TE Vwgh Erkenntnis 1998/6/17 98/03/0060

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.06.1998
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §15 Abs4;
VStG §31 Abs1;
VStG §44a Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Grubner, über die Beschwerde des H H in F, vertreten durch Dr. Erich Aichinger, Rechtsanwalt in 4840 Vöcklabruck, Stadtplatz 22, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 18. Dezember 1997, Zl. UVS-3/4894/6-1997, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 29. Oktober 1996 wurde der Beschwerdeführer wegen der Verwaltungsübertretung nach § 15 Abs. 4 StVO 1960 bestraft, weil er am 18. Mai 1996 um 12.42 Uhr auf einer näher bezeichneten Straßenstelle in Salzburg als Lenker eines Autobusses beim Überholen eines Radfahrers nicht einen der Verkehrssicherheit und der Fahrgeschwindigkeit entsprechenden seitlichen Abstand vom überholten Fahrrad eingehalten habe.

Der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, "daß im Tatvorwurf vor dem Punkt der Klammerausdruck "(tatsächlicher Abstand weniger als 10 cm)" eingefügt wird."

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 15 Abs. 4 StVO 1960 ist beim Überholen ein der Verkehrssicherheit und der Fahrgeschwindigkeit entsprechender seitlicher Abstand vom Fahrzeug, das überholt wird, einzuhalten.

Nach der hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 9. September 1981, Slg. Nr. 10.521/A) hat die Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat im Spruch eines Straferkenntnisses gemäß § 44a Z. 1 VStG bei der Verwaltungsübertretung nach § 15 Abs. 4 StVO 1960 den eingehaltenen seitlichen Abstand durch eine Entfernungsangabe, bestehe sie aus einer Zahl oder einer Bandbreite zwischen zwei Zahlen, zu enthalten; es genügt nicht, lediglich die verba legalia des § 15 Abs. 4 StVO 1960 wiederzugeben. Im Beschwerdefall entspricht der mit dem angefochtenen Bescheid durch die Einfügung des Klammerausdruckes "(tatsächlicher Abstand weniger als 10 cm)" modifizierte Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses diesen Anforderungen.

Der Beschwerdeführer wendet ein, daß der Vorwurf, der eingehaltene seitliche Abstand habe weniger als 10 cm betragen, erstmals im angefochtenen Bescheid, somit nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist, gegen ihn erhoben worden sei. Dem ist entgegenzuhalten, daß die Anzeige, auf die der Zeuge I H in seiner niederschriftlichen Vernehmung am 4. Juli 1996 ausdrücklich verwiesen hat, die Angabe enthielt, der - überholende - Autobus sei - im Zug des Überholmanövers - "nur ein paar Zentimeter" von der Lenkstange des - überholten - Fahrrades entfernt gewesen. Diese Angabe reicht zumindest für die Zwecke einer Verfolgungshandlung zur Konkretisierung des für die Verwaltungsübertretung nach § 15 Abs. 4 StVO 1960 maßgebenden Sachverhaltselements des eingehaltenen seitlichen Abstandes hin und deckt jedenfalls den Vorwurf, der seitliche Abstand der beiden Fahrzeuge habe weniger als 10 cm betragen. Die erwähnte Zeugenvernehmung stellt somit eine taugliche, die Verfolgungsverjährung nach § 31 Abs. 1 VStG ausschließende Verfolgungshandlung dar (vlg. das hg. Erkenntnis vom 11. Februar 1987, Zl. 86/03/0204).

Da die Aussage des Zeugen H, der seitliche Abstand zwischen dem von ihm gelenkten Fahrrad und dem Autobus habe "ein paar Zentimeter" betragen, die Feststellung eines tatsächlich eingehaltenen seitlichen Abstandes von weniger als 10 cm rechtfertigt, ist die Rüge des Beschwerdeführers, daß für diese Feststellung ein Beweisergebnis fehle und sie aktenwidrig sei, nicht berechtigt. Dieser Feststellung steht auch das von dem dem Berufungsverfahren beigezogenen kraftfahrtechnischen Amtssachverständigen erstattete Gutachten nicht entgegen, zumal der Sachverständige eingeräumt hat, es hätte sich unter bestimmten Umständen durch eine Schleppbewegung der Hinterachse des Autobusses eine Verringerung des Seitenabstandes zum Radfahrer bis auf wenige Zentimeter ergeben können. Im Rahmen der (nach dem VwGG - § 41 iVm § 42 Abs. 2 Z. 3 - auf eine Schlüssigkeitsprüfung beschränkten) verwaltungsgerichtlichen Prüfung der Beweiswürdigung (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) begegnet die in Rede stehende Feststellung somit keinen Bedenken.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers war die belangte Behörde nicht gehalten, ihm zum Vorwurf, der tatsächliche Seitenabstand habe weniger als 10 cm betragen, Parteiengehör zu gewähren, handelt es sich doch bei der Feststellung des Seitenabstandes um eine aus den Beweisergebnissen gezogene Schlußfolgerung, die den Parteien vorher mitzuteilen die Behörde nicht verpflichtet ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. April 1998, Zl. 97/03/0381).

Schließlich durfte die belangte Behörde auch - ohne ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften zu belasten - von der Durchführung eines Lokalaugenscheines unter Beiziehung des kraftfahrtechnischen Sachverständigen und neuerlicher Befragung des Zeugen H Abstand nehmen. Der Beschwerdeführer meint, der Zeuge H hätte bei Durchführung des Lokalaugenscheines unter Beiziehung des Sachverständigen "an Ort und Stelle die eingehaltene Fahrlinie, die Lenkbewegung, den Beginn des Überholmanövers in bezug auf die parkende Fahrzeugreihe, die Stellung des Busses zu Beginn des Überholmanövers an Ort und Stelle schildern können, wodurch geklärt worden wäre, daß bei der vom Zeugen geschilderten Fahrweise keine Schleppbewegung der Fahrzeughinterachse und somit keine Abstandsverringerung eingetreten sein kann und weiters die Schilderung des Zeugen technisch auszuschließen ist". Er bezieht sich dabei auf die Aussage des Sachverständigen, daß für die Berechnung des Ausmaßes der Abstandsverringerung aufgrund des Schleppverhaltens der Hinterachse Angaben erforderlich wären, "in welcher genauen Stellung sich der Bus zu Beginn des Überholmanövers im Verhältnis zum Radfahrer befunden hat, wie groß die jeweiligen Lenkmanöver des Busfahrers waren, wann diese gesetzt wurden und wie groß die Geschwindigkeiten der beiden Fahrzeuge waren". Daß der Zeuge H bei einem Lokalaugenschein hinreichend bestimmte Angaben zu allen diesen Punkten machen könnte, ist jedoch auszuschließen, fehlte ihm doch schon deshalb, weil sich der Bus zu Beginn des Überholmanövers hinter ihm befunden hatte, die Möglichkeit, die genaue Stellung des Busses zu diesem Zeitpunkt und die vom Busfahrer gesetzten Lenkmanöver wahrzunehmen. Aus diesem Grund konnte vom Lokalaugenschein keine hinreichend genaue Rekonstruktion des Verkehrsgeschehens erwartet werden; seine Durchführung war daher entbehrlich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. März 1985, Zl. 84/03/0220).

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Umfang der Konkretisierung (siehe auch Tatbild)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998030060.X00

Im RIS seit

12.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

15.03.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten