TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/24 G305 2187892-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.08.2018
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Entscheidungsdatum

24.08.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

G305 2187892-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Ernst MAIER, MAS, als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. am XXXX, StA. Irak, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, RD XXXX, vom 19.01.2018, Zl.: XXXX, vertreten durch den XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3

und § 57 AsylG iVm.

§ 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 Abs. 1 bis 3 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der BF (in der Folge: Beschwerdeführer oder kurz: BF) stellte am 23.12.2014 vor Organen der Landespolizeidirektion XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.

Anlässlich seiner Erstbefragung gab er zu seinen Fluchtgründen befragt an, er habe in der Bäckerei seines Vaters, XXXX, gearbeitet. Sein Vater habe amerikanische Truppen mit Backwaren beliefert. Am 21.04.2014 sei in der Nähe der Bäckerei ein Sprengsatz gezündet worden. Da sein Vater eine Drohung erhalten hätte und er eine mögliche Entführung befürchtete, habe der BF den Irak verlassen.

2. Am 06.06.2017 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: belangte Behörde oder kurz: BFA) niederschriftlich einvernommen. Anlässlich dieser Einvernahme brachte er eine Reihe von Beweismitteln in arabischer Sprache in Vorlage und gab zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates im Wesentlichen zusammengefasst an, dass sein Vater eine Bäckerei in XXXX, im StadtteilXXXX, betrieben und die amerikanischen Truppen mit Backwaren beliefert habe. Zudem sei sein Vater auch als Dolmetscher für die amerikanische Botschaft tätig gewesen. Man habe seinen Vater schon zu Beginn dieser Tätigkeit im Jahr 2008 bedroht. Am 01.12.2013 habe der Vater des BF einen Drohbrief erhalten, vier Monate danach, am 21.04.2014 sei es dann zu einem Bombenanschlag gekommen. Daraufhin sei seine Familie vonXXXX nach XXXXumgezogen, wo diese für sechs Monate lang gelebt haben soll. Anschließend sei die Familie wieder nach XXXX gezogen und sei der BF am 17.12.2014 gemeinsam mit seinem Cousin aus dem Irak ausgereist.

3. Mit Bescheid vom 19.01.2018, dem BF durch Hinterlegung zugestellt am 02.02.2018, wies die belangte Behörde den auf die Gewährung von internationalem Schutz gerichteten Antrag des BF vom 23.12.2014 gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf dessen Herkunftsstaat gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt II.) und sprach aus, dass ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG gegen ihn erlassen werde und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.) und die Frist für seine freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

4. Gegen diesen Bescheid richtete sich die im Wege seiner Rechtsvertretung am 27.02.2018 übermittelte Beschwerdeschrift. Darin wurden im Wesentlichen kurz zusammengefasst in der Sache selbst Feststellungmängel zur Sicherheitslage im Irak und speziell in XXXXgeltend gemacht und vorgebracht, der BF sei in seinem Fluchtvorbringen, entgegen den Ausführungen im angefochtenen Bescheid, durchaus glaubhaft. Seine Ausführungen würden darüber hinaus mit den getroffenen Länderfeststellungen übereinstimmen. Auch sei er über die Maße gut integriert. Die Beschwerde wurde mit den Anträgen verbunden, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung anberaumen, den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass dem BF Asyl zuerkannt werde, in eventu ihm den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkennen und in eventu den angefochtenen Bescheid aufheben und die Rechtssache an die belangte Behörde zurückverweisen.

5. Mit Schreiben vom 28.02.2018, eingelangt am 02.03.2018, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die gegen den oben bezeichneten Bescheid gerichtete Beschwerde des BF samt den Bezug habenden Verwaltungsakten (in der Folge kurz: BVwG) vor. Hier wurde die Beschwerdesache der Gerichtsabteilung G305 zur Erledigung zugeteilt.

6. Am 16.07.2018 wurde vor dem BVwG eine mündliche Verhandlung im Beisein des BF und seiner rechtsfreundlichen Vertretung sowie eines Dolmetschers für dessen Muttersprache durchgeführt. Die belangte Behörde verzichtete auf die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung.

7. Mit Eingabe vom 26.07.2018 bezog der BF durch seine rechtsfreundliche Vertretung zu den in der Verhandlung vorgelegten länderkundlichen Informationen Stellung und brachte weitere Berichte über den Irak in Vorlage.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der BF führt die im Spruch angegebene Identität und ist irakischer Staatsangehöriger. Er gehört der Ethnie der irakischen Araber an und bekennt sich zur islamischen Religionsgemeinschaft sunnitischer Glaubensrichtung. Seine Muttersprache ist arabisch.

Er ist gesund und nimmt keine Medikamente oder Substanzen mit bewusstseinsverändernder Wirkung ein. Er ist nicht verheiratet, hat weder leibliche noch adoptierte Kinder, ist arbeitsfähig und gibt sich arbeitswillig.

1.2. Zu den Reisebewegungen des BF:

Am 17.12.2014 begab er sich, von XXXX ausgehend, mit dem Bus nach XXXX (Türkei) und von dort aus mit verschiedenen Verkehrsmitteln nach Bulgarien. Von hier aus setzte er seine Reise nach Österreich fort. Am 23.12.2014 kam er im Bundesgebiet an.

1.3. Zur persönlichen Situation des BF im Irak bzw. außerhalb des Bundesgebietes:

Der BF hat im Irak 13 Jahre lang die Schule besucht und von 2012 bis Ende des Jahres 2014, teils neben der Schule, in der Bäckerei seines Vaters gearbeitet.

In der Bäckerei des Vaters des BF waren ca. zehn Personen beschäftigt. Das Warenangebot umfasste Pizza, Brot und Fleischbrot. Neben dem BF selbst haben auch zwei Cousins des BF, XXXX und XXXX, in der Bäckerei mitgearbeitet.

Die Familie des BF, bestehend aus dem Vater XXXX(geb. im Jahr 1963), der Mutter, XXXX (geb. im Jahr 1977) und den Brüdern, XXXX (geb. im Jahr 2000), XXXX(geb. im Jahr 1999) und XXXX (geb. im Jahr 1994) bewohnte von 2008 bis 2014, gemeinsam mit der Familie des Onkels des BF, ein Haus in XXXX. Als am 21.04.2014 eine Bombe in der Nähe der Bäckerei des Vaters des BF explodierte, durch die der BF und sein Cousin verletzt und die Bäckerei schwer beschädigt wurden, zog die Familie des BF vonXXXX nach XXXX. Dieses liegt ca. 90 km südlich von XXXX. Nach sechs Monaten in XXXXging die Familie des BF wieder zurück nach XXXX.

