TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/30 W117 2223852-3

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Veröffentlicht am 30.01.2020
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Entscheidungsdatum

30.01.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W117 2223852-3/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Druckenthaner, als Einzelrichter im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl 1091413005 - 190896111/BMI-BFA_STM_AST_02_KO, über die weitere Anhaltung von XXXX geb. XXXX , StA. RUSSISCHE

FÖDERATION, vertreten durch VMÖ, vertreten durch: Mag. Sinisa

SINDRIC, in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft betreffend XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit:

RUSSISCHE FÖDERATION, im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang und Sachverhalt:

Zuletzt stellte die damals zuständige Einzelrichterin mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.01.2020, W112 2223852-2/13Z, gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG fest, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht begründete seine Entscheidung wie folgt:

"Die Identität des volljährigen Beschwerdeführers steht nicht fest. Er ist zweifach vorbestraft.

Es kann nicht festgestellt werden, welche Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführer hat. Er spricht flüssig aber fehlerhaft und mit Akzent russisch. Es ist nicht glaubhaft, dass er nicht DARI spricht.

Er stellte seinen ersten Asylantrag als XXXX in KUNDUZ, StA AFGHANISTAN am 18.10.2015, laut forensischer Altersdiagnostik war er im Antragszeitpunkt zumindest 17 Jahre alt. Dass er erst 14 Jahre alt war, wie in der hg. mündlichen Verhandlung angegeben, ist daher ausgeschlossen. Mit Bescheid vom 17.08.2017 wies das Bundesamt diesen Antrag auf internationalen Schutz ab, erließ eine Rückkehrentscheidung gegen ihn, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, stellte fest, dass seine Abschiebung nach AFGHANISTAN zulässig ist und räumte ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ein. Gegen diesen Bescheid erhob er Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, die dieses nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis vom 23.10.2018 als unbegründet abwies. Beschwerde oder Revision wurde nicht erhoben, der Beschwerdeführer war nicht ausreisewillig, kam der Ausreiseverpflichtung nicht nach und kündigte Widerstand gegen die Abschiebung an.

Das verwaltungsgerichtliche Asylverfahren wurde im Stande der Strafhaft geführt. Der Beschwerdeführer wurde am 29.11.2018 von der AFGHANISCHEN Botschaft als AFGHANISCHER Staatsangehöriger identifiziert. Der Beschwerdeführer stellte im DEZEMBER 2018 einen Antrag auf unterstützte freiwillige Rückkehr, um untertauchen zu können, zog den Antrag aber im JÄNNER wieder zurück. Am 21.03.2019 stellte er aus dem Stande der Strafhaft einen Folgeantrag auf internationalen Schutz unter dem Namen XXXX , geb. XXXX , StA Russische Föderation, tschetschenische Volksgruppe. Mit Bescheid vom 10.04.2019 verhängte das Bundesamt über ihn die Schubhaft im Anschluss an die Strafhaft zur Sicherung des Verfahrens über seinen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme. Am 10.04.2019 wurde er aus der Strafhaft entlassen und in die Schubhaft überstellt. Mit Bescheid vom 18.04.2019 hob das Bundesamt seinen faktischen Abschiebeschutz auf. Das Bundesverwaltungsgericht stellte mit Beschluss vom 06.05.2019 fest, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes rechtmäßig war. Mit Bescheid vom 07.06.2019, zugestellt zu Handen seiner rechtsfreundlichen Vertreterin am 14.06.2019, wies das Bundesamt den Asylfolgeantrag des Beschwerdeführers wegen entschiedener Sache zurück und erließ eine Rückkehrentscheidung und ein 10jähriges Einreiseverbot gegen ihn.

Am 07.05.2019 wurde der Beschwerdeführer mit einem FRONTEX-Charter nach AFGHANISTAN abgeschoben. Er vereitelte die Einreise, indem er sich den AFGHANISCHEN Behörden in KABUL gegenüber als RUSSISCHER Staatsangehöriger ausgab, weshalb ihm die Einreise verweigert wurde. Am 09.05.2019 reiste er mit dem CHARTER daraufhin wieder nach Österreich ein. Mit Bescheid vom 10.05.2019 verhängte das Bundesamt über ihn die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens über seinen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme. Er wurde am 10.05.2019 erneut der AFGHANISCHEN Botschaft vorgeführt und nochmals als AFGHANISCHER Staatsangehöriger identifiziert und ihm erneut ein Heimreisezertifikat ausgestellt. Am 29.05.2019 wurde er erneut aus dem Stande der Schubhaft nach AFGHANISTAN abgeschoben.

Er erhielt einen Ausweis des UNHCR in KABUL als XXXX , wobei die Identität nur auf Grund seiner Angaben feststellt wurde, wer als Zeuge dort aussagte, kann nicht festgestellt werden. Er war dort in Haft und wurde als Russischer Staatsangehöriger von AFGHANISTAN nach Österreich am 05.09.2019 mittels CHARTER überstellt und am Flughafen festgenommen. Er wurde ins Polizeianhaltezentrum HERNALSER GÜRTEL überstellt und mit Bescheid vom 06.09.2019 verhängte das Bundesamt die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung über ihn. Er befindet sich seither im Stande der Schbuhaft, die im Polizeianhaltezentrum HERNALSER GÜRTEL vollzogen wird.

Der Beschwerdeführer leidet in Haft an Schlafstörungen, ist subdepressiv und durch die Haft belastet, ansonsten ist er im Wesentlichen gesund. Er trat in der Schubhaft nur einen Tag in den Hungerstreik.

Das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates mit der Russischen Föderation wurde am 05.11.2019 eingeleitet. Es liegt noch kein Ergebnis vor. Für den Fall, dass er nicht als RUSSISCHER Staatsangehöriger identifiziert wird, wird die AFGHANISCHE BOTSCHAFT wieder mit dem Bundesamt zusammenarbeiten.

Die Feststellungen gründen auf der hg. mündlichen Verhandlung und den vorliegenden Akten.

Der Beschwerdeführer wird auf Grund des Erkenntnisses vom 04.10.2019 gemäß § 76 Abs. 1, 2 Z 2 FPG zur Sicherung der Abschiebung in Durchführung der Rückkehrentscheidung vom 07.06.2019 in Schubhaft angehalten.

Im Fall des Beschwerdeführers liegt Fluchtgefahr gemäß § 76 Abs. 3 Z 1 FPG vor, weil er bisher seine Abschiebung durch die Angabe verschiedener Identitäten vereitelte, einen Tag in den Hungerstreik trat und den Antrag auf unterstützte freiwillige Rückkehr nur stellte, um untertauchen zu können. Es liegt auch Fluchtgefahr gemäß § 76 Abs. 3 Z 9 FPG vor, weil der Beschwerdeführer über keine sozialen Anknüpfungspunkte verfügt, die gegen die Annahme von Fluchtgefahr sprechen.

Auf Grund des Vorverhaltens des Beschwerdeführers und insbesondere des persönlichen Eindrucks, den er in der hg. mündlichen Verhandlung vermittelte, steht fest, dass mit der Anwendung gelinderer Mittel nicht das Auslangen gefunden werden kann, insbesondere nicht nach zwei versuchten Abschiebungen bei Vorliegen einer rechtskräftigen Rückkehrentscheidung. Die Anhaltung in Schubhaft ist auch verhältnismäßig, weil die Dauer darauf zurückzuführen ist, dass der Beschwerdeführer divergierende Angaben zu seiner Identität macht und keine Dokumente in Vorlage bringt. Die Dauer ist auch vor dem Hintergrund der Straffälligkeit des Beschwerdeführers und seines Gesundheitszustandes verhältnismäßig. Mit der Durchführung der Abschiebung innerhalb der Schubhafthöchstdauer ist mit hinreichender Sicherheit zu rechnen."

Die Verwaltungsbehörde legte den Schubhaftakt vor und führte zum Begehren, die Schubhaft weiter zu verlängern, unter anderem entscheidungswesentlich aus:

"Schubhaftbegründung:

Aufgrund der Sachlage und des von Herrn XXXX alias XXXX dargebotenen Verhaltens, welches sich zusammengefasst wie folgt darstellt, nämlich

* dass er beharrlich im Bundesgebiet geblieben und unwillig ist, Österreich zu verlassen,

* die Behörde über die wahre Identität getäuscht hat um sich Asyl zu erschleichen,

* mehrfach massiv straffällig wurde (schwere Körperverletzung sowie Widerstand gegen die Staatsgewalt) im BG sowie soziale Unverträglichkeit (siehe GVS Bericht),

* über keinen nachweislichen Wohnsitz verfügt seit dem 10.04.2019,

* über keine finanzielle Mittel verfügt um den Lebensunterhalt auf legale Weise zu bestreiten,

* weder über familiäre noch sonstige nennenswerte soziale Anknüpfungspunkte in Österreich verfügt.

* eine Abschiebung vereitelt hat sowie eine Rückführung von Afghanistan nach Östereich erwirkt hat,

* Bei einer Entlassung aus der Schubhaft, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass die VP untertaucht.

* ein HRZ in Aussicht ist in Aussicht.

Mit Schreiben der afghanischen Regierung vom 01.09.2019 erging die Anfrage über eine Rückübernahme der VP aus Afghanistan, weil seitens der afghanischen Behörden eine russische Staatsangehörigkeit festgestellt worden sei.

Mit 02.09.2019 wurde ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates betreffend die russische Föderation eingeleitet.

Angemerkt wird dazu, dass Herr XXXX bei der Befragung durch ein Gremium in Afghanistan angab, syrischer Staatsangehöriger sowie Einwohner der tschetschenischen Republik zu sein und damit in allen Verfahren zusammengerechnet seine insgesamt dritte verschiedene Staatsangehörigkeit behauptet.

Es wird auch nochmal darauf hingewiesen, dass Herr XXXX das gesamte Erstasylverfahren (Erstbefragung, BFA- Einvernahme, BVwG Verhandlung) in Österreich sowie in zwei strafrechtliche Gerichtsverhandlungen in der Sprache DARI geführt hatte. Bei seinem Asylfolgeantrag gab er an kein Wort DARI zu sprechen sondern nur RUSSISCH und aus der Republik Tschetschenien zu stammen.

Aus Sicht der Behörde versucht die VP durch die Angabe von verschiedenen Aliasidentitäten, sich abermals der fremdenrechtlichen Maßnahmen zu entziehen bzw. erschweren. Zum bisherigen Verhalten wird nochmals auf die vereitelte Abschiebung vom 07.05.2019 sowie auf die erwirkte Rückführung nach Österreich am 05.09.2019 hingewiesen. Weiters wird angemerkt, dass Aufgrund der verschiedenen Aliasidentitäten ein HRZ- Verfahren mit Russland eingeleitet wurde. Insgesamt wurde die VP zweimal von der afghanischen Botschaft als Afghane identifiziert und zweimal nach Afghanistan abgeschoben, zuletzt erfolgreich am 29.05.2019.

Zur Wohnsituation wird angemerkt, dass die VP seit 12.10.2018 keinen Wohnsitz außerhalb von Haftanstalten hatte und auch in Zukunft aus Sicht der Behörde haben wird. Die VP ist gewillt alle Mittel und Wege zu ergreifen um einer Abschiebung zu entgehen wie aus der Einvernahme vom 09.04.2019 klar ersichtlich ist:

LA: Noch am 07.12.2018 stellten Sie einen Antrag auf freiwillige Rückkehr nach Afghanistan. Möchten Sie sich dazu äußern?

VP: Ich wollte nicht nach Afghanistan abgeschoben sondern wollte freiwillig zurückkehren nach Afghanistan. Ich wollte dass mich der VMÖ bei der freiwilligen Ausreise unterstützt und ich hatte die Hoffnung, dass ich im Zuge der freiwilligen Ausreise die Chance bekomme wegzulaufen und unterzutauchen. Ich wollte niemals aus Österreich ausreisen.

LA: Würden Sie freiwillig in Ihr Herkunftsland zurückkehren?

VP: Niemals. LA: Sofern Sie abgeschoben werden - begleitet oder unbegleitet - würden Sie Widerstand leisten?

