TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/7 I419 1245130-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.08.2019
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Entscheidungsdatum

07.08.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I419 1245130-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX

alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX, geb. XXXX alias XXXX

alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX, StA. ALGERIEN alias LIBYEN alias MAROKKO alias SYRIEN, vertreten durch VEREIN MENSCHENRECHTE ÖSTERREICH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 21.03.2019, Zl. XXXX, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen,

dass der erste Satz des Spruchpunktes I wie folgt lautet:

"Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' gemäß § 57 AsylG 2005 wird Ihnen nicht erteilt."

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste am 15.10.2003 illegal ein und stellte tags darauf einen Asylantrag, den das BAA am 17.11.2003 abwies, was der AsylGH am 21.03.2011 bestätigte, wobei dieser feststellte, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Algerien zulässig sei.

2. Am 30.11.2004 erließ die BPD Wien wider den Beschwerdeführer ein 10-jähriges Aufenthaltsverbot, welches die SID Wien am 24.01.2005 bestätigte.

3. Der Beschwerdeführer verblieb im Inland und beantragte einen Aufenthaltstitel Rot-Weiß-Rot-Karte plus, worüber der LH von Wien und im Instanzenzug am 17.05.2013 der BMI abweisend entschied.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid erteilte ihm das BFA keinen Aufenthaltstitel "aus berücksichtigungswürdigen Gründen" "gemäß § 57 Asylgesetz 2005" und erließ wider ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt I), stellte fest, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig sei (Spruchpunkt II), verhängte über ihn ein zehn Jahre währendes Einreiseverbot (Spruchpunkt III) und aberkannte einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung (Spruchpunkt IV).

3. Die Beschwerde bringt vor, der Beschwerdeführer lebe seit 2003 in Österreich und sei hier deshalb "stark sozial verwurzelt". Wegen seiner Straftaten könne er im Herkunftsstaat nicht auf familiären oder sozialen Rückhalt hoffen und wäre staatlich sowie gesellschaftlich als absoluter Außenseiter abgestempelt, weshalb ihm die nötige Unterstützung fehle, um sich wieder ein normales Leben aufzubauen.

Die privaten Interessen überwögen daher die öffentlichen Österreichs an Sicherheit und Ordnung. Auch sei die Dauer des Einreiseverbots zu lange, weil § 53 Abs. 3 FPG auch gravierendere Sachverhalte umfasse.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der unter Punkt I beschriebene Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist algerischer Staatsangehöriger, ledig, Sunnit und Araber ebensolcher Muttersprache. Er besuchte im Herkunftsstaat neun Jahre lang die Schule und erlernte dann den Beruf eines Elektromechanikers. Er hat dort auch einen Führerschein erhalten. Neben seiner Mutter, Anfang 60, leben dort seine vier Schwestern. Nach eigenen Angaben hat er nach dem Tod seines Vaters für die Familie gesorgt, da sein älterer, mittlerweile verstorbener Bruder herzkrank gewesen sei, und unterhält keinen Kontakt mehr zu dieser. Den Wehrdienst hat er wegen Untauglichkeit nicht geleistet.

Er hat Berufserfahrung als Mechaniker, Fleischhauer und Koch, im Herkunftsstaat in einer Zweiradwerkstatt und in der hiesigen Strafhaft in der Küche gearbeitet. Außerhalb der Haftzeiten war er in mehreren Unternehmen im Inland ab 2011 zusammengerechnet rund 4 3/4 Jahre geringfügig als Arbeiter beschäftigt, zuletzt im April 2016. Ansonsten lebte er von der Grundversorgung und versuchte seine Einkünfte durch Vermögensdelikte zu ergänzen. Er spricht seit spätestens 2011 gut Deutsch.

Er ist volljährig, gesund und arbeitsfähig. Mit seinen Mietzinszahlungen war er im Rückstand, und im Sommer 2017 hatte er Schulden von rund € 7.000,--. Eine Abhängigkeit des Beschwerdeführers von einem anderen Menschen in Europa oder umgekehrt einer solchen Person vom Beschwerdeführer kann nicht festgestellt werden. Er hat keine Kinder und keine Sorgepflichten.

Er hat 2017 angeben, eine mit Vornamen angegebene Lebensgefährtin zu haben. Eine Wohngemeinschaft hatte er nicht. Derzeit unterhält er keine Paarbeziehung und verfügt nach eigenen Angaben lediglich über Freunde und Bekannte. Kontaktdaten dieser Menschen gab er nicht an. Er hat in Österreich keine familiären Anknüpfungspunkte. Über die genannten Tätigkeiten und Eigenschaften sowie Begegnungen mit Mithäftlingen und Justizpersonal hinaus sind keine sozialen oder wirtschaftlichen Integrationsmerkmale des Beschwerdeführers feststellbar.

Das LGS Wien hat den Beschwerdeführer wie folgt verurteilt:

-

Am 08.06.2004 zu 8 Monaten Freiheitsstrafe, 6 davon bedingt nachgesehen, wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls, weil er am 23.10. und am 20.11.2003 in drei Angriffen verschiedenen Dritten eine Lederjacke, weitere Kleidungsstücke, eine Geldbörse und eine Nagelschere weggenommen oder wegzunehmen versucht hatte, wobei er die Letztere zum Entfernen von Diebstahlsicherungen nutzte, und das Strafgericht als erschwerend die mehreren Angriffe, mildernd die Unbescholtenheit und den Umstand wertete, dass es teils beim Versuch blieb,

-

am 14.02.2006 zu 10 Monaten Freiheitsstrafe wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls sowie der Vergehen der versuchten Nötigung und der Körperverletzung, begangen anlässlich der versuchten Wegnahme von Ware aus einem Drogeriehandel Ende Dezember 2005,

-

am 10.07.2017 zu 6 Monaten bedingt nachgesehener Freiheitsstrafe wegen des Vergehens des Diebstahls teils durch Einbruch, weil er im Juni 2017 Werkzeug sowie nach Einschlagen der Eingangstüre eines Gasthauses dort 20 Schachteln Zigaretten sowie ein Zigaretten-Etui weggenommen hatte, wobei als mildernd "kein Schaden" und die Unbescholtenheit, dagegen kein Umstand als erschwerend gewertet wurde, sowie

-

am 04.10.2017 zu 20 Monaten Freiheitsstrafe wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch, weil er im Mai und Juli 2017 in vier Gastgewerbebetrieben und einer Tierarztpraxis nach Einschlagen oder Eintreten der Eingangstüren Bargeld und andere fremde bewegliche Sachen weggenommen oder wegzunehmen versucht hatte, wobei er auch einen Tresor aufbrach, und das Strafgericht als mildernd das Geständnis und den Umstand ansah, dass es teils beim Versuch blieb, erschwerend die Begehung in der Probezeit, den äußerst raschen Rückfall und die Vorstrafe.

Infolge dessen war der Beschwerdeführer zu folgenden Zeiten in Haft:

30.04. bis 01.07.2004, 28.12.2005 bis 28.08.2006, 07.06. bis 10.07.2017, 09.08.2017 bis 08.04.2019. Seither befindet er sich in Schubhaft, deren Überprüfung durch dieses Gericht am 02.08.2019 ergab, dass ihre maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ihre Aufrechterhaltung verhältnismäßig ist.

Ohne Meldeadresse war der Beschwerdeführer hingegen von seiner Antragstellung auf internationalen Schutz bis zur Untersuchungshaft ab 30.04.2004, von 14.10. bis 16.11.2014, von 19.08.2016 bis zu seiner Inhaftierung am 07.06.2017 sowie von 11. bis 23.07.2017. Demgemäß hatte er außerhalb der Haftzeiten addiert etwa 9 Jahre lang gemeldete Wohnsitze im Inland. Vom letzten solchen Wohnsitz ist er seit 12.10.2017 abgemeldet.

Entgegen dem ihm 2011 erteilten Auftrag der BPD Wien, einen Reisepass vorzulegen, hat er einen solchen bis dato weder erlangt noch vorgelegt. Nach eigenen Angaben hat er 2006 einen Suizidversuch begangen sowie ab etwa 2007 bis 2017 Heroin konsumiert und nimmt derzeit keine Drogen zu sich. Festgestellt wird, dass er keiner ambulanten oder stationären Therapie bedarf.

Nachdem er am 08.04.2019 in Schubhaft genommen wurde, begann er drei Tage darauf einen Hungerstreik, den er eine Woche später freiwillig beendete.

Gegen den Beschwerdeführer besteht ein von Deutschland verhängtes Einreise- und Aufenthaltsverbot für das Gebiet der Schengen-Staaten.

1.2 Zur Situation im Herkunftsstaat:

Algerien ist nach § 1 Z. 10 HStV ein sicherer Herkunftsstaat im Sinne des § 19 BFA-VG. Betreffend die aktuelle Lage sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten.

Im gegebenen Zusammenhang sind mangels sonstiger Bezüge zum Vorbringen die folgenden Informationen von Relevanz und werden festgestellt:

1.2.1 Grundversorgung

Algeriens Wirtschaft hängt stark vom Export von Erdöl und Erdgas ab. Dank anhaltend hoher Öl- und Gaspreise konnte Algerien über Jahre hinweg ein kontinuierliches Wachstum von durchschnittlich 3% verzeichnen. Die weiteren Prognosen mussten jedoch aufgrund des derzeitigen Preisverfalls bei Öl und Gas bereits nach unten korrigiert werden. Die "rente petrolière" ist langfristig fragil - hinzu kommt die Unsicherheit über die künftige politische Entwicklung und die Stabilität des Landes. Für das Jahr 2017 verdüsterten sich somit die Aussichten. Ein neues Budgetgesetz sieht u. a. eine Erhöhung der Mehrwertsteuer, höhere Grund- und Immobilienabgaben sowie eine höhere Besteuerung von Mieten, Kraftstoff und Gütern des täglichen Bedarfs vor. Öffentliche Ausgaben werden drastisch eingeschränkt - manche Stimmen sprechen bereits von einer "Kriegserklärung" an die algerische Gesellschaft (GIZ 12.2016b).

