TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/31 I405 2221431-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 31.07.2019
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Entscheidungsdatum

31.07.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §15b Abs1
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §19
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I405 2221431-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Sirma KAYA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, StA. Algerien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, Diakonie-Flüchtlingsdienst gem. GmbH, Wattgasse 48/3, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger Algeriens, der Volksgruppe Araber und dem muslimischen Glauben zugehörig, stellte nach seiner illegalen Einreise ins Bundesgebiet am 12.06.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Der BF wurde am 13.06.2019 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und am 26.06.2019 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen. Als Fluchtgrund machte er einerseits familiäre Probleme andererseits wirtschaftliche Motive geltend. So habe sein Stiefvater ihn schlecht behandelt bzw. des Hauses verwiesen. Er habe dann im Geschäft eines Freundes geschlafen. Er habe zwar nach seiner Ausbildung zum Elektriker gearbeitet, jedoch dabei sehr wenig verdient. Weil er in Algerien kein Zuhause und keine Arbeit hätte, habe er sich zur Flucht entschieden. Er wolle einen Job haben und ein normales Leben führen.

3. Mit angefochtenem Bescheid vom XXXX wies die belangte Behörde den Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Algerien (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem BF keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen den BF eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig sei (Spruchpunkt V.). Zugleich erkannte die belangte Behörde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VII.). Schließlich wurde dem BF aufgetragen, ab dem 13.06.2019 Unterkunft in einem näher bezeichneten Quartier zu nehmen (Spruchpunkt VIII.).

4. Der Bescheid wurde dem BF am 02.07.2019 zugestellt.

5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde, mit welcher Rechtswidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend gemacht wurden. Begründend wurde erstmals in der Beschwerde ausgeführt, dass der BF als uneheliches Kind auf die Welt gekommen sei und mit seiner Mutter bei seinem Stiefvater aufgewachsen sei, der sie dann schließlich auf die Straße gesetzt hätte. Der BF wäre ab Juni 2018 obdachlos gewesen und habe den gegenständlichen Antrag aufgrund seiner prekären wirtschaftlichen Lage gestellt. Im Falle seiner Rückkehr drohe ihm eine lebensbedrohliche Situation.

6. Mit Schriftsatz vom 16.07.2019, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 17.07.2019, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des BF:

Der volljährige BF ist ledig, kinderlos, Staatsangehöriger von Algerien und bekennt sich zum islamischen Glauben. Er gehört der Volksgruppe der Araber an. Seine Identität steht nicht fest.

Der BF ist gesund und arbeitsfähig.

Der BF reiste unrechtmäßig in Österreich ein. Er hält sich seit (mindestens) 02.10.2018 in Österreich auf. Derzeit verfügt er jedoch über keine aufrechte Meldeadresse im Bundesgebiet.

Die Familie des BF, bestehend aus seiner Mutter, seinem Vater und seinen Schwestern, lebt in Algerien. In Österreich verfügt der BF über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.

Der BF verfügt über eine mehrjährige Schulbildung und Ausbildung als Elektriker. Er war in seiner Heimat als Elektriker sowie zuletzt als Verkäufer tätig. Aufgrund seiner Arbeitserfahrung in Algerien hat er eine Chance auch hinkünftig im algerischen Arbeitsmarkt unterzukommen.

Der BF ist in Österreich nicht vorbestraft.

Er geht in Österreich keiner Beschäftigung nach und bezieht Leistungen von der staatlichen Grundversorgung; er ist somit nicht selbsterhaltungsfähig.

Der BF weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des BF:

Ein konkreter Anlass für ein (fluchtartiges) Verlassen des Herkunftsstaates konnte nicht festgestellt werden. Die BF war im Herkunftsstaat weder einer privaten noch einer staatlichen Verfolgung ausgesetzt und wurde dies von ihm weder während des Administrativverfahrens noch im gegenständlichen Beschwerdeverfahren behauptet.

Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass der BF im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr ausgesetzt wäre oder dass sonstige Gründe vorliegen, die einer Rückkehr oder Rückführung (Abschiebung) in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden.

Grund für die Ausreise aus dem Herkunftsstaat Algerien waren familiäre Probleme bzw. wirtschaftliche Gründe, insbesondere die Suche nach besseren Lebensbedingungen und Verdienstmöglichkeiten im Ausland.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Algerien:

1. Politische Lage

Nach der Verfassung von 1996 ist Algerien eine demokratische Volksrepublik. Der Präsident wird für fünf Jahre direkt gewählt, seine Amtszeit ist seit der letzten Verfassungsreform im Jahr 2016 auf zwei Mandate begrenzt. Neben der nach Verhältniswahlrecht (mit Fünfprozent-Klausel) gewählten Nationalen Volksversammlung (Assemblée Populaire Nationale) besteht eine zweite Kammer (Conseil de la Nation oder Sénat), deren Mitglieder zu einem Drittel vom Präsidenten bestimmt und zu zwei Dritteln von den Gemeindevertretern gewählt werden. Die Gewaltenteilung ist durch die algerische Verfassung von 1996 gewährleistet, jedoch initiiert oder hinterfragt das Parlament seither selten Gesetzesvorschläge der Regierung und die Macht hat sich innerhalb der Exekutive zunehmend gefestigt. Präsident Bouteflika regierte weitgehend durch Präsidialdekret (BS 2018). Der Senatspräsident vertritt den Staatspräsidenten (AA 17.4.2019).Präsident Abdelaziz Bouteflika übernahm sein Amt erstmals im April 1999 (AA 17.4.2019). Am 17.4.2014 wurde er mit über 81% für eine vierte Amtszeit wiedergewählt (AA 17.4.2019; vgl. ÖB 13.2.2018).

Algerien, das größte Land Afrikas, gilt als wichtiger Stabilitätsanker in der Region. Die nächsten Präsidentschaftswahlen waren für den 18.4.2019 festgelegt (KAS 27.2.2019). Mehrere Oppositionsparteien wollten einen gemeinsamen Gegenkandidaten aufstellen - konnten sich allerdings nicht einigen (TB 22.2.2019; vgl. TS 26.3.2019).

Seit Februar 2019 kommt es in Algier und vielen anderen Städten zu massiven Protesten, um gegen die erneute Kandidatur des kranken, 81-jährigen Präsidenten Bouteflikazu protestieren. Es wird ein Wechsel des politischen Systems und der Abgang der politischen Führung des Landes gefordert (AA 17.4.2019; vgl. BAMF 18.2.2019).

Die Proteste verliefen meist friedlich (BAMF 25.2.2019), dennoch setzte die Polizei Tränengas, Wasserwerfer und Schlagstöcke ein, um die Menge zu zerstreuen. Einige Menschen wurden vorübergehend festgenommen und nach ein paar Stunden wieder freigelassen (BAMF 25.2.2019; vgl. TB 22.2.2019). Staatliche wie auch regierungstreue Medien wurden in ihrer Berichterstattung eingeschränkt. Am 28.2.2019 demonstrierten rund hundert algerische Medienvertreter in Algier. Mehrere Journalisten wurden festgenommen. Am 1.3.2019 soll es landesweit zu ca. 200 verletzten Demonstranten und Polizisten gekommen sein (BAMF 4.3.2019).

Am 11.3.2019 verkündete Präsident Bouteflika in einer "Botschaft an das Volk", dass die für den 18.4.2019 geplanten Wahlen abgesagt wurden und dass er selbst keine fünfte Amtszeit mehr anstrebe. Außerdem entließ er die bisherige Regierung unter Premierminister Ouyahia und ernannte den bisherigen Innenminister Noureddine Bedoui zum neuen Premierminister. Generalstabschef und Vize-Verteidigungsminister Ahmed Gaid Salah verblieb im Amt. Dieses Angebot von Bouteflika wurde von den Demonstranten abgelehnt (AA 17.4.2019).

Am 26.3.2019 forderte Ahmed Gaid Salah das Verfassungsgericht und das Parlament auf, den Präsidenten gem. Artikel 102 der Verfassung aus gesundheitlichen Gründen für amtsunfähig zu erklären (AA 17.4.2019; vgl. BAMF 1.4.2019; NZZ 26.3.2019). Nachdem auch die Machteliten, die bisher hinter Präsident Bouteflika standen, seinen Rücktritt gefordert hatten, ernannte dieser am 31.3.2019 eine Übergangsregierung. Zu der 27-köpfigen Übergangsregierung gehören sechs alte und 21 neue Minister (BAMF 1.4.2019). Wie das Staatsfernsehen mitteilte, gehörten von den 27 Ministern lediglich acht der vorherigen Regierung an. Neu besetzt wurden unter anderem die Spitzen von Außenministerium, Finanzministerium, Innenministerium und Energieministerium. Der am 11.3.2019 zum Regierungschef ernannte Noureddine Bedoui bleibt im Amt (TS 1.4.2019). Am 3.4.2019 erklärte Bouteflika mit sofortiger Wirkung seinen Rücktritt (TS 3.4.2019).

Die Bestätigung der Regierung durch das Parlament und Beauftragung von Senatspräsident Abdelkader Bensalah als Übergangspräsidenten ist am 9.4.2019 erfolgt. Präsidentschaftswahlen wurden für den 4.7.2019 anberaumt (AA 17.4.2019; BAMF 15.4.2019). Bouteflikas Nachfolger Abdelkader Bensalah unterzeichnete das entsprechende Dekret, wie die algerische Nachrichtenagentur APS meldete (TS 10.4.2019; vgl. ZO 11.4.2019) und das algerische Militär kündigte an, die politische Übergangsphase zu "begleiten", indem sie die Wahlvorbereitungen kritisch überwachen würden (TS 10.4.2019; vgl. ZO 11.4.2019). Salah versprach auch den Kreis um das ehemalige Staatsoberhaupt zu entmachten und die Mitglieder der amtierenden Führung des Landes sollten für mögliche Vergehen wie Korruption zur Verantwortung gezogen werden (ZO 11.4.2019). Die landesweiten Proteste fanden weiterhin statt (AA 17.4.2019). Der 77-jährige Bensalah, einer der engsten Vertrauten Bouteflikas, ist seit mehr als 16 Jahren Präsident der oberen Parlamentskammer (TS 9.4.2019; vgl. ZO 11.4.2019) und ein langjähriger Weggefährte des Ex-Präsidenten (TS 9.4.2019). Bensalah darf bei der Wahl nicht selbst kandidieren (ZO 11.4.2019). Ihm fällt laut Verfassung die Verantwortung für die Übergangsphase zu. Gegen die Parlamentsentscheidung gab es erneut Demonstrationen in mehreren Städten Algeriens. Viele Demonstranten sehen in ihm einen Vertreter der alten Politikelite. Sie forderten einen vollständigen Wechsel an der Staatsspitze (TS 9.4.2019).

Weder der Rücktritt von Präsident Bouteflika noch die Ankündigung von Neuwahlen für den 4.7.2019 konnten weitere Demonstrationen verhindern. Tausende Menschen kamen zusammen, darunter auch erstmals eine einflussreiche Richtervereinigung, die erklärte, die Beaufsichtigung der angekündigten Präsidentschaftswahl boykottieren zu wollen. Die Protestierenden fordern den Rücktritt der gesamten Wirtschafts- und Machtelite ("le pouvoir") um Bouteflika (BAMF 15.4.2019). Am 10.5.2019, richteten sich die Proteste in der Hauptstadt hauptsächlich gegen Übergangspräsident Bensalah (BAMF 13.5.2019) und am 17.5.2019 verlangten die Demonstrierenden die für den 4.7.2019 geplanten Neuwahlen zu verschieben. Es sollen keine ehemaligen Machtinhaber, wie z.B. der Armeechef Ahmed Gaid Salah, an einer neuen Regierung beteiligt sind.

Seit Beginn der Proteste gehen noch mehr Menschen auf die Straßen, aber auch die Sicherheitsmaßnahmen wurden erhöht. Panzerfahrzeuge wurden eingesetzt und Kontrollen an den Einfallstraßen in die Hauptstadt eingerichtet. Meldungen der Nachrichtenagentur AFP zufolge, soll es wieder zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften und zum Einsatz von Tränengas gekommen sein. Über Verletzte wurde nichts bekannt. Am 19.5.2019 haben auch tausende Studenten in Algier gegen die Fortsetzung einer Regierung mit alten Machtinhabern demonstriert (BAMF 20.5.2019).

Nachdem sich lediglich zwei Kandidaten für die Wahl am 4.7.2019 gemeldet hatten, jedoch nicht die geforderten Voraussetzungen erfüllten, hat der Verfassungsrat den Termin erneut verschoben. Interimspräsident Bensalah muss jetzt innerhalb seiner Amtszeit, die am 9.7.2019 endet, einen neuen Termin festsetzen (BAMF 3.6.2019).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (17.4.2019 ): Algerien - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/algerien-node/-/222160, Zugriff 27.5.2019

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Deutschland (3.6.2019): Briefing Notes 3 Juni 2019, Zugriff 4.6.2019

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Deutschland (20.5.2019): Briefing Notes 20 Mai 2019, Zugriff 4.6.2019

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Deutschland (1.4.2019): Briefing Notes 1 April 2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2006127/Deutschland___Bundesamt_f%C3%BCr_Migration_und_Fl%C3%BCchtlinge%2C_Briefing_Notes%2C_01.04.2019_%28deutsch%29.pdf, Zugriff 4.6.2019

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Deutschland (25.2.2019): Briefing Notes 25 Februar 2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2003661/Deutschland___Bundesamt_f%C3%BCr_Migration_und_Fl%C3%BCchtlinge%2C_Briefing_Notes%2C_25.02.2019_%28deutsch%29.pdf, Zugriff 4.6.2019

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Deutschland (18.2.2019): Briefing Notes 18 Februar 2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2003659/Deutschland___Bundesamt_f%C3%BCr_Migration_und_Fl%C3%BCchtlinge%2C_Briefing_Notes%2C_18.02.2019_%28deutsch%29.pdf, Zugriff 4.6.2019

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BBC - BBC News Africa (12.4.2019): Algeria protests: Police arrest 108 in Friday clashes,

https://www.bbc.com/news/world-africa-47915798, Zugriff 28.5.2019

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BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 - Algeria Country Report,

https://www.bti-project.org/de/berichte/laenderberichte/detail/itc/DZA/, Zugriff 28.5.2019

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KAS - Konrad-Adenauer-Stiftung (27.2.2019): Algerien vor der Präsidentschaftswahl,

https://www.kas.de/laenderberichte/detail/-/content/algerien-vor-der-praesidentschaftswahl, Zugriff 28.5.2019

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NZZ - Neue Zürcher Zeitung (26.3.2019): Die algerische Armee lässt Präsident Bouteflika fallen,

https://www.nzz.ch/international/militaer-fordert-absetzung-von-praesident-bouteflika-ld.1470236, Zugriff 28.5.2019

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ÖB - Österreichische Botschaft Algier (13.12.2018):

Asylländerbericht Algerien,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1454442/5818_1544771170_alge-ob-bericht-2018-12-13.docx, Zugriff 29.5.2019

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TB - Tagesblatt (22.2.2019): Tausende protestieren in Algerien:

Polizei löst Demonstration auf, https://www.tagblatt.ch/newsticker/international/tausende-protestieren-in-algerien-polizei-lost-demonstration-auf-ld.1096496, Zugriff 28.2.2019

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TS - Tagesscshau (3.4.2019): Rücktritt von Präsident Bouteflika -

Ein historischer Moment in Algerien, https://www.tagesschau.de/ausland/bouteflika-ruecktritt-107.html, Zugriff 13.6.2019

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TS - Tagesschau (9.4.2019): Nach Bouteflika-Rücktritt Neuer Übergangspräsident für Algerien, https://www.tagesschau.de/ausland/algerien-bouteflika-bensaleh-101.html, Zugriff 28.5.2019

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TS - Tagesschau.de (26.3.2019): Protest gegen Bouteflikas fünfte Kandidatur,

https://www.tagesschau.de/ausland/algerien-proteste-101.html, Zugriff 28.5.2019

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ZO - Zeit Online (11.4.2019): Algerien: Präsidentschaftswahl soll im Juli stattfinden,

https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-04/algerien-wahl-praesident-abdelaziz-bouteflika-proteste, Zugriff 28.5.2019.

2. Sicherheitslage

Demonstrationen finden seit Mitte Februar 2019 fast täglich in allen größeren Städten statt, die größten Protestmärsche nach den Freitagsgebeten. Auch wenn diese bisher weitgehend friedlich verlaufen sind, können gewaltsame Auseinandersetzungen nicht ausgeschlossen werden (AA 29.5.2019). Die Sicherheitslage in gewissen Teilen Algeriens ist weiterhin gespannt. Es gibt immer noch terroristische Strukturen, wenn auch reduziert (ÖB 13.12.2018). Das Risiko von Terroranschlägen islamistischer Gruppen und Entführungen mit kriminellem oder terroristischem Hintergrund ist besonders hoch (BMEIA 29.5.2019; vgl. AA 29.5.2019). Landesweit kann es zu Behinderungen durch Demonstrationen und Streiks kommen (BMEIA 29.5.2019). Da jedoch Algerien in den 1990er Jahren ein Jahrzehnt des Terrorismus erlebt hat, bevorzugt die große Mehrheit der Algerier Frieden und lehnt Instabilität ab (BS 2018). Algerien steht auch aufgrund seines riesigen Staatsgebietes vor Herausforderungen. Dies erschwert den Kampf gegen den Terrorismus noch mehr. Die Überreste von terroristischen Gruppen aus den 90er Jahren in der Sahara und einigen nördlichen Regionen stellen immer noch eine massive Einschränkung der Regierungsführung dar (BS 2018).

Der djihadistische Terrorismus in Algerien ist stark reduziert worden; Terroristen wurden Großteils entweder ausgeschaltet, festgenommen oder haben oft das Land verlassen, was zur Verlagerung von Problemen in die Nachbarstaaten z.B. Mali führte. Gewisse Restbestände oder Rückzugsgebiete sind jedoch v.a. in der südlichen Sahara (so z.B. angeblich Iyad ag Ghali) vorhanden. Gruppen, wie die groupe salafiste pour la prédication et le combat (GSPC), die den 1997 geschlossenen Waffenstillstand zwischen dem algerischen Militär und der AIS nicht anerkannte, sich in die Saharagebiete zurückzog und 2005 mit Al Qaida zur AQIM verband sind auf kleine Reste reduziert und in Algerien praktisch handlungsunfähig. Inzwischen hat sich diese Gruppe wieder mehrmals geteilt, 2013 u.a. in die Mouvement d'unité pour je jihad en Afrique occidentale (MUJAO). Ableger dieser Gruppen haben den Terroranschlag in In Amenas/Tigentourine im Jänner 2013 zu verantworten. 2014 haben sich mit dem Aufkommen des "Islamischen Staates" (IS) Veränderungen in der algerischen Terrorismusszene ergeben. AQIM hat sich aufgespalten und mindestens eine Teilgruppe, Jund al-Khilafa, hat sich zum IS bekannt. Diese Gruppe hat die Verantwortung für die Entführung und Enthauptung des französischen Bergführers Hervé Gourdel am 24.9.2014 übernommen. Dies war 2014 der einzige Anschlag, der auf einen Nicht-Algerier zielte. Ansonsten richteten sich die terroristischen Aktivitäten ausschließlich auf militärische Ziele (ÖB 13.12.2018).

