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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art130 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie Hofrätin Mag. Hainz-Sator und Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft St.Veit an der Glan in 9300 St. Veit an der Glan, Hauptplatz 28, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 31. Juli 2019, Zl. KLVwG- 1374/2/2019, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung (mitbeteiligte Partei: C S in E, vertreten durch Mag. Helmut Fasching in 9073 Klagenfurt, Georg Bucher Gasse 7), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1 1. Mit Straferkenntnis der Revisionswerberin vom 13. Mai 2019 wurde dem Mitbeteiligten zur Last gelegt, er habe es als (seit 2. Oktober 2017) gewerberechtlicher Geschäftsführer der P KG, der Inhaberin einer Gewerbeberechtigung für das reglementierte Gewerbe "Gastgewerbe in der Betriebsart Hotel" an einem näher genannten Standort, zu verantworten, dass diese die genehmigte Betriebsanlage "in Form der Installation einer anderer als der mit diesem Bescheid und den diesem Bescheid zugrundeliegenden Projektunterlagen genehmigten Filteranlage, die um das knapp 3,5-fache zu klein dimensioniert ist, zumindest im Zeitraum 02.10.2017 bis zum Anzeigentag 06.02.2018 betrieben hat", obwohl die hierfür erforderliche gewerbebehördliche Genehmigung nicht vorliege. Die Änderung sei gemäß § 81 Abs. 1 iVm § 74 Abs. 2 Z 1 GewO 1994 genehmigungspflichtig, da diese Betriebsanlage geeignet sei, das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden oder von Kunden zu gefährden.
2 Über den Mitbeteiligten wurde wegen dieses Tatvorwurfs gemäß § 366 Abs. 1 Z 3 iVm § 81 Abs. 1 iVm § 74 Abs. 2 Z 1 GewO 1994 eine Geldstrafe in Höhe von EUR 800 ,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 75 Stunden) verhängt.
3 2. Der dagegen erhobenen Beschwerde des Mitbeteiligten gab das Landesverwaltungsgericht Kärnten (in Folge: Verwaltungsgericht) mit Erkenntnis vom 31. Juli 2019 Folge und hob das angefochtene Straferkenntnis der belangten Behörde auf (Spruchpunkt I.). Unter einem sprach es aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei (Spruchpunkt II.).
4 3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
5 Die mitbeteiligte Partei erstattete keine Revisionsbeantwortung.
6 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit zunächst vor, die vom Verwaltungsgericht gewählte Entscheidungsform, wonach der Beschwerde Folge gegeben und das angefochtene Erkenntnis aufgehoben wurde, wobei weder eine Einstellung des Verfahrens noch sonst eine abschließende Erledigung der in Rede stehenden Verwaltungsstrafsache erfolgt sei, stehe in Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung.
7 4. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Revision ist aus den von ihr genannten Gründen zulässig. 8 4.1. In Verwaltungsstrafsachen haben die Verwaltungsgerichte jedenfalls, also ohne dass die ausnahmsweise nach § 28 VwGVG bestehende Möglichkeit zur Aufhebung des Bescheids zum Tragen kommen könnte, in der Sache selbst zu entscheiden (sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist). Diese grundsätzliche Verpflichtung zu einer reformatorischen Entscheidung ist schon verfassungsgesetzlich vorgegeben (Art. 130 Abs. 4 erster Satz B-VG) und wird einfachgesetzlich in § 50 VwGVG wiederholt bzw. konkretisiert (vgl. etwa VwGH 5.9.2018, Ra 2018/11/0144 sowie VwGH 22.2.2018, Ra 2017/11/0066, jeweils mwN).
9 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt mithin in Verwaltungsstrafsachen gemäß § 50 VwGVG eine Aufhebung des vor dem Verwaltungsgericht angefochtenen Bescheids samt Zurückverweisung der Angelegenheit an die belangte Behörde zur Erlassung eines neuen Bescheids nicht in Betracht. Es macht dabei keinen Unterschied, ob das Verwaltungsgericht das angefochtene Straferkenntnis nur (ersatzlos) behebt oder zusätzlich ausspricht, dass die Angelegenheit an die belangte Behörde zur Erlassung eines neuen Bescheids zurückverwiesen wird; in beiden Fällen wird die Verwaltungsstrafsache nicht abschließend erledigt. Hat das Verwaltungsgericht in einer Verwaltungsstrafsache weder die Beschwerde zurückgewiesen, noch in der Sache selbst - sei es durch Einstellung des Verfahrens oder im Sinne eines Schuldspruches - entschieden, belastet es das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes (vgl. u.a. VwGH 7.3.2017, Ra 2016/02/0271, mwN).
4.2.1. Fallbezogen führt das Verwaltungsgericht in der Begründung seines Erkenntnisses, zusammengefasst aus, die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführte Zeitangabe sei nicht nachvollziehbar festgestellt. Es mangle dem bekämpften Strafbescheid an einer Präzisierung des Tatbeginns, sodass eine wesentliche Voraussetzung für die Konkretisierung der zur Last gelegten Tathandlungen fehle.
Sache des Beschwerdeverfahrens sei nur die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs des Bescheides der Behörde erster Instanz bilde. Aufgrund der nicht zweifelsfrei nachvollziehbaren Beschreibung des dem Mitbeteiligten angelasteten Tatzeitpunktes würde das Gericht durch Vornahme der erforderlichen Richtigstellung seine Entscheidungskompetenz im Sinne des § 50 VwGVG überschreiten. Wegen Vorliegen eines essentiellen Spruchmangels sei das Straferkenntnis gemäß § 50 VwGVG aufzuheben gewesen.
10 4.2.2. Mit diesen Schlußfolgerungen weicht das angefochtene Erkenntnis von der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab:
Ungeachtet dessen, ob der Spruch des behördlichen Straferkenntnisses Mängel aufweist oder nicht, wäre das Verwaltungsgericht insofern, als keine Zurückweisung der Beschwerde oder Einstellung des Beschwerdeverfahrens (etwa wegen Zurückziehung der Beschwerde oder Tod des Beschwerdeführers, vgl. dazu Köhler in Raschauer/Wessely (Hrsg), VwGVG § 50 Rz 9, sowie VwGH 9.9.2016, Ra 2016/02/0137) in Betracht kam, zur Vornahme einer Sachentscheidung (im Sinne einer Einstellung des Strafverfahrens oder im Sinne eines Schuldspruches), mithin auch zur Konkretisierung bzw. Korrektur des Spruches (vgl. in diesem Zusammenhang bspw. VwGH 6.9.2019, Ra 2019/11/0053), verpflichtet gewesen.
11 4.3. Das angefochtene Erkenntnis war bereits aus diesem Grund wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben, ohne das auf das übrige Revisionsvorbringen einzugehen war.
Aufwandersatz kommt gemäß § 47 Abs. 4 VwGG nicht in Frage. Wien, am 3. Februar 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019040116.L00Im RIS seit
18.05.2020Zuletzt aktualisiert am
18.05.2020