TE Vwgh Erkenntnis 1998/6/17 98/03/0076

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Veröffentlicht am 17.06.1998
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Index

L65000 Jagd Wild;
L65007 Jagd Wild Tirol;

Norm

JagdG Tir 1983 §8 Abs3;
JagdRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Grubner, über die Beschwerde der Agrargemeinschaft S, vertreten durch Dr. Andreas Brugger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Salurner Straße 16, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 12. Jänner 1998, Zl. 1713/2, betreffend Angliederung (mitbeteiligte Partei: Agrargemeinschaft A, vertreten durch den Obmann B G in S), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde aufgrund eines Antrages der mitbeteiligten Partei gemäß § 8 Abs. 3 Tiroler Jagdgesetz 1983, LGBl. Nr. 60, (JG) eine Teilfläche des Grundstückes Nr. 1516 KG St. Jakob i.D. im Ausmaß von ca. 9,45 ha vom Eigenjagdgebiet St. Jakob i.D. (der beschwerdeführenden Partei) abgetrennt und an die "Eigenjagd Stalle-Rogotz-Alpe" (der mitbeteiligten Partei) angegliedert. In der Begründung stützte sich die belangte Partei auf das als schlüssig angesehene Gutachten eines jagdfachlichen Sachverständigen. Dieser habe festgestellt,

"daß die derzeit bestehende Grenze sich ohne markante Anhaltspunkte im Gelände annähernd parallel zum sogenannten Langebenweg hinzieht, ausgesprochen unübersichtlich ist und dadurch die Jagdausübung fraglos erschwert. Die von den Antragstellern beantragte Angliederung, deren Grenze gegenüber dem oben angeführten Verlauf in Hinkunft der schon genannte Langebenweg sein soll, ist jagdwirschaftlich gegenüber der derzeit bestehenden Grenze bedeutend günstiger, weil dieser Grenzverlauf in der Natur vorgezeichnet ist und daher leicht eingehalten werden kann, was wiederum die ordentliche Jagdausübung wesentlich erleichtert".

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 8 Abs. 3 JG können zur Verkürzung oder Begradigung von Jagdgebietsgrenzen, deren ungünstiger Verlauf die ordnungsgemäße Jagdausübung wesentlich erschwert, Grundflächen von einem Jagdgebiet abgetrennt und einem angrenzenden Jagdgebiet angegliedert werden, wenn dadurch die Jagdausübung wesentlich erleichert wird, die Mindestgröße eines Jagdgebietes nicht verlorengeht und die Größe eines Jagdgebietes nicht wesentlich verändert wird. Eine solche Verfügung kann auf Antrag des Eigentümers der Eigenjagd bzw. auf Antrag der Jagdgenossenschaft jenes Jagdgebietes, an das die Angliederung erfolgen soll, getroffen werden.

Zu den tatbestandmäßigen Voraussetzungen einer Angliederung nach der genannten Bestimmung gehört somit u.a., daß der ungünstige Verlauf der Jagdgebietsgrenzen die ordnungsgemäße Jagdausübung wesentlich erschwert. Als ordnungsgemäße Jagdausübung ist die den rechtlichen Vorschriften und den Geboten der Weidgerechtigkeit entsprechende Ausübung der Befugnis gemäß § 1 Abs. 1 JG, den jagdbaren Tieren nachzustellen, sie zu fangen und zu erlegen sowie das erlegte Wild, Fallwild, verendetes Wild, Abwurfstangen und die Eier des jagdbaren Federwildes sich anzueignen, zu verstehen (vgl. Abart/Lang/Obholzer, Tiroler Jagdrecht2, 50). Eine wesentliche Erschwerung der ordnungsgemäßen Jagdausübung wird etwa dann gegeben sein, wenn durch den Verlauf der Jagdgrenzen die Abschußmöglichkeiten eines Jagdnachbarn einseitig begünstigt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Februar 1987, Zl. 86/03/0141, zu § 15 Abs. 2 NÖ Jagdgesetz 1974) oder Probleme hinsichtlich der Wildfolge entstehen, die über die mit dem Zusammenstoß von Jagdgebieten überlicherweise verbundenen Schwierigkeiten wesentlich hinausgehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1994, Zl. 92/03/0157, zu

§ 11 Kärntner Jagdgesetz 1978). Ein unübersichtlicher, in der Natur nicht leicht erkennbarer Grenzverlauf rechtfertigt allerdings für sich alleine nicht die Annahme einer wesentlichen Erschwerung der ordnungsgemäßen Jagdausübung, kann doch bei den Jagdausübungsberechtigten die genaue Kenntnis der örtlichen Verhältnisse vorausgesetzt werden. Darüber hinaus besteht in der Regel die Möglichkeit, den Grenzverlauf durch entsprechende zusätzliche Markierungen zu kennzeichnen. Der Verwaltungsgerichtshof tritt daher der von Abart/Lang/Obholzer, Tiroler Jagdrecht2, 41, vertretenen Ansicht bei, daß ein Verfahren nach § 8 Abs. 3 JG lediglich zum Zweck der Schaffung eines in der Natur leicht erkennbaren Grenzverlaufes nach dem Gesetzeswortlaut nicht gedeckt sei (vgl. auch das schon erwähnte hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1994, Zl. 92/03/0157).

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde die Annahme einer wesentlichen Erschwerung der ordnungsgemäßen Jagdausübung ausschließlich mit dem unübersichtlichen Verlauf der Jagdgebietsgrenzen im strittigen Bereich begründet. Daß und in welcher Hinsicht durch den ungünstigen Grenzverlauf die ordnungsgemäße Jagdausübung im Sinne der obigen Darlegungen tatsächlich wesentlich beeinträchtigt wird, hat sie nicht festgestellt. Zu derartigen Feststellungen hätte auch das im Verwaltungsverfahren eingeholte jagdfachliche Sachverständigengutachten keine Anhaltspunkte geboten.

Der angefochtene Bescheid beruht daher schon aus diesem Grund auf einer Verkennung der Rechtslage und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen (etwa zum - weiteren - Tatbestandsmoment, daß die Angliederung dem Zweck der Verkürzung oder Begradigung von Jagdgebietsgrenzen dienen muß) erübrigte sich.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Stempelgebührenersatz konnte nur in der Höhe von S 2.500,-- (§ 24 Abs. 3 erster Satz VwGG) zugesprochen werden.

Schlagworte

Jagdrecht und Jagdrechtsausübung Bildung von Jagdgebieten Jagdgebietsabrundung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998030076.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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