TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/6 W103 1257176-3

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Veröffentlicht am 06.08.2019
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Entscheidungsdatum

06.08.2019

Norm

BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 8
FPG §53
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §9
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W103 1257176-3/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. AUTTRIT, als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Ukraine, gegen Spruchpunkt VI. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.07.2019, Zl. 576158606-190695167 / BMI-BFA_WIEN_RD, zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG idgF iVm § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG 2005 idgF mit der Maßgabe stattgegeben, als dass die Dauer des Einreiseverbotes auf 30 Monate herabgesetzt wird.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Ü

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der erste Asylverfahren des BF (Antrag vom 06.12.2004) wurde am 07.04.2006 eingestellt, da sich dieser dem Asylverfahren entzogen hat.

2. Am 12.01.2012 wurde ein weiterer Asylantrag gestellt und negativ beschieden, die dagegen eingebrachte Beschwerde wurde am 21.05.2013 rechtskräftig in zweiter Instanz mit einer Rückkehrentscheidung abgewiesen.

3. Ein Antrag bei der MA 35 auf Erteilung eines Aufenthaltsrechtes nach dem NAG, wurde am 29.11.2013 abgewiesen.

4. Am 06.05.2019 wurde der BF bei einer Kontrolle der LPD Wien angetroffen und gab an, seit 16 Jahren in Österreich aufhältig zu sein und nach der Rückkehrentscheidung nicht ausgereist zu sein. Der ukrainische RP wurde eingezogen und eine Anzeige nach § 120 FPG erstattet.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erließ gegen den Beschwerdeführer einen Festnahmeauftrag aufgrund unrechtmäßigen Aufenthalts gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 BFA-VG. Am 09.07.2019 wurde der BF gemäß § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG festgenommen

Am gleichen Tag erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Rahmen des eingeleiteten Verfahrens zur Prüfung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Erlassung der Schubhaft. Der Beschwerdeführer gab im Beisein eines geeigneten Dolmetschers auf entsprechende Befragung hin zusammengefasst zu Protokoll, sich zur Durchführung der Einvernahme in der Lage zu fühlen, gesund zu sein und keine Medikamente zu benötigen.

Der BF gab dabei an, nach der letzten Ausreisungsentscheidung nicht ausgereist zu sein, sondern seit ca. 16 Jahren in Österreich illegal aufhältig zu sein. Eine aufrechte Meldung im Bundesgebiet bestehe nicht, er lebe unangemeldet bei einem Freund.

Dem Beschwerdeführer wurde sodann vorgehalten, dass er die österreichische Rechtslage ignoriere, indem er der Ausreiseverpflichtung nicht nachkomme. Auf Grund seines Verhaltens die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet, weshalb sich die Erlassung einer Rückkehrentscheidung iVm mit einem Einreiseverbot in der Dauer von drei Jahren als gerechtfertigt erweisen würde. Der Beschwerdeführer erklärte, hierzu nichts zu sagen zu haben.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.) sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Ukraine zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt. (Spruchpunkt IV.). Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG 2005 wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV).

Das Bundesamt stellte die Identität sowie Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers fest und führte weiters aus, dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet seit 16 Jahren illegal aufhältig sei und nicht meldeamtlich erfasst gewesen und keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen sei. Er habe keine familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet, sein Lebensmittelpunkt befände sich in der Ukraine, wo sich seine Kernfamilie aufhalte. Das Verhalten des Beschwerdeführers habe klar erkennen lassen, dass dieser nicht gewillt wäre, geltende Rechtsvorschriften einzuhalten. Zudem stelle er aufgrund seines illegalen Aufenthalts eine potentielle Belastungsquelle für das österreichische Sozialsystem dar. Der Beschwerdeführer habe die Bestimmungen nach dem FPG, nach dem NAG und dem SGK/SDÜ übertreten und liege daher ein unrechtmäßiger Aufenthalt im Schengen Raum bzw. im Bundesgebiet vor.

Die Missachtung der Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen stellen einen schwerwiegenden Missbrauch der bestehenden sichtvermerksfreien Einreise dar.

Er sei seine Ausreiseverpflichtung nach der rechtskräftigen Ausweisungsentscheidung nicht nachgekommen.

Mit weiterem Bescheid, ebenfalls vom 11.07.2019, ordnete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gegen den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung an.

Die angeführten Bescheide wurden dem Beschwerdeführer am 11.07.2019 persönlich ausgefolgt.

3. Am 12.07.2019 wurde der Beschwerdeführer aus der Schubhaft entlassen, da er der freiwilligen, unterstützten Ausreise in die Ukraine zugestimmt hat und ist ausgereist.

4. Mit Eingabe vom 19.07.2019 wurde durch die nunmehr bevollmächtigte Rechtsberatungsorganisation nur Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. (Einreiseverbot, siehe Anfechtungserklärung) des im Spruch ersichtlichen Bescheides erhoben. Begründend wurde ausgeführt, die Verhängung eines Einreiseverbotes in der Dauer von 3 Jahren sei nicht gerechtfertigt und überzogen. Der Beschwerdeführer sei unbescholten und es ginge keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit von ihm aus. Die Behörde habe es verabsäumt, zu begründen, inwiefern der Beschwerdeführer eine Gefährdung darstelle; die Dauer des Einreiseverbotes werde nicht genau begründet und erweise sich als willkürlich. In Anbetracht der konkreten Umstände des Falles hätte die Behörde daher zum Ergebnis gelangen müssen, dass die Erlassung eines Einreiseverbotes in der Dauer von drei Jahren nicht geboten wäre, insbesondere, da der BF einsichtig sei und freiwillig und auf eigene Kosten in seinen Heimatstaat ausgereist sei. Um Behebung bzw. Herabsetzung dieses Spruchpunktes wurde ersucht.

5. Die Beschwerdevorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl langte mitsamt dem bezughabenden Verwaltungsakt am 29.07.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Ukraine, welcher die im Spruch ersichtlichen Personalien führt. Der Beschwerdeführer reiste im Jahr 2004 ins Bundesgebiet ein und hielt sich zumindest seit 21.05.2013 illegal im Bundesgebiet auf (Entscheidung zum 2. Antrag auf internationalen Schutz).

Das Verhalten des Beschwerdeführers hat klar erkennen lassen, dass dieser nicht gewillt ist, geltende Rechtsvorschriften einzuhalten. Zudem stelle er aufgrund seines illegalen Aufenthalts eine potentielle Belastungsquelle für das österreichische Sozialsystem dar. Der Beschwerdeführer hat die Bestimmungen nach dem FPG, nach dem NAG und dem SGK/SDÜ übertreten und liege daher ein unrechtmäßiger Aufenthalt im Schengen Raum bzw. im Bundesgebiet vor.

Die Missachtung der Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen stellen einen schwerwiegenden Missbrauch der bestehenden sichtvermerksfreien Einreise dar.

Der BF ist seit 2004 in Österreich aufhältig, mit Ausnahme der Zeiten im Asylverfahren ist sein Aufenthalt illegal gewesen.

Der Beschwerdeführer verfügt soweit bekannt über keine ausreichenden Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes respektive die legale Möglichkeit zur Beschaffung solcher. Ein weiterer respektive neuerlicher Aufenthalt des Beschwerdeführers würde eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstellen.

Der Beschwerdeführer hat keine Aspekte einer Integration im österreichischen Bundesgebiet oder im Raum Europas dargetan. Er hat keine familiären oder sonstigen engen sozialen Bindungen in Österreich (Scheidung), ging keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und erbrachte keinen Nachweis über bereits vorhandene Deutschkenntnisse. Sein Lebensmittelpunkt liegt in der Ukraine, wo er über ein enges familiäres Netz verfügt.

Die im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 1 FPG ausgesprochene Rückkehrentscheidung sowie die gemäß § 52 Abs. 9 leg.cit. erfolgte Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung in die Ukraine sind infolge insofern ungenutzten Ablaufs der Rechtsmittelfrist in Rechtskraft erwachsen.

Am 12.07.2019 wurde der Beschwerdeführer aus der Schubhaft entlassen, da er der freiwilligen, unterstützten Ausreise in die Ukraine zugestimmt hat und ist ausgereist.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt der belangten Behörde, insbesondere in die niederschriftlichen Einvernahmen des Beschwerdeführers.

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinem in Vorlage gebrachten ukrainischen Reisepass in Zusammenschau mit seinen dahingehenden Angaben. Die Unrechtmäßigkeit seines Aufenthalts im Bundesgebiet,

Die zur Begründung des Einreiseverbotes herangezogenen, Aspekte seines Fehlverhaltens wurden vom Beschwerdeführer anlässlich seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 11.07.2019, anlässlich derer ihm Gelegenheit gegeben wurde, zum entscheidungsmaßgeblichen Sachverhalt im Rahmen des Parteiengehörs Stellung zu beziehen, nicht konkret bestritten. Vielmehr gab er ausdrücklich an, nach der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung im Jahre 2013 nicht ausgereist zu sein, sondern sich seit 2004 in Österreich aufzuhalten. Auch die Beschwerde stellt die Illegalität des Aufenthalts, nicht in Abrede.

Die erfolgte freiwillige Heimreise des Beschwerdeführers ist im Verwaltungsakt dokumentiert. Der Umfang der gegenständlichen Beschwerde ergibt sich zweifelsfrei aus dem vorliegenden Beschwerdeschriftsatz.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBl I 2013/144 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

3.1.2. Die verfahrensgegenständliche Beschwerde richtet sich ausdrücklich ausschließlich gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides, sohin gegen das für die Dauer von drei Jahren gegen den Beschwerdeführer ausgesprochene Einreiseverbot. Die übrigen Spruchteile (Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005, Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG, Ausspruch über die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 52 Abs. 9 FPG sowie Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG) erwuchsen demnach mit insofern ungenutztem Ablauf der vierwöchigen Beschwerdefrist in Rechtskraft, sodass sich die folgenden Ausführungen auf die Frage der Rechtmäßigkeit des gegen den Beschwerdeführer verhängten Einreiseverbotes zu beschränken haben (vgl. zur Trennbarkeit dieser Spruchpunkte VwGH 15.5.2012, 2012/18/0029 u.a.; 22.5.2013, 2011/18/0259; 24.5.2018, Ra 2017/19/0311).

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.2. Zum Einreiseverbot (Spruchpunkt IV.):

3.2.1. Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann vom Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten. Gemäß Abs. 2 leg.cit. ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

Bei der Bemessung eines Einreiseverbotes nach § 53 FPG ist eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, bei der die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen zu beurteilen und zu berücksichtigen hat, ob (bzw. inwieweit über die im unrechtmäßigen Aufenthalt als solchem zu erblickende Störung der öffentlichen Ordnung hinaus) der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Eine derartige Gefährdung ist nach der Gesetzessystematik insbesondere in den Fällen der Z 1 bis 9 des § 53 Abs. 2 FPG anzunehmen. Die Erfüllung eines Tatbestandes nach § 53 Abs. 2 FPG indiziert, dass der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nicht nur geringfügig gefährdet (vgl. etwa VwGH 24.5.2018, Ra 2017/19/0311, Rn. 12 und 19, mwN). Ein Fehlverhalten kann auch dann zur Beurteilung der Gefährdungsprognose herangezogen werden kann, wenn dieses nicht zu einer gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Bestrafung geführt hat (vgl. etwa VwGH vom 22.01.2014, 2012/22/0246, VwGH vom 26.01.2010, 2008/22/0890, sowie schon zur Rechtslage nach dem Fremdengesetz 1997 VwGH vom 12.01.2000, 99/21/0357).

3.2.2. Die belangte Behörde hat das gegenständliche Einreiseverbot auf § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG gestützt, (ohne eine konkrete Ziffer zu nennen).

3.2.3. Der Tatbestand des § 53 Abs. 2 FPG ist zu Recht als erfüllt erachtet, wodurch eine vom Beschwerdeführer ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit indiziert ist. Der Beschwerdeführer räumte anlässlich seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein, nach der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung im Jahre 2013 nicht ausgereist zu sein, sondern sich seit 2004 in Österreich zumeist illegal aufzuhalten (mit Ausnahme der Zeiten in der ein Asylantrag bearbeitet wurde). Auch die Beschwerde stellt die Illegalität des Aufenthalts, nicht in Abrede.

Der BF konnte auch keine ausreichenden eigenen Mittel zur Finanzierung seines Aufenthalts vorweisen und daraus resultierend die Gefahr besteht, dass er seinen Lebensunterhalt im Gebiet der Mitgliedstaaten durch "Schwarzarbeit" zu finanzieren versuchen wird.

Der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner Rechtsprechung zu § 53 Abs. 2 Z 6 FPG davon aus (vgl. zuletzt etwa VwGH 19.12.2018, Ra 2018/20/0309), dass ein Fremder initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen hat, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen. Aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultiert die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel auch die Annahme einer Gefährdung im Sinn des (nunmehr:) § 53 Abs. 2 FPG gerechtfertigt ist (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung zu den insoweit gleichgelagerten Vorgängerbestimmungen des FPG etwa VwGH 22.1.2013, 2012/18/0191; 13.9.2012, 2011/23/0156, jeweils mwN; vgl. weiters der Sache nach bei der Beurteilung gemäß § 53 Abs. 2 Z 6 FPG auf diese Judikatur abstellend VwGH 30.8.2018, Ra 2018/21/0129, Rn. 11 und 12).

Im Rahmen der durchzuführenden Gefährdungsprognose war zu berücksichtigen, dass sich der Beschwerdeführer zumindest seit 2013 illegal im Bundesgebiet aufhält.

Vor diesem Hintergrund brachte der Beschwerdeführer seinen Unwillen hinsichtlich der Beachtung der österreichischen Rechtsordnung deutlich zum Ausdruck. Zudem ist unter Beachtung des zuvor Gesagten angesichts der finanziellen Verhältnisse des Beschwerdeführers und dessen bisher gezeigten Vorgehensweisen im Hinblick auf die Erlangung finanzieller Mittel die Gefahr der wiederholten unerlaubten Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder Vornahme strafrechtlich relevanter Handlungen gegeben, was den Schluss zulässt, dass der Beschwerdeführer eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt.

3.2.4. Wie an anderer Stelle dargelegt, hat der Beschwerdeführer familiäre oder private Bindungen im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht ins Treffen geführt. Insofern stehen auch die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib bzw. neuerlichen Aufenthalt im Bundesgebiet der Erlassung eines Einreiseverbotes vor dem Hintergrund des Art. 8 EMRK nicht entgegen. Der Lebensmittelpunkt des Beschwerdeführers befindet sich in der Ukraine, wo sich insbesondere seine Ehefrau und seine Mutter und Schwestern aufhalten (siehe AS 451). Letztlich sind auch Schwierigkeiten bei der Gestaltung der Lebensverhältnisse, die infolge der Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat auftreten können, im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen und an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit hinzunehmen (vgl. VwGH 15.03.2016, Zl. Ra 2015/21/0180).

3.2.5. Bei einer Gesamtbetrachtung aller aufgezeigten Umstände, des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes und in Ansehung der auf Grund des persönlichen Fehlverhaltens getroffenen Gefährdungsprognose muss eine Gefährdung von öffentlichen Interessen, insbesondere an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt regelnden Vorschriften zum Schutz eines geordneten Fremdenwesens, als gegeben angenommen werden (vgl. VwGH 19.05.2004, Zl. 2001/18/0074). Da sich die aus dem Umstand der Mittellosigkeit indizierte Gefährdung der öffentlichen Interessen im Falle des Beschwerdeführers bereits konkret in dem oben dargestellten Fehlverhalten manifestiert hat, kann dem Bundesamt im vorliegenden Fall nicht entgegengetreten werden, wenn es die Verhängung eines Einreiseverbotes im Lichte der öffentlichen Interessen an der Verhinderung von eventueller Schwarzarbeit, der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens, sowie der Verhinderung der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft als erforderlich erachtet. Die ausgesprochene Dauer von fünf Jahren, welche für Fälle des § 53 Abs. 2 FPG die Maximaldauer darstellt, erweist sich jedoch in Anbetracht der konkreten Umstände des vorliegenden Falles als zu hoch angesetzt (da der BF freiwillig und auf eigenen Kosten in sein Heimatland zurückgekehrt ist) und wurde auch im angefochtenen Bescheid keiner näheren Begründung zugeführt. Die Dauer des Einreiseverbotes war daher spruchgemäß auf 30 Monate herabzusetzen, da anzunehmen ist, dass innerhalb dieses Zeitraums ein Wegfall der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung erwartet werden kann.

3.2.6. Was den räumlichen Geltungsbereich des Einreiseverbotes anbelangt, ist festzuhalten, dass alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union außer Irland und Vereinigtes Königreich, sowie die assoziierten Schengen-Staaten Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein an die Rückführungsrichtlinie gebunden sind (vgl. die Pressemitteilung der Europäischen Kommission IP/11/1097 vom 29. September 2011). Daraus folgt, dass sich der räumliche Umfang der in § 53 Abs. 1 FPG idF FrÄG 2011 festgelegten Anweisung schon aus den gesetzlichen in Verbindung mit den unionsrechtlichen Bestimmungen ergibt und somit die Staaten erfasst, für die die Rückführungsrichtlinie gilt. Dieses Gebiet ist nicht deckungsgleich mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Ausgenommen sind das Vereinigte Königreich und Irland und es kommen Island, Norwegen, die Schweiz und Liechtenstein dazu. In diesem Sinn ist der in § 53 Abs. 1 FPG idF FrÄG 2011 verwendete, offenbar aus der Rückführungsrichtlinie übernommene Begriff "Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten" auszulegen. Es ist somit nicht erforderlich, im Spruch eines Bescheides, mit dem gemäß § 53 Abs. 1 FPG idF FrÄG 2011, somit iSd. Art. 11 Abs. 1 iVm. Art. 3 Z 6 Rückführungsrichtlinie ein Einreiseverbot erlassen wird, jene Staaten, für die das Verbot der Einreise und des Aufenthaltes ausgesprochen wird, noch einmal konkret zu nennen, sofern deutlich wird, dass es sich um ein Einreiseverbot handelt (VwGH 22.05.2013, Zl. 2013/18/0021).

3.3. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides war daher mit der im Spruch ersichtlichen Maßgabe stattzugeben.

4. Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich ausführlich in seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, mit dem Verständnis dieser Bestimmung auseinandergesetzt und geht seitdem in seiner ständigen Rechtsprechung (vgl. dazu statt vieler die Erkenntnisse vom 12. November 2014, Ra 2014/20/0029, vom 2. September 2015, Ra 2014/19/0127, vom 15. März 2016, Ra 2015/19/0180, vom 18. Mai 2017, Ra 2016/20/0258, und vom 20. Juni 2017, Ra 2017/01/0039) davon aus, dass für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" folgende Kriterien beachtlich sind:

Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Gemäß § 9 Abs. 5 FPG kann eine mündliche Verhandlung durch das Bundesverwaltungsgericht unterbleiben, wenn der Beschwerdeführer nicht zur Einreise nach Österreich berechtigt ist und wenn der Sachverhalt abschließend feststeht.

Im gegenständlichen Fall hat das Bundesverwaltungsgericht keinerlei neue Beweismittel beigeschafft und sich für seine Feststellungen über die Person des Beschwerdeführers auf jene des angefochtenen Bescheids gestützt. Die Beschwerde ist der Richtigkeit dieser Feststellungen und der zutreffenden Beweiswürdigung der Behörde nicht ansatzweise substanziiert entgegengetreten (VwGH vom 20.12.2016, Ra 2016/01/0102) und hat keine neuen Tatsachen vorgebracht. Die Beschwerde hat die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht zwar beantragt aber es nicht konkret aufzuzeigen unternommen, dass eine solche Notwendigkeit im vorliegenden Fall bestehen würde (vgl. zuletzt etwa VwGH 4.12.2017, Ra 2017/19/0316-14). Den zur Begründung des Einreiseverbotes getroffenen Erwägungen des Bundesamtes wurde im Beschwerdeschriftsatz inhaltlich nicht substantiiert entgegengetreten, vielmehr wurden die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verhaltensweisen im Wesentlichen bestätigt.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte daher im vorliegenden Fall von einem geklärten Sachverhalt im Sinne des § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 9 Abs. 5 FPG ausgehen; es war nach den oben dargestellten Kriterien nicht verpflichtet, eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Schlagworte

Einreiseverbot, Erwerbstätigkeit, freiwillige Ausreise, Gefährdung
der Sicherheit, Gefährdungsprognose, Gesamtbetrachtung, illegaler
Aufenthalt, Interessenabwägung, Missbrauch, Mittellosigkeit,
öffentliche Interessen, öffentliche Ordnung, öffentliche Sicherheit,
Privat- und Familienleben, private Interessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W103.1257176.3.00

Zuletzt aktualisiert am

10.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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