Algerien leistet sich aus Gründen der sozialen und politischen Stabilität ein für die Möglichkeiten des Landes aufwendiges Sozialsystem, das aus den Öl- und Gasexporten finanziert wird. Algerien ist eines der wenigen Länder, die in den letzten 20 Jahren eine Reduktion der Armutsquote von 25% auf 5% erreicht hat. Schulbesuch und Gesundheitsfürsorge sind kostenlos. Energie, Wasser und Grundnahrungsmittel werden stark subventioniert. Ein Menschenrecht auf Wohnraum wird anerkannt. Für Bedürftige wird Wohnraum kostenlos zur Verfügung gestellt. Missbräuchliche Verwendung ist häufig (ÖB 13.12.2018).

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist bislang durch umfassende Importe gewährleistet. Insbesondere im Vorfeld religiöser Feste, wie auch im gesamten Monat Ramadan, kommt es allerdings immer wieder zu substanziellen Preissteigerungen bei Grundnahrungsmitteln. Für Grundnahrungsmittel wie Weizenmehl, Zucker und Speise-Öl gelten im Januar 2011 eingeführte Preisdeckelungen und Steuersenkungen. Im Bereich der Sozialfürsorge kommt, neben geringfügigen staatlichen Transferleistungen, vornehmlich der Familien-, im Süden des Landes auch der Stammesverband für die Versorgung alter Menschen, Behinderter oder chronisch Kranker auf. In den Großstädten des Nordens existieren "Selbsthilfegruppen" in Form von Vereinen, die sich um spezielle Einzelfälle (etwa die Einschulung behinderter Kinder) kümmern. Teilweise fördert das Solidaritätsministerium solche Initiativen mit Grundbeträgen (AA 17.4.2018).

Nach offiziellen Angaben wird mittlerweile zum ersten Mal von einer Arbeitslosenquote von unter 10% ausgegangen, davon sind 70% jünger als 30 Jahre alt. Diese jungen Leute machen wiederum rund 70% der Bevölkerung aus. Die Arbeitslosigkeit ist die Folge des Niedergangs des verarbeitenden Gewerbes und der Landwirtschaft, die in der Ära Boumedienne viele Arbeitsplätze geschaffen haben. Allerdings beträgt die Arbeitslosigkeit in der Altersgruppe von 16-24 Jahren über 20%. Gegenwärtig werden die betroffenen Jugendlichen ermuntert, eine freiberufliche Perspektive aufzubauen, dazu werden Kredite und steuerliche Anreize geboten (GIZ 12.2016b). Das staatliche Arbeitsamt Agence national d'emploi / ANEM (http://www.anem.dz/) bietet Dienste an, es existieren auch private Jobvermittlungsagenturen (z.B. http://www.tancib.com/index.php?page=apropos). Seit Februar 2011 stehen jungen Menschen Starthilfekredite offen, wobei keine Daten darüber vorliegen, ob diese Mittel ausgeschöpft wurden. Die Regierung anerkennt die Problematik der hohen Akademikerarbeitslosigkeit. Grundsätzlich ist anzumerken, dass allen staatlichen Genehmigungen/Unterstützungen eine (nicht immer deklarierte) sicherheitspolitische Überprüfung vorausgeht, und dass Arbeitsplätze oft aufgrund von Interventionen besetzt werden. Der offiziell erfasste Wirtschaftssektor ist von staatlichen Betrieben dominiert (ÖB 13.12.2018).

1.2.2 Rückkehr

Die illegale Ausreise, d.h. die Ausreise ohne gültige Papiere bzw. ohne eine Registrierung der Ausreise per Stempel und Ausreisekarte am Grenzposten, ist gesetzlich verboten (Art. 175 bis 1. algerisches Strafgesetzbuch, Gesetz 09-01 vom 25.2.2009, kundgemacht am 8.3.2009) (ÖB 13.12.2018; vgl. AA 4.4.2018). Das Gesetz sieht ein Strafmaß von zwei bis sechs Monaten und / oder eine Strafe zwischen 20.000 DA bis 60.000 DA vor (ÖB 13.12.2018). Laut deutscher Botschaft wird das Gesetz auch angewendet; die algerischen Behörden erklären jedoch, das Gesetz sollte nur abschreckende Wirkung entfalten (ÖB 13.12.2018).

