Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §52;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weztel und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des J in Linz, vertreten durch Prof. Dr. Alfred Haslinger, DDr. Heinz Mück, Dr. Peter Wagner, Dr. Walter Müller und Dr. Wolfgang Graziani-Weiss, Rechtsanwälte in Linz, Kroatengasse 7, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 16. Juli 1997, Zl. VerkR-240.423/10-1997/Kl, betreffend Verweigerung eines Ausweises nach § 29b Abs. 4 StVO, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 16. Juli 1997 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 1. Februar 1996 auf Ausfolgung eines Ausweises für stark gehbehinderte Personen gemäß § 29b Abs. 4 StVO abgewiesen.
In der Begründung führte die belangte Behörde nach eingehender Darstellung des Ablaufs des Verwaltungsgeschehens u. a. aus, der von der belangten Behörde beigezogene Amtssachverständige (Amtsarzt) habe seinem Gutachten das Ergebnis der ärztlichen Untersuchung vom 26. November 1996, den orthopädischen Befund des den Beschwerdeführer behandelnden Facharztes für Orthopädie und orthopädische Chirurgie vom 27. Jänner 1997, ein Ergänzungsgutachten dieses Facharztes vom 14. April 1997, eine ergänzende amtsärztliche Stellungnahme vom 28. Februar 1997, die Stellungnahme vom 28. Jänner 1997 einer näher genannten Gesellschaft m.b.H., die insbesondere mit der zeitweiligen Reparatur der Beinprothese des Beschwerdeführers befaßt gewesen sei, sowie die Angaben des Beschwerdeführers zugrundegelegt. Es sei ausschließlich Sache des beigegebenen Amtsarztes, sonstige ärztliche Befunde auf ihre Verwendbarkeit im ärztlichen Gutachten zu überprüfen. Durch die zusätzliche Berücksichtigung des vom Beschwerdeführer vorgelegten privaten Gutachtens eines Facharztes für Orthopädie und orthopädische Chirurgie stelle sich für die belangte Behörde der Sachverhalt als ausreichend ermittelt dar.
Der der belangten Behörde beigegebene Amtsarzt habe - ebenso wie schon die Amtsärztin im Verfahren vor der Behörde erster Instanz - festgestellt, daß "zum gegenwärtigen Zeitpunkt" die Kriterien für das Vorliegen einer "dauernd starken Gehbehinderung" nicht erfüllt würden. Beim Beschwerdeführer bestünden Beschwerden beim Gehen von wechselnder Intensität, die im Zusammenhang mit einer Unterschenkelprothese links bei einem langen Unterschenkelstumpf (Unfallsfolge) stünden. Einer Reduktion der Belastung durch das Gehen komme prophylaktisch Bedeutung zu, weil dadurch "entzündungs-, schmerz- und wundbedingte Episoden" reduziert werden könnten. Die Beschwerden seien aber nach eigenen Angaben des Beschwerdeführers "von wechselnder Intensität". Die wiederkehrenden Reparaturen der Prothese (verbunden mit der Verwendung von Krücken), die Verwendung eines Stützstockes oder von Krücken "zur Vermeidung von Überbelastungen" seien nicht dauernd. Die Fortbewegung mit Krücken könne aufgrund des guten körperlichen Allgemeinzustandes (des Beschwerdeführers) bewältigt werden.
