstützkrücken ins Untersuchungszimmer, kann sich allein aus dem Sitzen und Liegen erheben; kann sich allein zur antragsrelevanten Untersuchung aus- und ankleiden. Zufällig konnte (im Warteraum) beobachtet werden, dass Herr XXXX auch frei sicher auf seinen Beinen stehen kann und sich beispielsweise in dieser Position allein eine Jacke anziehen kann. Er geht am Gang des SMS (in scheinbar unbeobachteten Momenten) mit seinen zwei Unterarmstützkrücken wesentlich flüssiger als im Untersuchungszimmer. Die Krücken werden dort funktionell auch nur gering eingesetzt.

Diagnoseliste:

Degenerative und postoperative Veränderungen der Wirbelsäule - Zustand nach OP L5/S1 1991; Zustand nach op 1.4/5 1994; Zustand nach Diskusoperation, Diskusrezidivextraktion und Fusionsoperation 1.3/4 2017 - Peroneuslähmung links, Quadrizepsschwäche links.

Geringe Gonarthrosen - rechts > links - beiderseits. Hypertonie.

Liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vor? Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen. Komorbiditäten der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen.

Antwort: erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten sind nicht vorhanden. Die leichtergradigen Gonarthrosebefunde sind durch Bedarfsmedikation und auch durch Orthesen gut positiv beeinflussbar.

Liegen erhebliche Einschränkungen neurologischer Fähigkeiten, Funktionen vor? Antwort: Es liegt ein Peroneusausfall links vor zumindest teilweise kompensierbar ist dieser Ausfall durch das Tragen einer Peroneusschiene. Es liegt auch noch eine Restquadrizepsschwäche links - kein Totalausfall wie im Rahmen der Untersuchung demonstriert - vor.

Stellungnahme dazu, ob kurze Wegstrecken vom Beschwerdeführer nur unter Benützung von 2 Unterarmstützkrücken bewältigt werden können und gegebenenfalls wie sich dies auf die Benützung öffentlicher

Verkehrsmittel auswirkt und ob Sturzgefahr vorliegt:

Antwort: Unter Verwendung einer Peroneusschiene links und nach Anlegen beispielsweise auch einer Knieorthese rechts können kurze Wegstrecken aus gutachterlicher Sicht auch mit einem Hilfsmittel - ein Gehstock, eine Stützkrücke - zurückgelegt werden.

Das behinderungsbedingte ständige Erfordernis der Verwendung von 2 Stützkrücken zur Fortbewegung für kurze Wegstrecken ist durch festgestellten Funktionseinschränkungen nicht begründbar. Die beobachtete Gesamtmobilität - siehe die Ausführungen oben - ist nicht in hohem Maß eingeschränkt. Kraft und Koordination sind gut, ausreichende Stand- und Trittsicherheit ist gegeben. Das Überwinden von Niveauunterschieden ist möglich, da der Bewegungsumfang der Gelenke der unteren Extremitäten ausreichend ist und das Festhalten bei guter Beweglichkeit und guter Kraftentfaltung der oberen Extremitäten nicht maßgeblich eingeschränkt ist. Um das Sturzrisiko ist ein einfaches Hilfsmittel wie eine Stützkrücke/ein Gehstock zumutbar. Das erforderliche Hilfsmittel erschwert die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht in erheblichem Ausmaß.

Stellungnahme zu den Befunden Dr. XXXX , Abl. 30 vom 20.2.2019 und zum Ambulanzbericht vom 5.2.2019, Abt. 29:

Antwort: Es liegt ein Ausfall des N. peronaeus links vor. Es liegt aber keine hochgradige Quadrizepsschwäche links vor - objektive Befunde zu diesen Behauptungen von Dr. XXXX liegen nicht vor. Eine hochgradige - wohl aber eine leichtergradige/mäßiggradige Gonarthrose rechts - liegt ebenfalls nicht vor. Es handelt sich dabei auch um einen Befund der zwecks dieses Verfahrens eingeholt wurde.

Die gleiche Antwort - wie für den Befund von Dr. XXXX abgegeben - gilt auch für den Ambulanzbericht des XXXX .