Rückkehrer, die ohne gültige Papiere das Land verlassen haben, werden mitunter zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Für illegale Bootsflüchtlinge ("harraga") sieht das Gesetz Haftstrafen von drei bis zu fünf Jahren und zusätzliche Geldstrafen vor. In der Praxis werden zumeist Bewährungsstrafen verhängt (AA 4.4.2018).

Eine behördliche Rückkehrhilfe ist ho. nicht bekannt. Ebenso sind der Botschaft keine NGOs bekannt, die Unterstützung leisten. Bekannt ist, dass Familien zurückkehrende Familienmitglieder wieder aufnehmen und unterstützen. Viel bekannter hingegen sind Fälle, in denen Familien Mitglieder mit beträchtlichen Geldmitteln bei der illegalen Ausreise unterstützen. Sollten Rückkehrer auf familiäre Netze zurückgreifen können, würde man annehmen, dass sie diese insbesondere für eine Unterkunft nützen. Die Botschaft kennt auch Fälle von finanzieller Rückkehrhilfe (EUR 1.000-2.000) durch Frankreich, für Personen, die freiwillig aus Frankreich ausgereist sind. Algerien erklärt sich bei Treffen mit div.

EU-Staatenvertretern immer wieder dazu bereit, Rückkehrer aufzunehmen, sofern zweifelsfrei feststehe, dass es sich um algerische Staatsangehörige handle. Nachfragen bei EU-Botschaften und Pressemeldungen bestätigen, dass Algerien bei Rückübernahmen kooperiert. Zwischen Algerien und einzelnen EU-Mitgliedsstaaten bestehen bilaterale Rückübernahmeabkommen (ÖB 13.12.2018).

1.3 Zum Vorbringen:

Der Beschwerdeführer ist ein alleinstehender, erwachsener Mann, der im Herkunftsstaat sozialisiert wurde und zumindest eine Landessprache beherrscht. Er ist mit der Kultur des Herkunftsstaats sowie den Gepflogenheiten des dortigen Arbeitsmarkts vertraut. Der Beschwerdeführer hat im Herkunftsstaat familiäre oder zumindest andere soziale Kontakte, die er nach seiner Rückkehr auffrischen und vertiefen kann.

Er wurde dort ausgebildet und kann darauf sowie auf die beruflichen Erfahrungen und das inzwischen neu erworbene Wissen aufbauend nach einer Rückkehr für seinen Unterhalt sorgen, selbst wenn eine Unterstützung durch die Familie ausbleiben sollte.

Es gibt keinen Hinweis, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer wie immer gearteten Verfolgung oder sonstigen existentiellen Bedrohung ausgesetzt oder automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt sein wird.

2. Beweiswürdigung:

Das BFA hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens und die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen ausreichend klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Gericht verweist daher auch auf die schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid.

2.1 Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des Verwaltungsaktes des BFA. Weiters eingesehen wurden das Erkenntnis des AsylGH zu A4 245130-0/2008 vom 21.03.2011 und der Akt der Schubhaftprüfung G311 2221792-1, speziell die Niederschrift vom 02.08.2019 und die Angaben zur Gesundheit vom 22.06.2019. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Fremdenregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und dem Betreuungsinformationssystem der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend eingeholt.

2.2 Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Identität sowie zu den Lebensumständen des Beschwerdeführers einschließlich Gesundheitszustand und Arbeitsfähigkeit gründen sich auf seine diesbezüglich glaubhaften Angaben (zu Letzteren s. Schubhaftverhandlung, S. 5, wonach er ein guter Fleischhauer sei und jederzeit Arbeit finden könnte, sowie "Jetzt geht es mir gesundheitlich gut.").

Sie gründen sich ferner auf die vorliegenden Urkunden, speziell die Urteilsvermerke, ansonsten auch auf die unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid.

Die Feststellung betreffend die Deutschkenntnisse ergibt sich aus der Niederschrift vom 04.07.2011 (AS 299) trotz der Verwendung eines Dolmetschs noch bei der bei der Schubhaftverhandlung am 02.08.2019.

Die Beschäftigungen im Inland waren den Angaben des Beschwerdeführers (AS 417 ff, 553) sowie dem Versicherungsdatenauszug (AS 565 ff) zu entnehmen, die Staatsangehörigkeit der Beurteilung der Botschaft (AS 525).

2.3 Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stimmt, soweit oben in 1.2 wiedergegeben, inhaltlich mit dem vom BFA zitierten überein und stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, und auf jene von internationalen Organisationen, wie z. B. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie des Umstands, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen.