In einer ergänzenden Stellungnahme vom 28. Februar 1997 sei der Amtsarzt neuerlich zu dem Schluß gekommen, daß "derzeit aus objektiver Sicht eine Bewegungseinschränkung" gegeben sei, wiederkehrende Stumpf- und Prothesenbeschwerden aber "keinen Dauerzustand", wie dies im § 29b Abs. 4 StVO gefordert werde, darstellten. In einer weiteren Stellungnahme vom 21. Mai 1997 zum ergänzenden Gutachten des genannten Facharztes für Orthopädie und orthopädische Chirurgie vom 14. April 1997 habe der medizinische Amtssachverständige neuerlich ausgeführt, daß eine ständige und nicht bloß vorübergehende Behinderung für die Ausstellung eines Ausweises nach § 29b Abs. 4 StVO vorhanden sein müsse. Zudem müsse die Behinderung derart sein, daß eine dauernd starke Gehbehinderung vorliege, daß heißt, daß kürzeste Wegstrecken "nur unter äußerster Anstrengung zurückgelegt werden können". Vom Beschwerdeführer könne eine Fortbewegung mit Krücken aufgrund des guten körperlichen Zustandes bewältigt werden. Ferner habe der medizinische Amtssachverständige festgestellt, daß eine Zuerkennung des Ausweises aus Gründen der Prophylaxe nicht vorgesehen sei.
Die Ausführungen des Amtsarztes würden nach Auffassung der belangten Behörde "durchaus schlüssig und nachvollziehbar" scheinen, weshalb sich die belangte Behörde diesen Ausführungen, wonach eine dauernde starke Gehbehinderung im Sinne des § 29b Abs. 4 StVO beim Beschwerdeführer nicht vorliege, voll anschließe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Gemäß § 29b Abs. 4 erster Satz StVO hat die Behörde Personen, die dauernd stark gehbehindert sind, auf deren Ansuchen einen Ausweis über diesen Umstand auszufolgen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt der Gesetzesbegriff der "starken Gehbehinderung" im Sinne des § 29b Abs. 4 StVO darauf ab, ob die betreffende Person in einer als Gehen zu qualifzierenden Weise ohne Aufwendung überdurchschnittlicher Kraftanstrengung und ohne große Schmerzen eine bestimmte Wegstrecke zurücklegen kann; ist sie dazu in der Lage, so wird eine festgestellte Gehbehinderung nicht als schwer im Sinne des Gesetzes anzusehen sein (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1997, Zl. 95/02/0188). So schließt etwa die Fähigkeit zum Zurücklegen einer Strecke von mehr als 300 m ohne überdurchschnittliche Kraftanstrengung und ohne große Schmerzen eine starke Gehbehinderung im Sinne des Gesetzes aus (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1992, Zl. 91/02/0136). Die Feststellung, ob eine Person dauernd stark gehbehindert ist, ist Gegenstand des Beweises durch einen ärztlichen Sachverständigen (vgl. das Erkenntnis vom 22. Mai 1986, Zl. 86/02/0025).
Entgegen der von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen ergänzenden Stellungnahme des von ihr beigezogenen Amtssachverständigen vom 14. April 1997 kann der dargestellten Judikatur nicht entnommen werden, daß eine dauernd starke Gehbehinderung nur dann vorliegt, wenn von der betroffenen Person "kürzeste Wegstrecken unter äußerster Anstrengung" zurückgelegt werden können.
Der Beschwerdeführer rügt unter dem Gesichtspunkt einer unvollständigen Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts, daß sich die Sachverhaltsfeststellungen im wesentlichen auf Gutachten des Amtssachverständigen, in welchen die rechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes bereits vorgenommen worden sei, beschränke. Der angefochtene Bescheid enthalte keine Feststellung über die Art der Prothese und über die häufig auftretenden Beschwerden beim Gehen mit und ohne Prothese.
Entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers enthält jedoch der angefochtene Bescheid eine Feststellung über die Art der vom Beschwerdeführer verwendeten Prothese ("Unterschenkelprothese links bei einem langen Unterschenkelstumpf"), die mit hinreichender Deutlichkeit diese Prothese umschreibt. Aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers geht die belangte Behörde auch von "Beschwerden von wechselnder Intensität" bei der Verwendung dieser Prothese sowie vom "Erfordernis wiederkehrender Reparaturen" der Prothese aus.
Der Beschwerdeführer rügt ferner, daß grundsätzlich die Ansicht der belangten Behörde verfehlt sei, daß es nicht Aufgabe der Behörde sei, fachärztliche Gutachten einzuholen, sondern daß die Vorlage derartiger Gutachten Sache des Beschwerdeführers sei. Insbesondere sei die Beibringung eines ärztlichen Attests durch den Genehmigungswerber nicht geboten, die vollständige Ermittlung des Sachverhaltes sei alleinige Aufgabe der Behörde.
Es obliegt aufgrund der §§ 37 und 39 Abs. 2 AVG grundsätzlich der Behörde, im Verwaltungsverfahren den maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen zu erheben. Die Behörde hat daher auch ihrerseits zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes im Beschwerdefall einen ärztlichen Amtssachverständigen beigezogen, der zunächst am 10. Dezember 1996 ein Gutachten erstattet hat, das auch dem Parteiengehör unterzogen wurde. Auf der Basis des seinerzeit bekanntgewesenen Sachverhaltes und insbesondere der vom Amtssachverständigen durchgeführten Untersuchung des Beschwerdeführers erscheint dieses Gutachten zunächst als schlüssig und widerspruchsfrei.
Will ein Beschwerdeführer ein schlüssiges und widerspruchsfreies Sachverständigengutachten in Zweifel ziehen, so bedeutet das für ihn, von sich aus schon im Verwaltungsverfahren initiativ zu werden und durch ein fachlich fundiertes Gutachten allenfalls den Gegenbeweis zu erbringen (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S. 375, unter E 83 zu § 52 AVG wiedergegebene hg. Judikatur). In diesem Sinne sind die in Übereinstimmung mit der hg. Judikatur stehenden Ausführungen der belangten Behörde (siehe insbesondere Schreiben der Behörde vom 2. April 1997) zu verstehen, daß es (angesichts der gegebenen Beiziehung eines ärztlichen Amtssachverständigen) nicht Aufgabe der Behörde sei, ein ergänzendes fachärztliches Gutachten einzuholen, sondern die Vorlage eines derartigen Gutachtens Sache des Beschwerdeführers wäre. Der Beschwerdeführer vermag daher auch mit der diesbezüglichen Rüge keinen wesentlichen Verfahrensmangel aufzuzeigen.
In der Beschwerde wird ferner vorgebracht, der Beschwerdeführer sei über die Mitwirkungspflicht bei der Sachverhaltsfeststellung hinausgegangen und habe mehrere Gutachten eines näher genannten Facharztes für Orthopädie und orthopädische Chirurgie vorgelegt. Aus diesen Gutachten ergebe sich auch die ständige Verschlechterung des Zustandes des Beschwerdeführers. Allein dieser Hinweis hätte genügt, die Behörde zur Überprüfung der Entwicklung des Zustandes zu veranlassen. Es liege diesbezüglich ein wesentlicher Verfahrensmangel vor. Die belangte Behörde habe es unterlassen, Feststellungen darüber zu treffen, wie und in welchem Umfang der Beschwerdeführer Strecken zurücklegen könne.
Die Behauptung, der Beschwerdeführer sei durch mehrfache Vorlage von fachärztlichen Gutachten "über seine Mitwirkungspflicht bei der Sachverhaltsfeststellung" hinausgegangen, ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar, weil es gerade auf die nur dem Beschwerdeführer selbst am besten bekannten Tatsachen über die Art seiner Gehbehinderung und die dabei allenfalls auftretenden Komplikationen hinsichtlich des zu ermittelnden Sachverhalts ankam. Es war daher an ihm gelegen, den sachkundigen Ausführungen des von der Behörde beigezogenen ärztlichen Amtssachverständigen auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten. Dies hat der Beschwerdeführer auch getan.
