TE Vwgh Erkenntnis 1998/6/18 95/18/0736

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.06.1998
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §4 Abs1;
AufG 1992 §5 Abs1;
AVG §45 Abs3;
FrG 1993 §10 Abs1 Z6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des R K, vertreten durch Piotr Krzyzanowski, (geb. am 20.1.1957), dieser vertreten durch DDr. Wolfgang Schulter, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Fleischmarkt 28, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 19. Februar 1995, Zl. 104.351/2-III/11/95, betreffend Versagung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 19. Februar 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 AufG iVm § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe am 28. Dezember 1993 im Wege der österreichischen Botschaft in Warschau an den Landeshauptmann von Wien einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt. Der Beschwerdeführer sei nach der auf seinen eigenen Angaben beruhenden Aktenlage sichtvermerksfrei nach Österreich eingereist und habe seinen damit begonnenen Aufenthalt mit dem vorliegenden Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung verlängern wollen. § 5 Abs. 1 AufG schließe zwingend die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung aus, wenn ein Sichtvermerksversagungsgrund im Sinn des FrG vorliege. Nach § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG liege ein solcher vor, wenn der Sichtvermerk zeitlich an einen Touristensichtvermerk anschließen oder nach sichtvermerksfreier Einreise erteilt werden solle. Bei der im Beschwerdefall gegebenen Sachlage liege daher ein Sichtvermerksversagungsgrund vor. Auf die weiteren Einwendungen des Beschwerdeführers (auch im Zusammenhang mit seinen persönlichen Verhältnissen) sei angesichts dessen nicht mehr einzugehen gewesen, da das Vorliegen des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG einen zulässigen Eingriff in das durch Art. 8 MRK geschützte Grundrecht darstelle.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, daß in seinem Fall der Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG nicht erfüllt sei, weil er (im Sinn des § 6 Abs. 3 AufG) vor seiner aufgrund des österreichisch-polnischen Sichtvermerksabkommens zulässigen Einreise nach Österreich einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vom Ausland aus gestellt habe; § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG würde seinem Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nur dann entgegenstehen, wenn der Beschwerdeführer versucht hätte, den "Verlängerungsantrag" vom Inland aus zu stellen. Die sichtvermerksfreie Einreise des Beschwerdeführers stehe mit dem genannten Sichtvermerksabkommen im übrigen deswegen in Einklang, weil er in Österreich lediglich "seine Schulbildung komplettiert" habe und nicht zu einer nach diesem Sichtvermerksabkommen nicht erlaubten Arbeitsaufnahme eingereist sei.

1.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.

Für die Verwirklichung des in Rede stehenden Sichtvermerksversagungsgrundes ist es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes allein entscheidend, daß sich der Fremde - ohne zwischenzeitige Erlangung einer Aufenthaltsbewilligung oder einer Berechtigung zum Aufenthalt aufgrund eines Wiedereinreisesichtvermerkes - in dem für die Entscheidung der belangten Behörde maßgeblichen Zeitpunkt im Anschluß an eine sichtvermerksfreie Einreise im Bundesgebiet aufhält (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Mai 1998, Zl. 95/18/1313, mwH); genau diese Konstellation liegt aber - unbestritten - im Fall des Beschwerdeführers vor. Entgegen der Beschwerde ist es daher ohne Bedeutung, ob der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vor oder nach der Einreise gestellt wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1995, Zl. 95/19/0500).

Bei dieser vom Verwaltungsgerichtshof vertretenen Auslegung des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG wird dem Normzweck zum Durchbruch verholfen, die Fortsetzung des Aufenthaltes im Bundesgebiet im Anschluß an eine sichtvermerksfreie Einreise nicht mehr zu gestatten. Dem Beschwerdeführer kann somit eine Aufenthaltsbewilligung erst erteilt werden, sobald er seinen mit seiner sichtvermerksfreien Einreise begonnen Aufenthalt im Bundesgebiet beendet.

2.1. Die Beschwerde rügt weiters, daß die belangte Behörde dem Beschwerdeführer niemals zur Kenntnis gebracht habe, daß sie die Versagung der Aufenthaltsbewilligung - anders als die Erstbehörde - nicht auf § 4 Abs. 1 AufG, sondern auf § 5 Abs. 1 AufG iVm §10 Abs. 1 Z. 6 FrG zu stützen beabsichtige und ihn niemals diesbezüglich zur Äußerung aufgefordert habe. Dadurch habe die Behörde dem Beschwerdeführer entgegen dem § 45 Abs. 3 AVG kein Parteiengehör eingeräumt.

2.2. Nach der hg. Rechtsprechung kann die Berufungsbehörde - in dem durch den Begriff der "Sache" (vorliegend: Abweisung des Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung) abgesteckten Rahmen - auch einen von der Vorinstanz nicht herangezogenen Versagungsgrund (hier jenen des § 5 Abs. 1 AufG iVm § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG) aufgreifen, sofern das Parteiengehör im erforderlichen Umfang gewährt wird (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. Februar 1996, Zl. 94/18/1175). Wenn die Beschwerde vorbringt, letzteres sei nicht der Fall gewesen, so führt dies deshalb nicht weiter, weil sie es unterläßt, die Relevanz des solcherart behaupteten Verfahrensmangels aufzuzeigen (vgl. § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG).

3. Da sich nach dem Gesagten die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Parteiengehör Erhebungen Ermittlungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1995180736.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten