TE Vwgh Beschluss 2020/2/19 Ro 2018/09/0004

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Veröffentlicht am 19.02.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz

Norm

BDG 1979 §112 Abs4
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28
VwGG §34 Abs1
VwGG §34 Abs1a
VwGG §34 Abs3

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel den Hofrat Dr. Doblinger und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Hotz, über die Revision des A B in C, vertreten durch Dr. Michael Subarsky, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Tuchlauben 14, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. April 2018, W136 2190087-1/3E, betreffend Aufhebung der Bezugskürzung gemäß § 112 Abs. 4 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der 1963 geborene Revisionswerber steht als Beamter des Allgemeinen Verwaltungsdienstes in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Republik Österreich. Mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. Jänner 2018 wurde der Revisionswerber vorläufig vom Dienst suspendiert, mit weiterem Bescheid vom 20. Februar 2018 wurde der Revisionswerber vom Dienst suspendiert. Gleichzeitig wurde mit letzterem Bescheid dem Antrag des Revisionswerbers vom 25. Jänner 2018 auf Aufhebung der Bezugskürzung nicht stattgegeben.

2 Dagegen erhob der Revisionswerber rechtzeitig Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit und führte begründend aus, dass die belangte Behörde den zu berechnenden Mindestsatz rechtswidrig lediglich unter Berücksichtigung von zwei Kindern, für die der Revisionswerber Kinderzuschuss bzw. Familienbeihilfe bezöge, berechnet habe, jedoch die Sorgepflicht des Revisionswerbers für insgesamt acht leibliche Kinder zu berücksichtigen gewesen sei. Außerdem wären bei der Berechnung des fiktiven Einkommens des Revisionswerbers die aufgrund Pfändungsvorranges einbehaltenen Bezüge zu berücksichtigen gewesen.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde ab. Nach den getroffenen Feststellungen zum Gesamtbezug des Revisionswerbers unter Berücksichtigung von Zuschüssen, Funktionszulagen, Fahrtkostenzuschüssen, Aufwandsentschädigung sowie Abzug von Sozialversicherungsabgaben, Pensionsbeitrag und Steuer stellte es ein Nettogehalt fest. Weiters stellte es fest, der Revisionswerber sei verheiratet, seine Ehefrau beziehe ein eigenes Einkommen. Nachweise dafür, dass der Revisionswerber für acht Kinder unterhaltspflichtig sei bzw. ob für diese Familienbeihilfe bezogen werde, lägen nicht vor.

4 Rechtlich erachtete das Bundesverwaltungsgericht nach Wiedergabe der maßgeblichen Rechtsvorschriften, insbesondere § 112 Abs. 4 BDG 1979, § 26 Abs. 5 PG 1965, § 4 GehG 1956 sowie der Ergänzungszulagenverordnung 2018, dass die ex lege-Kürzung des Bezuges auch mit der Verhängung der vorläufigen Suspendierung durch die Dienstbehörde eingetreten sei. Um die Existenzgrundlage jedoch nicht zu gefährden, sei nach wie vor eine Verminderung oder Aufhebung der Bezugskürzung vorgesehen. Laut Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hätten die Sätze der Existenzminimum-Verordnung 2003 zur Festlegung des notwendigen Unterhalts herangezogen werden können. Diese Verordnung sei am 31. Dezember 2006 außer Kraft getreten. Derzeit werde das "Existenzminimum" in § 291a EO iVm § 293 ASVG geregelt. Diese Beträge entsprächen den für Beamtinnen und Beamte in der - auf Grund des § 26 Abs. 5 PG 1965 zu erlassenden - Ergänzungszulagenverordnung festgesetzten Mindestsätzen. Es werde daher ausdrücklich auf diese Mindestsätze Bezug genommen. In der Folge setzte sich das Bundesverwaltungsgericht mit den Erwägungen der Berufungskommission beim Bundeskanzleramt zur Bestimmung des § 112 Abs. 4 BDG 1979 auseinander, worin insbesondere zur Verminderung der oder ein Absehen von der Kürzung des Monatsbezuges davon auszugehen sei, dass einerseits bei Erreichen des Mindestsatzes eine Verminderung der Kürzung nicht in Betracht komme, andererseits, dass die Verminderung der Kürzung nur soweit stattfinden dürfe, als durch sie der Mindestsatz nicht überschritten werde. Sämtliche andere Umstände hätten bei der Entscheidung über eine Verminderung der Kürzung oder ein Absehen von der Kürzung außer Betracht zu bleiben.

5 Fallbezogen erachtete das Bundesverwaltungsgericht, dass der für den Gehaltsvorschuss einbehaltene Betrag deshalb nicht zu berücksichtigen sei, weil damit eine Schuld des Gehaltsempfängers getilgt werde. Ebenso sei der direkte Einbehalt einer Rate für einen erhaltenen Gehaltsvorschuss nicht anders zu betrachten, als eine Rate für Darlehensrückzahlung, die automatisch an den Kreditgeber überwiesen werde oder aber wie im vorliegenden Fall der Einbehalt von Gehaltsbestandteilen auf Grund von Gehaltsexekution. Daher sei auch jener dem Revisionswerber infolge Gehaltsexekution nicht zur Auszahlung gebrachte Betrag nicht vorweg bei der Berechnung des fiktiven Nettoeinkommens in Abzug zu bringen und zwar auch dann nicht, wenn es sich um eine Exekution wegen Unterhaltsschulden handle.

6 Dem Einwand, es sei ihm zu Unrecht der in der Ergänzungszulagenverordnung 2018 vorgesehene Erhöhungsbetrag nur für seine zwei ehelichen Kinder hinzugerechnet worden, nicht jedoch für sechs weitere uneheliche Kinder, sei auszuführen, dass von ihm keine geeigneten Beweismittel wie Geburtsurkunde und Bescheinigung von Bezug von Familienbeihilfe vorgelegt worden wären. Aber selbst im Fall der Bescheinigung und einer diesbezüglichen Annahme dieser Sorgepflichten sei für den Revisionswerber kein günstigeres Ergebnis zu erzielen gewesen, weil auch bei der Annahme einer Sorgepflicht des Revisionswerbers für acht Kinder bliebe der gekürzte Betrag über dem für den Revisionswerber errechneten Mindestsatz gemäß § 112 Abs. 4 BDG 1979.

7 Das Bundesverwaltungsgericht ließ die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu, "weil es zu dem im Gegenstand anzuwendenden § 112 Abs. 4 BDG 1979 (in der Fassung der Dienstrechtsnovelle 2011, BGBl. 140/2011) an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle".

8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Revision, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften verbunden mit dem Antrag geltend gemacht werden, das angefochtene Erkenntnis aus diesen Gründen aufzuheben.

9 Zur Begründung ihrer Zulässigkeit führt die Revision aus, tatsächlich fehle eine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu der konkret anzuwendenden Bestimmung des § 112 Abs. 4 BDG, zumal sich mit der Dienstrechtsnovelle 2011 eine Änderung der Rechtslage insbesondere in Bezug auf die Berechnung des sogenannten "Pfändungsfreibetrages" ergeben habe. Demzufolge werde nunmehr insbesondere auf die Bestimmungen des Pensionsgesetzes 1965, das Gehaltsgesetz 1956 und die jeweils gültige Ergänzungszulagenverordnung verwiesen. Nach Ansicht des Revisionswerbers seien jedoch unabhängig davon dennoch die Bestimmungen betreffend das "Existenzminimum" in § 291a EO iVm § 293 ASVG zu berücksichtigen.

10 Die Revision ist unzulässig:

11 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

12 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

13 Die Begründung der Zulässigkeit der Revision erfordert (abgesehen von den Fällen einer abweichenden oder uneinheitlichen Rechtsprechung) die Darlegung, konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof noch nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 27.6.2019, Ro 2018/07/0046, mwN). Diesem Erfordernis entspricht die Zulässigkeitsbegründung des angefochtenen Erkenntnisses nicht, weil sie ganz allgemein auf das Fehlen von Rechtsprechung zu § 112 Abs. 4 BDG 1979, in der Fassung der Dienstrechtsnovelle 2011 hinweist. Allein damit wird ohne eine für die vorliegende Rechtssache relevante Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht aufgezeigt. Unter welchem Aspekt es im Revisionsfall einer höchstgerichtlichen Klärung bedarf, wird mit der wiedergegebenen Zulässigkeitsbegründung gerade nicht dargelegt.

14 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Revisionswerber auch bei Erhebung einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeit der Revision (gesondert) darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht, oder er eine andere Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. VwGH 26.9.2019, Ro 2019/10/0028; 28.5.2019, Ro 2019/10/0002, mwN). Die vom Verwaltungsgerichtshof vorzunehmende Kontrolle einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung stützt sich für außerordentliche und ordentliche Revisionen in gleicher Weise jeweils auf eine gesonderte Darlegung der Zulässigkeitsvoraussetzun gen einer Revision (vgl. VwGH 18.12.2019, Ro 2018/10/0002; 20.12.2019, Ro 2018/10/0014; 28.5.2019, Ro 2019/10/0002). 15 Wird aber in der Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichtes das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht dargestellt und auch vom Revisionswerber nicht (gesondert) dargelegt, dass die Entscheidung der Revision von der Beantwortung einer (anderen als der vom Verwaltungsgericht angesprochenen) Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung abhängt, so ist auch eine ordentliche Revision zurückzuweisen (vgl. VwGH 8.8.2019, Ro 2019/04/0020; 6.3.2019, Ro 2018/03/0029).

16 Im bereits oben wiedergegebenen Zulassungsvorbringen in der Revision wird in Ergänzung zu den Ausführungen des Verwaltungsgerichts daraufhin gewiesen, dass sich mit der Dienstrechtsnovelle 2011 eine Änderung der Rechtslage insbesondere in Bezug auf die Berechnung des sogenannten "Pfändungsfreibetrages" ergeben habe. Die Bestimmungen betreffend "Existenzminimum" in § 291a EO iVm § 293 ASVG seien zu berücksichtigen.

17 Damit gelingt es der Revision nicht, eine auf die vorliegende Rechtssache bezogene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen, von deren Lösung das rechtliche Schicksal der Revision abhängt. Zur Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof auf Grund von Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zuständig (vgl. VwGH 4.3.2019, Ro 2018/14/0003, mwN).

18 Ausgehend von dieser Rechtslage zeigt die Revision nicht auf, dass im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG vorlägen.

19 Die Revision war daher mangels Vorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 19. Februar 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RO2018090004.J00

Im RIS seit

04.05.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.05.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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