Stellungnahme, ob sich eine vom bisherigen Ergebnis abweichende

Beurteilung ergibt:

Antwort: Es ergibt sich keine abweichende Beurteilung vom bisherigen Ergebnis.

Zusammenfassung:

Es wird abschließend festgehalten, dass sich aus gutachterlicher Sicht nach neuerlicher allgemeinmedizinischer Untersuchung und nach Berücksichtigung der im Akt vorliegenden Befunde und Gutachten folgende Schlussfolgerung ergibt:

Öffentliche Verkehrsmittel sind Herrn XXXX zumutbar - siehe dazu auch die Ausführungen oben.

Öffentliche Verkehrsmittel sind zumutbar, da weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren und oberen Extremitäten und der Wirbelsäule, noch erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit, noch erhebliche Einschränkungen neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten/Funktionen vorliegen. Unter Berücksichtigung des erhobenen Untersuchungsbefundes und der vorliegenden Befunde kann eine kurze Wegstrecke aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe - allenfalls unter Verwendung eines Gehstockes/einer Unterarmstützkrücke unter Verwendung einer Peroneusschiene und unter Verwendung von Knieorthesen und zumutbarer medikamentöser Therapie, da damit die Stand- und Gangsicherheit optimiert werden kann - ohne Unterbrechung zurückgelegt werden. Die erforderlichen Hilfsmittel erschweren die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht in erheblichem Ausmaß. Die vorliegenden dauernden Gesundheitsschäden wirken sich nicht erheblich auf die Möglichkeit des sicheren Ein- und Aussteigens und auf die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieses Verkehrsmittels gegebenen Bedingungen aus.

Das heißt, die selbständige Fortbewegung im öffentlichen Raum - eine Gehstrecke von rund 10 Minuten, entsprechend einer Entfernung von rund 300 bis 400 Meter - ist (unter zumutbarer Verwendung der erforderlichen Hilfsmittel und bei Bedarf auch unter zumutbarer medikamentöser Therapie) möglich.

Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen können überwunden werden; wirklich relevante Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche und bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt sind nicht gegeben."

Mit Schreiben vom 13.01.2020 wurden dem Beschwerdeführer, am 16.01.2020 zugestellt, und der belangten Behörde gemäß § 45 Abs. 3 AVG das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nachweislich zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt binnen einer Woche ab Zustellung eine Stellungnahme abzugeben.

Bis dato langten keine Stellungnahmen ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist im Besitz eines Behindertenpasses und stellte am 01.10.2018 einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass.

Der Beschwerdeführer leidet an den Funktionseinschränkungen:

Degenerative und postoperative Veränderungen der Wirbelsäule

Peroneuslähmung links, Quadrizepsschwäche links

Geringe Gonarthrosen beidseits

Hypertonie

Betreffend die unteren Extremitäten ist das rechte Bein frei beweglich mit geringen Gonarthrosezeichen und geringer Valgusfehlstellung, das linke Bein zeigt minimale Gonarthrosezeichen und eine Peroneusschwäche bzw. einen Peroneusausfall. Die leichtergradigen Gonarthrosenbefunde sind durch Bedarfsmedikation und durch Orthesen gut positiv beeinflussbar. Der Peroneusausfall links ist zumindest teilweise durch das Tragen einer Peroneusschiene - welche in den Schuh integriert ist - kompensierbar. Es liegt eine Restquadrizepsschwäche links vor, ein Totalausfall ist nicht gegeben.

Der Beschwerdeführer kann eine kurze Wegstrecke von 300 bis 400 Meter aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, ohne Unterbrechung, allenfalls unter Verwendung eines Gehstocks oder einer Unterarmstützkrücke, unter Verwendung einer Peroneusschiene links und beispielsweise einer Knieorthese rechts sowie unter Anwendung zumutbarer medikamentöser Therapie - da damit die Stand- und Gangsicherheit optimiert werden kann - zurücklegen.