Der Vater des BF betrieb bis zum Jahr 2014 eine Bäckerei im Stadtteil XXXX, welche er ab dem Jahr 2014 bis zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt vermietete. Zu diesem, nicht näher feststellbaren, Zeitpunkt verkaufte sein Vater den Bäckereibetrieb. Anlassbezogen konnte nicht festgestellt werden, dass sein Vater in den Jahren vor der Ausreise des BF für amerikanische Truppen tätig gewesen wäre. Die Mutter des BF ist Hausfrau. Im Entscheidungszeitpunkt lebt sein Vater des BF in der AUTONOMEN REGION KURDISTAN in XXXX, die Mutter des BF in XXXX im Stadtteil XXXXund die Brüder des BF in der Türkei in XXXX. Ein Onkel des BF lebt in Schweden.

Im Entscheidungszeitpunkt verfügt der BF mit seinen Eltern nach wie vor über familiäre Anknüpfungspunkte im Irak. Zudem leben Familienangehörige des BF in der Türkei und in Schweden.

Der BF wurde am 21.04.2014 Opfer eines Bombenanschlages in der Straße, in der sich die Bäckerei seines Vaters befand. Der Sprengkörper wurde dabei in der Nähe der Bäckerei gezündet. Dabei trug der BF leichte Verletzungen davon. Der Vater des BF führte die Bäckerei daraufhin nicht weiter, sondern vermietete die Geschäftsräumlichkeiten. Der Vorfall wurde von der Familie des BF nicht zur Anzeige gebracht.

1.4. Zur persönlichen Situation des BF in Österreich:

Im Zeitraum vom 05.09.2016 bis zum 18.09.2017 besuchte der BF von Montag bis Freitag jeweils von 08:00 Uhr bis 12:00 Uhr im XXXX einen Deutschsprachkurs auf dem Niveau B1. Im Rahmen dessen belegte er die Fächer Deutsch als Zweitsprache, Mathematik, Kritische Partizipation, Berufsorientierung sowie Kreativität und Gestaltung belegt. Es ist zu konstatieren, dass der BF die deutsche Sprache gut versteht und mit dieser sicher umzugehen vermag.

Der BF ist im Bundesgebiet nicht erwerbstätig, lebt von der staatlichen Grundversorgung und hat auch keine konkreten Aussichten auf eine Erwerbstätigkeit in Österreich. Mit Gelegenheitsarbeiten erwirtschaftet er kleinere Beträge bis zu EUR 100,00. Darüber hinaus sind im Bundesgebiet keine maßgeblichen wirtschaftlichen Interessen des BF feststellbar. Er weist seit dem 05.01.2015 durchgehend Wohnsitzmeldungen im Bundesgebiet auf und ist strafgerichtlich unbescholten.

In Österreich lebt er mit seinem Cousin,XXXX, zusammen. Der BF hat den Irak gemeinsam mit seinem Cousin verlassen. Beide reisten zur selben Zeit ins Bundesgebiet ein und stellten sie zum selben Zeitpunkt einen Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz gestellt. In Hinblick auf seinen Cousin ist ein negativer Asylbescheid ergangen, welcher im Rahmen eines beim erkennenden Gericht zu GZ.: XXXX anhängigen Verfahrens in Prüfung gezogen wird. Der BF und sein Cousin teilen sich eine Wohnung. Zwischen dem BF und seinem Cousin besteht jedoch weder in finanzieller noch in persönlicher Hinsicht ein Abhängigkeitsverhältnis. Es konnte nicht festgestellt werden, dass zwischen den erwachsenen Cousins eine über das übliche Maß hinausgehende emotionale Verbindung gegeben wäre. Weitere familiäre Anknüpfungspunkte, Freundschaften oder Bekanntschaften weist der BF im Bundesgebiet nicht auf.

1.5. Zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:

Seit Oktober 2016 war die allgemeine Sicherheitslage im Irak von bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den durch eine Reihe schiitisch dominierter nichtstaatlicher Milizen (PMF Popular Mobilization Forces kurz: PMF) unterstützten irakischen Streitkräfte (ISF), den Streitkräften der kurdischen Regionalregierung (PESCHMERGA) sowie ausländischen Militärkräften auf der einen Seite und den bewaffneten Milizen der des Islamischen Staates (IS) auf der anderen Seite geprägt. Nachdem es den irakischen Sicherheitskräften, gemeinsam mit der PMF sowie der weiteren verbündeten, teilweise ausländischen, Streitkräfte im Laufe der Jahre 2016 und 2017 gelang, die Einheiten des IS sowohl aus den besetzten Teilen der südwestlichen Provinz ANBAR als auch aus den nördlich an BAGDAD anschließenden Provinzen DIYALA und SALAH AL-DIN zu verdrängen, beschränkte sich das Herrschaftsgebiet des IS auf in der Stadt MOSUL. Nach der sukzessiven Zurückdrängung des IS aus den zuvor ebenfalls von dieser terroristischen Gruppierung kontrollierten Gebieten innerhalb der Provinzen ANBAR, DIYALA und SALAH AL-DIN im Zentral- und Südirak stand zuletzt vor allem die Kontrolle der Stadt MOSSUL im Fokus. Der Südirak, insbesondere die Provinz BASRA, war nicht unmittelbar von der Invasion der Truppen des IS im Irak in den Jahren 2013 und 2014 betroffen.

Anfang Juli 2017 erklärte der irakische Premierminister Haider AL-ABADI die Stadt MOSSUL für vom IS befreit. In der Folge wurden von der Militärallianz auch frühere Bastionen des IS westlich von MOSUL in Richtung der irakisch-syrischen Grenze zurückerobert. Zuletzt richteten sich die Operationen der Militärallianz gegen den IS auf letzte Überreste seines früheren Herrschaftsgebiets im äußersten Westen der Provinz ANBAR sowie einer Enklave südlich von KIRKUK, doch gab der Premierminister AL-ABADI im Dezember 2017 bekannt, dass der IS auch in diesen Gebieten besiegt sei. Der IS wiederum versuchte die letzten zwei Jahre parallel zu diesen Geschehnissen durch vereinzelte Selbstmordanschläge in BAGDAD und anderen Städten im Südirak und im Zentralirak seine - wenn auch mittlerweile stark eingeschränkte - Fähigkeit, die allgemeine Sicherheitslage zu destabilisieren, zu demonstrieren.

Die Sicherheitslage innerhalb der KURDISCHEN AUTONOMIEREGION ist angesichts der Maßnahmen der regionalen Sicherheitskräfte sowie Grenzkontrollen und innerregionalen Aufenthaltsbestimmungen als stabil anzusehen.

Die sicherheitsrelevante Situation im Großraum BAGDAD ist durch die genannten Ereignisse im Wesentlichen nicht unmittelbar beeinträchtigt. Es waren jedoch vereinzelte Anschläge bzw. Selbstmordattentate auf öffentliche Einrichtungen oder Plätze mit einer teils erheblichen Zahl an zivilen Opfern zu verzeichnen, die, ausgehend vom Bekenntnis des als sunnitisch zu bezeichnenden IS dazu dienen hätten sollen, sich gegen staatliche Sicherheitsorgane oder gegen schiitische Wohnviertel und Städte zu richten um dort ein Klima der Angst sowie religiöse Ressentiments zu erzeugen und staatliche Sicherheitskräfte vor Ort zu binden.

Die kriegerischen Ereignisse im Irak seit dem Jahr 2014 brachten umfangreiche Flüchtlingsbewegungen aus den umkämpften Gebieten in andere Landesteile sowie Rückkehrbewegungen in befreite Landesteile mit sich. Zahlreiche nationale und internationale Hilfsorganisationen unter der Leitung des UNHCR versorgen diese Binnenvertriebenen in Lagern und Durchgangszentren. In Gebieten wie TIKRIT und MUQDADIYA sind wieder vermehrt Rückkehrer zu verzeichnen und ist eine deutliche Verbesserung beim Zugang zu Basisdiensten und beim Wiederaufbau von grundlegender Infrastruktur zu beobachten. Obwohl schiitische Milizen im Rahmen der Rückeroberung TIKRITS in einem Racheakt zunächst ganze Stadtteile zerstörten und Menschenrechtsverletzungen begingen (MOI 11.2.2016), sind inzwischen die meisten der ursprünglichen Einwohner TIKRITS dorthin zurückgekehrt und hat der Wiederaufbau der Stadt begonnen.

Die allgemeine Sicherheitslage in den südirakischen Provinzen hat sich als Folge einer Sicherheitsoffensive staatlicher Militärkräfte im Gefolge interkonfessioneller Gewalt im Jahr 2007, ab dem Jahr 2008 stark verbessert und ist seit dem Jahr 2014 insgesamt als stabil anzusehen. Die Gegenoffensive der irakischen Militärallianz gegen den IS in ANBAR und den nördlicher gelegenen Provinzen bedingte zuletzt eine Verlagerung von Militär- und Polizeikräften in den Norden, die wiederum eine größere Instabilität im Süden verbunden mit einem Anstieg an krimineller Gewalt mit sich brachte. In den südlichen Provinzen des Iraks ist der Großteil der Gewalt, die dort stattfindet, nicht terroristischer Natur, sondern krimineller und "tribaler" (d.h. stammesbezogener) Natur. Im Süden des Iraks leben ca. 400.000 Sunniten sowie Angehörige anderer Minderheiten und liegen für die südlichen Provinzen (Anm.: BABIL, BASRA, KERBALA, NAJAF, MISSAN, MUTHANNA, QADDISIYA, THI-QAR und WASSIT) generell nur wenige Berichte über Menschenrechtsverletzungen von schiitischen Milizen an Sunniten vor. So finden sich auch keine Berichte über flächendeckende, langfristige Auseinandersetzungen zwischen Schiiten und Sunniten.

Der Bürgerkrieg im Irak in den Jahren 2006 und 2007 hat die vormals friedliche Koexistenz zwischen Sunniten und Schiiten im Irak schwer erschüttert, Angehörige der sunnitischen Glaubensgemeinschaft werden häufig zu Zielen von Angriffen von schiitischen Milizen. Weder von Seiten des irakischen Staates noch von Seiten der schiitischen Milizen ist eine landesweite, systematische Verfolgung und Misshandlung von Angehörigen der sunnitischen Glaubensgemeinschaft festzustellen. Hinweise auf eine etwaig religiös motivierte Bürgerkriegssituation finden sich in den Länderberichten nicht.

Mit einem Anteil von ca. 35 % - 40 % der Gesamtbevölkerung bilden die Angehörigen der sunnitischen Glaubensgemeinschaft die größte Gruppe der Minderheiten des Iraks. Sunniten sind in der Gesellschaft und in der Politik vertreten, so treten auch im Mai 2018 auch sunnitische Parteien zu den Parlamentswahlen an. Es gibt zudem nach wie vor Regionen und Stadtteile in der Hauptstadt BAGDAD, die mehrheitlich sunnitisch geprägt sind. Darüber hinaus sind auch im von Schiiten dominierten und weitestgehend stabilen Süden des Iraks sunnitische Enklaven und ein weitestgehend beständiges Nebeneinander von Sunniten und Schiiten zu beobachten.

Bei einer steigenden Zahl bedürftiger Personen und trotz internationaler Hilfsgelder bleibt die Versorgungslage für ärmere Bevölkerungsschichten zumindest außerhalb der Region Kurdistan schwierig. Die Infrastruktur wurde durch das Kriegsgeschehen der letzten Jahre erheblich destabilisiert. Die humanitäre Situation ist in Regionen, die vom IS kontrolliert werden, und in Konfliktgebieten problematisch, da die Bevölkerung keinen oder nur erheblich eingeschränkten Zugang zu grundlegender Versorgung, Nahrungsmitteln und sonstigen Bedarfsgütern hat. Für humanitäre Organisationen ist es oftmals schwer, diese Regionen zu erreichen.

Der Irak besitzt kaum Industrie, doch sind eine Vielzahl von Personen beim irakischen Staatsapparat angestellt. Dennoch gibt es Regionen im Irak, in der Männer zwischen dem 18. und dem 59. Lebensjahr einen guten Zugang zum Arbeitsmarkt haben. Zu diesen Regionen zählen unter anderem BASHRA, KERBALA, BABYLON, THI-QUAR, WASSIT und andere. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass in den Städten BAGDAD und ERBIL und in der Region NINEWA ein 40 % übersteigender Anteil der männlichen Bevölkerung die Möglichkeit haben, Einkommen zu erwirtschaften.

Quelle: BFA Staatendokumentation: Länderinformationsblatt zu Irak, 25.10.2017,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1416409/5818_1508929404_irak-lib-2017-08-24-ke.doc mwN.

1.6. Zum Vorbringen des BF:

Der BF hatte mit den Behörden des Herkunftsstaates, der Republik Irak, weder auf Grund seines Religionsbekenntnisses, noch auf Grund seiner Volksgruppenzugehörigkeit Probleme. Es konnte nicht festgestellt werden, dass er in seinem Herkunftsstaat einem von einer radikalen Gruppierung ausgehenden Bedrohungspotential ausgesetzt wäre.

Dass er auf Grund seiner Zugehörigkeit zur muslimischen Glaubensgemeinschaft sunnitischer Glaubensrichtung einer individuellen und aktuellen Verfolgung durch schiitische Milizen ausgesetzt gewesen wäre, konnte nicht festgestellt werden.

Zudem konnte nicht festgestellt werden, dass er seines beruflichen Engagements im Bäckereibetrieb seines Vaters oder auf Grund der beruflichen Tätigkeit seines Vaters im Herkunftsstaat individuell und aktuell verfolgt wäre. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Explosion vor der Bäckerei seines Vaters am 21.04.2014, 21.00 Uhr, dem Vater des BF oder dessen Familie gegolten hätte. Auch konnte nicht festgestellt werden, dass der Bombenanschlag direkt dem BF gegolten hätte bzw. wer die Urheber desselben waren und ob zwischen diesen und dem Vater des BF bzw. der Familie des BF ein Zusammenhang besteht.

Es steht lediglich fest, dass die Familie des BF die Explosion den öffentlichen Sicherheitsbehörden des Herkunftsstaates nicht zur Anzeige gebracht hat.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass er aus anderen Gründen einer individuellen und aktuellen Bedrohungsgefahr im Bundesgebiet ausgesetzt wäre.

Ein konkreter Anlass für sein (fluchtartiges) Verlassen des Herkunftsstaates oder der Umstand, dass er vor seiner Ausreise im Irak einer individuellen Verfolgung aus den von ihm genannten Gründen ausgesetzt gewesen wäre, oder im Falle seiner Rückkehr in den Irak der Gefahr einer solchen ausgesetzt sein könnte, konnten nicht festgestellt werden.

Auch konnte nicht festgestellt werden, dass der BF bei seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung ausgesetzt wäre, oder dass Gründe vorliegen, die einer Rückkehr oder Rückführung (Abschiebung) in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden.

Letztlich konnte nicht festgestellt werden, dass er bei seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat aus in seiner Person gelegenen Gründen oder aufgrund der allgemeinen Lage vor Ort der realen Gefahr einer Verletzung seiner durch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention geschützten Rechte oder als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes ausgesetzt wäre.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und die daraus gezogenen Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes sowie aus den niederschriftlich protokollierten Angaben des BF anlässlich der vom erkennenden Gericht durchgeführten mündlichen Verhandlung, den beigeschafften länderkundlichen Informationen und den von Amts wegen eingeholten Auskünften.

Anzumerken ist, dass das Protokoll zur Erstbefragung des BF aufgrund der Namensähnlichkeit mit dem Protokoll der Erstbefragung seines Cousins vertauscht wurde, weshalb das Erstbefragungsprotokoll des BF zu XXXX protokolliert wurde.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (Namen, Geburtsdatum, Geburtsort), Staatsangehörigkeit, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit des BF getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, auf dessen eigene Angaben im Rahmen des Verfahrens sowie auf dessen Kenntnis und Verwendung der arabischen Sprache und auf den Kenntnissen der geografischen Gegebenheiten des Irak.

Die zum Gesundheitszustand, zur Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit und zum Familienstand des BF getroffenen Konstatierungen gründen auf seinen Angaben im Rahmen der Erstbefragung vor den Organen der Sicherheitsbehörde am 24.12.2014 [AS 5ff], den Angaben des BF in der niederschriftlichen Einvernahme durch das BFA vom 06.06.2017 [AS 69ff], den im angefochtenen Bescheid getroffenen diesbezüglichen Feststellungen, denen in der Beschwerde im Kern nicht entgegen getreten wurde [AS 261ff], sowie letztlich auf seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vom 16.07.2018.

2.3. Zu den Reisebewegungen des Beschwerdeführers:

Die zur Ausreise aus dem Irak, zur weiteren Reiseroute und zur Einreise in Österreich getroffenen Konstatierungen ergeben sich aus den unbestritten gebliebenen Angaben des BF anlässlich der Erstbefragung vor den Organen der Sicherheitsbehörden [AS 11].

2.4. Zur persönlichen Situation des BF im Irak bzw. außerhalb des Bundesgebietes:

Die Konstatierungen zum beruflichen Werdegang des BF basieren auf dessen Angaben in der Einvernahme durch die belangte Behörde [AS 72], sowie auf seinen Schilderungen in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht.

Die im Rahmen der mündlichen Einvernahme durch die belangte Behörde [AS 71f] und in der mündlichen Verhandlung vom 16.07.2018 vom BF gemachten Angaben belegen die weiteren, zur persönlichen Situation des BF und seiner Familie im Irak getroffenen, Feststellungen. Ebendiesen Ausführungen ist auch zu entnehmen, dass die Kernfamilie des BF nunmehr teilweise im Irak und in der Türkei lebt und der BF somit familiäre Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat und in der Türkei besitzt. Dass die Stadt XXXX ca. 90 km von XXXX entfernt liegt, ergibt sich aus einer vom erkennenden Gericht online durchgeführten Routenabfrage. Der BF schildert glaubhaft, dass er durch einen Bombenanschlag in der Nähe der Bäckerei seines Vaters Verletzungen davongetragen habe. Angesichts der zum Verfahren XXXX aktenkundig gewordenen Fotografien ist dieser Bombenanschlag an sich tatsächlich glaubhaft. Dazu gibt der BF an, dass vor der Bäckerei am 21.04.2014 um 21.00 Uhr eine Bombe explodiert sei. Er habe gerade in der Bäckerei gearbeitet und sein CousinXXXX habe auf der Straße Backwaren verkauft. Der BF gibt an, dass er zehn Minuten nach der Explosion zu sich gekommen sei, wobei die Rettungskräfte und die Feuerwehr schon vor Ort gewesen seien [AS 74]. Es habe Tote und Verletzte gegeben; während sein Cousin schwer und der BF selbst nur leicht verletzt worden seien [AS 74f]. Den Ablauf der Explosion vermochte der BF nachvollziehbar und widerspruchsfrei darstellen. Die dazu getroffene Feststellung, dass die Familie des BF die Explosion nicht angezeigt hat, gründet auf dessen Angaben in der mündlichen Verhandlung. Der BF stellt zudem glaubwürdig dar, dass seine Familie als Reaktion auf den BombenanschlagXXXX für sechs Monate lang verlassen und in XXXX gelebt habe.

Allerdings konnte der BF nicht glaubhaft machen, dass der Bombenanschlag seinem Vater gegolten hätte, dies wegen des Umstandes, dass dieser die amerikanischen Truppen bereits mehrere Jahre zuvor mit Backwaren beliefert hatte bzw. für die Amerikaner als Dolmetscher tätig gewesen wäre. Aus den Länderberichten zum Herkunftsstaat des BF ergeben sich keine Anhaltspunkte, dass Lebensmittellieferanten der amerikanischen Gruppen zu besonders gefährdeten Berufsgruppen zählen würden; dies gilt grundsätzlich auch für den Personenkreis, der als Dolmetscher für die amerikanischen Truppen tätig war. Hier ist notorisch, dass Dolmetscher ihren Dienst zumeist für die Parteien nicht erkennbar verrichtet haben. Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA gab der BF an, sein Vater habe im Jahr 2007 oder im Jahr 2008 begonnen, als Dolmetscher für amerikanische Truppen zu arbeiten, er glaube, bis zum Jahr 2011 [AS 74]. Ab dem Jahr 2011 habe sein Vater dann als Dolmetscher in der amerikanischen Botschaft gearbeitet. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung brachte der BF jedoch vor, sein Vater habe ab dem Jahr 2012 in der Botschaft gearbeitet, wobei der BF in mündlichen Einvernahme in diesem Zusammenhang auch das Jahr 2013 zur Sprache brachte [AS 75].

Da die berufliche Kooperation seines Vaters mit den Amerikanern eine tragende Säule seines Fluchtvorbringens darstellt, kann nicht nachvollzogen werden, weshalb der BF den Zeitraum, in dem sein Vater in der amerikanischen Botschaft gearbeitet haben soll, nicht exakt darzustellen vermag. Für die Übersetzertätigkeit des Vaters wurden vom BF auch keine Beweismittel in Vorlage gebracht. Der BF stützte sein Vorbringen vor allem auf die in Vorlage gebrachte Kopie eines Ausweises, von dem er behauptete, dass es der Dienstausweis seines Vaters sei. Die vom BF in Vorlage gebrachte Ausweiskopie [AS 97] trägt den Namen XXXX, nicht jedoch den Namen, den der BF als seines Vaters Namen - XXXX - mehrfach genannt hat. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei dem in Vorlage gebrachten Ausweis auch tatsächlich um den Dienstausweis seines Vaters handelt. Doch selbst bei Wahrunterstellung angemerkt werden, dass der Dienstausweis ein Ablaufdatum in amerikanischer Schreibweise (JJJJ/MM/TT) ("Expires: XXXX") trägt. Aus diesem geht hervor, dass dieser Ausweis bereits seit September 2008 keine Gültigkeit mehr besitzt. Obwohl der Vater nach den Angaben des BF bis zum Jahr 2014 für die amerikanischen Truppen bzw. für die amerikanische Botschaft gearbeitet und diese Tätigkeit im Jahr 2014 beendet haben soll, wurde kein aktueller "Dienstausweis" in Vorlage gebracht, der sich auf den Zeitpunkt der behaupteten Tätigkeit bezogen hätte. Demnach lässt sich der vorgelegte Ausweis auch nicht in einen zeitlichen Kontext mit dem vom BF geschilderten Bombenanschlag vom 21.04.2014 zu bringen. Weitere Beweismittel, so wie in etwa ein Schriftstück der Botschaft oder ähnliches, wurden ebenfalls nicht in Vorlage gebracht. Aus den angeführten Gründe ist es dem BF nicht gelungen, glaubhaft darzustellen, dass sein Vater bis zum Jahr 2014 für die amerikanische Botschaft als Übersetzer gearbeitet hätte.

2.5. Zur persönlichen Situation des Beschwerdeführers in Österreich:

Die Feststellungen zum vom BF absolvierten Kolleg ergeben sich aus einer in Vorlage gebrachten Kursbesuchsbestätigung der OrganisationXXXX. Aus dieser geht auch hervor, dass dieses Bildungsprogramm die Erlernung der deutschen Sprache auf dem Niveau B1 vorsieht. Darüber hinaus zeigte der BF in der mündlichen Verhandlung entsprechende Sprachkompetenzen. Weitere Belege für den Besuch von Kursen oder Ausbildungsprogrammen oder für eine ehrenamtliche Betätigung des BF wurden von diesem nicht in Vorlage gebracht.

Die Konstatierungen, der BF lebe von der staatlichen Grundversorgung und lukriere darüber hinaus kleinere Beträge mit Gelegenheitsarbeiten, erschließen sich aus einem Auszug aus der Grundversorgungsdatenbank und aus seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung. Vom BF wurden weder eine Einstellungszusage, noch eine Verpflichtungserklärung vorgelegt. Auch verabsäumte er es, Umstände vorzubringen, die auf eine berufliche Integration oder wirtschaftliche Interessen im Bundesgebiet schließen ließen. Die zu seiner Unbescholtenheit und zu seinen Wohnsitzmeldungen getroffenen Konstatierungen gründen auf den von Amts wegen durchgeführten Erhebungen des erkennenden Gerichtes (Einsichtnahme in das österreichische Strafregister sowie in das Zentrale Melderegister).

Die zu seinen familiären Anknüpfungspunkten im Bundesgebiet getroffenen Konstatierungen gründen auf seinem Vorbringen in der niederschriftlichen Einvernahme [AS 73], auf dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung, sowie auf dem Akteninhalt vor dem erkennenden Gericht zu GZ.: XXXXgeführten Beschwerdeverfahrens. Der BF behauptete zu keinem Zeitpunkt, dass ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen ihm und seinem Cousin bestünde. Seine Schilderungen ließen auch auf keine über das übliche verwandtschaftliche Maß hinausgehende persönliche Beziehung zu diesem Cousin schließen. Darüber hinaus hat der BF im gesamten Verfahren weder weitere familiäre Anknüpfungspunkte, noch Freund- oder Bekanntschaften im Bundgebiet behauptet, oder belegt.

2.6. Zum Vorbringen der beschwerdeführenden Partei:

Das Vorbringen des BF zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates Irak und zu dessen Situation im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat beruht auf seinen Angaben im Rahmen der Erstbefragung vom 24.12.2014 [AS 5f], in der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde vom 06.06.2017 [AS 69f] und der verfahrensgegenständlichen Beschwerdeschrift. Zudem erschließen sich die vorgebrachten Fluchtgründe des BF aus dessen im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 16.07.2018 vor dem Bundesverwaltungsgericht dargelegten Ausführungen und aus dem in Vorlage gebrachten Beweismaterial.

Sein Fluchtvorbingen stützte er auf den Umstand, dass er aufgrund der Arbeit seines Vaters für amerikanische Truppenverbände und der amerikanischen Botschaft einer Verfolgung durch Extremisten ausgesetzt (gewesen) sei. Der BF bringt dabei vor, dass er und seine Familie als "Spione und als Verräter" gelten würden, da sein Vater die amerikanischen Truppen mit Backwaren beliefert und für "die Amerikaner" als Dolmetscher in der Botschaft gearbeitet hätte. Sein Vorbringen stützt sich im Wesentlichen darauf, dass man seinem Vater gedroht hätte und dass es vier Monate nach der Drohung zu einem Bombenanschlag auf dessen Bäckereibetrieb gekommen wäre. Diesfalls stellte er in den Raum, dass es sich bei dem Anschlag um einen gezielten Angriff auf den Bäckereibetrieb und auf dessen Vater bzw. auf dessen Familie gehandelt hätte. Nachdem die Familie für ca. sechs Monate in XXXX gelebt hätte, sei diese wieder nach XXXXzurückkehrt. Fünfzehn Tage nach dieser Rückkehr hätten er und sein Cousin gemeinsam das Land verlassen.

Zunächst ist festzuhalten, dass es bis auf die Behauptung des BF keinen Nachweis dafür gibt, dass der Vater des BF in den Jahren vor der Ausreise des BF für das amerikanische Militär gearbeitet habe. Der BF hat zu dieser Tätigkeit keine konkreten Details bekannt gegeben und dient auch der vom BF in Vorlage gebrachte Dienstausweis nicht zuletzt aufgrund des drauf ausgewiesenen Namens und Datums nicht dazu, die vermeintliche Tätigkeit des Vaters des BF zu belegen. Unterstellt man dem in Vorlage gebrachten Dienstausweis des Vaters Richtigkeit, so würde dieser nur eine Beschäftigung in der internationalen Zone im Zeitraum vor dem September 2008 belegen können. Der BF berichtet zudem, dass es einmal im Jahr 2007 oder im Jahr 2008 und einmal zu Ende des Jahres 2013 zu Drohungen gegen seinen Vater und dessen Familie gekommen sei. Der BF konnte nicht darlegen, warum sein Vater gerade Ende des Jahres 2013 eine weitere Drohung erhalten haben soll. Darüber hinaus verfing er sich, wie schon dargelegt, hinsichtlich des Zeitraumes, während dessen sein Vater für die Botschaft gearbeitet haben soll, in Widersprüchliche. Damit vermochte der BF eine berufliche Involvierung seines Vaters mit dem amerikanischen Militär schließlich nicht nachvollziehbar und glaubhaft darzustellen.

Ein wesentlicher Teil des Fluchtvorbringens des BF bezieht sich auf den vorgeblichen Bombenanschlag auf den Bäckereibetrieb seines Vaters vom 21.04.2014. Die Darstellungen in Hinblick auf diesen Bombenanschlag sind zwar glaubhaft, doch bleibt die Frage völlig offen, dass dieser - wie vom BF behauptet - gezielt auf die Bäckerei seines Vaters gerichtet war. In der mündlichen Verhandlung führte der BF weiter aus, dass sich die Explosion gegenüber der Bäckerei, im Bereich eines CD-Ladens, ereignet habe. Er beschreibt zunächst, dass sich die Explosion ein Stück rechts von der Bäckerei ereignet habe, wohingegen er nach näherer Befragung ausführt, dass sich die Explosion direkt vor der Bäckerei zugetragen habe. Wäre der Anschlag - wie vom BF behauptet - direkt auf die Bäckerei gerichtet gewesen, kann nicht nachvollzogen werden, warum der Sprengsatz nicht direkt vor dem Bäckereibetrieb gezündet wurde, weil nur dadurch ein größtmöglicher Schaden angerichtet worden wäre. Die Bombe war offenbar gegenüber der Bäckerei und nicht direkt vor der Bäckerei platziert worden. Es ist daher naheliegend, dass der Sprengsatz nicht gezielt auf die Bäckerei ausgerichtet war. Die Explosion könnte somit auch auf den CD-Laden oder auf die Passanten in dieser Straße gerichtet gewesen sein, gibt der BF doch an, dass es sich bei der Straße um eine belebte Hauptstraße gehandelt habe. Dafür spricht auch, dass er in der mündlichen Verhandlung ausführt, dass der Bombenangriff von der Familie des BF nicht zur Anzeige gebracht wurde. Wären sein Vater oder er selbst nach der Explosion von einer individuellen Ausrichtung des Angriffes auf den Bäckereibetrieb bzw. den Vater und dessen Familie ausgegangen, kann davon ausgegangen werden, dass sie den Vorfall zur Anzeige gebracht hätten, zumal der BF auch keinen Grund erkennen ließ, weshalb eine Anzeigenerstattung unterbleiben sollte.

Den individuellen Bezug zur Explosion versuchte der BF auch mit dem Vorbringen, dass die Familie Ende des Jahres 2013 einen Drohbrief erhalten habe, zu unterstreichen. Allerdings musste er einräumen, vom Inhalt dieses Briefes keinerlei Kenntnis gehabt zu haben und wurde ein solcher Drohbrief auch nicht in Vorlage gebracht. Zudem behauptete er, dass der Drohbrief zur Anzeige gebracht worden sei, doch hält sich das Vorbringen des BF zu dieser Anzeige an der Oberfläche und unterlässt er es zudem, diese Anzeige in irgendeiner Form zu belegen oder glaubhaft zu machen. Der Anschlag soll sich seinen Angaben zufolge erst vier Monate nach dem Erhalt des Briefes ereignet haben. Dieser verhältnismäßig lange Zeitraum lässt es selbst bei Wahrunterstellung dieses Vorbringens unwahrscheinlich erscheinen, dass der Drohbrief mit dem Anschlag in Zusammenhang zu bringen ist. Aus dem Vorbringen des BF erschließt sich auch nicht, warum eine Gruppierung, die den Anschlag auf die Bäckerei des Vaters verübt haben soll, diesen Anschlag nicht direkt auf das Wohnhaus des BF verübte, zumal diese durch den vermeintlichen Drohbrief schließlich bewies, in Kenntnis des Wohnortes der Familie des BF gewesen zu sein. Der BF konnte somit nicht glaubhaft darstellen, dass es sich bei dem Bombenanschlag um einen individuell gegen die Familie des BF gerichteten Angriff gehandelt hätte.

Der BF schildert, dass er und seine Familie zunächst in einen anderen Ort gezogen seien. Die Familie sei erst ein halbes Jahr später wieder nach XXXX zurückgekehrt [AS 74]. Gründe für die Rückkehr nach XXXXgab er jedoch keine an. Zu keinem Zeitpunkt ließ der BF erkennen, dass er oder seine Familie auch in XXXX einer Gefahr ausgesetzt gewesen wären. Es liegt im Bereich der allgemeinen Lebenserfahrung, dass eine Familie nach einem derart einschneidenden Erlebnis den Ort des Geschehens für einige Zeit verlässt. Wenn die Familie XXXX tatsächlich aus Angst vor einer individuellen Verfolgung verlassen hätte, so ist es nicht nachvollziehbar, warum diese schon ein halbes Jahr später wieder nach XXXX zurückkehren sollte. Wären lediglich der BF und weitere, bestimmte Familienmitglieder von der Anschlagsgefahr betroffen gewesen oder wäre eine solche auch im weiteren Verlauf anzunehmen gewesen, widerspräche es jeder Lebenserfahrung, dass die gesamte Familie zurück nach XXXX gegangen wäre. Im gesamten Verfahren ist kein Hinweis zu Tage getreten, dass die Familie in XXXXmit irgendwelchen Problemen oder Drohungen konfrontiert gewesen wäre. Im Lichte dessen erschließt sich dem erkennenden Gericht nicht, warum der BF bei Annahme einer realen Bedrohungsgefahr nicht in XXXX geblieben ist. Hinzu kommt, dass er nach seiner Rückkehr nach XXXX noch ca. zwei Wochen dort verbracht hat [AS 74] und erst dann ausgereist ist. Es ist nicht nachvollziehbar, warum sich der BF nochmal zwei Wochen lang einer Gefahr hätte aussetzen sollen, hätte er doch bis zu seiner Ausreise im sicheren XXXX verbleiben können.

Auch kann nicht nachvollzogen werden, dass seine Brüder, die im Jahr 2014 erst 14 und 15 Jahre alt waren, weiterhin im Irak verblieben, wenn sich die Gefahr von Anschlägen dem Vorbringen des BF zufolge auf alle Söhne des Vaters des BF bezogen haben soll. Wären der BF bzw. sein Vater tatsächlich von einer realen Bedrohungslage ausgegangen, wäre es naheliegender, dass der Vater gerade den jüngeren und verletzlicheren Söhnen der Familie die Ausreise ermöglicht hätte. Es ist nicht glaubhaft, dass die Brüder des BF in dessen Begleitung nicht hätten ausreisen dürfen, zumal dem erkennenden Gericht dahingehend keine Regelung bekannt ist. Hinzu kommt letztlich auch, dass es im Hinblick auf die Familie nach dem Bombenanschlag bzw. nachdem der Vater des BF seine Tätigkeiten beendet hat, zu keinen weiteren Drohungen gekommen sein dürfte, lässt der BF solche vollkommen unerwähnt.

Auch weckt ein weiterer Aspekt des Vorbringens des BF begründete Zweifel an dessen Richtigkeit. Der BF ließ Angaben dazu völlig vermissen, wer bzw. welche Organisation Drohungen gegen seine Familie ausgesprochen bzw. die Bombe gelegt haben soll. So fällt auf, dass der BF nur einmal von "Extremisten" spricht, diese jedoch weder einer politischen, noch einer religiösen Gruppierung zuordnet. Angesicht dessen, dass er von seinem Vater über die Drohungen unterrichtet wurde, ist es nicht nachvollziehbar, dass der Vater den BF nicht auch über die Identität der drohenden Gruppe informiert hätte. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung wäre gerade eine solche Information für den BF notwendig gewesen, um sich vor weiteren Übergriffen zu schützen. Da der BF selbst nicht weiß, wer ihn angeblich verfolgt, konnte er mit seinem Vorbringen eine individuelle und aktuelle Verfolgung im Irak nicht glaubhaft machen.

Aus den angeführten Gründen waren die Konstatierungen zum Vorbringen des BF im Rahmen der dem Gericht zukommenden freien Beweiswürdigung zu treffen.

Das gesamte Vorbringen des BF zu den Geschehnissen vor und nach dem Bombenanschlag spricht somit weder dafür, dass der Anschlag direkt auf die Familie des BF gerichtet gewesen wäre, noch, dass er dies bei seiner Ausreise tatsächlich angenommen hätte. Demnach war ist die vom BF behauptete Furcht vor einer individuellen und aktuellen Bedrohung oder Verfolgung nicht glaubhaft dargelegt worden und konnten demnach keine entsprechenden Feststellungen getroffen werden. Wurde seitens des BF auch glaubwürdig von einem Bombenanschlag berichtet, so vermochte er keineswegs einen individuellen, persönlichen Bezug zu diesem darzulegen. Die in diesem Kontext nicht glaubhaft dargestellten individuellen Drohungen gegen den Vater des BF sind selbst bei Wahrunterstellung nicht mit dem Anschlag in unmittelbaren Zusammenhang zu bringen.

Der BF vermochte ein aktuelles und individuelles Bedrohungs- oder Verfolgungsszenario nicht glaubhaft darzulegen oder eine wohlbegründete Furcht nachvollziehbar zu veranschaulichen. Anlassbezogen konnte weder eine konkret gegen den BF gerichtete Bedrohung noch eine gegen diese aktuell bestehende Gefahr der Verfolgung festgestellt werden. Auch sind im Beschwerdeverfahren keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat eine mögliche Verfolgung wahrscheinlich erscheinen lassen.

