Entscheidungsdatum
12.08.2019Norm
AVG §60Spruch
W210 2205163-1/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Anke SEMBACHER als Vorsitzende und die Richterin Dr. Isabel FUNK-LEISCH und den Richter Dr. Stefan KEZNICKL als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch RA Dr. Bettina HÖRTNER, Landhausgasse 4, 101 Wien, gegen den Bescheid der Finanzmarktaufsichtsbehörde vom 24.07.2018, Zl. XXXX , über die Rechtmäßigkeit einer Veröffentlichung gemäß § 37 FM-GwG zu Recht erkannt:
A)
I. Der Beschwerde wird stattgegeben und festgestellt, dass die Veröffentlichung vom 21.03.2018 samt ihren Aktualisierungen auf der Homepage der Finanzmarktaufsichtsbehörde rechtswidrig ist.
II. Die Veröffentlichung vom 21.03.2018 und ihre Aktualisierungen sind aus dem gesamten Internetauftritt der Finanzmarktaufsichtsbehörde zu entfernen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Am 21.03.2018 veröffentlichte die Finanzmarktaufsichtsbehörde (im Folgenden: FMA) folgende Bekanntmachung auf ihrer Website (fma.gv.at), deren Rechtmäßigkeit im gegenständlichen Beschwerdeverfahren strittig ist:
" XXXX .
XXXX ."
2. Mit 21.03.2018 stellte die - in der Veröffentlichung namentlich genannte - XXXX (im Folgenden: die Beschwerdeführerin oder BF) einen Antrag auf "Überprüfung der Rechtmäßigkeit der gegenständlichen Veröffentlichung" und "Löschung der Veröffentlichung von der Website mangels Rechtmäßigkeit".
3. Diesem Antrag entsprach die FMA mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 24.07.2018, in dem die Rechtmäßigkeit der Veröffentlichung festgestellt wurde. In der Begründung hält die belangte Behörde "Zur Verhältnismäßigkeit der Veröffentlichung" fest:
"Die FMA hat im Rahmen einer Veröffentlichung grundsätzlich zum einen den Schutz der Allgemeinheit (z.B. für Bankkunden), das Ausmaß der Gefahr für die Finanzmarktstabilität und zum anderen den Schutz der Reputation und die Privatsphäre des Betroffenen (Art. 8 Abs. 1 EMRK) sowie das Recht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten des Betroffenen (§ 1 Abs. 1 DSG 2000, Art. 8 Abs. 1 GRC) in die Abwägung einzubeziehen. Ob die Behörde eine Veröffentlichung vornimmt, hängt somit davon ab, ob der Schutz der Gläubiger und Kunden eines KI eine solche Veröffentlichung erfordert oder die damit verbundene Schädigung der rechtlichen/wirtschaftlichen Interessen des Betroffenen bzw. die drohende Gefahr für die Finanzmarktstabilität gravierender wiegen würde. Im Zweifelsfall und bei der Gleichwertigkeit der berührten Interessen ist dabei jenen des Schutzes der Kunden und Gläubiger der Vorzug zu geben (N. Raschauer in Laurer/M. Schütz/Kammel/Ratka, BWG4 § 99c BWG, Rz 4).
Ein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit an der Veröffentlichung von identifizierenden Angaben kann 1) aus der Stellung in der Öffentlichkeit, 2) wegen eines sonstigen Zusammenhangs mit dem öffentlichen Leben oder 3) aus - diesen gleichwertigen - anderen Gründen bestehen. Demgemäß kann das Überwiegen des öffentlichen Interesses auch (erst) durch das Zusammentreffen mehrerer dieser Gründe zustande kommen (so die vergleichbare Wertung im Mediengesetz, vgl zu § 7a MedienG OGH 19.01.2011, 15 Os 161/10f; OGH 16.03.2011, 15 Os 98/10s; OGH 21.09.2011, 15 Os 121/11z; OGH 22.08.2012, 15 Os 11/12z; OGH 07.10.2015, 15 Os 96/14b; OGH 07.10.2015, 15 Os 96/15d.). Ein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit besteht insbesondere bei führenden Wirtschaftstreibenden (so die vergleichbare Wertung im Mediengesetz, vgl. Rami in Höpfel/Ratz, WK StGB2 § 7a MedienG, Rz 9 mHa OLG Wien 28.06.2006, 17 Bs 110/06k).
Für die erfolgte personenbezogene Veröffentlichung ist ins Treffen zu führen, dass bei dem hier vorliegenden Fall ein großes Interesse der Allgemeinheit am Gesamtkomplex anzunehmen war. Dies erschließt sich schon aus der bisherigen Berichterstattung in verschiedenen Medien über die sogenannten ‚Panama Papers'. Die Erwähnung der Antragstellerin in den Panama Papers und die dahinterstehende Thematik wurden mehrfach und breit in den Medien erörtert (ON 02 bis ON 15). Es ist der Öffentlichkeit auch bekannt, dass die FMA Ermittlungen eingeleitet hat und dass diese Thematik von einem Untersuchungsausschuss des XXXX untersucht wurde. Nach den Enthüllungen iZm den ‚Panama Papers' hat der damalige Vorstandsvorsitzende der Antragstellerin, XXXX , seinen Rücktritt bekannt gegeben". Weiters wurde im Rahmen der Prüfung der Veröffentlichung des Straferkenntnisses berücksichtigt, dass keine natürliche, sondern eine juristische Person namentlich zu nennen war. Aus den genannten Gründen ergab die Prüfung der FMA, dass eine personenbezogene Veröffentlichung nach Erlassung des Straferkenntnisses verhältnismäßig und zulässig ist."
