Entscheidungsdatum
31.01.2020Norm
BAO §4 Abs1Text
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Hofrat Mag. Röper als Einzelrichter über die Beschwerde des Herrn A, ***, ***, vom 13. Dezember 2018 gegen den Berufungsbescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 13. November 2018, Zl. ***, mit dem die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Abgabenbescheid des Stadtamtes der Stadtgemeinde *** vom 13. Dezember 2002, Zl. *** betreffend Vorschreibung von Kanalbenützungsgebühren als unbegründet abgewiesen und gleichzeitig die jährliche Kanalbenützungsgebühr neu festgesetzt worden war, den
B e s c h l u s s
gefasst:
1. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 278 Abs. 1 BAO aufgehoben
und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an den Stadtrat der Stadtgemeinde *** zurückverwiesen.
2. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1. Sachverhalt:
1.1. Grundsätzliche Feststellungen:
Herr A (in der Folge: der Beschwerdeführer) war bis zum Jahre 2013 Eigentümer bzw. bis zum Tode seines Vaters Miteigentümer des Grundstückes Nr. ***, EZ *** KG ***, mit der topographischen Anschrift *** in ***. Für diese Liegenschaft liegt ein Anschlussverpflichtungsbescheid vor.
1.2. Verwaltungsbehördliches Verfahren:
Mit Bescheid des Stadtamtes der Stadtgemeinde *** vom 15. September 2002, Zl. ***, wurde dem Beschwerdeführer und seinem Vater als damalige Eigentümer der Anschluss der Liegenschaft mit der topographischen Anschrift *** in *** (Grundstück Nr. ***, EZ *** KG ***) an den öffentlichen Schmutzwasserkanal aufgetragen.
1.3. Abgabenbehördliches Verfahren:
1.3.1.
Mit Abgabenbescheid des Stadtamtes der Stadtgemeinde *** vom 12. Dezember 2002, Zl. ***, wurde dem Beschwerdeführer als Miteigentümer für die verfahrensgegenständliche Liegenschaft die jährliche Kanalbenützungsgebühr mit Wirkung ab 1. Jänner 2003 im Betrag von € 1.281,60 (exkl. USt.) vorgeschrieben. Der Vorschreibung wurde ein Einheitssatz von € 2,13 sowie eine Berechnungsfläche von 601,68 m² zu Grunde gelegt.
1.3.2.
Gegen diesen Abgabenbescheid erhob u.a. der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 2. Jänner 2003 fristgerecht das ordentliche Rechtsmittel der Berufung und begründete diese im Wesentlichen damit, dass sämtliche auf dem Grundstück befindlichen Gebäude für eine Benutzung auf Grund des schlechten Zustandes kaum zu verwenden wären, weshalb demnächst um Abbruch dieser Baulichkeiten bei der Baupolizei angesucht werde. Deshalb sei die vorgeschriebene Abgabe obsolet. Schon jetzt fielen keine Schmutzwässer an und werde noch im Frühjahr, wenn endgültig feststehe, wie die Liegenschaft verwertet werde, ein Abbruch der bestehenden Gebäude erfolgen.
1.3.3.
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 13. November 2018, Zl. ***, wurde die Berufung des Beschwerdeführers zum einen als unbegründet abgewiesen. Weiters wurde der Bescheid wird mit der Maßgabe geändert, dass unter Zugrundelegung einer Berechnungsfläche von nunmehr 1.002,74 m² und eines Einheitssatzes von € 2,13 mit Wirkung ab 1. Jänner 2003 eine jährliche Kanalbenützungsgebühr in der Höhe von € 2.349,42 (inkl. USt.) vorgeschrieben wurde. Begründend wird nach Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens und der als maßgeblich erachteten Rechtsvorschriften ausgeführt, dass im Jahr 2002 wurden für die Berechnung der Kanalbenützungsgebühr das Erdgeschoß mit 373,68 m² und das Obergeschoß mit 228,00 m² herangezogen worden wären. Nach Durchsicht der Pläne für den Abbruch und die Neueinreichung, dem Vergleich der Luftbilder 2000, 2005, 2010 und 2015, und der Begehung vor Ort sowie der Auskunft im Zuge der Begehung vor Ort habe sich herausgestellt, dass die Fläche, welche der Berechnung zugrunde gelegt wurde, zu gering sei. Im Erdgeschoß sei der Bereich des ehemaligen Kinos samt Vorraum, der mit dem Haupthaus verbunden ist, nicht miteinbezogen worden. Im Obergeschoß sei nur jener Teil des Gebäudes, der quer zur *** verläuft, mit einer Fläche von 20,00 m x 11,40 m miteinbezogen worden. Da im Erdgeschoß eine Verbindung zum Kino bestehe, sei auch dieser Bereich (inklusive dem in den alten Plänen als „Kassa und Warteraum” bezeichneten Raum) miteinzurechnen. Es sei dann jedoch eine Fläche von 3 m x 2 m (Bereich des Eingangs an der Straße/***) in Abzug zu bringen. Für das Erdgeschoß ergebe sich daher eine Fläche von 575,56 m². Auch für das Obergeschoß sei eine größere Fläche zu berechnen, da laut Auskunft, welche bei der Begehung vor Ort erteilt wurde, das gesamte Obergeschoß durchgängig verbunden ist. Einzig im Bereich über dem ehemaligen Kinosaal sei kein Obergeschoß vorhanden. Eine Begehung und Besichtigung des Obergeschoßes sei aufgrund des äußerst baufälligen Zustandes nicht möglich gewesen. Für das Obergeschoß ergebe sich daher eine Fläche von 427,18 m² (Erdgeschoß zuzüglich 6 m² beim Eingang, abzüglich der Fläche des ehemaligen Kinosaals von 154,38 m²). Für die Kanalbenützungsgebühr bedeutet das, dass die Berechnungsfläche (aus Erdgeschoß und Obergeschoß) 1.002,74 m² betrage.
1.4. Zum Beschwerdevorbringen:
Mit Schreiben vom 13. Dezember 2018 brachte der Beschwerdeführer rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich ein und begründete diese im Wesentlichen damit, dass es schon 2002 nicht möglich gewesen sei, herauszufinden, wo sich die Anschlussleitung befinde. Wenn nun behauptet werde, es wäre der Anschluss der Liegenschaft an den öffentlichen Kanal damals faktisch möglich gewesen, sei das tatsachenwidrig. Richtig sei, dass die Liegenschaft nie an den Kanal angeschlossen werden konnte. Die Abgabenbehörde behaupte, es wäre ihm ein Bescheid datiert mit 22. Mai 2018 zugegangen, womit der Vorlageantrag betreffend der Berufungsvorentscheidung über die Anschlussverpflichtung als verspätet eingebracht zurückgewiesen worden wäre. Ein derartiger Bescheid sei ihm nie zugegangen, er habe auch nie irgendeinen Hinweis auf eine allfällige Hinterlegung erhalten. In diesem Zusammenhang bestreite er die Feststellung der Abgabenbehörde II Instanz ausdrücklich, wonach im Zeitpunkt der Vorschreibung der Kanaleinmündungsabgabe ein rechtskräftiger Bescheid hinsichtlich der Anschlussverpflichtung vorgelegen wäre. Die Liegenschaft habe bereits seit über 20 Jahren extreme Baumängel aufgewiesen und sei von seinem Vater seit 2002 überhaupt nicht mehr und von ihm nicht mehr zu Wohnzwecken genutzt worden. Wegen des schlechten Bauzustandes sei es ihm erst im Jahr 2013 möglich gewesen, einen Interessenten zu finden und die Liegenschaft, baufällig wie sie war, zu verkaufen. Zu dem am 25. Oktober 2018 durchgeführten Lokalaugenschein auf der Liegenschaft sei ihm kein Parteiengehör gewährt worden. Weiters stellt der Beschwerdeführer einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Ausdrücklich wird auch der Antrag auf Minderung der Abgabe um 80 % gemäß § 5 b NÖ Kanalgesetz 1977 gestellt.
1.5. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:
Mit Schreiben vom 19. Juni 2019, eingelangt beim Landesverwaltungsgericht am 11. Oktober 2019, legte die Stadtgemeinde *** dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Beschwerde und den bezughabenden Verwaltungsakt (samt Einladungskurrende und Sitzungsprotokoll der maßgeblichen Sitzung des Stadtrates) vor.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat weiters Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den bezughabenden Akt des Stadtgemeinde *** sowie durch Einsichtnahme in das öffentliche Grundbuch.
1.6. Beweiswürdigung:
Im Wesentlichen ist der Sachverhalt als unstrittig zu beurteilen und ergibt sich dieser aus dem unbedenklichen Akteninhalt in Verbindung mit dem bekämpften Bescheid, sowie aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers, soweit dieses den Feststellungen der belangten Behörde nicht entgegentritt.
