TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/30 W111 2221791-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.01.2020
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Entscheidungsdatum

30.01.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z5
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §9 Abs1 Z1
AsylG 2005 §9 Abs4
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z4
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55

Spruch

W111 2221791-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Dr. Dajani LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, vertreten durch die XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.06.2019, Zl. 1018979904-180062779, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 9 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4, 10 Abs. 1 Z 5, 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG idgF sowie §§ 52 Abs. 2 Z 4 und Abs. 9, 46, 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 und 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit rechtskräftigem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.03.2016 wurde der vom Beschwerdeführer am 19.05.2014 infolge illegaler Einreise in das Bundesgebiet gestellte Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und diesem gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spruchpunkt III.).

Das Bundesamt stellte fest, dass der Beschwerdeführer ein somalischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Ashraf sei, welcher an Sehschwäche, jedoch an keinen lebensbedrohlichen Erkrankungen leide. Dieser habe keine nahen Angehörigen mehr in Somalia. Der von ihm vorgebrachte Fluchtgrund einer seitens seines Onkels versuchten Rekrutierung seiner Person für Al Shabaab und einjährigen Gefangenschaft bei dieser Gruppe habe sich als nicht glaubhaft erwiesen. Zudem würden dessen Ausführungen selbst im Falle einer Wahrunterstellung keine diesem im Falle einer Rückkehr drohende Verfolgung aus asylrelevanten Motiven ersichtlich machen.

Aufgrund der gegenwärtigen allgemeinen - politisch, militärisch und menschenrechtlich - instabilen Lage in Somalia erweise sich eine Abschiebung nach Somalia zum Entscheidungszeitpunkt als nicht zulässig.

2. Die befristete Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.03.2017 zuletzt bis 23.03.2019 verlängert.

3. Mit rechtskräftigem Urteil eines Landesgerichts vom XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen der Begehung des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 Abs. 1 2. Fall StGB, des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB sowie des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs. 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in Dauer von fünf Jahren verurteilt.

4. Mit Aktenvermerk vom 18.01.2018 respektive vom 12.07.2018 leitete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ein und gewährte dem Beschwerdeführer hierzu am 24.07.2018 im Rahmen einer niederschriftlichen Einvernahme Parteiengehör. Der Beschwerdeführer wurde über das gegen seine Person in Folge der rechtskräftigen Verurteilung eingeleitete Aberkennungsverfahren in Kenntnis gesetzt. Der Beschwerdeführer führte zunächst aus, dass die vorliegende Verurteilung zu Unrecht erfolgt wäre. Er stünde gegenwärtig nicht in ärztlicher Behandlung und benötige keine Medikamente. In Österreich habe er Deutschkurse besucht und spreche bereits gut Deutsch. Eine Arbeitsstelle habe er aufgrund seiner Sehbehinderung bislang nicht gefunden. Der Beschwerdeführer sei in Österreich nach somalischer Tradition verheiratet; seine Frau, welche Inhaberin eines Konventionspasses wäre, lebe mit den beiden gemeinsamen Kindern im Bundesgebiet. Sie hätten Kontakt zueinander, seine Frau würde ihn immer wieder gemeinsam mit den Kindern in der Justizanstalt besuchen. In Somalia hätte er keine Angehörigen mehr, mit denen er in Kontakt stünde. Im Falle einer Rückkehr befürchte er, durch seinen Onkel getötet zu werden. Der Beschwerdeführer ersuche darum, ihm seinen Schutzstatus nicht zu entziehen; er sei ein Flüchtling, welcher zusätzlich gesundheitliche Probleme hätte. In diese Sache sei er ungewollt und unschuldig hineingeraten. Seine Familie lebe in Österreich.

5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 26.06.2019 hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 30.03.2017, Zahl 1018979904-14626074, zuerkannten Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und die ihm im genannten Bescheid erteilte Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 9 Abs. 4 AsylG entzogen (Spruchpunkt II.). Weiters wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Somalia zulässig sei (Spruchpunkt V.) und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG ausgesprochen, dass die Frist für dessen freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).

Zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde begründend darauf verwiesen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung jenes Status nicht mehr vorliegen würden und nicht festgestellt werden könne, dass dem Beschwerdeführer im Falle eine Rückkehr nach Somalia die notdürftige Lebensgrundlage entzogen wäre. Dem Beschwerdeführer sei es möglich und zumutbar, seinen Lebensmittelpunkt erneut in Mogadischu zu begründen. Dieser sei ein mit Ausnahme einer Sehschwäche gesunder und arbeitsfähiger junger Mann, welcher bislang in der Lage gewesen wäre, sein Leben ohne Familienangehörige zu meistern. Von einer aktuellen Gefährdung seiner Person im Herkunftsstaat könne nicht ausgegangen werden. Aufgrund der vorliegenden Länderinformationen habe festgestellt werden können, dass sich die Situation in Somalia in weiten Teilen des Landes, vor allem in Mogadischu, nachhaltig gebessert hätte. Dem von ihm vorgebrachten Fluchtgrund sei bereits im Bescheid vom 23.03.2016 die Glaubwürdigkeit abgesprochen worden. Zudem sei es ihm seinerzeit möglich gewesen, nach den angeblichen fluchtauslösenden Erlebnissen noch ein Jahr lang in Mogadischu zu leben, bevor er im Jänner 2014 die Reise nach Europa angetreten hätte. Es habe festgestellt werden können, dass die Dürresituation überwunden und eine Versorgung mit Nahrungsmitteln gewährleistet wäre. Außerdem seien in Mogadischu zahlreiche internationale Hilfsorganisationen tätig, welche auch Rückkehrern aus dem Ausland Unterstützung leisten würden. Mogadischu befinde sich weiterhin unter Kontrolle von Regierung und AMISOM. Die Situation in der Stadt sei nicht derartig, dass jeder Mensch einem Risiko entsprechend Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre.

Gründe für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 57 AsylG 2005 hätten sich im Verfahren nicht ergeben. Der Beschwerdeführer habe, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der begangenen Straftaten, keinen Integrationswillen erkennen lassen. Dieser habe seinen Lebensunterhalt durchwegs durch staatliche Unterstützungsleistungen bestritten. Aufgrund der gegenwärtigen Haftstrafe liege ein aufrechtes, schützenswertes, Familien- und Privatleben des Beschwerdeführers im Bundesgebiet nicht vor. Da aufgrund der vom Beschwerdeführer begangenen, als besonders schwerwiegend zu qualifizierenden, Straftaten die Annahme gerechtfertigt sei, dass ein weiterer Aufenthalt seiner Person im österreichischen Bundesgebiet eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstelle, erweise sich die Erlassung eines Einreiseverbotes als erforderlich um der von seiner Person ausgehenden Gefährdung zu begegnen.

6. Gegen den dargestellten Bescheid wurde mit Eingabe vom 24.07.2019 durch die bevollmächtigte Rechtsberatungsorganisation die verfahrensgegenständliche Beschwerde im vollen Umfang erhoben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Behörde habe das Verfahren durch Heranziehung veralteter Länderberichte mit einem wesentlichen Mangel belastet. Hinsichtlich der persönlichen Situation des Beschwerdeführers sei keine grundlegende Änderung eingetreten. Mangels wesentlicher und nachhaltiger Änderung der maßgeblichen Umstände würden die Voraussetzungen für eine Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht vorliegen. Die Sicherheitslage in Mogadischu stelle sich laut den vorliegenden Berichten weiterhin als volatil dar. Den Länderberichten lasse sich weiters entnehmen, dass Somalia nach wie vor eines der ärmsten Länder der Welt wäre und ein großer Anteil der Bevölkerung akut von Nahrungsmittelknappheit betroffen wäre. Verwiesen wurde auf verschiedene Berichte zur allgemeinen Versorgungslage in Somalia. Die Behörde habe insgesamt nicht nachvollziehbar dargelegt, aus welchen Beweisergebnissen der Schluss gezogen werde, dass sich die Versorgungslage in Somalia/Mogadischu im Vergleich zur vorherigen Entscheidung über die subsidiäre Schutzgewährung geändert hätte. Aus einem Kurzbericht von USAID aus Juni 2019 ginge insbesondere hervor, dass derzeit 4,2 Millionen Personen in Somalia humanitäre Unterstützung benötigen würden. Aus weiters angeführten Berichten zur allgemeinen Sicherheitslage ergebe sich, dass Al Shabaab weiterhin über eine starke Präsenz in Mogadischu verfügen würde. Der Beschwerdeführer habe es geschafft, trotz seines schlechten Sehvermögens die deutsche Sprache zu erlernen, zudem habe er eine Familie in Österreich gegründet. Der Beschwerdeführer mache im Gefängnis eine Lehre als Spengler und sei weiterhin bemüht, selbständig zu leben und für seine Familie zu sorgen. Die Behörde habe keine ausreichende Beurteilung des Persönlichkeitsbildes des Beschwerdeführers vorgenommen und die vermeintlich von diesem ausgehende Gefährdung nicht im ausreichenden Maße geprüft.

7. Die Beschwerdevorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und der bezughabende Verwaltungsakt langten am 29.07.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist ein volljähriger Staatsangehöriger von Somalia, er gehört dem Clan der Ashraf an und bekennt sich zum muslimischen Glauben. Der Beschwerdeführer stammt aus Mogadischu, wo er bis zu seiner Ausreise im Jahr 2014 gelebt und seinen Lebensunterhalt zuletzt eigenständig durch Verrichtung von Gelegenheitsarbeiten bestritten hat. Der damals minderjährige Beschwerdeführer stellte infolge illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 19.05.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz und hält sich seither durchgehend im Bundesgebiet auf.

1.2. Mit rechtskräftigem Bescheid vom 23.03.2016 hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen und diesem gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. Die Zuerkennung subsidiären Schutzes wurde mit der allgemein instabilen Lage in Somalia zum damaligen Entscheidungszeitpunkt begründet.

In Bezug auf die zum Zeitpunkt der Zuerkennung subsidiären Schutzes vorgelegene instabile Sicherheits- und Versorgungslage ist mittlerweile insofern eine wesentliche Änderung eingetreten, als nicht erkannt werden kann, dass für den - zwischenzeitig volljährigen -Beschwerdeführer als alleinstehenden gesunden leistungsfähigen Mann im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf im Falle einer Niederlassung in Mogadischu nach wie vor eine reale Bedrohungssituation für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit bestehen würde. Dieser liefe auch nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schweren Krankheit, noch ist er längerfristig pflege- oder rehabilitationsbedürftig. Bei diesem besteht von Geburt an eine Sehbeeinträchtigung.

1.3. Der Beschwerdeführer hat eigenen Angaben zufolge zwei gemeinsame Kinder mit einer in Österreich asylberechtigten somalischen Staatsangehörigen, mit welcher er nach somalischer Tradition verheiratet ist. Der Beschwerdeführer hat mit seinen in Österreich asylberechtigten Familienangehörigen bislang in keinem gemeinsamen Haushalt gelebt. Der Beschwerdeführer hat sich grundlegende Kenntnisse der deutschen Sprache angeeignet. Dieser ist nie einer längerfristigen Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet nachgegangen und war bislang nie selbsterhaltungsfähig. Der Beschwerdeführer verbüßt gegenwärtig eine unbedingte Haftstrafe mit einem errechneten Strafende im Februar 2023. Der Beschwerdeführer ging keiner ehrenamtlichen Tätigkeit nach, ist in keinem Verein Mitglied und hat insgesamt keine besonderen Bemühungen hinsichtlich einer Integration im Bundesgebiet erkennen lassen. Es konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer tiefgreifenden Integration des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.

1.4. Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX , Zl. XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen der Begehung des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 Abs. 1 2. Fall StGB, des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB sowie des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs. 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in Dauer von fünf Jahren verurteilt.

Der Beschwerdeführer wurde (I.) für schuldig befunden, im Dezember 2017 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Mittätern unter Verwendung einer Waffe einer anderen Person mit Gewalt gegen ihre Person eine fremde bewegliche Sache mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, durch deren Zueignung sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, indem die Mittäter gemeinschaftlich auf diese einschlugen und eintraten, wobei der Beschwerdeführer und zwei der Mittäter dem Opfer mit Flaschen auf den Kopf schlugen, sodass diese zerbrachen, und sodann einer der Mittäter die Geldtasche mit EUR 350,- Bargeld aus der Hosentasche gezogen hat. Weiters wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden (II.) rund drei Wochen nach der zuvor beschriebenen Tat im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem Mittäter (1.) einen Mann am Körper verletzt zu haben, indem ihm beide mit der Faust ins Gesicht schlugen, wodurch dieser eine blutende Wunde im Bereich der Oberlippe erlitt und (2.) einem weiteren Mann eine schwere Körperverletzung absichtlich zufügte, indem die Mittäter auf diesen einschlugen und eintraten, bis dieser regungslos am Boden liegen blieb, wodurch dieser eine Fraktur des linken Unterschenkels, eine Schienbeinkopffraktur, eine Gehirnblutung, eine Subturalblutung und einen Bruch am Hinterhaupt erlitt. Bei der Stafzumessung wurden als mildernd die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers und sein Alter unter 21 Jahren zum Tatzeitpunkt berücksichtigt. Als erschwerend wirkten sich das Zusammentreffen von zwei Verbrechen mit einem Vergehen und die Begehung mit Mittätern aus.

Ein weiterer Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet würde eine schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstellen, zumal anhand seines bisherigen Verhaltens die Begehung weiterer Straftaten, insbesondere im Bereich der Körperverletzungs- und Vermögensdelikte, zu prognostizieren ist.

1.5. Zur Lage in Somalia wird unter Heranziehung der im angefochtenen Bescheid zitierten Länderberichte Folgendes festgestellt:

KI vom 17.9.2018: Positiver Trend bei Versorgungslage (betrifft: Abschnitt 21/Grundversorgung und Abschnitt 21.1/Dürresituation)

Nach den überdurchschnittlichen Gu-Regenfällen 2018 wird die Getreideernte die größten Erträge seit 2010 einbringen. Die Lage bei der Nahrungsversorgung hat sich weiter verbessert (UN OCHA 11.9.2018; vgl. UN OCHA 5.9.2018), dies gilt auch für Einkommensmöglichkeiten und Marktbedingungen (FSNAU 1.9.2018). Die Preise für unterschiedliche Grundnahrungsmittel haben sich in Mogadischu gegenüber dem Vorjahr drastisch verbilligt und liegen nunmehr unter dem Fünfjahresmittel. Dies betrifft namentlich Bohnen (cowpea), rotes Sorghum und Mais (FEWS NET 31.8.2018). Insgesamt hat sich die Ernährungssituation verbessert, auch wenn es im ganzen Land noch eine hohe Rate an Unterernährung gibt - speziell unter IDPs (UN OCHA 11.9.2018). Die Dürre ist zwar offiziell vorbei, es braucht aber mehr als eine gute Regenzeit, bevor sich die Menschen davon erholen (UN OCHA 2.9.2018). Vor allem vom Verlust ihres Viehs, von Überschwemmungen (im April/Mai 2018, Juba- und Shabelle-Täler) und vom Zyklon Sagar (Mai 2018, Nordsomalia) betroffene Gemeinden werden noch längere Zeit für eine Rehabilitation brauchen. Zwischen Februar und Juli 2018 konnten humanitäre Organisationen 1,9 Millionen Menschen pro Monat erreichen (UN OCHA 5.9.2018).

Die Stufe für akute Unterernährung hat sich verbessert. Die Zahl von an schwerer akuter Unterernährung Betroffenen ist nur bei zwei Gruppen kritisch: Bei den IDPs in Mogadischu und in der Guban Pastoral Livelihood in West-Somaliland (UN OCHA 5.9.2018). Allerdings werden auch noch andere Teile oder Gruppen Somalias als Hotspots genannt, wo Interventionen als dringend erachtet werden.

Dies sind im ländlichen Raum: Northern Inland Pastoral of Northeast (Teile von Sanaag, Sool und Bari); Hawd Pastoral of Northeast (Teile von Togdheer, Sool und Nugaal); Northwest Guban Pastoral (Teile von Awdal); der Bezirk Belet Weyne (Shabelle-Tal und agro-pastorale Teile); Agro-pastorale Teile und das Juba-Tal in Gedo; die Bezirke Mataban, Jalalaqsi und Buulo Burte in Hiiraan; Teile des Juba-Tals in Middle Juba. An Gruppen sind es die IDPs in Bossaso, Garoowe, Galkacyo, Qardho, Mogadischu, Baidoa, Kismayo und Doolow (FSNAU 1.9.2018). Überhaupt bleiben IDPs die am meisten vulnerable Gruppe (UN OCHA 11.9.2018).

In Nordsomalia werden aus einigen Gebieten immer noch Wasser- und Weidemangel berichtet, da die Gu-Regenzeit dort auch im Jahr 2018 nicht ertragreich ausgefallen ist. Es handelt sich um Teile der Regionen Bari und Nugaal (Puntland) sowie von Sool und Sanaag (Somaliland). Dort findet die Wasserversorgung teils immer noch mit Tanklastwagen statt, rund 48.000 Haushalte sind betroffen. Humanitäre Organisationen wie ACTED sind dort aktiv und konnten für über 31.000 Haushalte samt Vieh die Wasserversorgung wiederherstellen (ACTED 12.9.2018).

...

Insgesamt sind ca. 4,6 Millionen Menschen weiter auf Unterstützung angewiesen, im Februar 2018 waren es noch 5,4 Millionen gewesen (UN OCHA 11.9.2018). Von den 4,6 Millionen befinden sich ca. 1,4 Millionen auf IPC-Stufe 3 (IPC = Klassifizierung zur Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung), weitere ca. 170.000 auf IPC-Stufe 4 (FSNAU 1.9.2018). Darunter scheinen sich viele Kinder zu finden. Ca. 240.000 Kinder gelten als akut unterernährt, weiter 55.000 als schwer unterernährt (UN OCHA 2.9.2018).

Für die Deyr-Regenzeit 2018 (Oktober-Dezember) wird eine überdurchschnittliche Niederschlagsmenge prognostiziert (UN OCHA 5.9.2018; vgl. FAO 6.9.2018). Damit wird auch eine weitere Verbesserung bei den Weideflächen und bei der Wasserverfügbarkeit und i.d.F. Verbesserungen bei der Viehzucht und in der Landwirtschaft einhergehen (FAO 6.9.2018). Zusätzliche Ernten und weiter verbesserte Marktbedingungen werden zu weiteren Verbesserungen führen (FSNAU 1.9.2018)

Allerdings werden auch für das äthiopische Hochland höhere Niederschlagsmengen prognostiziert, was das Überschwemmungsrisiko entlang von Juba und Shabelle steigen lässt. Gegenwärtig sind einige Flussufer bzw. Flusseinfassungen beschädigt, was selbst bei normalen Regenmengen eine Gefahr darstellt (FAO 6.9.2018). Immerhin hat Somalia 2018 die schwersten Überschwemmungen seit 60 Jahren erlebt (WB 6.9.2018).

Quellen:

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ACTED (12.9.2018): Drought conditions continue to persist in Badhan district,

https://reliefweb.int/report/somalia/drought-conditions-continue-persist-badhan-district, Zugriff 14.9.2018

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FAO - FAO SWALIM / FSNAU (6.9.2018): Somalia Rainfall Outlook for 2018 Deyr (October-December) - Issued: 6 September 2018, https://reliefweb.int/report/somalia/somalia-rainfall-outlook-deyr-2018-october-december-issued-6-september-2018, Zugriff 14.9.2018

-

FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (31.8.2018):

Somalia Price Bulletin, August 2018, https://reliefweb.int/report/somalia/somalia-price-bulletin-august-2018, Zugriff 14.9.2018

-

FSNAU - Food Security and Nutrition Analysis Unit / Famine Early Warning System Network (1.9.2018): FSNAU-FEWS NET 2018 Post Gu Technical Release,

https://reliefweb.int/report/somalia/fsnau-fews-net-2018-post-gu-technical-release-01-sep-2018, Zugriff 14.9.2018

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UN OCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (11.9.2018): Somalia - Humanitarian Snapshot (as of 11 September 2018),

https://reliefweb.int/report/somalia/somalia-humanitarian-snapshot-11-september-2018, Zugriff 14.9.2018

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UN OCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (5.9.2018): Humanitarian Bulletin Somalia, 1 August - 5 September 2018,

https://reliefweb.int/report/somalia/humanitarian-bulletin-somalia-1-august-5-september-2018, Zugriff 14.9.2018

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UN OCHA - UN UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (2.9.2018): Somalia - Food security improving but recovery remains fragile,

https://reliefweb.int/report/somalia/somalia-food-security-improving-recovery-remains-fragile, Zugriff 14.9.2018

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WB - Worldbank (6.9.2018): World Bank's Flagship Infrastructure Project Launched in Somalia,

https://reliefweb.int/report/somalia/world-bank-s-flagship-infrastructure-project-launched-somalia, Zugriff 14.9.0218

...

Süd-/Zentralsomalia

Die Präsenz von AMISOM in Somalia bleibt auch mittelfristig essentiell, um die Sicherheit in Somalia zu gewährleisten. Sollte AMISOM überhastet abziehen oder die Verantwortung zu früh an somalische Sicherheitsbehörden übergeben, besteht das Risiko von Rückschritten bei der Sicherheit (UNSC 5.9.2017; vgl. ICG 20.10.2017).

AMISOM hat große Erfolge erzielt, was die Einschränkung der territorialen Kontrolle der al Shabaab anbelangt (ICG 20.10.2017). Weite Teile des Landes wurden durch AMISOM und durch die somalische Armee aus den Händen der al Shabaab zurückgeholt (UNHRC 6.9.2017), und AMISOM hat al Shabaab weitgehend zurückgedrängt (ÖB 9.2016). AMISOM und die somalische Regierung konnten ihre Kontrolle in zurückgewonnenen Gebieten etwas konsolidieren (AI 22.2.2017). Es ist aber kaum zur Einrichtung von Verwaltungen gekommen (BFA 8.2017).

Gleichzeitig hat AMISOM ihre Kräfte überdehnt. Die Mission tut sich schwer dabei, nunmehr den Kampf gegen eine Rebellion führen zu müssen, welche sich von lokalen Konflikten nährt. Die al Shabaab ist weiterhin resilient (ICG 20.10.2017). Außerdem beherrschen einige der neu errichteten Bundesstaaten nicht viel mehr, als ein paar zentrale Städte. Der effektive Einfluss von AMISOM und den somalischen Verbündeten bleibt jedoch in vielen Fällen auf das jeweilige Stadtgebiet konzentriert, auch wenn es teils zu weiteren Exkursionen kommt. In einigen Städten ist es in jüngerer Vergangenheit zu Verbesserungen gekommen. Dies gilt mehrheitlich auch für Mogadischu (BFA 8.2017).

Seit Beginn des Bürgerkrieges 1991 gab es in weiten Landesteilen kaum wirksamen Schutz gegen Übergriffe durch Clan- und andere Milizen sowie bewaffnete kriminelle Banden. In Süd-/Zentralsomalia herrscht weiterhin in vielen Gebieten Bürgerkrieg. Die somalischen Sicherheitskräfte kämpfen mit Unterstützung der Mission der Afrikanischen Union in Somalia (AMISOM) gegen die radikalislamistische Miliz al Shabaab. Die Gebiete sind teilweise unter der Kontrolle der Regierung, teilweise unter der Kontrolle der al Shabaab oder anderer Milizen (AA 1.1.2017; vgl. ÖB 9.2016) oder sind von AMISOM Offensiven betroffen (ÖB 9.2016). Kämpfe - vor allem unter Beteiligung von al Shabaab, aber auch unter Beteiligung von Clans - sowie Zwangsräumungen haben zu Vertreibungen und Verlusten geführt (HRW 12.1.2017). Dabei haben AMISOM und die somalische Armee seit Juli 2015 keine großen Offensive mehr geführt (SEMG 8.11.2017). Im Jahr 2016 gab es zwar Kämpfe zwischen AMISOM/Regierung und al Shabaab, es kam aber kaum zu Gebietswechseln (AI 22.2.2017). Im Jahr 2017 ist es zu weniger direkten militärischen Auseinandersetzungen zwischen al Shabaab und AMISOM gekommen. Die am meisten vom militärischen Konflikt betroffenen Gebiete sind die Frontbereiche, wo Ortschaften und Städte wechselnder Herrschaft unterworfen sind; sowie das Dreieck Mogadischu-Afgooye-Merka (BFA 8.2017).

Die reduzierten Kapazitäten der al Shabaab haben dazu geführt, dass sich die Gruppe auf Guerilla-Taktik und asymmetrische Kriegsführung verlegt hat. Al Shabaab begeht verübt komplexe Angriffe, Selbstmordattentate, und gezielte Attentate auf Einzelpersonen (UKHO 7.2017). Die Gruppe setzt den Guerillakampf im ländlichen Raum Süd-/Zentralsomalias fort. Regelmäßig kommt es zu Angriffen auf somalische und AMISOM-Truppen, die sich auf Verbindungsstraßen bewegen (UNSC 5.9.2017; vgl. UNSC 9.5.2017).

Al Shabaab kontrolliert weiterhin wichtige Versorgungsrouten und hält gegen Städte unter Kontrolle von AMISOM und Regierungskräften Blockaden aufrecht (HRW 12.1.2017). Durch Guerilla-Aktivitäten isoliert al Shabaab mehrere Städte, die teils als Inseln im Gebiet der Gruppe aufscheinen (BFA 8.2017). AMISOM muss an vielen Einsatzorten von UNSOS aus der Luft versorgt werden, da die Überlandrouten nicht ausreichend abgesichert sind (UNSC 5.9.2017).

Es hat mehrere Fälle gegeben, wo internationale Truppen Gebiete in Bakool, Galgaduud, Hiiraan und Lower Shabelle ohne große Ankündigung geräumt haben. In der Folge ist al Shabaab unmittelbar in diese Gebiete zurückgekehrt und hat an der lokalen Bevölkerung zahlreiche Menschenrechtsverletzungen (Mord, Folter, Entführung, Vernichtung humanitärer Güter, Zwangsrekrutierung) begangen (SEMG 8.11.2017). Die Vergangenheit hat gezeigt, dass eben jene Orte, aus denen die ENDF oder AMISOM rasch abgezogen sind, am meisten unter dem Konflikt leiden. Sobald die Regierungskräfte abziehen, füllt nämlich al Shabaab das entstandene Vakuum auf. Vergeltungsmaßnahmen gegen Zivilisten folgen umgehend. Es gibt regelmäßig Berichte darüber, dass AS mutmaßliche Kollaborateure hingerichtet hat. Die Menschen dort leben unter ständiger Bedrohung (BFA 8.2017).

Im September 2017 überrannte al Shabaab mehrere Stützpunkte der somalischen Armee, namentlich in Bulo Gaduud, Belet Xawo, Ceel Waaq und Bariire (19.12.2017 VOA).

Eine Infiltration von unter Kontrolle der Regierung stehenden Städten mittels größerer Kampfverbände der al Shabaab kommt nur in seltenen Fällen vor. Bisher wurden solche Penetrationen innert Stunden durch AMISOM und somalische Verbündete beendet. Eine Infiltration der Städte durch verdeckte Akteure der al Shabaab kommt in manchen Städten vor (BFA 8.2017). Al Shabaab ist dadurch nach wie vor in der Lage, auch auf die am schwersten bewachten Teile von Mogadischu oder anderer Städte tödliche Angriffe zu führen (AI 22.2.2017).

Die Unsicherheit in den von der Regierung kontrollierten Gebieten, einschließlich Mogadischu, sowie politische Machtkämpfe behindern Fortschritte im Bereich der Justiz und die Reform des Sicherheitssektors (ÖB 9.2016). Politische Anstrengungen zur Etablierung bzw. Stärkung von Bundesländern verstärkten Clankonflikte in manchen Bereichen (ÖB 9.2016; vgl. BS 2016, BFA 8.2017). Auch dabei kommen Zivilisten zu Schaden (HRW 12.1.2017).

Auch Regierungstruppen und Clanmilizen geraten regelmäßig aneinander. Dadurch werden viele Zivilisten schwerverletzt bzw. getötet. In solchen Fällen bleibt Zivilisten nichts andres übrig als die Flucht zu ergreifen, da weder Clan- noch staatlicher Schutz gegeben ist (ÖB 9.2016).

Gezielte Angriffe auf Zivilisten und zivile Infrastruktur mittels Selbstmordattentätern und anderen Sprengstoffanschlägen durch die al Shabaab haben weiterhin gravierende Folgen (HRW 12.1.2017). Zivilisten kommen im Kreuzfeuer, bei gezielten Attentaten, durch Sprengsätze oder Handgranaten und bei komplexen Anschlägen ums Leben oder werden verwundet (AI 22.2.2017). Generell hat al Shabaab vermehrt Gewalt gegen Zivilisten angewandt, nötigt oder bestraft in den Gebieten unter ihrer Kontrolle ganze Gemeinden. Aufgrund der durch die Dürre verstärkten Ressourcenknappheit hat al Shabaab Dörfern niedergebrannt und Älteste enthauptet, um ihre Steuerforderungen durchzusetzen - so z.B. im Raum Xaradheere im November 2016 (SEMG 8.11.2017). Im ersten Trimester 2017 wurden von al Shabaab 36 Personen entführt, davon wurden 15 später wieder freigelassen (UNSC 9.5.2017).

UNSOM hat für den Zeitraum 1.1.2016-14.10.2017 insgesamt 2.078 getötete zivile Opfer in Somalia dokumentiert; hinzu kommen 2.507 Verletzte. Für 60% der Opfer ist die al Shabaab verantwortlich (UNHRC 10.12.2017a).

(UNHRC 10.12.2017b)

Für das Jahr 2016 berichtet das UN Mine Action Service von 267 durch Sprengstoffanschläge getötete und 727 verletzte Personen. Bei Kämpfen kamen zwischen Jänner und August 2016 492 Zivilisten ums Leben (USDOS 3.3.2017). Andererseits beruft sich die SEMG auf Zahlen von ACLED. Demnach seien im Zeitraum Jänner 2016 bis Mitte August 2017 bei 533 Zwischenfällen mit improvisierten Sprengsätzen insgesamt 1.432 Zivilisten zu Schaden gekommen, 931 davon wurden getötet (SEMG 8.11.2017). Das Rote Kreuz wiederum berichtet, dass im Jahr 2016 ca. 5.300 durch Waffen verletzte Personen in vom IKRK unterstützten Spitälern eine Behandlung erhalten haben; v.a. in Mogadischu, Baidoa und Kismayo (ICRC 23.5.2017). Es ist offenbar schwierig, die genaue Zahl festzustellen (AI 22.2.2017).

Im ersten Trimester 2017 wurden 646 Zivilisten getötet oder verletzt (UNSC 9.5.2017), im zweiten Trimester waren es 582 (ca. die Hälfte der letztgenannten Zahl ist al Shabaab zuzuschreiben, 12 Opfer der AMISOM, 41 den staatlichen Sicherheitskräften; bei durch die Dürre verschärften Ressourcenkonflikten kamen 175 Zivilisten zu Schaden) (UNSC 5.9.2017). Bei einer geschätzten Bevölkerung von rund 11 Millionen Einwohnern (CIA 6.11.2017) liegt die Quote getöteter Zivilisten:Gesamtbevölkerung für Gesamtsomalia im ersten Trimester 2017 bei ca. 1:17.000, im zweiten Trimester bei 1:18.900.