2.4 Zum Vorbringen des Beschwerdeführers:

Betreffend die familiären, kulturellen und beruflichen Anbindungen im Inland wurde den Angaben des Beschwerdeführers gefolgt, weil diese mit den weiteren Ermittlungsergebnissen nicht in Widerspruch standen. Aus diesen ergaben sich auch keine weiteren als die festgestellten privaten Anknüpfungen.

Eine Anbindung des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat, wie festgestellt, liegt aus mehreren Gründen nahe, z. B. dem angegebenen Geburtsjahr der Mutter des Beschwerdeführers, aus dem sich ergibt, dass auch die Töchter (wie der Beschwerdeführer) altersmäßig mitten im Leben stehen. Daran ändert auch nichts, dass er angab, nicht zu wissen, ob noch jemand am Leben sei (AS 421). Er gab auch über seinen Gesundheitszustand Auskunft, aus dem - auch im Hinblick auf die Angaben zur Arbeit - zu schließen war, dass der Beschwerdeführer hier wie im Herkunftsstaat arbeitsfähig ist.

In Anbetracht dessen, der mittlerweile gewonnenen weiteren Arbeitserfahrung des Beschwerdeführers, dessen mangels Frau und Kindern vorhandener Verfügbarkeit und Flexibilität sowie den aus dem gleichen Grund begrenzten Ansprüchen an die Entlohnung ist nicht zu sehen, warum der Beschwerdeführer nicht für sich sorgen können sollte. Das Beschwerdevorbringen, wonach er als "absoluter Außenseiter" ohne Unterstützung bliebe, ist insofern nicht geeignet, seine mögliche "Reintegration" infrage zu stellen, als es ihm offensichtlich sogar in Österreich gelungen ist, auf sich allein gestellt Arbeit zu suchen und zu finden.

Hinweise auf eine besondere Schutz- oder Hilfsbedürftigkeit des Beschwerdeführers haben sich weder aus dessen Vorbringen, noch aus den Länderberichten oder sonst ergeben.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) (Abweisung der Beschwerde):

3.1 Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels (Spruchpunkt I, erster Satz)

Im Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheids sprach das BFA aus, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel "aus berücksichtigungswürdigen Gründen" "gemäß § 57 Asylgesetz 2005" nicht erteilt werde. Damit war offensichtlich das in § 57 AsylG 2005 beschriebene Rechtsinstitut "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemeint (S. 32 des Bescheids, AS 632). Dem war durch die Richtigstellung des Spruchs Rechnung zu tragen.

In § 57 AsylG sind als Voraussetzungen einer solchen Aufenthaltsberechtigung bestimmte Fälle der Duldung angeführt, sowie des Weiteren Situationen, in denen Fremde im Inland verbleiben sollen, um in Gerichtsverfahren mitzuwirken, und schließlich das Erfordernis des Schutzes bestimmter Opfer von Gewalt.

Das Vorliegen einer Voraussetzung für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG 2005 wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Aus der Beschwerde und auch aus dem Verwaltungsakt ergeben sich auch keine Hinweise, die nahelegen würden, dass die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung in Betracht kommt.

3.2 Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt I, zweiter Satz)

Nach § 52 Abs. 1 Z. 1 FPG ist eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn ein Drittstaatsangehöriger sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Seit der Abweisung seiner Beschwerde durch den AsylGH am 21.03.2011 hält der Beschwerdeführer sich nicht mehr rechtmäßig im Inland auf, weil auch sein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels Rot-Weiß-Rot-Karte plus rechtskräftig abschlägig beschieden wurde. Somit ist auch im vorliegenden Fall die Rückkehrentscheidung vorgesehen.

Das gilt nur dann nicht, wenn eine Rückkehrentscheidung wegen eines Eingriffs in das Privat- oder Familienleben eines Fremden auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für dauernd unzulässig zu erklären ist. Zu entscheiden ist dabei nach einer individuellen Abwägung der berührten Interessen gegenüber den öffentlichen, ob ein Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig ist.

Eine individuelle Abwägung der berührten Interessen ergibt, dass ein Eingriff in das Familien- und Privatleben des Beschwerdeführers durch seine Außerlandesbringung als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig anzusehen ist.

Der Beschwerdeführer verfügt über kein Familienleben in Österreich und hat ein solches auch nicht behauptet. Zu prüfen war daher ein etwaiger Eingriff in sein Privatleben. Unter diesem Aspekt ist auf die Feststellung zu verweisen, dass ein solches über die zuletzt 2016 ausgeübte geringfügige Arbeit und die nicht weiter konkretisierten Freundschaften und Bekanntschaften sowie die genannten Alltags- und Behördenkontakte hinaus nicht vorliegt.

Gleichzeitig hat der Beschwerdeführer zu seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist, sprachliche und kulturelle Verbindungen und die Möglichkeit, alte oder neue soziale Kontakte zu pflegen.

Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich stehen öffentliche Interessen gegenüber. Zuerst steht ihnen das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel anwesend sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden.