1.7. Feststellungen:
Für diese Liegenschaft liegt ein rechtskräftiger Anschlussverpflichtungsbescheid vor.
Die Beiziehung eines Sachverständigen zur Prüfung des Vorliegens eines Härtefalls iSd § 5b NÖ Kanalgesetz 1977 ist nicht erfolgt.
2. Anzuwendende Rechtsvorschriften:
2.1. Bundesabgabenordnung - BAO:
§ 1. (1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.
§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden.
§ 4. (1) Der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.
§ 115. (1) Die Abgabenbehörden haben die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind.
…
§ 278. (1) Ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes
a) weder als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen (§ 260) noch
b) als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandlos (§ 256 Abs. 3, § 261) zu erklären,
so kann das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Eine solche Aufhebung ist unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.
…
2.2. NÖ Kanalgesetz 1977 idF LGBl. 8230-6:
Kanalerrichtungsabgaben und Kanalbenützungsgebühren
§ 1. (1) Die Gemeinden werden gemäß § 8 Abs. 5 Finanzverfassungsgesetz 1948, BGBl. Nr. 45, ermächtigt, Kanalerrichtungsabgaben (Kanaleinmündungs-, Kanalergänzungs-, Kanalsonderabgabe) und Kanalbenützungsgebühren nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu erheben.
(2) Für die Erhebung der Kanalbenützungsgebühren aufgrund bundesgesetzlicher Ermächtigung (Finanzausgleichsgesetz) gelten die Bestimmungen des NÖ Kanalgesetzes 1977.
(3) Die Kanalerrichtungsabgaben und Kanalbenützungsgebühren sind in einer Kanalabgabenordnung (§ 6) näher auszuführen.
(4) Für verschiedene Kanalanlagen mit jeweils getrennten Entsorgungsbereichen in einer Gemeinde sind die Kanalerrichtungsabgaben und Kanalbenützungsgebühren verschieden hoch festzusetzen, wenn sich dies aufgrund eines unterschiedlichen Kostendeckungserfordernisses ergibt.
(5) Die Kanalerrichtungsabgaben und die Kanalbenützungsgebühren sind zweckgebundene Einnahmen, die ausschließlich für die Errichtung, für die Erhaltung und den Betrieb der Kanalanlage verwendet werden dürfen. Dies gilt nicht für die den einfachen Jahresaufwand übersteigenden Einnahmen aus den Kanalbenützungsgebühren.
§ 1a. Im Sinne dieses Gesetzes gelten als:
1. bebaute Fläche: Die bebaute Fläche ist diejenige Grundrissfläche, die von der lot-rechten Projektion oberirdischer baulicher Anlagen begrenzt wird. Unberücksichtigt bleiben: bauliche Anlagen, welche die Geländeoberfläche nicht oder nicht wesentlich überragen, nicht konstruktiv bedingte Außenwandvorsprünge, untergeordnete Bauteile.
2. Berechnungseinwohnergleichwerte: 50 v.H. der Summe des EGW-Spitzenwertes und EGW-Durchschnittswertes;
3. Einwohnergleichwerte (EGW): Maßzahl die die Verschmutzung betrieblicher Abwässer in Beziehung zur Verschmutzung häuslicher Abwässer ausdrückt;
4. EGW-Durchschnittswert: Jahressumme der eingebrachten Schmutzfrachten in EGW dividiert durch 365;
5. EGW-Spitzenwert: die höchste an einem Tag eingebrachte Schmutzfracht;
6. Geschossfläche: die sich aus den äußersten Begrenzungen jedes Geschosses ergebende Fläche;
…
10. spezifischer Jahresaufwand: Jahresaufwand für die Kläranlage sowie für jene Sammelkanäle, welche zur Ableitung der Abwässer von den Ortsnetzen zur Kläranlage dienen, dividiert durch die EGW, welche der Dimensionierung der Kläranlage zugrundegelegt wurden;
Kanalbenützungsgebühr
§ 5. (1) Für die Möglichkeit der Benützung der öffentlichen Kanalanlage ist eine jährliche Kanalbenützungsgebühr zu entrichten, wenn der Gemeinderat die Einhebung einer solchen Gebühr beschlossen hat.
(2) Die Kanalbenützungsgebühr errechnet sich aus dem Produkt der Berechnungsfläche und dem Einheitssatz zuzüglich eines schmutzfrachtbezogenen Gebührenanteiles. Dieser wird nur dann berücksichtigt, wenn die eingebrachte Schmutzfracht den Grenzwert von 100 Berechnungs-EGW überschreitet. Werden von einer Liegenschaft in das Kanalsystem Schmutzwässer und Niederschlagswässer eingeleitet, so gelangt in diesem Fall ein um 10 % erhöhter Einheitssatz zur Anwendung.
(3) Die Berechnungsfläche ergibt sich aus der Summe aller an die Kanalanlage angeschlossenen Geschoßflächen. Die Geschoßfläche angeschlossener Kellergeschoße und nicht angeschlossener Gebäudeteile wird nicht berücksichtigt. Angeschlossene Kellergeschoße werden jedoch dann berücksichtigt, wenn eine gewerbliche Nutzung vorliegt, ausgenommen Lagerräume, die mit einem Unternehmen im selben Gebäude in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Wird die Liegenschaft trotz bestehender Anschlußverpflichtung nicht an die Kanalanlage angeschlossen, so ist die Berechnungsfläche so zu ermitteln, als ob die Liegenschaft an die Kanalanlage angeschlossen wäre.
Vermeidung von Härtefällen
§ 5b. (1) Ergibt sich bei der Berechnung der Kanalbenützungsgebühr ein offensichtliches Mißverhältnis, zwischen der berechneten Höhe und dem verursachten Kostenaufwand, so ist die Kanalbenützungsgebühr entsprechend der tatsächlichen Inanspruchnahme, unter Berücksichtigung der sonst in der Gemeinde zu entrichtenden Kanalbenützungsgebühren höchstens jedoch um 80 % zu vermindern.
(2) Ein offensichtliches Mißverhältnis im Sinne des Abs. 1 liegt jedenfalls vor, wenn die Schmutzfracht pro 300 m² Berechnungsfläche bei widmungsgemäßer Verwendung geringer als ein EGW ist.
(3) Eine Verminderung der Kanalbenützungsgebühr kommt nur dann in Betracht, wenn die Berechnungsfläche mehr als 700 m² beträgt.
Kanalabgabenordnung
§ 6. (1) In jeder Gemeinde, in der eine öffentliche Kanalanlage vorhanden ist, ist gleichzeitig mit dem Beschluß über die Einhebung von Kanalerrichtungsabgaben und Kanalbenützungsgebühren eine Kanalabgabenordnung zu beschließen.
(2) Die Kanalabgabenordnung hat nach Maßgabe des Einhebungsbeschlusses (§ 1) zu enthalten:
a) die Höhe des Einheitssatzes für die Berechnung der Kanaleinmündungsabgabe und der Ergänzungsabgabe und die der Berechnung des Einheitssatzes zugrunde gelegten Baukosten sowie die Gesamtlänge des Kanalnetzes, erforderlichenfalls getrennt für Schmutz-(Misch-)wasserkanäle und Regenwasserkanäle (§ 3 Abs. 3);
b) die Höhe der Einheitssätze für die Berechnung der Kanalbenützungsgebühr;
c) die Zahlungstermine für die Kanalbenützungsgebühren, soferne eine andere als die in diesem Gesetz subsidiär vorgesehene Regelung (§ 12 Abs. 2) festgelegt wird und die näheren Bestimmungen wie die Kanalbenützungsgebühren zu entrichten sind;
d) die näheren Bestimmungen über die Erhebung der für die Abgabenbemessung maßgeblichen Umstände.
§ 12. (3) Die Abgabenschuld für die Kanalbenützungsgebühr und die Fäkalienabfuhrgebühr entsteht mit dem Monatsersten des Monats, in dem erstmalig die Benützung des Kanals möglich ist oder die Abfuhr der Fäkalien erfolgt. Wird eine Liegenschaft trotz bestehender Anschlußverpflichtung nicht an die Kanalanlage angeschlossen, so entsteht die Kanalbenützungsgebühr mit dem Monatsersten des Monats in dem der Anschluß an den Kanal möglich ist. Diese Gebühren sind, soferne der Gemeinderat in der Kanalabgabenordnung nichts anderes bestimmt, im vorhinein in vierteljährlichen Teilzahlungen, und zwar jeweils bis zum 15. Jänner, 15. April, 15. Juli und 15. Oktober, zu entrichten.