Islamistischer Terrorismus und grenzübergreifende Kriminalität in der Sahelregion stellen weiterhin Bedrohungen für die Stabilität Algeriens dar. Algerien ist massiv in der Bekämpfung des Terrorismus engagiert und hat sein Verteidigungsbudget auf mehr als 10 Mrd. EUR erhöht (somit das höchste in Afrika). Eine kleine Anzahl islamistischer Extremisten operiert vor allem in der Sahara und den Berberregionen. Unsicherheit in der Region und die Aktivitäten des IS in einigen Nachbarländern machen diese jedoch zu einer potenziellen Bedrohung (BS 2018).

Die Sicherheitssituation betreffend terroristische Vorfälle hat sich jedoch inzwischen weiter verbessert, die Sicherheitskräfte haben auch bislang unsichere Regionen wie die Kabylei oder den Süden besser unter Kontrolle, am relativ exponiertesten ist in dieser Hinsicht noch das unmittelbare Grenzgebiet zu Tunesien und zu Mali. Es kommt jedoch mehrmals wöchentlich zu Razzien und Aktionen gegen Terroristen oder deren Unterstützer (ÖB 13.12.2019).

3. Allgemeine Menschenrechtslage

Staatliche Repressionen, die allein wegen Rasse, Religion, Nationalität oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe erfolgen, sind in Algerien nicht feststellbar (AA 4.4.2019). Algerien ist den wichtigsten internationalen Menschenrechtsabkommen beigetreten. Laut Verfassung werden die Grundrechte gewährleistet. Hinweise auf Menschenrechtsverletzungen haben seit Ende der 1990er Jahre abgenommen, bestehen jedoch grundsätzlich fort (AA 17.4.2019). Meinungs- und Versammlungsfreiheit existieren lediglich auf dem Papier (GIZ 12.2016a), werden eingeschränkt (USDOS 13.3.2019; vgl. GIZ 12.2016a, BS 2018) und die Unabhängigkeit der Justiz ist mangelhaft. Weitere bedeutende Menschenrechtsprobleme sind übermäßige Gewaltanwendung durch die Polizei, inklusive Foltervorwürfe, sowie die Einschränkung der Möglichkeit der Bürger, ihre Regierung zu wählen. Weitverbreitete Korruption begleitet Berichte über eingeschränkte Transparenz bei der Regierungsführung. Straffreiheit bleibt ein Problem (USDOS 13.3.2019).

Obwohl die Verfassung Meinungs- und Pressefreiheit gewährleistet, schränkt die Regierung diese Rechte ein (USDOS 13.3.2019; vgl. HRW 17.1.2019, GIZ 12.2016a, BS 2018). NGOs kritisieren diese Einschränkungen. Bürger können die Regierung nicht ungehindert kritisieren. Es drohen Belästigungen und Verhaftungen; Bürger sind somit bei der Äußerung von Kritik zurückhaltend (USDOS 13.3.2019). Es gibt zahlreiche Zeitungen und Zeitschriften (GIZ 12.2016a). Die Gründung von drei privaten Fernsehsendern durchbrach 2013 das staatliche TV-Monopol (BS 2018). Diese privaten Anbieter stehen aber unter scharfer Beobachtung. Das Tor zur Welt stellt für die algerische Bevölkerung jedoch das Satellitenfernsehen dar - Satellitenschüsseln sind in riesiger Anzahl überall installiert und erlauben den Zugang zu Europa und zur arabischen Welt (GIZ 12.2016a).

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit werden durch die algerische Verfassung garantiert, sie bleiben aber bislang - auch nach Aufhebung des Ausnahmezustands durch Präsident Bouteflika im Februar 2011 - in der Praxis stark eingeschränkt (AA 4.4.2018; vgl. USDOS 13.3.2019, HRW 9.4.2019). Ergebnis ist, dass die Möglichkeiten politischer Tätigkeit insbesondere in Algier weiterhin eng begrenzt sind. Oppositionelle politische Aktivisten beklagen, aufgrund von Anti-Terrorismus-Gesetzen und solchen zur Begrenzung der Versammlungsfreiheit festgenommen zu werden (ÖB 13.12.2018). So besteht in Algier unter Berufung auf ein Dekret aus dem Jahr 2001 weiterhin ein generelles Demonstrationsverbot (AA 4.4.2018; vgl. HRW 9.4.2019). Auch am 10.5.2019 sind die Menschen wieder in Massen auf die Straßen gegangen. In der Hauptstadt Algier richteten sich die Proteste hauptsächlich gegen Übergangspräsident Bensalah. Das Militärgericht in Blida hat am 9.5.2019 die Generalsekretärin der oppositionellen Arbeiterpartei Louisa Hanoune festgenommen. Sie hat zusammen mit ihrer Partei die Proteste unterstützt. Ein Tatvorwurf ist bisher nicht bekannt (BAMF 13.5.2019). Auch in anderen Städten werden Demonstrationen trotz Aufhebung des Ausnahmezustands weiterhin regelmäßig nicht genehmigt. Oppositionelle Gruppierungen haben zudem oft Schwierigkeiten, Genehmigungen für Veranstaltungen in geschlossenen Räumen zu erhalten (AA 4.4.2018).

Das Gesetz garantiert der Regierung weitreichende Möglichkeiten zur Überwachung und Einflussnahme auf die täglichen Aktivitäten von zivilgesellschaftlichen Organisationen (USDOS 13.3.2019). Das Innenministerium muss der Gründung zivilgesellschaftlicher Organisationen zustimmen, bevor diese gesetzlich zugelassen werden (USDOS 13.3.2019; vgl. HRW 9.4.2019).

Das im Jahr 2012 verabschiedete Gesetz über Vereinigungen erleichterte auch die Gründung von politischen Parteien (BS 2018), wofür wie bei anderen Vereinigungen eine Genehmigung des Innenministeriums nötig ist. Politische Parteien auf Basis von Religion, Ethnie, Geschlecht, Sprache oder Region sind verboten. Es gibt jedoch islamistisch ausgerichtete Parteien, v.a. jene der grünen Allianz (USDOS 13.3.2019). Seit Verabschiedung des Parteigesetzes 2012 nahm die Anzahl der Parteien deutlich zu. Dies führte jedoch auch zu einer Zersplitterung der Opposition (BS 2018). Oppositionsparteien können sich relativ ungehindert betätigen, soweit sie zugelassen sind, und haben Zugang zu privaten und - in sehr viel geringerem Umfang - staatlichen Medien. Jedoch haben einzelne Parteien kritisiert, dass ihnen teils die Ausrichtung von Versammlungen erschwert wird und sie Bedrohungen und Einschüchterungen ausgesetzt sind (AA 4.4.2019).

Die CNDH als staatliche Menschenrechtsorganisation (Ombudsstelle) hat eine konsultative und beratende Rolle für die Regierung. Sie veröffentlicht jährlich Berichte zur Menschenrechtslage im Land (USDOS 13.3.2019). Zahlreiche Einzelfälle zeigen jedoch, dass die Funktion eines Ombudsmannes gegenüber der Verwaltung fehlt (ÖB 13.12.2018).

Verschiedene nationale Menschenrechtsgruppen operieren und können ihre Ergebnisse publizieren. Sie sind jedoch in unterschiedlichem Ausmaß Einschränkungen durch die Regierung ausgesetzt. Gesetzlich ist es allen zivilen Organisationen vorgeschrieben, sich bei der Regierung zu registrieren. Dennoch operieren einige Organisationen ohne Registrierung und werden seitens der Regierung toleriert (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (4.4.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Volksrepublik Algerien,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1432978/4598_1526980677_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-demokratischen-volksrepublik-algerien-stand-februar-2018-04-04-2018.pdf, Zugriff 31.5.2019

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AA - Auswärtiges Amt (17.4.2019): Algerien - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/algerien-node/-/222160, Zugriff 31.5.2019

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BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 - Algeria Country Report,

https://www.bti-project.org/de/berichte/laenderberichte/detail/itc/DZA/, Zugriff 31.5.2019

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (12.2016a): Algerien - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/algerien/geschichte-staat/, Zugriff 31.5.2019

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HRW - Human Rights Watch (17.1.2019 ): World Report 2019 - Algeria, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002203.html, Zugriff 31.5.2019

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HRW - Human Rights Watch (9.4.2019): Algeria: Bouteflika Resignation an Opening for Rights, https://www.ecoi.net/de/dokument/2006405.html, Zugriff 31.5.2019

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ÖB - Österreichische Botschaft Algier (13.12.2018):

Asylländerbericht Algerien,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1454442/5818_1544771170_alge-ob-bericht-2018-12-13.docx, Zugriff 31.5.2019

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USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Algeria, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004261.html, Zugriff 31.5.2019

4. Grundversorgung

Algeriens Wirtschaft hängt stark vom Export von Erdöl und Erdgas ab. Dank anhaltend hoher Öl- und Gaspreise konnte Algerien über Jahre hinweg ein kontinuierliches Wachstum von durchschnittlich 3% verzeichnen. Die weiteren Prognosen mussten jedoch aufgrund des derzeitigen Preisverfalls bei Öl und Gas bereits nach unten korrigiert werden. Die "rente petrolière" ist langfristig fragil - hinzu kommt die Unsicherheit über die künftige politische Entwicklung und die Stabilität des Landes. Für das Jahr 2017 verdüsterten sich somit die Aussichten. Ein neues Budgetgesetz sieht u. a. eine Erhöhung der Mehrwertsteuer, höhere Grund- und Immobilienabgaben sowie eine höhere Besteuerung von Mieten, Kraftstoff und Gütern des täglichen Bedarfs vor. Öffentliche Ausgaben werden drastisch eingeschränkt - manche Stimmen sprechen bereits von einer "Kriegserklärung" an die algerische Gesellschaft (GIZ 12.2016b).