Die erforderlichen Hilfsmittel erschweren die Benützung öffentlicher Hilfsmittel nicht in erheblichem Ausmaß. Das behinderungsbedingte ständige Erfordernis der Verwendung von zwei Stützkrücken zur Fortbewegung für kurze Wegstrecken ist durch die festgestellten Funktionseinschränkungen nicht begründbar.

Die Gesamtmobilität ist insgesamt zügig und nicht in hohem Maße eingeschränkt, Kraft und Koordination sind gut, ausreichende Stand- und Trittsicherheit ist gegeben.

Der Bewegungsumfang der Gelenke der unteren Extremitäten ist ausreichend - wodurch auch das Überwinden von Niveauunterschieden und ein sicheres Ein- und Aussteigen möglich sind - erhebliche Einschränkungen der unteren Extremitäten liegen nicht vor.

Die oberen Extremitäten haben eine gute Kraftentfaltung sowie eine gute Beweglichkeit, und sind nicht maßgeblich eingeschränkt, beide Schultergelenke sind frei beweglich und das Anhalten an Haltegriffen ist möglich.

Beim Beschwerdeführer liegt ein guter Allgemein- und Ernährungszustand vor.

Das vom Beschwerdeführer vorgebrachte Vorliegen von Schmerzen wurde berücksichtigt, medikamentöse Therapie ist zumutbar, und wirken sich die Schmerzen nicht erheblich auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus.

Erhebliche Einschränkungen der unteren und oberen Extremitäten, der Wirbelsäule sowie psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten/Funktionen liegen nicht vor.

Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit liegen ebenfalls nicht vor.

Eine schwere Erkrankung des Immunsystems ist nicht gegeben.

Die sichere Beförderung in sich bewegenden öffentlichen Verkehrsmitteln unter üblichen Transportbedingungen ist möglich, relevante Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche und bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt sind nicht gegeben.

Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist dem Beschwerdeführer zumutbar.

Der Verwaltungsakt samt der Beschwerde ist am 24.04.2019 im Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

Der Beschwerdeführer hat anlässlich der persönlichen Untersuchung am 10.10.2019 medizinische Beweismittel vorgelegt. Der in diesem Zusammenhang vorgelegte Röntgen-Befund vom 26.11.2018 wurde bereits mit Antragstellung vorgelegt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellung zur Einbringung des gegenständlichen Antrages ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zur Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ergeben sich aus dem medizinischen Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie vom 03.01.2019, und dem allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachten vom 10.10.2019, jeweils basierend auf persönlichen Untersuchungen des Beschwerdeführers, sowie der fachärztlichen Stellungnahmen vom 22.03.2019.

In den ärztlichen Sachverständigengutachten wurde ausführlich, nachvollziehbar und schlüssig - unter Berücksichtigung der vorgelegten medizinischen Befunde und nach Durchführung von persönlichen Untersuchungen - auf die Leiden und Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung eingegangen.

Die ho. erst am 10.10.2019 anlässlich der persönlichen Untersuchung nachgereichten Befunde konnten - sofern sie nicht bereits mit Antragstellung vorgelegt wurden - nicht berücksichtigt werden, da in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden dürfen (siehe dazu auch unter Punkt 3. Rechtliche Beurteilung).

Der Beschwerdeführer brachte in der Beschwerde vor, sein Gesundheits- und Mobilitätszustand habe sich trotz Therapie, Infiltrationen und verschiedener Hilfsmittel nicht verbessert. Auch die Überbeanspruchung seines rechten Knies trage zum schlechten Gesundheitszustand bei, und Stiegen steigen sei für ihn eine schmerzhafte Tortur. Alle diese Einschränkungen würden zu erheblichen Einschränkungen der unteren Extremitäten und der körperlichen Belastbarkeit führen, und sei er auch psychisch davon betroffen.