Sodann hält die belangte Behörde fest, dass die Veröffentlichung gemäß § 37 Abs. 1 FM-GwG dann möglich sei, wenn die Stabilität der Finanzmärkte nicht ernstlich gefährdet sei oder den Beteiligten kein unverhältnismäßiger Schaden zugefügt werde. Diese beiden Voraussetzungen seien neben der allgemeinen Verhältnismäßigkeit zu prüfen. Aufgrund der bereits erfolgten Berichterstattung zur Antragstellerin, den Panama Papers und zum XXXX sowie zu bereits in anderen Ländern verhängten hohen Strafen und der Tatsache, dass dies alles keine sichtbaren Auswirkungen auf die Finanzmarktstabilität gehabt hätte, sei davon auszugehen, dass durch die Veröffentlichung des Straferkenntnisses von keiner ernstlichen Gefährdung der Finanzmarktstabilität und von keiner Beeinträchtigung des Finanzmarktes " XXXX " auszugehen sei. Hinsichtlich des Vorbringens der Antragstellerin, dass ihr ein unverhältnismäßig hoher Schaden drohe, hält die belangte Behörde fest, dass dieses Vorbringen unsubstantiiert sei und beruft sich dabei auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Auch habe man die Berichterstattung zu den Panama Papers und zur Antragstellerin berücksichtigt und gehe davon aus, dass kein unverhältnismäßig hoher Schaden drohe, auch habe sich dies ex post bestätigt, da negative Marktreaktionen nach der Veröffentlichung ausgeblieben wären. Die allgemeine Verhältnismäßigkeitsprüfung habe zugunsten der personenbezogenen Veröffentlichung ausgeschlagen, es sei keine ernsthafte Gefährdung der Finanzmarktstabilität zu gewärtigen und es würde kein unverhältnismäßig hoher Schaden zugefügt.
4. Gegen diesen Bescheid der FMA richtet sich die gegenständliche Beschwerde. Als Beschwerdegründe werden die unvollständige und mangelhafte Tatsachenfeststellung, mangelhafte und unrichtige Beweiswürdigung, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht.
5. Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt dem Akt zu FMA-KL27 XXXX und einer Stellungnahme zur Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vor.
6. Mit Beschluss vom 11.12.2018 wurde das gegenständliche Verfahren gemäß § 34 Abs. 3 VwGVG wie auch das Verfahren zu W210 2194720-1 ausgesetzt, da eine ordentliche Revision zur Frage der Strafbarkeit der juristischen Person, eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die sich auch im vorliegenden Verfahren stellte - nämlich ob es eines Straferkenntnisses bzw. Ermittlungen und Feststellungen zum Verhalten der zurechenbaren natürlichen Person durch die belangte Behörde bedarf - zu Ro 2018/02/0023 am Verwaltungsgerichtshof anhängig war. Diese Revision wurde mit Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 29.03.2019 entschieden und dem Bundesverwaltungsgericht am 08.04.2019 zugestellt. Das gegenständliche Verfahren wäre somit mit 09.04.2019 gemäß § 34 Abs. 3 VwGVG fortzusetzen.
7. Mit Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2019, Ra 2019/02/0017 wurde die Revision gegen die Aussetzung von W210 2194720-1 gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt, die Aussetzung des gegenständlichen Verfahrens wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die FMA hat gegen die Beschwerdeführerin wegen Verstoßes gegen Sorgfaltspflichten zur Verhinderung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung am XXXX zur GZ XXXX ein Straferkenntnis erlassen, in welchem eine Gesamtstrafe in der Höhe von EUR XXXX ,- (EUR XXXX Euro Strafe + EUR XXXX ,- Kosten) verhängt wurde. Das Straferkenntnis wurde der Beschwerdeführerin am 14.03.2018 zugestellt.
Die FMA veröffentliche am 21.03.2018 auf ihrer Website eine Bekanntmachung folgenden Inhalts:
" XXXX .
XXXX ."
Die Beschwerdeführerin erhob mit 11.04.2018 Beschwerde gegen das in der Veröffentlichung erwähnte Straferkenntnis. Über diese Beschwerde ist noch keine Entscheidung ergangen.
Am 23.03.2018 fügte die FMA der Veröffentlichung folgende Aktualisierung bei:
" XXXX ."
Am 13.04.2018 fügte die FMA der Veröffentlichung folgende Aktualisierung bei:
"Gegen das Straferkenntnis der FMA wurde von der XXXX Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben."
Am 23.08.2018 fügte die FMA der Veröffentlichung folgende Aktualisierung bei:
" XXXX ."
Die Beschwerdeführerin war im Tatzeitraum eine Tochtergesellschaft der XXXX . Die Beschwerdeführerin ist ein konzessioniertes Kreditunternehmen und unterliegt als börsennotiertes Unternehmen besonderer Aufmerksamkeit der beteiligten Verkehrskreise und des Marktes.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus den im gesamten Bescheid, auch disloziert, getroffenen Feststellungen. Im Umfang der hier getroffenen Feststellungen wurden diese Sachverhaltsannahmen von der BF nicht bestritten; sie stehen auch im Einklang mit dem Akteninhalt. Die von der BF ergänzend oder abändernd begehrten Feststellungen sind für die hier getroffene Entscheidung nicht relevant.
3. Rechtliche Beurteilung:
Vorauszuschicken ist, dass die in der Bescheidbegründung und Rechtsmittelbelehrung zum Ausdruck gebrachte Auffassung der belangten Behörde nicht zutrifft, wonach es sich bei einer Veröffentlichung nach § 37 FM-GwG um eine Verwaltungsstrafsache handle und auf das Verfahren zur Erlassung eines Bescheides nach § 37 FM-GwG das VStG anzuwenden sei.
Nach Art. I Abs. 2 Z 2 EGVG ist das VStG "auf das Strafverfahren der Verwaltungsbehörden" anzuwenden, das heißt auf das Verfahren, das die Ahndung von "Verwaltungsübertretungen" (§ 1 Abs. 1 VStG) betrifft. § 37 FM-GwG regelt demgegenüber ein Veröffentlichungsverfahren, das tatbestandsmäßig zwar an Pflichtverletzungen anknüpft, sich dabei aber nicht spezifisch auf Pflichtverletzungen beschränkt, die als Verwaltungsübertretung sanktionierbar sind oder sanktioniert wurden.
Auch dort, wo eine Veröffentlichung nach § 37 FM-GwG die Folge eines Verwaltungsstrafverfahrens ist, bildet sie einen davon losgelösten Verfahrensgegenstand; es handelt sich dabei nicht um die Entscheidung über die Verwaltungsübertretung, die dem VStG unterliegen würde.
Zudem übersieht die belangte Behörde dabei, dass im Verfahren nach dem VStG immer die aufschiebende Wirkung zuerkannt wird, § 37 Abs. 4 und 5 FM-GwG aber festhalten, dass die aufschiebende Wirkung für das Beschwerdeverfahren zuerkannt werden kann und diesfalls auch zu veröffentlichen ist. Ein Ausschluss der aufschiebenden Wirkung im FMA-Verfahren, der eine gesonderte Zuerkennung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren notwendig machen würde, trifft aber nur Verfahren nach dem AVG gemäß § 22 Abs. 2 FMABG, wobei zu gewärtigen ist, dass auch dieser allumfassende Ausschluss mit 31.08.2019 außer Kraft tritt, da die Norm als verfassungswidrig aufgehoben wurde (VfGH, 02.03.2018, G 257/2017; VfSlg. 20.238/2017).
3.1. Relevante Rechtsnormen:
3.1.1. Die Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung (auch: Vierte Geldwäscherichtlinie, im Folgenden: RL [EU] 2015/849) war bis zum 26.06.2017 umzusetzen und sieht in ihren Art. 58-60 auszugsweise Folgendes vor:
"ABSCHNITT 4
Sanktionen
Artikel 58
(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Verpflichteten für Verstöße gegen die nationalen Vorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie gemäß diesem Artikel und den Artikeln 59 bis 61 verantwortlich gemacht werden können. Jede sich daraus ergebende Sanktion oder Maßnahme muss wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.
(2) Unbeschadet des Rechts der Mitgliedstaaten, strafrechtliche Sanktionen vorzusehen und zu verhängen, legen die Mitgliedstaaten Vorschriften für verwaltungsrechtliche Sanktionen und Maßnahmen fest, stellen sicher, dass ihre zuständigen Behörden solche Sanktionen und Maßnahmen für Verstöße gegen die zur Umsetzung dieser Richtlinie erlassenen nationalen Rechtsvorschriften verhängen können, und gewährleisten, dass sie angewandt werden.
[...]
(3) - (5) [...]
Artikel 59
(1) Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass dieser Artikel zumindest für die Verstöße gegen die in folgenden Artikeln festgelegten Anforderungen durch die Verpflichteten gilt, wenn es sich um schwerwiegende, wiederholte oder systematische Verstöße oder eine Kombination davon handelt:
a) Artikel 10 bis 24 (Sorgfaltspflicht gegenüber Kunden),
b) Artikel 33, 34 und 35 (Verdachtsmeldungen),
c) Artikel 40 (Aufbewahrung von Aufzeichnungen) und
d) Artikel 45 und 46 (interne Kontrollen).
(2) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass in den in Absatz 1 genannten Fällen die verwaltungsrechtlichen Sanktionen und Maßnahmen, die verhängt werden können, mindestens Folgendes umfassen:
a) die öffentliche Bekanntgabe der natürlichen oder juristischen Person und der Art des Verstoßes;
b) eine Anordnung, nach der die natürliche oder juristische Person ihre Verhaltensweise einzustellen und von einer Wiederholung abzusehen hat;
c) bei Verpflichteten, die einer Zulassungspflicht unterliegen, Entzug oder Aussetzung der Zulassung;
d) vorübergehendes Verbot für jede für den Verstoß verantwortlich gemachte Person, die Leitungsaufgaben bei einem Verpflichteten wahrnimmt, oder jede andere für den Verstoß verantwortlich gemachte natürliche Person, bei Verpflichteten Leitungsaufgaben wahrzunehmen;
e) maximale Geldbußen in mindestens zweifacher Höhe der infolge des Verstoßes erzielten Gewinne, soweit sich diese beziffern lassen, oder von mindestens 1 000 000 EUR.
(3) ...
(4) Die Mitgliedstaaten können die zuständigen Behörden ermächtigen, weitere Arten von verwaltungsrechtlichen Sanktionen zusätzlich zu den in Absatz 2 Buchstaben a bis d vorgesehenen verwaltungsrechtlichen Sanktionen zu verhängen oder Geldbußen zu verhängen, die über die in Absatz 2 Buchstabe e und in Absatz 3 genannten Beträge hinausgehen.
Artikel 60
(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass unanfechtbare Entscheidungen, mit denen eine verwaltungsrechtliche Sanktion oder Maßnahme wegen des Verstoßes gegen die nationalen Vorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie verhängt wird, von den zuständigen Behörden unverzüglich, nachdem die von der Sanktion betroffene Person über diese Entscheidung unterrichtet wurde, auf ihrer offiziellen Website veröffentlicht werden. Dabei werden mindestens Art und Wesen des Verstoßes und die Identität der verantwortlichen Personen bekanntgemacht. Die Mitgliedstaaten sind nicht verpflichtet, diesen Unterabsatz auf Entscheidungen anzuwenden, mit denen Maßnahmen mit Ermittlungscharakter verhängt werden.
Hält die zuständige Behörde nach einer fallbezogenen Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Veröffentlichung der Identität oder personenbezogener Daten der in Absatz 1 genannten verantwortlichen Person die Veröffentlichung dieser Daten für unverhältnismäßig oder gefährdet die Veröffentlichung dieser Daten die Stabilität von Finanzmärkten oder laufende Ermittlungen, so verfahren die zuständigen Behörden wie folgt:
a) sie machen die Entscheidung, mit der eine verwaltungsrechtliche Sanktion oder Maßnahme verhängt wird, erst dann bekannt, wenn die Gründe für ihre Nichtbekanntmachung weggefallen sind;
b) sie machen die Entscheidung, mit der eine verwaltungsrechtliche Sanktion oder Maßnahme verhängt wird, im Einklang mit dem nationalen Recht auf anonymer Basis bekannt, wenn diese anonymisierte Bekanntmachung einen wirksamen Schutz der betreffenden personenbezogenen Daten gewährleistet; wird die Veröffentlichung einer verwaltungsrechtliche Sanktion oder Maßnahme auf anonymer Basis beschlossen, so kann die Veröffentlichung der diesbezüglichen Daten um einen angemessenen Zeitraum verschoben werden, wenn davon ausgegangen wird, dass die Gründe für eine anonymisierte Veröffentlichung innerhalb dieses Zeitraums wegfallen werden;
c) sie sehen davon ab, die Entscheidung, mit der die verwaltungsrechtliche Sanktion oder Maßnahme verhängt wird, bekanntzumachen, wenn die Möglichkeiten nach den Buchstaben a und b ihrer Ansicht nach nicht ausreichen, um zu gewährleisten,
i) dass die Stabilität von Finanzmärkten nicht gefährdet wird, oder
ii) dass bei Maßnahmen, die als geringfügig angesehen werden, bei der Bekanntmachung der Entscheidungen die Verhältnismäßigkeit gewahrt ist.
(2) Gestatten die Mitgliedstaaten die Veröffentlichung von Entscheidungen, gegen die Rechtsmittel eingelegt werden können, so machen die zuständigen Behörden auch diesen Sachverhalt und alle weiteren Informationen über das Ergebnis des Rechtsmittelverfahrens unverzüglich auf ihrer offiziellen Website bekannt. Ferner wird jede Entscheidung, mit der eine frühere Entscheidung über die Verhängung einer verwaltungsrechtlichen Sanktion oder Maßnahme für ungültig erklärt wird, ebenfalls bekanntgemacht.
(3) Die zuständigen Behörden stellen sicher, dass jede Bekanntmachung nach diesem Artikel vom Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung an mindestens fünf Jahre lang auf ihrer offiziellen Website zugänglich bleibt. Enthält die Bekanntmachung jedoch personenbezogene Daten, so bleiben diese nur so lange auf der offiziellen Website der zuständigen Behörde einsehbar, wie dies nach den geltenden Datenschutzbestimmungen erforderlich ist.
(4) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen Behörden bei der Festsetzung von Art und Ausmaß der verwaltungsrechtlichen Sanktionen oder Maßnahmen alle maßgeblichen Umstände berücksichtigen, darunter gegebenenfalls
a) die Schwere und Dauer des Verstoßes,
b) den Verschuldensgrad der verantwortlich gemachten natürlichen oder juristischen Person,
c) die Finanzkraft der verantwortlich gemachten natürlichen oder juristischen Person, wie sie sich beispielsweise aus dem Gesamtumsatz der verantwortlich gemachten juristischen Person oder den Jahreseinkünften der verantwortlich gemachten natürlichen Person ablesen lässt,
d) die von der verantwortlich gemachten natürlichen oder juristischen Person durch den Verstoß erzielten Gewinne, sofern sich diese beziffern lassen,
e) die Verluste, die Dritten durch den Verstoß entstanden sind, sofern sich diese beziffern lassen,
f) der Bereitwilligkeit der verantwortlich gemachten natürlichen oder juristischen Person, mit der zuständigen Behörde zusammenzuarbeiten,
g) frühere Verstöße der verantwortlich gemachten natürlichen oder juristischen Person.
(5) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass eine juristische Person für Verstöße im Sinne des Artikels 59 Absatz 1 verantwortlich gemacht werden kann, die zu ihren Gunsten von einer Person begangen wurden, die allein oder als Teil eines Organs der juristischen Person gehandelt hat und die aufgrund einer der folgenden Befugnisse eine Führungsposition innerhalb der juristischen Person innehat:
a) Befugnis zur Vertretung der juristischen Person,
b) Befugnis, Entscheidungen im Namen der juristischen Person zu treffen, oder
c) Kontrollbefugnis innerhalb der juristischen Person.
(6) Die Mitgliedstaaten stellen ferner sicher, dass eine juristische Person verantwortlich gemacht werden kann, wenn mangelnde Überwachung oder Kontrolle durch eine in Absatz 5 dieses Artikels genannte Person das Begehen eines der in Artikel 59 Absatz 1 genannten Verstöße zugunsten der juristischen Person durch eine ihr unterstellte Person ermöglicht hat."