Schon die vom Beschwerdeführer vorgelegte Stellungnahme eines Facharztes für Orthopädie und orthopädische Chirurgie vom 27. Jänner 1997 weist jedoch auf eine "verminderte Belastbarkeit der Hüften" des Beschwerdeführers aufgrund einer früheren Hüftluxaktion und in der Folge aufgetretenen "deutlichen Innenrotations- und Abduktationsveränderungen" hin. Dieses Gutachten führt auch aus, daß eine "deutliche Störung der Mobilität und Motilität im Bereich des Stütz- und Bewegungsapparates" bestehe.
In der ergänzenden Stellungnahme dieses vom Beschwerdeführer beigezogenen Facharztes vom 14. April 1997 wird u.a. ausgeführt, daß keine Aussicht auf eine Besserung des Zustandes des Beschwerdeführers bestehe. An anderer Stelle führte dieser Sachverständige ergänzend aus, daß die angeborene Hüftluxation mit der sich sekundär entwickelten Coxarthrose und den damit durch asymetrisches Gehen hervorgerufenen Wirbelsäulenproblemen einen sehr wesentlichen Einfluß auf die Mobilität und Motilität ausüben würde.
Bei einer gründlichen Untersuchung etwa durch Aufnahme eines subjektiven Befundes oder durch Begutachten von Röntgenbildern sehe man diese Störung "auf den ersten Blick". Man müsse "vom Erfahrungswert" ausgehen, daß es sich hier um eine Einschränkung der Mobilität und Motilität handle. Der Sachverständige sah aufgrund der zusätzlich erforderlichen Schonung insbesondere des rechten Hüftgelenkes die Anspruchsvoraussetzungen für die Ausfolgung eines Ausweises nach § 29b Abs. 4 StVO erfüllt.
Wie der von der Behörde beigezogene Amtssachverständige zunächst in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 28. Februar 1997 selbst ausführt, habe die vom Rechtsvertreter des Beschwerdeführers ins Treffen geführte Hüftluxaktion (orthopädischer Befund: Zustand nach Hüftluxaktion) nicht (offenbar gemeint: im ursprünglichen Gutachten vom 10. Dezember 1996) berücksichtigt werden können, weil sie vom Beschwerdeführer nicht erwähnt worden sei. Eine zusätzliche sichtbare Beeinträchtigung der Mobilität aus diesem Zustand sei nicht gegeben. Zusammenfassend kam der Amtssachverständige aber zu dem Schluß, daß sich aus seiner Sicht keine Aspekte ergeben würden, die nicht im letzten Gutachten (gemeint: vom 10. Dezember 1996) berücksichtigt worden wären.
In der ergänzenden Stellungnahme vom 21. Mai 1997 zur ergänzenden Stellungnahme des privaten Sachverständigen des Beschwerdeführers (Facharztes für Orthopädie und orthopädische Chirurgie) vom 14. April 1997 stellt der Amtssachverständige u. a. fest, daß die medzinischen Ausführungen dieses Facharztes "berücksichtigt" worden seien. In diesem Zusammenhang und bei der Beurteilung gebe der vom Beschwerdeführer beauftragte ärztliche Sachverständige zum Teil zu, daß eine Fortbewegung mit Krücken "aufgrund des guten körperlichen Zustandes" bewältigt werden könne. Es ergebe sich somit aus Sicht des Amtssachverständigen hinsichtlich der Beurteilung des Ansuchens auf Ausstellung eines Ausweises nach § 29b Abs. 4 StVO "keine Diskrepanz". Es sei aber festzustellen, daß nach Auffassung des Amtssachverständigen eine Zuerkennung des Ausweises aus "Gründen der Prophylaxe" nicht vorgesehen sei. In diesem Sinne seien aber die Ausführungen betreffend die erforderliche Schonung des rechten Hüftgelenkes des Beschwerdeführers zu verstehen.