VP: Ja.

Ein gelinderes Mittel wird nicht nur aufgrund der Wohnsituation sondern vor allem aufgrund des desaströsen Gesamtverhalten in Bezug auf die vereitelte Abschiebung, strafrechtliche Verurteilungen sowie die Verschleierung der wahren Identität gänzlich ausgeschlossen.

Heimreisezertifikaterlangung:

Die Identität steht aufgrund der Reisepass- und Visadaten in Kopie eindeutig fest. Am 05.11.2019 erging ein Antrag auf Austellung eines HRZ an die russische Botschaft.

Die durchschnittliche Dauer für die Erlangung eines HRZ bei Russland beträgt 6. Monate. Es wird in den nächsten 3 Wochen zu einer Vorführung und einem Interview mit der russischen Botschaft kommen.

Danach werden die Daten aus dem Interview durch die russische Behörden geprüft. Dieser Vorgang dauert laut HRZ Abteilung 3-4 Monate bis ein Ergebnis in Aussicht ist. Jedoch ist die Mitwirkung der VP in diesem Interview entscheident für die Dauer der Prüfung durch die russischen Behörden. Aufgrund des Schreibens der afghanischen Regierung vom September ist mit einer Idenfizierung von Russland zu rechnen.

Es ist mit einer HRZ- Austellung nach erfolgter Identifizierung innerhalb von wenigen Wochen zu rechnen. Eine Rückführung nach Russland nach erfolgter HRZ Austellung ist jederzeit möglich. Es gab auch bis jetzt keinerlei Schwierigkeiten bei den Rückführungen nach Russland. Es fliegen in regelmäßigen Abständen "Charter" nach Russland, sodass eine Rückführung mit HRZ problemlos möglich ist.

Weitere Anhaltung in Schubhaft:

Die weitere Anhaltung in Schubhaft wird als verhältnismäßig angesehen.

Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt erfolgten seitens der ho. Behörde bereits drei Schubhaftprüfungen gem. § 80 Abs. 6 FPG und ist das BFA der Ansicht, dass die Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft nach wie vor aus den im Schubhaftbescheid vom 06.09.2019 angeführten Gründen erforderlich ist, kein gelinderes Mittel anwendbar scheint und die Ausstellung eines HRZ von Russland als sehr wahrscheinlich angesehen werden darf.

Die begleitete Abschiebung wird geplant, sobald es eine HRZ-Austellung seitens der russichen Botschaft bestätigt wird.

Aufgrund der Fristerreichung gem. § 22a Abs. 4 BFA-VG der durchgehend andauernden Schubhaft, Fristbeginn beim BVwG am 27.01.2020 und Fristende am 03.02.2020, wird der hierortige Verfahrensakt des Obgenannten zur 1. Prüfung einer möglichen Fortsetzung der Schubhaft i.S.d. § 22a Abs. 4 BFA-VG übermittelt."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Verfahrensgang und die vom Bundesverwaltungsgericht im obzitierten Erkenntnis vom 03.01.2020, W112 2223852-2/13Z, getroffenen und im Verfahrensgang dargestellten Feststellungen werden mit Ausnahme der Feststellung, dass die Identität nicht feststehe, zum gegenständlichen Sachverhalt erhoben. Ebenso wird das obzitierte - insbesondere fett hervorgehobene - Sachverhaltssubstrat der Ausführungen der Verwaltungsbehörde im Rahmen der aktuellen Aktenvorlage zum Sachverhalt erhoben.

Ergänzend wird festgestellt:

Die Identität steht aufgrund vorliegender Identitätspapiere fest. Es sind auch aktuell keinerlei Umstände aufgetreten, die zu einem vom Vorerkenntnis abweichenden und für die Freilassung des Beschwerdeführers sprechenden Sachverhalt führen könnten, sodass die ausschließlich vom Beschwerdeführer zu verantwortende Schubhaft - der Beschwerdeführer machte oftmals bewusst tatsachenwidrige Angaben zu seiner Identität, insbesondere zu seinem Herkunftsstaat - weiter fortzusetzen ist. Die Abschiebung ist zeitnah möglich