3.1.2. Die Befugnis zur Veröffentlichung von verwaltungsbehördlichen Sanktionen und Maßnahmen hat der österreichische Gesetzgeber in § 37 Finanzmarkt-Geldwäschegesetz, BGBl. I 118/2016, (FM-GwG) umgesetzt.
Diese Bestimmung lautet wie folgt:
"Veröffentlichungen
§ 37. (1) Die FMA kann den Namen der natürlichen Person oder juristischen Person bei einer Pflichtverletzung gemäß § 34 Abs. 2 und 3 und § 35 in Verbindung mit § 34 Abs. 2 und 3 unter Anführung der begangenen Pflichtverletzung auf ihrer Homepage veröffentlichen, sofern eine solche Veröffentlichung die Stabilität der Finanzmärkte nicht ernstlich gefährdet oder den Beteiligten keinen unverhältnismäßig hohen Schaden zufügt.
(2) Die FMA hat rechtskräftig verhängte Geldstrafen wegen Pflichtverletzungen gemäß § 34 Abs. 2 und 3 und § 35 in Verbindung mit § 34 Abs. 2 und 3 und rechtskräftige Aufsichtsmaßnahmen wegen Verstößen gegen die in § 34 Abs. 2 und 3 angeführten Pflichten mitsamt der Identität der sanktionierten beziehungsweise von der Aufsichtsmaßnahme betroffenen natürlichen oder juristischen Person und den Informationen zu Art und Charakter der zu Grunde liegenden Pflichtverletzung unverzüglich, nachdem die betroffene Person von der Rechtskraft der Geldstrafe oder Aufsichtsmaßnahme informiert wurde, auf ihrer Homepage zu veröffentlichen.
(3) Wenn die FMA nach einer fallbezogenen Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Veröffentlichung der Identität oder personenbezogener Daten der in Abs. 2 genannten betroffenen natürlichen oder juristischen Person die Veröffentlichung dieser Daten für unverhältnismäßig hält, die Veröffentlichung dieser Daten die Stabilität der Finanzmärkte eines Mitgliedstaats oder mehrerer Mitgliedstaaten oder die Durchführung laufender Ermittlungen gefährden würde, so hat die FMA die Entscheidung (Abs. 2):
1. erst dann zu veröffentlichen, wenn die Gründe für ihre Nichtveröffentlichung weggefallen sind,
2. auf anonymer Basis zu veröffentlichen, wenn diese anonymisierte Veröffentlichung einen wirksamen Schutz der betreffenden personenbezogenen Daten gewährleistet; wird die Veröffentlichung auf anonymer Basis beschlossen, so kann die FMA die Veröffentlichung der diesbezüglichen Daten um einen angemessenen Zeitraum verschieben, wenn davon auszugehen ist, dass die Gründe für eine anonymisierte Veröffentlichung innerhalb dieses Zeitraums wegfallen werden oder
3. nicht zu veröffentlichen, wenn die Möglichkeiten nach Z 1 und 2 nicht ausreichen, um zu gewährleisten,
a) dass die Stabilität von Finanzmärkten nicht gefährdet wird, oder
b) dass bei Maßnahmen, die als geringfügig angesehen werden, bei der Bekanntmachung der Entscheidungen die Verhältnismäßigkeit gewahrt ist.
(4) Der von einer Veröffentlichung Betroffene kann eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Veröffentlichung gemäß Abs. 1, 2 oder 3 in einem bescheidmäßig zu erledigenden Verfahren bei der FMA beantragen. Die FMA hat in diesem Falle die Einleitung eines solchen Verfahrens in gleicher Weise wie die ursprüngliche Veröffentlichung bekannt zu machen. Wird im Rahmen der Überprüfung die Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung festgestellt, so hat die FMA die Veröffentlichung richtig zu stellen oder gemäß dem Antrag des Betroffenen entweder zu widerrufen oder aus dem Internetauftritt zu entfernen.
(5) Wird ein Rechtsmittel gegen den der Veröffentlichung gemäß Abs. 1 bis 3 zugrunde liegenden Bescheid erhoben, so ist dies sowie das Ergebnis dieses Verfahrens in gleicher Weise wie die ursprüngliche Veröffentlichung bekannt zu machen. Wird einem solchen Rechtsmittel in einem gerichtlichen Verfahren aufschiebende Wirkung zuerkannt, so hat die FMA dies ebenso bekannt zu machen. Wird einem Rechtsmittel gegen eine der Veröffentlichung gemäß Abs. 1 bis 3 zugrunde liegende Entscheidung stattgegeben, kann die Veröffentlichung auf Antrag des Betroffenen aus dem Internetauftritt entfernt werden.
(6) Ist eine Veröffentlichung nicht aufgrund einer Entscheidung gemäß Abs. 4 und 5 zu widerrufen oder aus den Internetauftritt zu entfernen, so ist sie für fünf Jahre aufrecht zu erhalten. Dabei ist die Veröffentlichung personenbezogener Daten jedoch nur so lange aufrecht zu erhalten, so lange nicht die Kriterien für eine anonymisierte Veröffentlichung vorliegen."
Die parlamentarischen Materialien zu dieser Bestimmung (RV 1335 BlgNR 25. GP, 18) besagen Folgendes:
"Zu § 37:
Mit Abs. 1 wird Art. 59 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2015/849 umgesetzt und entspricht im Wesentlichen § 99c Abs. 1 BWG und § 155 Abs. 1 BaSAG. Im Unterschied zu Abs. 2 kann eine Veröffentlichung bereits erfolgen, wenn ein nicht rechtskräftiger Bescheid der FMA vorliegt. Daher soll die Bekanntmachung gemäß Abs. 1 nur dann erfolgen, wenn diese aufgrund der Umstände des Einzelfalls geboten ist.