Abgabenbescheid
§ 14. (1) Den Abgabepflichtigen ist die Abgabenschuld mit Abgabenbescheid vorzuschreiben. Durch je einen besonderen Abgabenbescheid sind vorzuschreiben:
a) die Kanaleinmündungsabgaben, Ergänzungsabgaben und Sonderabgaben (§§ 2 und 4);
b) die Kanalbenützungsgebühren und die Fäkalienabfuhrgebühren (§§ 5 und 8);
c) Änderungen der im Abgabenbescheid nach lit.b festgesetzten Gebühren;
…
2.3. Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985:
§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
(2) Eine Revision ist nicht zulässig gegen:
1. Beschlüsse gemäß § 30a Abs. 1, 3, 8 und 9;
2. Beschlüsse gemäß § 30b Abs. 3;
3. Beschlüsse gemäß § 61 Abs. 2.
(3) Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision nicht zulässig. Sie können erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden. …
(5) Die Revision ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.
3. Würdigung:
3.1. Zu Spruchpunkt 1:
Die Beschwerde ist begründet.
3.1.1.
Der Beschwerdeführer beanstandet im Wesentlichen die durch die Abgabenbehörden der Stadtgemeinde *** vorgenommene Festsetzung der jährlichen Kanalbenützungsgebühr.
Bei der Kanalbenützungsgebühr iSd § 5 NÖ Kanalgesetz 1977 handelt es sich um eine Gebühr für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen und Gemeindeanlagen. Gebührentatbestand ist die Möglichkeit zur Benützung der öffentlichen Kanalanlagen. Dafür ist vom Liegenschaftseigentümer eine flächenbezogen berechnete Gebühr zu entrichten. Werden jedoch von einer Liegenschaft entweder besonders geringe Mengen an Abwässern (bei großem Flächenausmaß) oder besonders stark verschmutzte Abwässer eingeleitet, so ist die Gebühr entsprechend der tatsächlichen Inanspruchnahme des Kanals zu vermindern (Härteklausel, vgl. § 5b NÖ Kanalgesetz 1977) oder zu erhöhen (um einen schmutzfrachtbezogenen Anteil, vgl. § 5 Abs. 2 iVm § 5 Abs. 4 leg.cit.). Ziel der Regelung ist es, auch in jenen Fällen, in denen große Flächen zur Berechnung herangezogen werden, jedoch nur eine relativ geringe Inanspruchnahme erfolgt, jene Gebührenbelastung herbeizuführen, die üblicherweise in der Gemeinde vorliegt (vgl. VwGH 97/17/0460).
3.1.2.
Aufgrund der gegenständlichen Beschwerde ist zunächst strittig, ob die Härteklausel des § 5b NÖ Kanalgesetz 1977 anwendbar ist und ob gegebenenfalls für die konkrete Liegenschaft ein zu berücksichtigender Härtefall zu einer Minderung der Kanalbenützungsgebühr führen kann. Den Erläuterungen zur Novelle LGBl. 8230-2 zufolge lag dem als Vermeidung von Härtefällen bezeichneten § 5b NÖ Kanalgesetz 1977 die Überlegung des Gesetzgebers zugrunde, dass die im NÖ Kanalgesetz 1977 etablierte flächenbezogene Berechnungsmethode zu Härten führt, wenn ein flächenmäßig sehr großes Gebäude in Relation zur Fläche eine verhältnismäßig geringe Abwassermenge verursacht. Mit der Regelung zur Vermeidung von Härtefällen wollte der Gesetzgeber für diese Fälle ein Korrektiv zur Vermeidung von Härtefällen außerhalb eines Nachsichtsverfahrens (nach der BAO) schaffen (vgl. Ltg.-162/A-1/21-1985, 5). Zweck dieser Regelungen ist es demnach, eine verursachergerechte Berechnung der Kanalbenützungsgebühr zu ermöglichen, um dadurch allfällige Unsachlichkeiten, die sich aus der schematischen Anwendung der flächenbezogenen Gebührenberechnung ergeben könnten, hintanzuhalten. Dabei kommt es auf den tatsächlich für die Schmutzwasserentsorgung entstehenden Kostenaufwand an (vgl. VwGH 94/17/0373). Unter dem verursachten Kostenaufwand sind neben den Kosten aus der Benützung der Kanalanlage auch jene zu verstehen, die daraus resultieren, dass die Benützungsmöglichkeit gegeben ist. Auch durch die Benützungsmöglichkeit erwachsen beträchtliche Kosten, die umzulegen und zu entrichten sind. Als Maßstab für das Vorliegen eines Missverhältnisses und für das Ausmaß der Gebührenreduktion sind daher die tatsächliche Inanspruchnahme der Kanalanlage (Berechnungsfläche pro Einwohnergleichwert) und die durchschnittliche Inanspruchnahme in der Gemeinde (die durchschnittlich auf einen Einwohnergleichwert entfallende Berechnungsfläche) heranzuziehen. Was als offensichtliches Missverhältnis anzusehen ist, wird im Gesetz nicht abschließend geregelt, jedenfalls liegt ein offensichtliches Missverhältnis aber vor, wenn die Schmutzfracht pro 300 m² Berechnungsfläche bei widmungsgemäßer Verwendung der Gebäudes geringer als ein Einwohnergleichwert ist. Für das Vorliegen eines Missverhältnisses ist daher die Inanspruchnahme des Kanals maßgeblich.
3.1.3.
Liegt ein offensichtliches Missverhältnis im Sinne des § 5b NÖ Kanalgesetz 1977 vor, dann besteht für den Liegenschaftseigentümer (als Abgabepflichtigen gemäß § 9 NÖ Kanalgesetz 1977) ein Rechtsanspruch auf eine entsprechende Verminderung der Kanalbenützungsgebühr schon bei der Vorschreibung. Sofern auf einer Liegenschaft die Berechnungsfläche mehr als 700 m² beträgt, hat die Abgabenbehörde das Vorliegen eines offensichtlichen Missverhältnisses im Sinne des § 5b NÖ Kanalgesetz 1977 von Amts wegen zu prüfen. Gegenüberzustellen sind nach dieser Bestimmung die aus dem Produkt von Berechnungsfläche und Einheitssatz ermittelte Kanalbenützungsgebühr einerseits mit dem tatsächlich durch die Benützung des betreffenden Gebäudes entstehenden Kostenaufwand andererseits (vgl. VwGH 94/17/0373).
Ob im konkreten Fall überhaupt ein Härtefall im Sinne des § 5b NÖ Kanalgesetz 1977 vorliegt bzw. in welchem Ausmaß die Kanalbenützungsgebühr zu mindern wäre, kann vom Verwaltungsgericht nicht beurteilt werden. Da jedoch auf Grund des Ausmaßes der von den Abgabenbehörden ermittelten Berechnungsfläche von 1.002,74 m² im konkreten Fall eine Anwendbarkeit des § 5b NÖ Kanalgesetz 1977 nicht von vornherein auszuschließen ist, kritisiert der Beschwerdeführer im Ergebnis zu Recht das mangelhaft durchgeführte Ermittlungsverfahren, da die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zu der Frage, ob ein Härtefall vorliegt, nicht vorhanden sind.
Es wäre gemäß § 115 Abs. 1 BAO Aufgabe der Abgabenbehörden der mitbeteiligten Gemeinde gewesen, durch entsprechende Ermittlungen von Amts wegen festzustellen, ob ein offensichtliches Missverhältnis im Sinne des § 5b NÖ Kanalgesetz 1977 gegeben ist bzw. in welchem Ausmaß die Kanalbenützungsgebühr zu mindern wäre. Der in § 115 Abs. 1 BAO verankerte Amtswegigkeits- und Untersuchungsgrundsatz („Die Abgabenbehörden haben die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln …“) legt den Abgabenbehörden die Verpflichtung zur Ermittlung des entscheidenden tatsächlichen Sachverhaltes auf (vgl. VwGH 83/14/0183 mwN, und VwGH 2014/17/0003).
3.1.4.
Die Rechtsnatur des § 5b NÖ Kanalgesetz 1977 begründet keine erhöhte Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen, wie dies etwa bei antragsbedürftigen begünstigenden Verwaltungsakten (wie der Gewährung von Nachsicht oder Stundung oder im Haftungsverfahren) der Fall wäre. Ein Abgabenpflichtiger hat einen Rechtsanspruch auf Verminderung der Kanalbenützungsgebühr, wenn die in § 5b Abs. 1 und 2 NÖ Kanalgesetz 1977 genannten Voraussetzungen zutreffen, ein darauf gerichteter Antrag ist nicht erforderlich (vgl. VwGH 94/17/0373). § 5b Abs. 1 und 2 NÖ Kanalgesetz 1977 zufolge sind der Gebührenanteil für die Schmutzwasserentsorgung dem tatsächlich aufgrund der Benutzung der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft für die Schmutzwasserentsorgung entstehenden Kostenaufwand gegenüberzustellen. Für die Gegenüberstellung sind grundsätzlich die jeweiligen Jahreswerte der genannten Ansätze maßgebend. Die Verminderung der Kanalbenützungsgebühr ist nur geboten, wenn die vorstehend angeführte Gegenüberstellung ein offensichtliches Missverhältnis offenbart. Das Missverhältnis muss zwischen dem Gebührenanteil für die Schmutzwasserentsorgung und den tatsächlich für die Schmutzwasserentsorgung entstehenden Kosten entstehen (vgl. VwGH 97/17/0460). Ein offensichtliches Missverhältnis iSd § 5b Abs. 1 NÖ Kanalgesetz 1977 liegt nach § 5b Abs. 2 NÖ Kanalgesetz 1977 jedenfalls dann vor, wenn die Schmutzfracht pro 300 m² Schmutzwasserberechnungsfläche bei widmungsgemäßer Verwendung geringer als ein Einwohnergleichwert ist. Was als offensichtliches Missverhältnis anzusehen ist, ist damit aber nicht abschließend geregelt. Nach der Rechtsprechung kann ein offensichtliches Missverhältnis vielmehr auch in anderen Fällen vorliegen.
Im angefochtenen Bescheid fehlen nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage, ob ein Härtefall im Sinn des § 5b Abs. 1 NÖ Kanalgesetz 1977 vorliegt. Als Maßstab für das Vorliegen eines Missverhältnisses und das allfällige Ausmaß einer Gebührenreduktion sind die tatsächliche Inanspruchnahme der Kanalanlage durch die konkrete Liegenschaft einerseits und die sonst in der Gemeinde zu entrichtenden Gebühren andererseits heranzuziehen. Abgesehen davon, dass die Ermittlung der auf einer Liegenschaft anfallenden Schmutzfracht wohl zumindest dann die Einholung eines Sachverständigengutachtens erfordert, wenn deren Ausmaß strittig ist, hätte die belangte Behörde (zufolge § 115 Abs. 1 BAO von Amts wegen) den tatsächlich für die Schmutzwasserentsorgung entstehenden Kostenaufwand feststellen und diesen Kostenaufwand dem Gebührenanteil für die Schmutzwasserentsorgung gegenüberstellen müssen. Da solche Feststellungen in Verkennung der Rechtslage im angefochtenen Bescheid unterblieben sind, hat die belangte Behörde diesen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.
3.1.5.
Die belangte Behörde wäre im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vielmehr verpflichtet gewesen, das Verhältnis zwischen den tatsächlich für die Schmutzwasserentsorgung entstehenden Kosten und dem Gebührenanteil für die Schmutzwasserentsorgung zu ermitteln. Gegenüberzustellen wäre die Kanalbenützungsgebühr je Einwohnergleichwert in Ansehung der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft einerseits, mit den im Gemeindegebiet durchschnittlich (für die Entsorgung einer der gleichen Zahl von Einwohnergleichwerten entsprechenden Schmutzfracht) entstehenden Kosten andererseits (vgl. VwGH 2000/17/0029). Da eine solche Gegenüberstellung nicht erfolgt ist, wurde der entscheidungswesentliche Sachverhalt unzureichend ermittelt. Eine Beurteilung der verfahrensgegenständlichen Rechtsfrage, ob und in welchem Ausmaß ein Härtefall gemäß § 5b Abs.1 NÖ Kanalgesetz 1977 vorliegt, kommt mangels ausreichender Klarheit über den Sachverhalt gar nicht erst in Betracht. Dementsprechend wäre auch das Ermittlungsverfahren noch zu ergänzen.
3.1.6.
Wenngleich das Verwaltungsgericht nach Art. 130 Abs. 4 B-VG bzw. § 279 BAO grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden hat, gilt dies bei Ergänzungsbedürftigkeit des Ermittlungsverfahrens nicht schlechthin. Vielmehr besteht in derartigen Fällen aufgrund der genannten Bestimmungen in Zusammenschau mit § 278 Abs. 1 BAO eine Verpflichtung des Verwaltungsgerichtes zu einer solchen Ergänzung und einer darauf folgenden Sachentscheidung nur dann, wenn dies im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist, also das Verfahren insgesamt schneller oder kostengünstiger zu einem Abschluss gebracht werden kann. Davon kann jedenfalls dann nicht ausgegangen werden, wenn die belangte Behörde wesentliche Sachverhaltsermittlungen unterlassen hat, sodass in derartigen Fällen eine Verpflichtung des Verwaltungsgerichtes zur Sachentscheidung nicht besteht und es sich auf eine Aufhebung und Zurückverweisung der Sache zurückziehen kann (vgl. u.a. VwGH Ra 2015/16/0037und VwGH Ra 2015/15/0063).