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist zwar bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen, wobei eine Aufenthaltsbeendigung nach so langem Inlandsaufenthalt grundsätzlich nur dann ausnahmsweise noch als verhältnismäßig angesehen werden kann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren (VwGH 10.09.2018, Ra 2018/19/0169 mwH).

Tatsächlich erweist sich die Integration des Beschwerdeführers als gering. Neben seinen Deutschkenntnissen lassen sich die geringfügigen Beschäftigungen anführen, die allerdings nach dem Abschluss des Asylverfahrens ohne erforderliche Bewilligung erfolgten, sowie das soziale Geflecht, das er nach rund 16 Jahren kursorisch als "Freunde und Bekannte" bezeichnet (vgl. VwGH 17.10.2016, Ro 2016/22/0005).

Ungeachtet dessen ist zudem zu beachten, dass die erstgenannte Rechtsprechung nur Konstellationen eines mehr als zehn Jahre währenden Inlandsaufenthalts betraf, in denen sich aus dem Verhalten des Fremden - abgesehen vom unrechtmäßigen Verbleib in Österreich - sonst keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ergab (VwGH 10.09.2018, Ra 2018/19/0169 mwH).

Der Beschwerdeführer ist demgegenüber beginnend bereits acht Tage nach seiner Einreise bis in die jüngste Vergangenheit Straftaten gegen fremdes Vermögen begangen, dazu aber auch solche gegen Leib und Leben sowie gegen die Freiheit.

Der VwGH (zum Folgenden: 17.10.2016, Ro 2016/22/0005 mwH) hat unter anderem folgende Umstände - meist in Verbindung mit anderen Aspekten - als Anhaltspunkte dafür anerkannt, dass ein Fremder die in Österreich verbrachte Zeit zumindest in gewissem Ausmaß genützt hat, um sich zu integrieren: Die Erwerbstätigkeit des Fremden, das Vorhandensein einer Beschäftigungsbewilligung, eine Einstellungszusage, das Vorhandensein ausreichender Deutschkenntnisse, familiäre Bindungen zu in Österreich lebenden, aufenthaltsberechtigten Familienangehörigen, ein Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich bzw. die Vorlage von Empfehlungsschreiben, eine aktive Teilnahme an einem Vereinsleben, freiwillige Hilfstätigkeiten, ein Schulabschluss bzw. eine gute schulische Integration in Österreich oder der Erwerb des Führerscheins.

Fallbezogen trifft auf den Beschwerdeführer zu, dass er ausreichende Deutschkenntnisse hat und einen - wie auch immer dimensionierten und zusammengesetzten - Freundes- und Bekanntenkreis, aus dem sich allerdings weder Unterstützungs- noch Empfehlungsschreiben fanden. Die (illegale) Erwerbsarbeit hat er 2016 eingestellt.

Umgekehrt hat der Verwaltungsgerichtshof in mehreren Entscheidungen zum Ausdruck gebracht, dass ungeachtet eines mehr als zehnjährigen Aufenthaltes und des Vorhandenseins gewisser integrationsbegründender Merkmale auch gegen ein Überwiegen der persönlichen Interessen bzw. für ein größeres öffentliches Interesse an der Verweigerung eines Aufenthaltstitels (oder an der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme) sprechende Umstände in Anschlag gebracht werden können. Dazu zählen das Vorliegen einer strafgerichtlichen Verurteilung, Verstöße gegen Verwaltungsvorschriften, eine zweifache Asylantragstellung, unrichtige Identitätsangaben, sofern diese für die lange Aufenthaltsdauer kausal waren, sowie die Missachtung melderechtlicher Vorschriften. (10.09.2018, Ra 2018/19/0169 mwH)

Wie die Feststellungen zeigen, liegen außer der verfahrensverzögernden unrichtigen Identitätsangabe und dem Folgeantrag sämtliche angeführten Umstände vor, wobei neben dem Meldeversäumnis die Verwaltungsübertretungen Schwarzarbeit sowie Missachten der Ausreisepflicht als fremdenrechtliches Verwaltungsdelikt besonders zu gewichten sind, und bereits vier strafgerichtliche Verurteilungen vorliegen, die sich in drei Fällen auch auf ein Verbrechen beziehen.

Die Aufenthaltsdauer ist nicht nur auf überlange Verzögerungen des Asylverfahrens zurückzuführen, sondern auch darauf, dass der Beschwerdeführer beharrlich und jahrelang seine Ausreiseverpflichtung missachtete und die Erlangung eines Reisepasses durch mangelnde Mitwirkung verhindert hat.

Damit überwiegen - auch unter besonderer Gewichtung der langen Aufenthaltsdauer - in der auch bei mehr als zehnjährigem Inlandsaufenthalt vorzunehmenden Gesamtabwägung unter Einbeziehung aller fallbezogen maßgeblichen Aspekte (VwGH 29.08.2018, Ra 2018/22/0180) jene Umstände deutlich, die das gegen einen Verbleib im Inland sprechende öffentliche Interesse verstärken, gegenüber dem persönlichen Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs. 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden.

Die Beschwerde war daher - von der Richtigstellung im ersten Satz abgesehen - betreffend den Spruchpunkt I abzuweisen.

3.3 Zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt II):

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dies wäre aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich.

Die Abschiebung in einen Staat ist nach § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention verletzt würden, oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet. Gleichzeitig betont die Rechtsprechung des VwGH jedoch unter Hinweis auf jene des EGMR, dass eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen ist (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174 und VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443 mwH). Nach den Feststellungen zu Gesundheit und Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers und den Länderfeststellungen ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in eine existenzbedrohende Lage geraten würde.

Zur Feststellung, dass eine Abschiebung nach Algerien zulässig ist, ist ausführen, dass es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre. Das gilt auch, wenn eine Unterstützung durch seine Angehörigen ausbleiben sollte. Er spricht die Landessprache Arabisch und hat in Algerien zumindest die Schule besucht und bereits jahrelang gearbeitet. Er ist ausreichend gesund und arbeitsfähig, weshalb er im Herkunftsstaat zweifelsfrei die Möglichkeit hat, am Arbeitsmarkt fündig zu werden.

Die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz werden jedenfalls im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer möglicherweise in Österreich wirtschaftlich besser leben kann, auch ohne Vermögensdelikte, genügt nicht für die Annahme, er würde in Algerien keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Es fehlen somit im vorliegenden Fall Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Zudem besteht in Algerien keine so extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre.

Aufgrund all dessen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat seine dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht in eine dauerhaft aussichtslose Lage gerät, sodass auch der Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides zu bestätigen war.

3.4 Zum Einreiseverbot (Spruchpunkt III):

Nach § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt, und zwar grundsätzlich für bis zu 10 Jahre. Eine solche Tatsache, die auch bei der Bemessung der Dauer zu berücksichtigen ist, ist nach Abs. 3 Z. 1 die gerichtliche Verurteilung des Drittstaatsangehörigen zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von zumindest sechs Monaten, aber auch die mehrmalige Verurteilung wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Delikten.

Nach Z. 2 ist als eine derartige Tatsache auch anzusehen, wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist.

Keine der vier verhängten Freiheitsstrafen lag unter sechs Monaten und alle Urteile bezogen sich zumindest auch auf Formen des Diebstahls. Somit erfüllen die vier Verurteilungen zusammen siebenfach die Voraussetzung der Mindeststrafe oder des Basierens auf Rückfallsdelikten.

Die vom ersten Strafurteil umfassten Taten verübte der Beschwerdeführer sämtlich in den drei Monaten nach der Einreise. Gewerbsmäßiger Diebstahl ist ein Vorsatzdelikt. Damit erfüllt die Verurteilung den in Z. 2 angeführten Tatbestand.

Damit liegen die Voraussetzungen der Z. 2 und (mehrfach) 3 vor, was sich auch auf die Dauer eines Einreiseverbots auswirkt.

Beachtlich ist auch, dass § 53 Abs. 3 Z. 1 FPG ein bis zu zehnjähriges Einreiseverbot bereits bei einer Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten vorsieht. Die jüngste über den Beschwerdeführer verhängte unbedingte Freiheitsstrafe beträgt somit fast das 7-Fache dieses Werts, die erste das 3-Fache.

Der Beschwerdeführer befindet sich gegenwärtig nach der Straf- in Schubhaft, sodass die Zeit zu wenig weit fortgeschritten ist, um ihm einen Gesinnungswandel zu attestieren. Es ist entgegen dem Vorbringen der Beschwerde, wonach er "seine Straftat zutiefst" bereue und sich in Haft "bis jetzt vorbildlich" verhalten habe, zu berücksichtigen, dass er die verhängte Freiheitsstrafe zur Gänze verbüßte ohne in den Genuss einer bedingten Entlassung zu kommen, und sich in der Folge - wie zuletzt der Hungerstreik zeigte - nicht durchgehend eines angepassten Verhaltens befleißigte.

Daneben ist es gerade aufgrund der festgestellten Schulden alles andere als unwahrscheinlich, dass es zu einer Wiederholung kommt. Die Abläufe der Taten, die sich vom "Ladendiebstahl" bis zum Aufbrechen eines Tresors steigerten, legen nahe, dass der Beschwerdeführer mangels finanzieller Konsolidierung wieder Gewalt gegen Sachen einsetzen würde, um an fremdes Gut zu gelangen.

Wenn die Beschwerde weiter vorbringt, die Dauer eines Einreiseverbots sei fallbezogen unverhältnismäßig, weil 10 Jahre auch für Personen mit mehr oder schwerer wiegenden Straftaten vorgesehen seien, lässt sie außer Acht, dass der Beschwerdeführer die oben angeführten Tatbestände jeweils mehrfach verwirklicht hat, gegen ihn bereits 2004 ein 10-jähriges Aufenthaltsverbot ausgesprochen wurde, und zudem die Einbruchsdelikte erst gut 10 Jahre nach der bedingten Entlassung aus der zweiten Freiheitsstrafe wegen der anderen Diebstähle begann.

Er hat auch in der Beschwerde kein nachvollziehbares Argument vorgebracht, wie er die während seiner Beschäftigungslosigkeit aufgetretene Geldnot anders zu beenden gedenkt.

Insofern hat das BFA die Verhältnismäßigkeit fallbezogen nicht überspannt, wenn es angesichts der Verurteilungen und der geringen Verbundenheit des Beschwerdeführers mit den rechtlich geschützten Werten das Einreiseverbot mit zehn Jahren bemisst.

Im vorliegenden Beschwerdefall sind auch keine anderen Umstände zutage getreten, die dem Gericht eine Reduzierung der Befristung nahelegen würden. Nach all dem war die Beschwerde auch betreffend diesen Spruchpunkt III abzuweisen.

3.6 Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt IV)

Nach § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG, auf den sich das BFA bezieht, ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung ohne Ermessen abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise eines Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderlich ist. Das BFA verwies diesbezüglich auf die vier Verurteilungen und darauf, dass der Beschwerdeführer "eine massiv ordnungsstörende Person" sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zum Durchsetzungsaufschub und zur aufschiebenden Wirkung ausgeführt, dass gesondert zu begründen ist, inwieweit die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers geboten sein soll. Die auf die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung Bezug nehmenden Überlegungen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes anzustellen sind, vermögen die Begründung für die Versagung eines Durchsetzungsaufschubes nicht zu ersetzen (VwGH vom 21.11.2006, 2006/21/0171 mwH).

Mit der Formulierung "eine massiv ordnungsstörende Person" macht das BFA nicht klar, welches konkrete, über die Delinquenz hinausgehende Sachverhaltselement die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erfordere. Indes lässt sich auch so erkennen, welche Umstände zu dieser Schlussfolgerung führen:

Die sofortige Ausreise erweist sich nämlich nach den Feststellungen als nötig im angeführten Sinn, weil der Beschwerdeführer über keine Unterkunft und keine familiären Bindungen im Inland sowie, abgesehen von dem bei der Entlassung aus der Strafhaft ausbezahlten Teil der Arbeitsvergütung, über kein Arbeitseinkommen verfügt. Angesichts der eingeschränkten Verdienstmöglichkeiten, die fallbezogen jederzeit weitere Angriffe gegen unterschiedliche geschützte Rechtsgüter erwarten lassen, besteht daher die Notwendigkeit, mit der Ausreise des Beschwerdeführers nicht zuzuwarten.

Daher hat das BFA die aufschiebende Wirkung im Ergebnis zu Recht aberkannt, sodass die Beschwerde wie geschehen auch gegen Spruchpunkt IV abzuweisen war.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zur Relevanz des Privat- und Familienlebens bei Rückkehrentscheidungen oder zur ganzheitlichen Verhaltensbeurteilung bei der Verhängung und Bemessung von Einreiseverboten.

Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage(n) kamen nicht hervor.

4. Zum Unterbleiben einer Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung relevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist.

Außerdem muss die Verwaltungsbehörde ihre die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Gericht diese tragenden Erwägungen in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüberhinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

Die genannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist - aufgrund des Umstandes, dass zwischen der jüngsten Befragung des Beschwerdeführers durch das Gericht und der vorliegenden Entscheidung fünf Tage liegen - die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Gericht zur Gänze angeschlossen.

Das Gericht musste sich auch keinen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer verschaffen, da es sich um einen eindeutigen Fall in dem Sinne handelt, dass auch bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn der persönliche Eindruck ein positiver ist (vgl. VwGH 18.10.2017, Ra 2017/19/0422 mwH).

Die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung konnte demnach unterbleiben.

Schlagworte

Abschiebung, Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz,
Aufenthaltstitel, aufschiebende Wirkung - Entfall,
berücksichtigungswürdige Gründe, Diebstahl, Einreiseverbot,
Gefährdung der Sicherheit, Gewerbsmäßigkeit, Haft, Haftstrafe,
Interessenabwägung, öffentliche Interessen, öffentliche Ordnung,
öffentliche Sicherheit, Privat- und Familienleben, private
Interessen, Rückkehrentscheidung, Straffälligkeit, Strafhaft,
strafrechtliche Verurteilung, vorsätzliche Begehung, Vorstrafe,
Wiederholungstaten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I419.1245130.2.00

Zuletzt aktualisiert am

10.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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