TE Bvwg Beschluss 2019/8/16 W131 2222178-1

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Veröffentlicht am 16.08.2019
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Entscheidungsdatum

16.08.2019

Norm

BVergG 2018 §327
BVergG 2018 §328 Abs1
BVergG 2018 §342 Abs1
BVergG 2018 §350 Abs1
BVergG 2018 §350 Abs2
BVergG 2018 §351
BVergG 2018 §351 Abs1
BVergG 2018 §351 Abs3
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W131 2222178-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Mag. Reinhard GRASBÖCK als Einzelrichter im Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung betreffend das Vergabeverfahren der Republik Österreich (Bund), diese im Vergabeverfahren vertreten durch die Bundesbeschaffung GmbH (= BBG), mit der Bezeichnung "Kinderimpfstoffe - Pneumokokken (13-valent); BBG-interne GZ 3701.03460" aufgrund des Antrags der anwaltlich vertretenen Antragstellerin XXXX (ASt) vom (protokoliert) 09.08.2019, "das BVwG möge unverzüglich zu dem [...] näher bezeichneten Vergabeverfahren für die Dauer des Nachprüfungsverfahren eine einstweilige Verfügung erlassen, in welcher 1. der Auftraggeberin bei sonstiger Nichtigkeit untersagt wird, das Vergabeverfahren fortzuführen und das Vergabeverfahren wie auch die Angebotsfrist ausgesetzt wird; 2. in eventu, die Öffnung und Prüfung der Angebote; oder 3. in eventu, der Auftraggeberin bei sonstiger Nichtigkeit die Bekanntgabe der Entscheidung untersagt wird, mit welchem Unternehmen die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll als auch verboten wird, die Rahmenvereinbarung abzuschließen", folgenden Beschluss:

A)

Unter Abweisung des Primärbegehrens und der weiteren Eventualbegehren wird es der Bundesbeschaffung GmbH und dem Bund für die Dauer des gegenständlichen Nachprüfungsverfahrens gegen die Ausschreibung untersagt, Angebote im gegenständlichen Vergabeverfahren zu öffnen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

In dem im Entscheidungskopf ersichtlichen Vergabeverfahren soll derzeit ein 13 - valenter Impfstoff gegen Pneumokokken bei Kindern beschafft werden.

Die ASt beeinspruchte die gegenständliche Ausschreibung mit Nachprüfungsantrag und will dadurch erreichen, dass ihr eigener 10 - valenter Impfstoff auch angeboten werden kann.

Zur Absicherung des eigenen Nichtigerklärungsbegehrens und zur eigenen Interessenswahrung beantragte die ASt die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, wobei die ASt insb eine Interessnesbeeinträchtigung bei Bestandskraft der Ausschreibung durch einen drohenden Gewinnentgang und durch den drohenden Entgang eines Referenzauftrag befürchtet.

Die Auftraggerseite bringt gegen die eV einen entsprechenden Beschaffungsbedarf vor.

Die Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine inhaltliche Entscheidung über den Sicherungsantrag sind dz unbestritten.

Die BBG als zentrale Beschaffungsstelle wird gegenständlich als vergebende Stelle für den Bund tätig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (samt Besweiswürdigung)

Der Verfahrensgang wird als entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt; und ergibt sich dieser aus dem Inhalt der Verfahrensakten W131 2221576-1, -2 und -3.

In der Sache geht es im vorliegenden Vergabestreit darum, dass die Auftraggeberseite in der Ausschreibung einen 13 - valenten Impfstoff verlangt wird, der maW gegen 13 verschiedene Unterarten von Pneumokokken, also bakteriellen Lungenentzündungserregern bei Kindern schützt, während die ASt insb einen Impfstoff vertreibt, der gegen 10 solcher Krankheitserreger schützt.

Sollte die gegenständliche Ausschreibung nicht nichtig erklärt werden, kann der von der ASt sonst (vorrangig und abseits denkmöglicher Parallelvertriebsaspekte) angebotene 10 - valente Impstoff gegensändlich nicht angeboten werden.

Dies ergibt sich aus einer Internetnachschau und den Gerichtsakten.

2. Zulässigkeit des Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung:

2.1. Im Wege einer Grobprüfung der Antragslegitimation der Antragstellerin zur Stellung eines Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist gemäß § 350 Abs 1 BVergG 2018 (= BVergG) zu prüfen, ob der Antragstellerin die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs 1 BVergG nicht offensichtlich fehlen. Diese Grobprüfung ergibt, dass sich das Verfahren in einem Stadium vor Abschluss der Rahmenvereinbarung befindet, dass die Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung - nämlich der Ausschreibung - behauptet wurde, dass die Antragstellerin ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich des BVergG 2018 (=BVergG) unterliegenden Vertrages, sprich einer Rahmenvereinbarung, behauptet hat, sowie dass der Antragstellerin durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden drohen könnte. Ein offensichtliches Fehlen der Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs 1 BVergG ist somit nicht gegeben.

2. Die Rechtsschutzanträge der ASt erfüllen - soweit im Provisorialverfahren ersichtlich - auch die Zulässigkeitsvoraussetzungen, zumal effektiver Rechtsschutz gemäß der RL 89/665/EWG zu grewährleisten ist.

2.3. Da die BBG gegenständlich in ihrer Eigenschaft als zentrale Beschaffungsstelle für den Bund auftritt, ist die BBG gegenständlich gemäß § 352 Abs 1 Partei und der Bund ein Adressat dieser eV mit Nebeninterventionsmöglichkeiten gemäß § 352 Abs 1 BVergG.

3. Inhaltlich zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung

Gemäß § 350 Abs 1 BVergG hat das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs 1 nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.

Gemäß § 351 Abs 1 BVergG hat das Bundesverwaltungsgericht vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.

Gemäß § 351 Abs 3 BVergG können mit einer einstweiligen Verfügung das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.

Bei Abwägung aller möglicherweise geschädigten Interessen der Antragstellerin, der sonstigen Bieter und der Auftraggeberin, eines allfälligen besonderen öffentlichen Interesses an der Fortführung des Vergabeverfahrens sowie des öffentlichen Interesses an der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter (VfGH 15.10.2001, B 1369/01) erscheint daher (insb mangels gegenläufig konkretisierter Auftraggeberinteressen) ein Überwiegen der nachteiligen Folgen der einstweiligen Verfügung für die bewilligte Dauer nicht gegeben, da mit der Untersagung der Angebotseröffnung ein Voranschreiten im Vergabeverfahren im Rahmen des gelindesten zum Ziel führendsten Sicherungsmittels nur teilweise verhindert wird. Die AG - Seite hat gegen diese begehrte Sichwerungsmaßnahme nichts Substantiiertes vorgebracht, zumal wohl jedes Vergabeverfahren einen entsprechenden Beschaffungsbedarf voraussetzt. Im Übrigen hat nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes ein Auftraggeber zumindest ein Nachprüfungsverfahren sowie die damit einhergehende Verzögerung des Vergabeverfahrens einzukalkulieren. Sollte die ASt mit dem Nachprüfungsverfahren obsiegen, wäre wegen Bieterkreisänderung wohl insb neu auszuschreiben.

Soweit die ASt primär bzw sonst eventualiter zusätzliche Sicherungsmaßnahmen begehrte, würden diese das Ausmaß des gelindesten vorläufigen Sicherungsmittels übersteigen, womit insoweit jeweils abzuweisen war.

Durch die Begrenzung der einstweiligen Verfügung mit der Dauer des abzusichernden Nachprüfungsverfahrens wird die Dauer der einstweiligen Verfügung bestimmbar gemacht (Kodek in Angst, Kommentar zur Exekutionsordnung² [2008], § 391 Rz 2). Die Zeit bemisst sich nach der Dauer des Nachprüfungsverfahrens. § 351 Abs 4 BVergG 2018 verlangt lediglich die Festsetzung einer Zeit, legt im Gegensatz zu den Vorgängergesetzen keine Höchstfrist fest. Aus dem Zweck der einstweiligen Verfügung, der Absicherung eines effektiven Nachprüfungsverfahrens, ergibt sich, dass die einstweilige Verfügung für die gesamte Dauer des Nachprüfungsverfahrens erlassen werden soll und mit dieser Dauer durch das Gesetz überdies begrenzt ist. Die Auftraggeberin ist durch eine derartige Bestimmung der Zeit nicht belastet, da die Entscheidungsfrist des Bundesverwaltungsgerichtes davon nicht verlängert wird, sie jederzeit bei Wegfall der Voraussetzungen für die Erlassung der einstweiligen Verfügung deren Aufhebung beantragen kann und die einstweilige Verfügung mit der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag außer Kraft tritt. Von der Bestimmung einer nach einem bestimmten Datum fest gesetzten Frist konnte daher abgesehen werden (vgl BVA 24.6.2010, N/0051-BVA/10/2010-EV13 mit weiteren Nachweisen).

B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision war gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zuzulassen, weil die gegenständliche Entscheidung eine Einzelfallentscheidung vor dem Hintergrund einer tatasachenmäßigen Interessensabwägung in diesem spezielle Einzelfall darstellt, ohne dass insoweit grundsätzliche Rechtsfragen aufgeworfen wurden.

Schlagworte

Dauer der Maßnahme, einstweilige Verfügung, Entscheidungsfrist,
gelindeste Maßnahme, gelindestes Mittel, Interessenabwägung,
Nachprüfungsantrag, Nachprüfungsverfahren, öffentliche Interessen,
Provisorialverfahren, Schaden, Untersagung der Angebotsöffnung,
Vergabeverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W131.2222178.1.00

Zuletzt aktualisiert am

10.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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