Algerien leistet sich aus Gründen der sozialen und politischen Stabilität ein für die Möglichkeiten des Landes aufwendiges Sozialsystem, das aus den Öl- und Gasexporten finanziert wird. Algerien ist eines der wenigen Länder, die in den letzten 20 Jahren eine Reduktion der Armutsquote von 25% auf 5% erreicht hat. Schulbesuch und Gesundheitsfürsorge sind kostenlos. Energie, Wasser und Grundnahrungsmittel werden stark subventioniert. Ein Menschenrecht auf Wohnraum wird anerkannt. Für Bedürftige wird Wohnraum kostenlos zur Verfügung gestellt. Missbräuchliche Verwendung ist häufig (ÖB 13.12.2018).

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist bislang durch umfassende Importe gewährleistet. Insbesondere im Vorfeld religiöser Feste, wie auch im gesamten Monat Ramadan, kommt es allerdings immer wieder zu substanziellen Preissteigerungen bei Grundnahrungsmitteln. Für Grundnahrungsmittel wie Weizenmehl, Zucker und Speise-Öl gelten im Januar 2011 eingeführte Preisdeckelungen und Steuersenkungen. Im Bereich der Sozialfürsorge kommt, neben geringfügigen staatlichen Transferleistungen, vornehmlich der Familien-, im Süden des Landes auch der Stammesverband für die Versorgung alter Menschen, Behinderter oder chronisch Kranker auf. In den Großstädten des Nordens existieren "Selbsthilfegruppen" in Form von Vereinen, die sich um spezielle Einzelfälle (etwa die Einschulung behinderter Kinder) kümmern. Teilweise fördert das Solidaritätsministerium solche Initiativen mit Grundbeträgen (AA 17.4.2018).

Nach offiziellen Angaben wird mittlerweile zum ersten Mal von einer Arbeitslosenquote von unter 10% ausgegangen, davon sind 70% jünger als 30 Jahre alt. Diese jungen Leute machen wiederum rund 70% der Bevölkerung aus. Die Arbeitslosigkeit ist die Folge des Niedergangs des verarbeitenden Gewerbes und der Landwirtschaft, die in der Ära Boumedienne viele Arbeitsplätze geschaffen haben. Allerdings beträgt die Arbeitslosigkeit in der Altersgruppe von 16-24 Jahren über 20%. Gegenwärtig werden die betroffenen Jugendlichen ermuntert, eine freiberufliche Perspektive aufzubauen, dazu werden Kredite und steuerliche Anreize geboten (GIZ 12.2016b). Das staatliche Arbeitsamt Agence national d'emploi / ANEM (http://www.anem.dz/) bietet Dienste an, es existieren auch private Jobvermittlungsagenturen (z.B. http://www.tancib.com/index.php?page=apropos). Seit Februar 2011 stehen jungen Menschen Starthilfekredite offen, wobei keine Daten darüber vorliegen, ob diese Mittel ausgeschöpft wurden. Die Regierung anerkennt die Problematik der hohen Akademikerarbeitslosigkeit. Grundsätzlich ist anzumerken, dass allen staatlichen Genehmigungen/Unterstützungen eine (nicht immer deklarierte) sicherheitspolitische Überprüfung vorausgeht, und dass Arbeitsplätze oft aufgrund von Interventionen besetzt werden. Der offiziell erfasste Wirtschaftssektor ist von staatlichen Betrieben dominiert (ÖB 13.12.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (4.4.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Volksrepublik Algerien,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1432978/4598_1526980677_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-demokratischen-volksrepublik-algerien-stand-februar-2018-04-04-2018.pdf, Zugriff 3.6.2019

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (12.2016b): Algerien - Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/algerien/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 3.5.2019

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ÖB - Österreichische Botschaft Algier (13.12.2018):

Asylländerbericht Algerien,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1454442/5818_1544771170_alge-ob-bericht-2018-12-13.docx, Zugriff 3.6.2019

5. Rückkehr

Die illegale Ausreise, d.h. die Ausreise ohne gültige Papiere bzw. ohne eine Registrierung der Ausreise per Stempel und Ausreisekarte am Grenzposten, ist gesetzlich verboten (Art. 175 bis 1. algerisches Strafgesetzbuch, Gesetz 09-01 vom 25.2.2009, kundgemacht am 8.3.2009) (ÖB 13.12.2018; vgl. AA 4.4.2018). Das Gesetz sieht ein Strafmaß von zwei bis sechs Monaten und / oder eine Strafe zwischen 20.000 DA bis 60.000 DA vor (ÖB 13.12.2018). Laut deutscher Botschaft wird das Gesetz auch angewendet; die algerischen Behörden erklären jedoch, das Gesetz sollte nur abschreckende Wirkung entfalten (ÖB 13.12.2018).

Rückkehrer, die ohne gültige Papiere das Land verlassen haben, werden mitunter zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Für illegale Bootsflüchtlinge ("harraga") sieht das Gesetz Haftstrafen von drei bis zu fünf Jahren und zusätzliche Geldstrafen vor. In der Praxis werden zumeist Bewährungsstrafen verhängt (AA 4.4.2018).

Eine behördliche Rückkehrhilfe ist ho. nicht bekannt. Ebenso sind der Botschaft keine NGOs bekannt, die Unterstützung leisten. Bekannt ist, dass Familien zurückkehrende Familienmitglieder wieder aufnehmen und unterstützen. Viel bekannter hingegen sind Fälle, in denen Familien Mitglieder mit beträchtlichen Geldmitteln bei der illegalen Ausreise unterstützen. Sollten Rückkehrer auf familiäre Netze zurückgreifen können, würde man annehmen, dass sie diese insbesondere für eine Unterkunft nützen. Die Botschaft kennt auch Fälle von finanzieller Rückkehrhilfe (EUR 1.000-2.000) durch Frankreich, für Personen, die freiwillig aus Frankreich ausgereist sind. Algerien erklärt sich bei Treffen mit div.

EU-Staatenvertretern immer wieder dazu bereit, Rückkehrer aufzunehmen, sofern zweifelsfrei feststehe, dass es sich um algerische Staatsangehörige handle. Nachfragen bei EU-Botschaften und Pressemeldungen bestätigen, dass Algerien bei Rückübernahmen kooperiert. Zwischen Algerien und einzelnen EU-Mitgliedsstaaten bestehen bilaterale Rückübernahmeabkommen (ÖB 13.12.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (4.4.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Volksrepublik Algerien,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1432978/4598_1526980677_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-demokratischen-volksrepublik-algerien-stand-februar-2018-04-04-2018.pdf, Zugriff 3.6.2019

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ÖB - Österreichische Botschaft Algier (13.12.2018):

Asylländerbericht Algerien,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1454442/5818_1544771170_alge-ob-bericht-2018-12-13.docx, Zugriff 3.6.2019.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des BF vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Algerien.

Der BF bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete in der Beschwerde auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt ansieht und sich der von der belangten Behörde vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.

Die belangte Behörde hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.

2.2. Zur Person des BF:

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit, seiner Herkunft, seiner Glaubens- und Volkszugehörigkeit sowie seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des BF vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Zuge seiner Erstbefragung sowie vor der belangten Behörde. Die belangte Behörde hat diese Feststellungen korrekt und nachvollziehbar gewürdigt. Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des BF aufgekommen. Dass der BF in Österreich über keine maßgeblichen persönlichen und familiären Beziehungen verfügt und auch sonst keine Integrationsschritte in sprachlicher, beruflicher oder kultureller Hinsicht setzte, ergibt sich aus den Angaben des BF anlässlich seiner Einvernahme durch die belangte Behörde sowie aus dem Umstand seines erst kurzen Aufenthaltes in Österreich.

Da der BF den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen konnte, steht seine Identität nicht fest.

Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit des BF ergibt sich aus einer aktuellen Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.

Die Feststellungen zu seinem Bezug der Grundversorgung ergeben sich aus dem dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem.

2.3. Zu den Fluchtgründen des BF:

Wie aus der Verfahrenserzählung bereits zu entnehmen ist, hat der BF eine konkrete Bedrohung gegen seine Person nicht einmal im Ansatz vorgebracht und sohin auch nicht glaubhaft machen können.

Der BF gab als Fluchtgrund sowohl bei seiner Erstbefragung am 13.06.2019 als auch vor der belangten Behörde am 26.06.2019 familiäre und wirtschaftliche Probleme an.

Nur der Vollständigkeit halber gilt es noch darauf zu verweisen, dass der BF keine Probleme mit staatlichen Behörden aus asylrelevanten Gründen (Religion, Politik, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe, Volksgruppenzugehörigkeit) vor dem BFA behauptet hat und sohin auch unter diesem Gesichtspunkt ein spezielles individuelles Gefährdungspotential nicht zu erkennen war und ist.

Es ist für das Bundesverwaltungsgericht somit schlüssig nachvollziehbar, dass die belangte Behörde das Fluchtvorbringen des BF nicht als asylrelevant einstuft. Dieser Beurteilung tritt auch die Beschwerde in keiner Weise entgegen, sodass für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund besteht, an der Würdigung der belangten Behörde zu zweifeln. Daher schließt sich das Bundesverwaltungsgericht dieser Beweiswürdigung vollinhaltlich an.

Insoweit der BF in der Beschwerde erstmals vorbringt, dass sein Stiefvater ihn und seine Mutter auf die Straße gesetzt hätte, stellt dies eine unglaubwürdige Steigerung dar, zumal der BF dies vor der belangten Behörde mit keinem Wort erwähnte. Dieses Vorbringen lässt auch die behaupteten familiären Probleme anzuzweifeln, sodass davon auszugehen ist, dass der BF seine Heimat ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen verlassen hat.

Da der BF in seiner Beschwerde dem bekämpften Bescheid somit nicht substantiiert entgegentrat und sich seine Beschwerdebegründung darin erschöpfte, seine Heimat aus wirtschaftlichen Gründen verlassen zu haben, ergeben sich auch keine Zweifel am Zutreffen der von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen und ihrer Beweiswürdigung.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Algerien vom 14.06.2019 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der BF trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1. Rechtslage

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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