Mit Abs. 2 wird Art. 61 Abs. 1 erster Unterabsatz der Richtlinie (EU) 2015/849 umgesetzt. Im Unterschied zu § 99c Abs. 2 BWG und § 155 Abs. 2 BaSAG hat die FMA nicht nur verhängte Geldstrafen, sondern auch Anordnungen gemäß § 31 zu veröffentlichen. Dies ist in Umsetzung der Richtlinie (EU) 2015/849 erforderlich, da die Richtlinie ausdrücklich "verwaltungsrechtliche Sanktionen oder Maßnahmen" wegen eines Verstoßes gegen die nationalen Vorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie nennt. Im Unterschied dazu verlangt die Richtlinie 2014/59/EU zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, ABl. Nr. L 173 vom 12.6.2014, S. 190, nur die Veröffentlichung von rechtskräftigen Verwaltungssanktionen, das heißt Verwaltungsstrafen im engeren Sinne, da auch diese Richtlinie zwischen Verwaltungssanktionen und anderen Verwaltungsmaßnahmen unterscheidet und an dieser Stelle nur Verwaltungssanktionen nennt.
Abs. 1 und 2 soll im Ergebnis auf jene Pflichtverletzungen anwendbar sein, bei denen die Richtlinie (EU) 2015/849 eine zwingende Sanktionierung vorsieht.
..."
3.2. Zum Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2019, Ra 2019/02/0017:
Mit dem oben zitierten Erkenntnis wurde u.a. die Aussetzung des gegenständlichen Verfahrens wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben. Der Verwaltungsgerichtshof führte darin wie folgt aus (Hervorhebungen nicht im Original):
"26. Das Verwaltungsgericht hat in dem durch Spruchpunkt II. des angefochtenen Beschlusses ausgesetzten Verfahren zu klären, ob die auf § 37 Abs. 1 FM-GwG gestützte Veröffentlichung der FMA vom 21. März 2018 rechtmäßig ist.
27. Eine Veröffentlichung gemäß § 37 Abs. 1 FM-GwG kann - im Gegensatz zu einer solchen nach Abs. 2 leg. cit. - bereits dann erfolgen, wenn ein nicht rechtskräftiger Strafbescheid der FMA ergangen ist. Die FMA kann sohin eine Veröffentlichung nach Abs. 1 leg. cit. vornehmen, selbst wenn die betroffene Partei gegen den der Veröffentlichung zu Grunde liegenden Strafbescheid ein Rechtsmittel erhoben hat. Aus diesem Grund soll eine Veröffentlichung nach Abs. 1 leg. cit. nur dann erfolgen, wenn diese im Einzelfall unter Berücksichtigung der öffentlichen Interessen - wie etwa dem Schutz der Allgemeinheit (etwa für Bankkunden) und der Finanzmarktstabilität - und der Interessen der betroffenen Partei - insbesondere deren Reputation und Privatsphäre (Art. 8 Abs. 1 EMRK) und auf Geheimhaltung personenbezogener Daten - geboten ist (vgl. ErläutRV 1335 BlgNR 25. GP 18 sowie zur Vorgängerbestimmung des § 37 FM-GwG N. Raschauer in Laurer/M. Schütz/Kammel/Ratka, BWG4, § 99c Rn. 8 bis 10 und 18 ff).
28. § 37 Abs. 4 FM-GwG sieht zur Überprüfung von Veröffentlichungen nach den Abs. 1 bis 3 leg. cit. ein Verfahren vor, das von der FMA aufgrund eines Antrages der betroffenen Partei einzuleiten und mittels Bescheid zu erledigen ist. Gegen einen solchen Bescheid der FMA kann mittels Beschwerde das Verwaltungsgericht angerufen werden (vgl. N. Raschauer in Laurer/M. Schütz/Kammel/Ratka, BWG4, § 99c Rn. 42 ff). Im Rahmen der Rechtmäßigkeitskontrolle einer auf § 37 Abs. 1 FM-GwG gestützten Veröffentlichung hat die FMA in ihrem Bescheid bzw. das Verwaltungsgericht in seinem Erkenntnis demnach begründend darzulegen, ob die Verlautbarung zum Kreis der nach der genannten Vorschrift zu veröffentlichenden Daten zählt und insbesondere weshalb die Veröffentlichung verhältnismäßig ist. Auf die Frage der Rechtmäßigkeit des der Veröffentlichung zu Grunde liegenden (nicht rechtskräftigen) Strafbescheides kommt es nach dem Wortlaut und der Systematik des § 37 FM-GwG hingegen nicht an. Die betroffene Partei kann im Fall der Stattgabe eines gegen den Strafbescheid erhobenen Rechtsmittels jedoch die Entfernung der Veröffentlichung von der Homepage der FMA beantragen (§ 37 Abs. 5 letzter Satz FM-GwG)."
Das Bundesverwaltungsgericht ist gemäß § 63 VwGG an diese Entscheidung gebunden und hat unverzüglich den rechtmäßigen Zustand herzustellen.