Sowohl im Gutachten vom 03.01.2019 als auch im Gutachten vom 10.10.2019 wurde von den ärztlichen Sachverständigen festgestellt, dass beim Beschwerdeführer weder erhebliche Einschränkungen der unteren bzw. der oberen Extremitäten, der Wirbelsäule noch der körperlichen Belastbarkeit vorliegen. Im Vordergrund stehen belastungsabhängige Probleme der Wirbelsäule und Kniegelenke - welche die Steh- und Gehleistung mäßig einschränken -, die Gesamtmobilität ist jedoch insgesamt zügig und nicht in hohem Maße eingeschränkt, Kraft und Koordination sind gut, Stand- und Trittsicherheit sind ausreichend gegeben. Die Gesamtmobilität ist überdies ausreichend, um eine kurze Wegstrecke von 300 bis 400 Meter aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, ohne Unterbrechung, allenfalls unter Verwendung eines Gehstocks oder einer Unterarmstützkrücke, unter Verwendung einer Peroneusschiene links und beispielsweise einer Knieorthese rechts sowie unter Anwendung zumutbarer medikamentöser Therapie - da damit die Stand- und Gangsicherheit optimiert werden kann - zurückzulegen.

In den Gutachten wurde weiters festgestellt, dass die erforderlichen Hilfsmittel die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht in erheblichem Ausmaß erschweren, und das behinderungsbedingte ständige Erfordernis der Verwendung von zwei Stützkrücken zur Fortbewegung für kurze Wegstrecken durch die festgestellten Funktionseinschränkungen nicht begründbar ist.

Der Bewegungsumfang der Gelenke der unteren Extremitäten ist ausreichend - wodurch auch das Überwinden von Niveauunterschieden und ein sicheres Ein- und Aussteigen möglich sind - erhebliche Einschränkungen der unteren Extremitäten liegen nicht vor.

Die oberen Extremitäten haben eine gute Kraftentfaltung sowie eine gute Beweglichkeit, und sind nicht maßgeblich eingeschränkt, beide Schultergelenke sind frei beweglich und das Anhalten an Haltegriffen ist möglich. Insgesamt liegt beim Beschwerdeführer ein guter Allgemein- und Ernährungszustand vor.

Das vom Beschwerdeführer anlässlich der persönlichen Untersuchungen vorgebrachte Vorliegen von Schmerzen wurde in den Gutachten unter "Derzeitige Beschwerden" angeführt und von den Gutachtern bei der Beurteilung berücksichtigt. Der allgemeinärztliche Sachverständige hat im Gutachten vom 10.10.2019 angeführt, dass dem Beschwerdeführer zur Optimierung der Gang- und Standsicherheit auch eine medikamentöse Therapie zumutbar ist, und unter Anwendung allenfalls erforderlicher medikamentöser Therapie - wie bereits oben ausgeführt - das Zurücklegen von Wegstrecken bzw. die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel möglich ist, und durch Schmerzen nicht erheblich eingeschränkt wird. Der ärztliche Sachverständige führte weiters aus, dass ein einfaches Hilfsmittel wie eine Stützkrücke oder ein Gehstock zumutbar sind, um das Sturzrisiko hintanzuhalten.

Zum vom Beschwerdeführer vorgelegten Schreiben eines Arztes für Allgemeinmedizin und Facharztes für Unfallchirurgie vom 20.02.2019, in welchem festgestellt wird, dass die Gehstrecke beim Beschwerdeführer auf maximal 80 Meter eingeschränkt sei, stellte die Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie in Ihrer Stellungnahme vom 22.03.2019 fest, dass dies aus fachärztlicher Sicht nach Durchführung der persönlichen Untersuchung und unter Berücksichtigung der objektivierbaren Funktionsdefizite nicht bestätigt werden könne. Diese Einschätzung teilte auch der medizinische Sachverständige nach Durchführung einer persönlichen Untersuchung und unter Zugrundelegung vorgelegter medizinischer Beweismittel in seinem Gutachten vom 10.10.2019.

Psychische Beeinträchtigungen hat der Beschwerdeführer anlässlich der persönlichen Untersuchungen weder vorgebracht, noch hat er diesbezügliche fachärztliche Beweismittel vorgelegt.

Im Rahmen der Beschwerde wurden vom Beschwerdeführer keine Einwendungen erhoben, welche das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zu entkräften vermochten bzw. wurde dem Ermittlungsergebnis nicht substantiiert entgegengetreten. Neue Beweismittel wurden nicht vorgelegt.