2.7. Zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:

Die vom Rechtsvertreter des BF in Vorlage gebrachten und oberflächlich gehaltenen länderkundlichen Information zeugen von einer dem erkennenden Gericht bekannten und als durchaus problematisch zu bezeichnenden instabilen politischen und wirtschaftlichen Situation des Iraks. Diese länderkundlichen Berichte vermögen es angesichts der dem Gericht sonst bekannten Informationen über den Irak jedoch nicht, ein individuelles Verfolgungsrisiko des BF glaubhaft erscheinen zu lassen. Darüber hinaus belegen diese Berichte auch nicht, dass der BF im Falle einer Rückkehr in den Irak jedenfalls einer Bedrohung seines Lebens und seiner Gesundheit ausgesetzt wäre.

Die länderkundlichen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Irak gründen auf dem Amtswissen des erkennenden Gerichtes und auf den als notorisch zu qualifizierenden aktuellen Ereignissen im Herkunftsstaat des BF in Verbindung mit den dazu ergänzend eingesehenen länderkundlichen Informationsquellen. Diesen war auch kein über die oben erörterten, vom BF selbst dargebotenen Verfolgungsgründe hinausgehender Sachverhalt zu entnehmen, der allenfalls Anhaltspunkte für eine aus sonstigen Gründen dem BF drohende individuelle Gefährdung beinhaltet hätte.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 in der geltenden Fassung, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) das Bundesverwaltungsgericht.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung demnach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte, mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 in der geltenden Fassung, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der geltenden Fassung) die Bestimmungen des AVG (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen, Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

3.2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005, ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht.

Als Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (und Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nach der GFK) ist somit, dass dem Asylwerber im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, also aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung, droht. Fehlt ein kausaler Zusammenhang mit einem oder mehrerer dieser Konventionsgründe, kommt die Asylgewährung nicht in Betracht (VwGH vom 27.06.2016, Zl. Ra 2016/18/0098 mwN und vom 16.11.2016, Zl. Ra 2016/18/0094).

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung". Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (VwGH vom 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; vom 17.03.2009, Zl. 2007/19/0459 und vom 28.05.2009, Zl. 2008/19/1031). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH vom 21.09.2000, Zl. 2000/20/0286; vom 10.11.2015, Zl. Ra 2015/19/0185 und vom 05.09.2016, Zl. Ra 2016/19/0074).

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (VwGH vom 24.11.1999, Zl. 99/01/0280; vom 05.09.2016, Zl. Ra 2016/19/0074 und vom 10.11.12015, Zl. Ra 2015/19/0185).

§ 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005 umschreibt "Verfolgung" als jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art. 9 StatusRL (Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes), worunter - unter anderen - Handlungen fallen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) keine Abweichung zulässig ist. Dazu gehören insbesondere das durch Art. 2 EMRK geschützte Recht auf Leben und das in Art. 3 EMRK festgelegte Verbot der Folter (VwGH vom 15.12.2016, Zl. Ra 2016/18/0083; vom 23.02.2016, Zl. Ra 2015/20/0113 und vom 08.09.2015, Zl. Ra 2015/18/0080).

Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH vom 06.10.1999, Zl. 99/01/0279 mwN; vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; vom 05.09.2016, Zl. Ra 2016/19/0074; vom 13.12.2016, Zl. Ro 2016/20/0005 und vom 10.08.2017, Zl. Ra 2017/20/0153).

Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, das bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; vom 13.12.2016, Zl. Ro 2016/20/0005 und VwGH vom 03.05.2016, Zl. Ra 2015/18/0212). Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (VwGH vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; vom 03.05.2016, Zl. Ra 2015/18/0212 und vom 13.12.2016, Zl. Ro 2016/20/0005). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 nennt, und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatstaates bzw. des Staates ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet (VwGH vom 16.06.1994, Zl. 94/19/0183).

Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH vom 17.12.2015, Zl. Ra 2015/20/0048; vom 21.02.2017, Zl. Ra 2016/18/0171 und vom 23.02.2017, Zl. Ra 2016/20/0089).

3.2.2. Einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung kommt Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintanzuhalten. Auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat aber asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (VwGH vom 16.11.2016, Zl. Ra 2016/18/0233).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer nicht funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird (in etwa VwGH vom 01.02.1995, Zl. 94/18/0731; vom 16.11.2016, Zl. Ra 2016/18/0233 und vom 10.08.2017, Zl. Ra 2017/20/0153). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht - diesfalls wäre überhaupt fraglich, ob unter solchen Umständen noch von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann -, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (vgl. VwGH vom 20.05.2015, Zl. Ra 2015/20/0030 und vom 10.08.2017, Zl. Ra 2017/20/0153).

Die StatusRL 2011/95/EU sieht einerseits vor, dass die staatliche Schutzfähigkeit zwar generell bei Einrichtung eines entsprechenden staatlichen Sicherheitssystems gewährleistet ist, verlangt aber anderseits eine Prüfung im Einzelfall, ob der Asylwerber unter Berücksichtigung seiner besonderen Umstände in der Lage ist, an diesem staatlichen Schutz wirksam teilzuhaben (VwGH vom 16.11.2016, Zl. Ra 2016/18/0233).

Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH vom 08.06.2000, Zl. 99/20/0597 und vom 01.09.2005, 2005/20/0357). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. "inländische Fluchtalternative" vor. Der Begriff "inländische Fluchtalternative" trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH vom 08.09.1999, Zl. 98/01/0503; vom 09.11.2004, Zl. 2003/01/0534; vom 17.03.2009, Zl. 2007/19/0459; vom 19.10.2016, Zl. 2006/19/0297 mwN; und VwGH vom 08.08.2017, Zl. Ra 2017/19/0118). Wenn Asylsuchende in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen, bedürfen sie nicht des Schutzes durch Asyl (VwGH vom 15.03.2001, Zl. 99/20/0036; und vom 15.03.2001, Zl. 99/20/0134). Damit ist nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen - mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates - im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwGH vom 09.11.2004, Zl. 2003/01/0534).

Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "internen Flucht- oder Schutzalternative" innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal da auch wirtschaftliche Benachteiligungen dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen. Die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative erfordert insbesondere nähere Feststellungen über die zu erwartende konkrete Lage des Asylwerbers in dem in Frage kommenden Gebiet (VwGH vom 29.03.2001, Zl. 2000/20/0539; vom 16.12.2010, Zl. 2007/20/0913 und vom 08.08.2017, Zl. Ra 2017/19/0118). Um vom Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative sprechen zu können, müssen die Asyl

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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