3.3. Zu § 37 FM-GwG und zur Frage der Rechtmäßigkeit der gegenständlichen Veröffentlichung vom 21.03.2018:
§ 37 Abs. 1 FM-GwG ist als eine "Kann-Bestimmung" formulierte Veröffentlichungsermächtigung zu sehen. Demnach kann auch der Name der natürlichen oder juristischen Person bei einer Pflichtverletzung gemäß § 34 und § 35 iVm § 34 Abs. 2 und 3 unter Anführung der begangenen Pflichtverletzung veröffentlicht werden. Eine Veröffentlichung nach dieser Bestimmung kann bereits - im Gegensatz zu einer solchen nach Abs. 2 leg. cit. - dann erfolgen, wenn ein nicht rechtskräftiger Strafbescheid der FMA ergangen ist, beziehungsweise sogar dann, wenn die betroffene Partei gegen den der Veröffentlichung zu Grunde liegenden Strafbescheid ein Rechtsmittel erhoben hat.
Wie aus den Materialien (vgl. RV 1335 BlgNR 25. GP, 18) zu schließen und vom Verwaltungsgerichshof bestätigt, darf eine Veröffentlichung nach Abs. 1 leg. cit. nur dann erfolgen, wenn diese im Einzelfall unter Berücksichtigung der öffentlichen Interessen, der Finanzmarktstabilität und der Interessen der betroffenen Partei vertretbar ist.
Die Entscheidung zur Veröffentlichung gemäß § 37 Abs. 1 FM-GwG liegt im Ermessen der Behörde ("kann") und hängt somit von einer auf den Einzelfall abzustellenden Abwägung ab (vgl. VwGH 27.06.2019, Ra 2019/02/0017). Die Behörde hat dabei zu beachten, dass diese Veröffentlichung "nur dann erfolgen [soll], wenn diese im Einzelfall unter Berücksichtigung der öffentlichen Interessen - wie etwa dem Schutz der Allgemeinheit (etwa für Bankkunden) und der Finanzmarktstabilität - und der Interessen der betroffenen Partei - insbesondere deren Reputation und Privatsphäre (Art. 8 Abs. 1 EMRK) und auf Geheimhaltung personenbezogener Daten - geboten ist", weiters hat sie begründet darzulegen, "ob die Verlautbarung zum Kreis der nach der genannten Vorschrift zu veröffentlichenden Daten zählt und insbesondere weshalb die Veröffentlichung verhältnismäßig ist." (VwGH, 27.06.2019, Ra 2019/02/0017). Ihr obliegt eine fallbezogene Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Veröffentlichung durch die durchzuführende Interessenabwägung sowie eine Prognoseentscheidung über die zu gewärtigenden Auswirkungen der Veröffentlichung.
Demgegenüber enthält § 37 Abs. 4 FM-GwG das Recht der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Veröffentlichung, das der betroffenen Person bzw. dem betroffenen Unternehmen die Möglichkeit gibt, den Inhalt der Information in einem rechtsstaatlichen Verfahren zumindest ex post überprüfen zu lassen (VfSlg. 18.747/2009).
Der für die Prüfung maßgebliche Zeitpunkt ergibt sich aus dem klaren Wortlaut des Gesetztes (§ 37 Abs. 4 FM-GwG), verlangt dieses doch die Überprüfung der Veröffentlichung gemäß § 37 Abs. 1, 2 oder 3, somit der ursprünglichen Veröffentlichung. Schon aus diesem Grund erweist sich auch der Verweis der belangten Behörde auf die ex-post nicht eingetretene Marktreaktion auf die Veröffentlichung am 21.03.2018 als untauglich.
Die Behörde trifft somit die Verpflichtung, die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (VwGH 18.12.2018, Ra 2017/17/0710; 22.5.2012, 2008/04/0076, mwN; Hengstschläger/Leeb, § 60 AVG, Rz 12).
Die belangte Behörde muss in Ausübung ihres Ermessens nach § 37 Abs. 1 FM-GwG gerade deshalb im Einzelfall darlegen und abwägen, weshalb sich im Lichte der Aufsichtsziele unter Beurteilung von Gravität und Dringlichkeit - trotz bloß (bzw. gerade wegen) nachgeschalteter Rechtsschutzmöglichkeit - eine sofortige Veröffentlichung als erforderlich erweist.
Wenn die belangte Behörde nun in ihrer Stellungnahme ausführt, sie habe alle Vorprüfungen vorgenommen, dies aber in einem separaten Akt, dann legt dies nicht dar, wie sie in einem derartigen Vorgehen den Voraussetzungen des § 60 AVG an die Begründung des Bescheids im vorliegenden Verfahren erfüllt sieht. Aus dem nunmehr bekämpften Bescheid selbst lässt sich eben nicht ableiten, aufgrund welcher Abwägung die belangte Behörde zum Schluss kommt, dass die Veröffentlichung verhältnismäßig sei. Denn die Teile der Begründung zur Verhältnismäßigkeit beschränken sich auf Bezugnahmen auf die Rechtslage in den ersten beiden Absätzen des Punktes 5.3, und widmen sich nicht den Umständen und Interessen im konkreten Beschwerdefall. Im verbleibenden dritten Absatz stützt sich die belangte Behörde in erster Linie auf das "Interesse der Allgemeinheit", die Bekanntheit, Rechtsform und Größe der beschwerdeführenden Partei und die allgemeine Bekanntheit der Tatsachen, die die belangte Behörde zur Vornahme einer Vor-Ort-Prüfung bei der beschwerdeführenden Partei veranlasst hatte. Zudem sieht die belangte Behörde die Veröffentlichung auch als verhältnismäßig, da es sich bei der BF um eine juristische Person handelt. Damit verfehlt die belangte Behörde aber ihre Verpflichtung, die Umstände des Einzelfalls darzulegen, so zu allererst ob die Verlautbarung zum Kreis der zu veröffentlichenden Daten zählt und insbesondere weshalb die Veröffentlichung verhältnismäßig ist. So ergibt sich zum Beispiel aus dem gesamten Bescheid auch nicht, gegen welche Verpflichtungen die BF verstoßen haben soll, nach welchen Bestimmungen gestraft wurde. Die Aufzählung von allgemein bekannten Tatsachen genügt auch nicht den Anforderungen nach § 60 AVG (Hengstschläger/Leeb, § 60 AVG, Rz 40) und legt weder den Einzelfall noch die Notwendigkeit noch die Dringlichkeit eines Veröffentlichens einer vorläufigen (nicht rechtskräftigen) behördlichen Pflichtverletzungsannahme bezüglich der BF dar und kann auch nicht die gebotene, im vorliegenden Fall nicht vorgenommene Interessensabwägung ersetzen.
Daran ändert auch die Begründung, dass keine ernsthafte Gefährdung der Finanzmarktstabilität zu gewärtigen sei und würde kein unverhältnismäßig hoher Schaden zugefügt werde, nicht, bejaht dies schlicht das Nichtvorliegen von den im Gesetz festgehaltenen Ausschlusskriterien für die Veröffentlichung, nicht aber die vorgelagerte Frage, ob eine solche Veröffentlichung überhaupt in Betracht kommt und übersieht sie auch hier wieder die Notwendigkeit der Bezugnahme auf den vorliegenden Einzelfall.
Damit konnte die belangte Behörde aber die Übung ihres Ermessens nicht darlegen und erweist sich die gegenständliche Veröffentlichung damit als rechtswidrig.
3.4. Zum Begehren auf Aktualisierung, Richtigstellung und Löschung der Veröffentlichung:
Gemäß § 37 Abs. 4 FM-GwG kommt eine Entfernung der bekämpften Veröffentlichung im Fall der Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit in Betracht. Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzung der Entfernung ist das in der Beschwerde gestellte Löschungsbegehren so zu deuten, dass es im Sinne einer innerprozessualen Bedingung für den Fall gestellt war, dass die Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung festgestellt wird. Im nunmehrigen Stadium des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, in dem die Rechtmäßigkeitsfeststellung in eine Rechtswidrigkeitsfeststellung abgeändert wird, wird aber auch dieser Teil des Begehrens schlagend, so dass vom Verwaltungsgericht förmlich auch die behördliche Verpflichtung zur Entfernung auszusprechen war.
Die Möglichkeit, im Antrag nach § 37 Abs. 4 FM-GwG entweder den Widerruf oder die Entfernung der rechtswidrigen Veröffentlichung zu begehren, trägt offenkundig dem Interesse des Betroffenen Rechnung, selbst darüber zu entscheiden, ob die ihn betreffende rechtswidrige Veröffentlichung von der Behörde bloß richtig zu stellen ist, zu widerrufen oder zu entfernen ist. Das Verwaltungsgericht kann den Realakt der Entfernung zwar nicht selbst setzen, hat aber den Antrag nach § 37 Abs. 4 FM-GwG zu erledigen, weil es "die Angelegenheit zu erledigen hat, die von der Verwaltungsbehörde zu entscheiden war (VwSlg. 18.886 A/2014). Daher kommt nur in Betracht, dass das Gericht in Erledigung dieses Antrags die Verpflichtung der Behörde zur Entfernung feststellt (vgl. auch mutatis mutandis VwGH 24.05.2018, Ro 2017/07/0026, Rz. 61).
3.5. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde weder von der anwaltlich vertretenden BF in der Beschwerde noch von der belangten Behörde in ihrer Stellungnahme zur Beschwerde gestellt, auch wurden darin keine Beweisanträge gestellt, die der Annahme eines konkludenten Verzichts entgegenstehen (vgl. VwGH 18.09.2015, Ra 2015/12/0012; 11.11.2015, Ra 2015/04/0061, mwN). Das Bundesverwaltungsgericht geht folglich davon aus, dass die Parteien auf eine mündliche Verhandlung in der vorliegenden Beschwerdesache verzichtet haben (vgl. VfSlg. 16.894/2003 und 17.121/2004; VwGH 26.04.2010, 2004/10/0024; VwGH 12.08.2010, 2008/10/0315; VwGH 30.01.2014, 2012/10/0193). Im Übrigen beruht der festgestellte Sachverhalt auf Umständen, die zwischen den Parteien außer Streit stehen und in unbedenklicher Weise durch Beweismittel im Verwaltungsakt belegt sind; ansonsten waren vorliegend ausschließlich Rechtsfragen zu beantworten.
3.4. Zur Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Es liegt mittlerweile Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 37 FM-GwG vor, ebenso gibt es langjährige Rechtsprechung zur Frage der Begründungspflicht hinsichtlich Ermessensentscheidungen wie oben dargelegt. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Auch sind die anzuwendenden Rechtsnormen des FM-GwG und des FMABG klar und bestimmt (vgl. OGH 22.03.1992, 5 Ob 105/90), vor allem im Hinblick auf ihre Genese und die Materialien sowie auf die zugrundeliegenden unionsrechtlichen Normen, sodass sich auch dahingehend keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellte, da sich alle relevierten Rechtsfragen unmittelbar aufgrund des Gesetzes und seiner Materialien zweifelsfrei lösen ließen.
Schlagworte
Bescheidbegründung, Bindungswirkung, Dringlichkeit,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W210.2205163.1.00Zuletzt aktualisiert am
10.03.2020