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L0350 Gemeindewahl, BürgermeisterwahlNorm
B-VG Art141 Abs1 liti, litjLeitsatz
Aufhebung von Beschlüssen eines Landesverwaltungsgerichts betreffend die Zurückweisung der Beschwerden gegen die Streichungen aus dem Wählerverzeichnis einer Gemeinderatswahl auf Grund rechtzeitiger Einbringung der Beschwerden in einem Einlaufkasten; Zurückweisung der Anträge auf direkte Anfechtung der Gemeinderatswahl mangels ZulässigkeitRechtssatz
Da im vorliegenden Fall im Eingangsbereich des Gemeindeamtes der Stadtgemeinde Litschau ein rund um die Uhr zugänglicher Gemeindebriefkasten situiert ist, der abgesehen vom Stadtwappen und dem Schriftzug "Stadtgemeinde Litschau" nicht anderweitig beschriftet ist bzw war und auf dem sich somit kein Hinweis auf eine mangelnde Bereitschaft zur Entgegennahme schriftlicher Einbringen außerhalb der Amtsstunden befindet (und im Übrigen auch nicht anderorts - wie etwa im Internet - eine derartige Einschränkung kundgemacht worden wäre), ist jedenfalls mit einer Bereitschaft zur Entgegennahme von in diesen Einlaufkasten eingeworfenen Schriftstücken auszugehen. Durch Einwurf in den Briefschlitz des Einlaufkastens der Stadtgemeinde Litschau am 30.11.2019 um 23:55 Uhr gelangte das Kuvert mit den Beschwerden in den Verfügungsbereich der Gemeinde und war somit noch fristgerecht eingebracht bzw eingelangt. Die Beschwerden gelten gerade nicht erst im tatsächlichen Entleerungszeitpunkt des Gemeindebriefkastens als eingebracht.
Daran ändert auch die Bestimmung §71 Abs1 Satz 2 NÖ GRWO 1994 nichts (fällt das Fristende etwa auf einen Samstag, haben die mit dem Wahlverfahren befassten Behörden dafür zu sorgen, "daß ihnen befristete Handlungen auch an diesen Tagen zur Kenntnis gelangen"), da diese im Hinblick auf die im Wahlverfahren vorgesehenen kurzen Fristen eine an die Behörden adressierte Ordnungsvorschrift zur Garantie eines entsprechend straffen Verfahrensablaufes darstellt (kein unnötiger Zeitverlust), aber keinen Einfluss auf die Rechtzeitigkeit der Anbringen hat.
Es ist auch unproblematisch, dass die Beschwerden in einem gemeinsamen Kuvert in den Einlaufkasten geworfen wurden. So besagt §26 Abs3 NÖ GRWO 1994 lediglich, dass Beschwerden grundsätzlich "für jeden Fall gesondert überreicht werden" müssen, womit eine Einbringung mehrerer Beschwerden mit nur einem Schriftsatz untersagt wird. Da im vorliegenden Fall sämtliche Beschwerdeschriftsätze lediglich in einem gemeinsamen Kuvert bei der zuständigen Stelle eingeworfen wurden, wurde folglich dem §26 Abs3 NÖ GRWO 1994 entsprochen.
Zurückweisung der - nicht auf Art141 Abs1 lita B-VG gestützten - Anträge auf Aufhebung des Wahlverfahrens zur Gemeinderatswahl 2020 der Stadtgemeinde Litschau mangels Legitimation des Anfechtungswerbers, der den Schriftsatz zweifelsfrei als Privatperson und nicht als zustellungsbevollmächtigter Vertreter einer Wählergruppe einbrachte (vgl §67 Abs2 VfGG und §56 NÖ GRWO 1994).
Gemäß §68 Abs1 VfGG muss eine Wahlanfechtung binnen vier Wochen nach Beendigung des Wahlverfahrens, wenn aber in dem betreffenden Wahlgesetz ein Instanzenzug vorgesehen ist, binnen vier Wochen nach Zustellung des in letzter Instanz ergangenen Bescheides eingebracht werden. Ein derartiger, die unmittelbare Anfechtung der Wahl des Gemeinderates der Stadtgemeinde Litschau beim VfGH ausschließender Instanzenzug wird durch die Bestimmung des §57 NÖ GRWO 1994 vorgesehen. Demgemäß hat die Anfechtung einer Wahl - wegen behaupteter Unrichtigkeit der Ermittlung des Wahlergebnisses oder wegen angeblich gesetzwidriger Vorgänge im Wahlverfahren - mit schriftlicher Beschwerde an die Landes-Hauptwahlbehörde binnen zwei Wochen ab dem ersten Tag der Kundmachung des Wahlergebnisses zu erfolgen. Eine direkte Anfechtung der verfahrensgegenständlichen Gemeinderatswahl vor dem VfGH ist daher nicht zulässig.
Entscheidungstexte
Schlagworte
VfGH / Wahlanfechtung, Wählerevidenz, Gemeinderat, Beschwerdefrist, VfGH / ZuständigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2020:WIV1.2020Zuletzt aktualisiert am
10.03.2020