Beweiswürdigung:

Hinsichtlich der vom angeführten Vorerkenntnis übernommenen Feststellungen ist auf die diesbezügliche zutreffende Beweiswürdigung zu verweisen. Neu hervorgekommen ist aufgrund der nun bekannten Reisepass- und Visadaten die Identität des Beschwerdeführers, die hiermit als nunmehr bekannt festzustellen war. In Übereinstimmung mit dem Erkenntnis hatte die Verwaltungsbehörde noch detaillierter das Täuschungsverhalten des Beschwerdeführers (insbesondere) herausgeschält, sodass die Fluchtgefahr geradezu als unstrittig anzusehen ist - ein gelinderes Mittel kam und kommt nicht in Frage. Da die Identität nun feststeht, ist jedenfalls mit einer zeitnahen Abschiebung zu rechnen.

Auf die Straffälligkeit und die vom Beschwerdeführer im Rahmen der Einvernahme vom 09.04.2019 ausdrücklich erstattete Vorbringen, welches im Zusammenhang mit dem Bestehen erheblichster Fluchtgefahr Bände spricht, wird nochmals hingewiesen.

"Ich wollte nicht nach Afghanistan abgeschoben sondern wollte freiwillig zurückkehren nach Afghanistan. Ich wollte dass mich der VMÖ bei der freiwilligen Ausreise unterstützt und ich hatte die Hoffnung, dass ich im Zuge der freiwilligen Ausreise die Chance bekomme wegzulaufen und unterzutauchen. Ich wollte niemals aus Österreich ausreisen.

LA: Würden Sie freiwillig in Ihr Herkunftsland zurückkehren?

VP: Niemals. LA: Sofern Sie abgeschoben werden - begleitet oder unbegleitet - würden Sie Widerstand leisten?

VP: Ja."

Die ergänzende Feststellung ergibt sich als logische Konsequenz des zur Fluchtgefahr feststehenden Sachverhaltes, sohin ist zwischenzeitlich keinerlei für den Beschwerdeführer sprechende Änderung des Sachverhaltes eingetreten.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt A. (Fortsetzung der Schubhaft):

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß

Die Grundlage zur Überprüfung der Verhältnismäßigkeit einer Fortsetzung der Schubhaft über die Viermonatsfrist im BFA-VG iVm. § 80 FPG lautet:

§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.

Aufgrund der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat die Behörde nach § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakten zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung, welche über die Viermonatsfrist gehen solle, vorzulegen. Dabei hat sie darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig wäre. Es ist Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und hat sich im Rahmen dieser Überprüfung auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose für das Gericht ergeben, dass eine weitere weiter als verhältnismäßig angesehen werden kann.

Vor dem Hintergrund des aktuell unbestritten feststehenden Sachverhaltes, welcher insbesondere in Bezug auf das massive Täuschungsverhalten des Beschwerdeführers bereits der angeführten Vorentscheidung zugrunde gelegt wurde, waren, wie ausgeführt, auch keine zwischenzeitlich für den Beschwerdeführer sprechenden Änderungen auf Sachverhaltsebene zu konstatieren; es wird daher die rechtliche Beurteilung des Vorerkenntnisses zur rechtlichen Beurteilung erhoben.

In Bezug auf die gesetzlich mögliche Maximaldauer erweist sich die bisherige Anhaltung jedenfalls auch als verhältnismäßig. Auch ist nochmals festzuhalten, dass ausschließlich der Beschwerdeführer durch sein Verhalten selbst die Dauer der Anhaltung zu verantworten hat.

Es war daher die Fortsetzung der Schubhaft auszusprechen.

Zu Spruchpunkt B) (Revision):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Im vorliegenden Akt findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Abschiebung, finanzielle Mittel, Fluchtgefahr, Fortsetzung der
Schubhaft, Identität, öffentliche Interessen, Rückkehrentscheidung,
Schubhaft, Sicherungsbedarf, Straffälligkeit, strafrechtliche
Verurteilung, Überprüfung, Untertauchen, Vereitelung,
Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W117.2223852.3.00

Zuletzt aktualisiert am

11.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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