Der Beschwerdeführer hat mit dem Hinweis auf Folgewirkungen einer Hüftluxation, die noch dazu von einem Facharzt entsprechend bestätigt wurden, durchaus ein Vorbringen erstattet, dem nicht von vornherein die Eignung zur Infragestellung der erfolgten Sachverständigenbeurteilung des Zustandes des Beschwerdeführers durch den von der Behörde beigezogenen Amtssachverständigen abgesprochen werden kann. Im Fall einer zusätzlichen Beeinträchtigung der Fortbewegung des Beschwerdeführers aufgrund von Spätfolgen einer Hüftluxation scheint es grundsätzlich nicht ausgeschlossen, daß im Beschwerdefall eine "dauernd starke Gehbehinderung" tatsächlich vorliegen könnte.
Der Verwaltungsgerichtshof ist u.a. zur Prüfung befugt, ob das Gutachten, das die Behörde ihrer Entscheidung zugrundegelegt hat, ausreichend ist, um die daraus gezogenen Schlüsse zu tragen (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, S. 598, letzter Absatz, wiedergegebene hg. Judikatur). Dies ist jedoch im Beschwerdefall nicht gegeben.
Die vom Amtssachverständigen in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 14. April 1997 festgehaltene Möglichkeit, daß vom Beschwerdeführer "eine Fortbewegung mit Krücken auf Grund des guten körperlichen Zustandes" bewältigt werden könne, schließt aber nach der hg. Judikatur nicht aus, daß eine dauernd starke Gehbehindung vorliegen könnte. Bei einer für das Gehen notwendigen Verwendung von Krücken ist die dadurch gegebene zusätzliche Beeinträchtigung (Gehbehinderung) evident, die nach den Umständen des Einzelfalles zusammen mit festgestellten weiteren Behinderungen beim Gehen als dauernd starke Gehbehinderung qualifiziert werden kann (vgl. etwa in diesem Zusammenhang die hg. Erkenntnisse vom 18. Mai 1978, VwSlg. Nr. 9560/A, und vom 17. Februar 1989, Zl. 88/18/0343).
Entgegen der ergänzenden Äußerung des Amtssachverständigen der belangten Behörde vom 14. April 1997 geht der vom Beschwerdeführer beigezogene Privatsachverständige in seiner ergänzenden Stellungnahme nicht nur von einer notwendigen prophylaktischen Schonung des Stütz- und Bewegungsapparates des Beschwerdeführers aus, sondern zeigt darüberhinaus konkrete zusätzliche Einschränkungen der Mobilität und Motilität dieser Person aufgrund der sich entwickelnden Spätfolgen der ursprünglich beidseitigen Hüftluxaktion des Beschwerdeführers auf.
Weshalb der von der belangten Behörde beigezogene Amtssachverständige, obwohl er die "medizinischen Ausführungen" des Privatgutachters "nie in Zweifel" zog, dennoch zum gegenteiligen Ergebnis des Privatgutachters, nämlich dem fehlenden Vorliegen einer dauernd starken Gehbehinderung im Sinne des § 29b Abs. 4 StVO im Beschwerdefall kommt, wird in der ergänzenden Stellungnahme vom 21. Mai 1997 unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen zur Frage der Verwendungsmöglichkeit von Krücken und der auch prophylaktischen Schonung des Beschwerdeführers im Ergebnis nicht schlüssig dargelegt.
Stützte jedoch die belangte Behörde ihre Entscheidung auf ein nicht (mehr) schlüssiges (ergänzendes) Gutachten ihres Amtsschverständigen, ohne die Annahme des Privatgutachters hinsichtlich des Vorliegens einer dauernd starken Gehbehinderung zu widerlegen, so belastete sie den angefochtenen Bescheid mit einem wesentlichen Verfahrensmangel, weshalb es sich erübrigt, auf die weiteren Rügen des Beschwerdeführers näher einzugehen.
Da nicht ausgeschlossen werden kann, daß die belangte Behörde bei Vermeidung des dargelegten Verfahrensmangels zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
Schlagworte
Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung Besonderes FachgebietEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997020354.X00Im RIS seit
11.07.2001