Auch wenn die Zahl von Gewalt gegen Zivilisten seit dem Jahr 2013 relativ konstant bleibt, so hat sich die Letalität - etwa aufgrund der Proliferation von destruktiveren Methoden - erhöht. Im Durchschnitt kommen bei jedem Vorfall also mehr Menschen zu Schaden (SEMG 8.11.2017). Absolutes Beispiel dieses Trends ist der Anschlag vom 14.10.2017 in Mogadischu, bei welchem mehr als 500 Menschen getötet wurden - wiewohl sich al Shabaab bislang nicht zu dem Anschlag bekannt hat (DS 2.12.2017).

Dahingegen ist bei den staatlichen Sicherheitskräften ein positiver Trend zu erkennen. Sie sind in keine größeren Angriffshandlungen gegen Zivilisten verwickelt (SEMG 8.11.2017).

Im zweiten Trimester 2017 kam es in ganz Somalia zu 16 Luftangriffen, die meisten davon in den Regionen Gedo (8), Lower Shabelle (4) und Lower Juba (3). Insgesamt kamen dabei 18 Zivilisten zu Schaden (UNSC 5.9.2017). Eine andere Quelle nennt als Gesamtzahl für die ersten beiden Trimester 2017 32 Luftangriffe durch Kenia, die USA und nicht identifizierte Kräfte (SEMG 8.11.2017). Insgesamt sollen alleine die USA im Jahr 2017 30 Luftschläge in Somalia durchgeführt haben (BBC 22.12.2017). Jedenfalls haben die USA ihre Angriffe verstärkt: Während sie im gesamten Jahr 2016 nur dreizehn Luftschläge führte, waren es alleine im Zeitraum Juni-September 2017 neun. Seit 2016 haben sich die Auswirkungen von Luftschlägen auf Zivilisten aufgrund gezielterer Angriffe verringert. Insgesamt wurden im Zeitraum Jänner 2016 bis Juni 2017 bei 58 Luftschlägen 36 zivile Opfer dokumentiert (SEMG 8.11.2017).

Quellen:

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Benadir / Mogadischu

Mogadischu bleibt weiterhin unter Kontrolle von Regierung und AMISOM (AI 22.2.2017). Die Stadtverwaltung von Mogadischu ist verhältnismäßig präsent und aktiv (BFA 8.2017). Schritte von Stadt- und Bundesregierung haben bei der Sicherheitslage zu einer Verbesserung geführt - speziell durch die Aufstellung der Mogadishu Stabilization Mission (MSM). Die Zahl von Angriffen der al Shabaab im jeweiligen Ramadan ist von 269 im Jahr 2015 auf 208 im Jahr 2017 zurückgegangen. Andererseits scheint sich die al Shabaab aufgrund der Erfolge der Sicherheitskräfte zunehmend auf Sprengstoffanschläge zu verlegen, welche unter der Zivilbevölkerung ein höheres Maß an Schaden verursachen (UNSC 5.9.2017). Regelmäßig kommt es zu sogenannten komplexen Anschlägen in Mogadischu, wobei ein Sprengstoffanschlag mit dem Einsatz einiger weniger bewaffneter Selbstmordkämpfer kombiniert wird. Ziele sind i.d.R. Hotels oder Restaurants, die häufig von Behördenbediensteten oder Sicherheitskräften frequentiert werden (SEMG 8.11.2017).

Der Einsatz von Artillerie (Mörsern) mit Ziel Mogadischu ist wieder im Steigen begriffen. Im ersten Halbjahr 2017 kam es zu zwölf derartigen Angriffen, im Gesamtjahr 2016 waren es 17 (SEMG 8.11.2017). Am 12.6. und am 4.7.2017 wurden insgesamt neun Mörsergranaten auf Stadtgebiet abgeschossen (UNSC 5.9.2017). Dabei verfügt al Shabaab nunmehr auch über schwere, von AMISOM erbeutete Mörser (120mm), was ihre Möglichkeiten erweitert (SEMG 8.11.2017). Es ist höchst unwahrscheinlich, dass al Shabaab wieder die Kontrolle über Mogadischu erlangt (DIS 9.2015; vgl. EASO 2.2016). Es gibt in der Stadt auch kein Risiko mehr, von der al Shabaab zwangsrekrutiert zu werden (BFA 8.2017; vgl. UKUT 3.10.2014, vgl. EGMR 10.9.2015). Es besteht zwar gemäß mehreren Berichten kein Risiko, alleine aufgrund der eigenen Clanzugehörigkeit angegriffen zu werden. Trotzdem sind Clan und Clanzugehörigkeit in Mogadischu nach wie vor relevant (SEM 31.5.2017).

Die Sicherheitslage hat sich also verbessert (UNSOM 13.9.2017; vgl. UNNS 13.9.2017), bleibt aber volatil (UNSC 5.9.2017). Die MSM hat einige Erfolge verzeichnet, darunter Maßnahmen zur Entwaffnung von Milizen und Zivilisten. Auch die Polizei in Mogadischu funktioniert merklich besser, als vor drei oder vier Jahren. Das Polizeikontingent der AMISOM ist aktiv. Es werden in der ganzen Stadt regelmäßig Patrouillen durchgeführt. Zusätzlich befinden sich Stützpunkte der Armee an neuralgischen Punkten der Stadt. Auch die National Intelligence and Security Agency (NISA) und ihre Spezialeinheiten werden in Mogadischu eingesetzt. Der wichtigste Faktor in Mogadischu ist aber die Präsenz der AMISOM. Sie ist in Mogadischu mit je einem Bataillon aus Uganda und Burundi, mit dem militärischen Stab und mit rund 300 Polizisten präsent. In einem gewissen Ausmaß stellt sie für al Shabaab einen Abschreckungsfaktor dar. Sie macht es für AS schwieriger, in die Stadt zu gelangen (BFA 8.2017). Auch die Regierung zeigt einige Bemühungen, die Sicherheit in der Stadt zu verbessern. Allerdings sind diese ungenügend; korrupte, unbezahlte Soldaten und unzufriedene Clans in der Peripherie ermöglichen es der al Shabaab, Mogadischu zu infiltrieren (ICG 20.10.2017).

Mogadischu ist folglich nicht absolut abgeschottet (BFA 8.2017). Der Amniyat ist schon seit Jahren in der Stadt aktiv und konnte Sicherheitsstrukturen unterwandern (ICG 20.10.2017). Insgesamt reicht die in Mogadischu gegenwärtig gegebene Stärke der unterschiedlichen Sicherheitskräfte nicht aus, um eine flächeneckende Präsenz sicherzustellen. Al Shabaab hingegen verfügt eindeutig über eine Präsenz in der Stadt (BFA 8.2017). Diese Präsenz ist aber keine offen militärische, sondern eine verdeckte (DIS 3.2017). Diese ist in den Außenbezirken stärker, als in den inneren. Zentral-Mogadischu ist relativ konsolidiert. Gleichzeitig hängt die Präsenz der Gruppe auch von der Tageszeit ab. Die nördlichen Bezirke - v.a. Dayniile und Heliwaa - werden in der Nacht von al Shabaab kontrolliert (BFA 8.2017).

Insgesamt scheint sich die al Shabaab bei der Durchführung von Attentaten von Quantität auf Qualität verlegt zu haben. Dabei sucht die al Shabaab ihre Ziele v.a. im Bereich der Regierung. Für die Zivilbevölkerung ist das größte Risiko, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein (DIS 3.2017; vgl. LI 1.4.2016). Ob Mogadischu als sicher oder unsicher bezeichnet wird, hängt maßgeblich von der subjektiven Wahrnehmung und von persönlichen Erfahrungen ab (BFA 8.2017). Die Situation in Mogadischu ist nicht derartig, dass jeder Mensch in der Stadt einem Risiko entsprechend Artikel 3 EMRK ausgesetzt wäre (EGMR 10.9.2015; vgl. UKUT 3.10.2014).

Mindestens einmal pro Monat kommt es zu einem signifikanten Sprengstoffanschlag. Tödliche, von al Shabaab inszenierte Zwischenfälle ereignen sich regelmäßig. Pro Monat töten die Islamisten ca. 20 Personen in Mogadischu. Dabei richten sich die Aktivitäten vorwiegend gegen die Regierung. Zusätzlich sind neben der al Shabaab auch andere Akteure für Mode und Attentate verantwortlich (BFA 8.2017). Bis in den Oktober 2017 hat Mogadischu eine moderate Verbesserung der Sicherheitslage erlebt. Die Zahl an Attentaten und Anschlägen ging zurück, die Sicherheitskräfte konnten einige Angriffe erfolgreich verhindern (ICG 20.10.2017). Andererseits schien sich al Shabaab später aus taktischen Überlegungen heraus auf Mogadischu zu konzentrieren. Dort sollen Anschläge - speziell auf sogenannte "soft targets" (z.B. Hotels und Märkte) - verstärkt werden (UNHRC 6.9.2017). In welche Richtung sich die Sicherheitslage mittelfristig entwickeln wird, ist schwer einschätzbar (BFA 8.2017).

In Mogadischu lebten einer Schätzung im Jahr 2014 zufolge ca. 1,65 Millionen Menschen (UNFPA 10.2014). Im Vergleich dazu meldete die ACLED-Datenbank im Jahr 2016 insgesamt 120 Zwischenfälle, bei welchen gezielt Zivilisten getötet wurden (Kategorie "violence against civilians"). Bei 102 dieser 120 Vorfälle wurde jeweils ein Zivilist oder eine Zivilistin getötet. Im Jahr 2017 waren es 217 derartige Vorfälle (davon 186 mit je einem Toten). Die Zahl an Zwischenfällen mit Todesopfern (meist ein Todesopfer) in der Region Benadir entwickelte sich in den vergangenen Jahren folgendermaßen (es bleibt zu berücksichtigen, dass es je nach Kontrolllage und Informationsbasis zu over- bzw. under-reporting kommen kann; die Zahl der Todesopfer wird aufgrund der ca. 50% betragenden Ungenauigkeit von ACLED nicht berücksichtigt):

Tabelle kann nicht abgebildet werden

(ACLED 2016) (ACLED 2017)

Dabei handelte es sich laut ACLED Datenbank bei folgenden Fällen um "violence against civilians" (es handelt sich hierbei jedoch um keine exakten Zahlen, da ACLED zahlreiche Unschärfen aufweist):

Tabelle kann nicht abgebildet werden

(ACLED 2016) (ACLED 2017)

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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