Die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 sieht in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinden ein grundsätzlich zweigliedriges Administrativverfahren mit nachgeordneter Kontrolle durch das Verwaltungsgericht und schließlich die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts vor, wobei es den Verwaltungsbehörden zukommt, den gesamten für die Entscheidung relevanten Sachverhalt zu ermitteln. Dieses System würde aber völlig unterlaufen, wenn es wegen des Unterbleibens eines Ermittlungsverfahrens in erster oder zweiter Instanz zu einer Verlagerung nahezu des gesamten Verfahrens vor das Verwaltungsgericht käme und die Einrichtung von zwei Entscheidungsinstanzen auf Gemeindeebene damit zur bloßen Formsache würde (vgl. u.a. VwGH 2002/20/0315 sowie VwGH 2013/21/0118).
Es ist nämlich nicht Aufgabe des Verwaltungsgerichtes, erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt zu ermitteln, käme es doch beim Unterbleiben eines Ermittlungsverfahrens durch die Abgabenbehörde zu einer Verlagerung nahezu des gesamten Verfahrens vor das Verwaltungsgericht. Die Aufgabe des Verwaltungsgerichtes liegt nicht darin, die Verwaltung zu führen, es übt vielmehr gegenüber der Verwaltung eine Kontrollfunktion aus. Es ist nicht im Sinne des Gesetzes und nicht Aufgabe des Verwaltungsgerichtes, statt seine umfassende Kontrollbefugnis wahrnehmen zu können, erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt – wenn auch nur in Teilaspekten – zu ermitteln und einer Beurteilung zu unterziehen (vgl. z.B. sinngemäß VwGH 2002/20/0315, zu § 66 Abs. 2 AVG; sowie UFS vom 22. Oktober 2008, Zl. RV/0496-G/08, zu § 289 Abs. 1 BAO).
Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (vgl. VwGH Ro 2014/03/0063, zu § 28 Abs. 3 VwGVG).
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass bei Durchführung dieser Ermittlungen ein anders lautender Bescheid zu erlassen wäre. Da die Abgabenbehörde daher zusammengefasst keine für die Beurteilung einer maßgeblichen Rechtsfrage relevanten Feststellungen getroffen und damit die notwendigen Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat, sieht sich das Verwaltungsgericht veranlasst, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen.
Im Hinblick auf die Nähe zur Sache wird die Abgabenbehörde die erforderlichen Ermittlungsschritte und damit die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes im Sinne des Gesetzes zumindest mit der gleichen Raschheit und mit nicht höheren Kosten als das Verwaltungsgericht bewerkstelligen können. Hinzu tritt der Umstand, dass sowohl die Gemeindebehörden einschließlich ihrer Sachverständigen als auch die Beschwerdeführer – im Gegensatz zum Verwaltungsgericht – mit den örtlichen Gegebenheiten und der Sache vertraut und in der Regel ständig vor Ort sind.
Demnach lassen sich die erforderlichen Ermittlungsschritte (wie z.B. ein gemeinsam mit dem Beschwerdeführer durchgeführter Ortsaugenschein unter Beiziehung eines Sachverständigen) durch die Gemeindebehörden nicht nur schneller, sondern auch kostengünstiger durchführen, als dies im verwaltungsgerichtlichen Verfahren der Fall wäre.
Somit war der Beschwerde Folge zu geben, der angefochtene Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an den Stadtrat der Stadtgemeinde *** zurückzuverweisen.
3.1.7.
Diese Entscheidung konnte gemäß § 274 Abs.1 BAO unter Entfall der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde vom Beschwerdeführer zwar beantragt, jedoch wurde dem Eventualbegehren des Beschwerdeführers auf Aufhebung und Zurückverweisung vollinhaltlich Rechnung getragen.
3.2. Zu Spruchpunkt 2 - Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß
Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Hinblick auf die obigen Ausführungen (siehe 3.1.) liegen jedoch keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.
Schlagworte
Finanzrecht; Kanalbenützungsgebühr; Härteklausel; Missverhältnis; Verfahrensrecht; Ermittlungspflicht; Zurückverweisung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.1161.001.2019Zuletzt aktualisiert am
10.03.2020