Der Beschwerdeführer ist den Ausführungen im Sachverständigengutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, er hat kein Sachverständigengutachten oder eine sachverständige Aussage vorgelegt, in welcher die Auffassung vertreten worden wäre, dass die Annahmen und Schlussfolgerungen der beigezogenen Sachverständigen unzutreffend oder unschlüssig seien.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen daher keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit der gegenständlichen Sachverständigengutachten.

Die ärztlichen Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie vom 03.01.2019 und eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 10.10.2019 sowie die fachärztliche Stellungnahme vom 22.03.2019 werden daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes durch den Senat zu erfolgen.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 i.d.F. BGBl. I 24/2017, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu Spruchpunkt A)

Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familiennamen- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 leg. cit. nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Gemäß § 46 BBG letzter Satz dürfen in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungs-gericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden. Da die gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 24.04.2019 vorgelegt worden ist, waren die vom Beschwerdeführer anlässlich der persönlichen Untersuchung am 10.10.2019 nachgereichten medizinischen Beweismittel - sofern sie nicht schon mit Antragstellung vorgelegt wurden - nicht zu berücksichtigen.

Gemäß § 35 Abs. 1 EStG steht dem Steuerpflichtigen, der außergewöhnliche Belastungen durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung hat und weder der Steuerpflichtige nach sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) erhält, ein Freibetrag gemäß Abs. 3 leg. cit. zu.

Gemäß § 35 Abs. 2 EStG bestimmt sich die Höhe des Freibetrages nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hierfür maßgebenden Einschätzung,

2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 162/2010, die die von ihr umfassten Bereiche.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständige Stelle nachzuweisen.

Zuständige Stelle ist:

-

der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947)-

-

Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

-

In allen übrigen Fällen sowie beim Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Arten das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; diese hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung diese Bestimmungen ergangen Bescheid zu erstellen.

Zur Frage der Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel:

Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II 495/2013 idF BGBl. II 263/2016 wird der Behindertenpass als Karte aus Polyvinylchlorid hergestellt. Seine Gesamtabmessungen haben 53,98 mm in der Höhe und 85,60 mm in der Breite zu betragen. Gemäß § 1 Abs. 2 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen hat der Behindertenpass auf der Vorderseite zu enthalten:

1. die Bezeichnung "Behindertenpass" in deutscher, englischer und französischer Sprache;

2. den Familien- oder Nachnamen, den Vorname(n), akademischen Grad oder Standesbezeichnung des Menschen mit Behinderung;

3. das Geburtsdatum;

4. den Verfahrensordnungsbegriff;

5. den Grad der Behinderung oder die Minderung der Erwerbsfähigkeit;

6. das Antragsdatum;

7. das Ausstellungsdatum;

8. die ausstellende Behörde;

9. eine allfällige Befristung;

10. eine Braillezeile mit dem Ausdruck "Behindertenpass";

11. ein Hologramm in Form des Bundeswappens mit dem Schriftzug "Sozialministeriumservice" im Hintergrund;

12. das Logo des Sozialministeriumservice;

13. einen QR-Code, mit dem auf der Homepage des Sozialministeriumservice nähere Informationen zum Behindertenpass und den einzelnen Zusatzeintragungen abgerufen werden können sowie

14. ein der Bestimmung des § 4 der Passgesetz-Durchführungsverordnung, BGBl. II Nr. 223/2006, entsprechendes Lichtbild.

Gemäß § 1 Abs. 4 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen:

[...]

3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

-

erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

-

erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

-

erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

-

eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

-

eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d

vorliegen.

Entscheidend für die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist, wie sich eine bestehende Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH vom 20.10.2011, Zl. 2009/11/0032).

Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

In den Erläuterungen zu § 1 Abs. 2 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen (nunmehr § 1 Abs. 4 Z 3) wird ausgeführt:

"Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.

[...]

Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapiefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.

Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.

Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleichbedeutend.

Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.

Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.

Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:

-

arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option

-

Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen

-

hochgradige Rechtsherzinsuffizienz

-

Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie

-

COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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